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Hausarbeit (Hauptseminar), 2013
29 Seiten, Note: 1,0
Soziologie - Familie, Frauen, Männer, Sexualität, Geschlechter
1. Einleitung: Vergewaltigung als Kriegswaffe
2. Vergewaltigung als Kriegswaffe
2.1 Gewalt
2.2 Einsatz von Vergewaltigung als Kriegswaffe
3. Motivlagen und Verläufe von Vergewaltigung im Bosnienkrieg
3.1 Einordnung
3.1.1 Politisch-historischer Hintergrund des Bosnienkrieges
3.1.2 Ethnizität und Staatengründung
3.2 Motive für den Einsatz von Vergewaltigung bosnischer Frauen
3.2.1 Auswahl der Opfergruppe: Muslimische Frauen
3.2.1.1 Rolle der Frauen in der Gesellschaft
3.2.1.2 Doppelte Verletzungsoffenheit im Krieg
3.2.2 Psychische und physische Verletzungen
3.2.3 Nachhaltige Zersetzung der Gesellschaft
3.2.4 Die erzwungene Generation: Kinder der Vergewaltigten
3.3 Der systematische Einsatz von Vergewaltigung als Kriegswaffe
3.3.1 Die Täter - aktive und passive
3.3.2 Einrichtung von rape camps
3.3.3 Intensität und Ausmaß der Vergewaltigungen
4. Fazit
5. Referenzen
Im Laufe der Menschheitsgeschichte kam es in annähernd jedem bewaffneten Konflikt, in jeder kriegerischen Auseinandersetzung zur Anwendung sexueller Gewalt,insbesondere gegenüber Frauen (Wood 2008: 75; Koo 2005: 525; Farwell 2004: 389;Dieregsweiler 1997: 29) - Äunabhängig davon, ob man den jeweiligen Krieg für gerecht oder ungerecht hält“ (Brownmiller 1987: 38). Und obgleich der allgemeinenKenntnis über diese Gewalttaten wurde dieses Thema - trotz seiner immensen Dimensionen - sehr lange Zeit als ein Tabu (Collette-Carrière 1980: 60) betrachtet, dasexuelle Übergriffe auf Frauen durch den siegreichen Kriegsgegner als ein Zeichender Demütigung und Unterwerfung wahrgenommen wurden (Brownmiller o.A.) unddie Opfer durch kulturell auferlegte Tabus, Scham und Schuldgefühle zum Schweigen verdammt waren (Skjelsbæk 2001: 212). Durch das steigende öffentliche, mediale und politische Interesse1 der letzten Jahrzehnte an asymmetrischer Kriegsführung und mithin dem Einsatz von Vergewaltigung als strategische und asymmetrische Waffe (Diken/Laustsen 2005: 111) wurde es möglich, robuste Daten hierzu zusammeln und aufzuarbeiten. Auf diese Weise wurde “one of history’s great silences”(Ward/Marsh 2006: 2) Gehör verschafft. Denn obgleich der großen Anzahl von Betroffenen2 und der globalen Ausbreitung von Vergewaltigung als Kriegswaffe wurdediesem Thema bis dato vergleichsweise sehr wenig Aufmerksamkeit zuteil (Lacroix/Sabbah 2007: 18). Die Leiden der Frauen - welche in den allermeisten Fällenals Nichtkombattanten am eigentlichen Kriegsgeschehen, sprich: den Kampfhandlungen, nicht beteiligt waren - wurden heruntergespielt und banalisiert (Donnard2007: 210) - anders als die körperlichen oder psychischen Opfer, welche Männer imVerlauf eines Krieges brachten und welche diese zu Helden machten.
Doch insbesondere der Bosnien-Krieg Anfang der 1990er Jahre bewirkte hier einUmdenken: Seit dem Bekanntwerden der im Rahmen dieses Konflikts verübten sexuellen Gewalttaten stieg die Anzahl der NGOs, welche derartige Taten dokumentieren, drastisch an (Mischkowski 2008: 239). Ausschlaggebend hierfür waren Äaber dieeindeutigsten Beweise für systematische Methoden [durch] das serbische Militär“(Alison 2008: 47). Durch die geographische Nähe zu Europa, die Ausmaße der Grausamkeiten und die einsetzenden Flüchtlingsbewegungen geriet das Kriegsgebiet in den Fokus sowohl politischer als auch wissenschaftlicher Akteure. Internationale Medienberichterstattung, Frauenbewegungen und nicht zuletzt Wissenschaftler(Farwell 2004: 390, Lacroix/Sabbah 2007: 19) reagierten auf das steigende öffentliche Interesse an der Darstellung und Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Frauen inKriegen und ethnischen Konflikten und steigerten dieses wiederum durch entsprechende Veröffentlichungen, um eine Sensibilisierung Nicht-Betroffener zu erreichen.
Die eigentlichen Forschungen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu sexueller Gewalt in Kriegen und insbesondere zu den Opfern begannen erst in den 1970er Jahren3 (Diederich 2000: 57). Davor war der Forschungsstand als äußerst gering zu bezeichnen (Collette-Carrière 1980: 60-61). Doch bis heute ist das “topic of rape as a weapon of war [] not one that is often discussed in social or academic settings” (Gafford 2008: 7), sondern hauptsächlich von einem vergleichsweise kleinen Kreis von Wissenschaftlern erforscht und bearbeitet wird.
Vor allem die genaue Definition von sexueller Gewalt und die Frage, ob diese eineKriegswaffe darstellt oder nicht, sind in der wissenschaftlichen Literatur umstritten(Skjelsbæk 2001: 212). Genaue Untersuchungen und Forschungen zum Thema Gewalt gegen Frauen Äexistieren bislang primär für die Bereiche ziviler Alltag und Krieg“(Amesberger/Auer/Halbmayr 2004: 19). Unabhängig davon sei hervorgehoben, dasssich sexuelle Gewalt nicht ausschließlich gegen Frauen richten kann, sondern auchgegen Männer (Wood 2008: 77). Bedingt durch die sich ständig verbessernde informationelle Vernetzung und das wachsende interdisziplinäre Interesse an den Ursachen, Verläufen und Folgen von Vergewaltigungen im Krieg lässt sich in den vergangenen Jahren ein signifikanter Anstieg wissenschaftlicher Publikationen zu diesemThema beobachten.
In der vorliegenden Arbeit sollen die Zusammenhänge zwischen Motivlagen und Verläufen des Einsatzes von Vergewaltigung als Kriegswaffe im Bosnienkrieg untersuchtwerden. Dass es zu massenhaften Übergriffen auf Frauen kam, ist unumstritten.Doch warum wurde eine ganz bestimmte Bevölkerungsgruppe ausgewählt? Weshalb geschahen die Übergriffe auf genau diese Art? In einem ersten Abschnitt soll allgemein der Gewaltaspekt von Vergewaltigungen und deren Einsatz als Kriegswaffedargestellt werden. Der sich daran anschließende Hauptteil betrachtet die Geschehnisse im Rahmen des Bosnien-Krieges (1992-1995).4 Nach einer knappen politischsozio-historischen Einordnung werden mehrere Motive der Serben für den Einsatzvon Vergewaltigung bosnischer Frauen erläutert. Im Folgenden wird der systematische Einsatz von Vergewaltigung als Kriegswaffe im ehemaligen Jugoslawien analysiert, wobei die Täter, die Einrichtungen zum Vollzug der Vergewaltigungen und dieIntensität und das Ausmaß dargestellt werden. In einem Fazit werden die erarbeiteten Erkenntnisse abschließend festgehalten.
Wie bereits erwähnt, kam es seit jeher zu Vergewaltigungen in Kriegszeiten; alsKriegstaktik ist dies keine Erfindung der Neuzeit. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich daraus jedoch ein Phänomen, das man durchaus als eine höchst effektiveWaffe (Smet 2009) und gleichzeitig als Kriegsstrategie (Farwell 2004: 393) bezeichnen kann. Neben ihrer Funktionalität - der Erniedrigung des Feindes (Baaz/Stern2009: 10) - erfüllt Vergewaltigung eine bemerkenswerte Außenwirkung(Dieregsweiler 1997: 38): Durch die erzeugte Scham der Opfer und ihre Stigmatisierung übersteigen die Folgen einer Vergewaltigung jene jeglicher konventionellerKriegsverletzungen (Dripps et al. 1994; 131), vor allem bei öffentlichen Vergewaltigungen. Insbesondere die Rolle von Frauen beschränkt sich fast ausschließlich aufdie eines Opfers (Branche 2004: 116), zumal sich die mannigfaltigen Konsequenzeneiner Vergewaltigung oftmals nicht verbergen lassen. Durch die Instrumentalisierungvon Vergewaltigung und die emotionalen und politischen Folgen (Mischkowski 2008:238) hat diese Kriegswaffe ein großes Gewicht.
Im Folgenden soll dargestellt werden, weshalb es sich bei Vergewaltigungen um einen Äextreme[n] Gewaltakt [handelt], der sich allerdings sexueller Mittel bedient“ (Seifert 1993: 86) und weshalb man dies als the ”highest crime per se” (Sokolovic 2007: 98) bezeichnen kann.
Die Allgegenwärtigkeit der Gewalt (Sofsky 1996: 10) begründet u.a. Popitz mit derFähigkeit des Menschen, andere Menschen zu verletzen und somit (Verletzungs-)Macht auszuüben (Popitz 1992: 24-25). Dies ergibt sich aus der Verletzungsoffenheitund -gefährdung, welche er jeder einzelnen Gruppe zuschreibt (ibid.: 31). Ohne Gewalt ließe sich keine gesellschaftliche, soziale oder politische Ordnung manifestieren(ibid.: 57), was sich zu allen Zeiten in allen Kulturkreisen belegen lässt. Macht überandere Menschen wird durch physische, psychische oder materielle Überlegenheitbegründet, wodurch die Macht-Habenden Äverhaltenssteuernde[] Drohungen undVersprechungen“ (ibid.: 31) zur Konsolidierung ihrer Stellung instrumentalisieren.Macht und Gewalt sind mithin zwei eng miteinander verbundene, interdependenteBegriffe. Gleiches gilt für die Verbindung von Macht und Autorität (Sofsky/Paris 1991:19), wobei Autorität zuschreibungsbedürftig ist (ibid.: 20) und sich bewährt, indem sievon einer Gruppe von Personen anerkannt wird (Popitz 1992: 29).
Jede Form von Macht - und mithin von Gewalt - bedarf einer Legitimierung (Popitz1992: 20). Im Falle von Vergewaltigung als Kriegswaffe erschöpft sich diese aus dertaktischen und/oder zahlenmäßigen Überlegenheit einer Partei. Man kann zwischendirekter und indirekter Gewalt unterscheiden, wobei Äes bei direkter Gewalt ein handelndes Subjekt gibt, bei indirekter Gewalt jedoch nicht“ (Amesberger/Auer/Halbmayr2004: 18). Diese Begriffe lassen sich auf die sexualisierte Gewalt beziehen (ibid.:19): Die Vergewaltiger im Krieg verkörpern personal somit die direkte Gewalt, während die Macht- und hierarchischen Strukturen die indirekte Gewalt darstellen. Daraus ergibt sich eine gegenseitige Abhängigkeit der beiden Gewaltformen.
Dass es sich bei Vergewaltigungen um Gewaltakte handelt, ist eine unbestrittene,einstimmige Schlussfolgerung (sozio-)psychologischer Studien (Seifert 2007: 42).Sexuelle Gewalt wird als Äein Übergehen der sexuellen Selbstbestimmung der Fraudefiniert“ (Amesberger/Auer/Halbmayr 2004: 19), wodurch sich diese Gewaltform vonanderen Formen abhebt. Der von Popitz definierten verletzenden Aktionsmacht, welche von den Vergewaltigern ausgeübt wird (Popitz 1992: 27), können sich die Opfernicht erwehren. Als generelle Ziele für sexuelle Gewalt können die ÄZerstörung dermenschlichen Würde des Opfers, [seine] Erniedrigung und Verletzung“(Amesberger/Auer/Halbmayr 2004: 48) genannt werden, welche sich vordringlich aus der traditionellen Geschlechterrollendefinition ergeben5. Mithin ist festzuhalten, dass der Gewaltaspekt direkter und indirekter Gewalt bei Vergewaltigungen als Kriegswaffe stets in Verbindung mit Machtstrukturen und gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen gesehen werden muss. In der Folge wird bei der Beantwortung der Frage nach den Zusammenhängen zwischen Motivlagen und Verläufen von Vergewaltigungen im Bosnien-Krieg hierauf eingegangen.
Als Prämisse für die folgenden Ausführungen sei bemerkt, dass Kriegsvergewaltigungen6 in jedweder Form in keiner Form als mehr oder weniger schlimm als zivileVergewaltigungen betrachtet seien. In beiden Szenarien leiden die Betroffenen sowohl physisch als auch psychisch. Maßgeblich für die hiermit getroffenen Eingrenzungen auf Vergewaltigungen als Kriegswaffe sind deren systematischer Einsatz sowie ihr Ausmaß. Die Tatsache, dass Menschen in kriegerische Auseinandersetzungen - auch durch sexuelle Gewalt - schwer verwundet oder gar getötet werden können erscheint seit jeher “self-evident and not apt to be questioned any furher” (Seifert2007: 45). Die gesteigerte Möglichkeit für Vergewaltigungen in Kriegen (Wood 2006:321) ist keinesfalls mit Situationen in Friedenszeiten vergleichbar. Wie bereits erwähnt ereignet sich sexuelle Gewalt auch gegenüber Männern (Wood 2010: 298),doch aufgrund der zahlenmäßig größeren Gruppe Betroffener dieser vorrangig ”gender-based violence” (Ward/Marsh 2006: 14) rückten bislang vor allem Frauen in denFokus der Forschung. Doch wie lassen sich der drastische Anstieg von Vergewaltigungen im Krieg und deren gesteigerte Systematik plausibel erklären? Worin liegtihre Effektivität?
Seifert (Seifert 2007: 52) argumentiert, dass sich in Kriegszeiten die jeweiligen Beziehungen der Geschlechter zueinander unterscheiden, was wiederum auf der klassischen geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibung basiert.7 So steht Vergewalti- gung von Frauen für männliche Dominanz, Unterdrückung und den Ausdruck vonGeschlechterungleichheit (Hagen/Yohani 2010: 14) - sozio-kulturell begründete Züge einer Gesellschaft, die sich in den meisten Fällen auch in Friedenszeiten wiederfinden lassen und im Krieg gesteigert zu Tage treten. Diese binäre Einteilung derGesellschaft ermöglicht eine leichte Unterscheidung wie auch eine einfache Definition von potentiellen Opfern.
Dass es sich bei Vergewaltigungen auch um eine Kriegstaktik handelt (Tratnjek2012: 2) wird durch die Tatsache deutlich, dass die Soldaten einer Kriegspartei aufdem Gebiet der andern Partei eine “géographie de la peur“ (ibid.) schaffen, welcheerhebliche Einfluss auf das Alltagsleben der Zivilbevölkerung hat. SystematischeVergewaltigung kann eine nachhaltige Destabilisierung der nationalen und/oder kulturellen Identität der Opfergruppe zur Folge haben (Colombini 2002: 168). Durch diese Möglichkeiten des tiefgreifenden Eingriffs in den gesellschaftlichen Körper desFeindes durch ressourcensparende und leicht organisierbare Mittel kann “war rape[] also become an integral aspect of ethnic cleansing“ (Diken/Laustsen 2005: 111).Die taktische Anwendung sexueller Gewalt erfüllt somit sämtliche Ansprüche der inKriegszeiten gebotenen Wirtschaftlichkeit.
Viele Forscher (u.a. Donnard 2007: 213) kam übereinstimmend zu dem Ergebnis,dass systematische Vergewaltigung im Krieg nichts mit biologischen Bedürfnissenoder grundlegendem sexuellen Drang zu tun hat, sondern ein frauenverachtenderÄsexueller Ausdruck von Aggression“ ist (Diederich 2000: 57) und sich gezielt undmeist ausschließlich gegen die zivile weibliche Bevölkerung richtet, um diese zur eigenen Genugtuung und Befriedigung des männlichen Überlegenheitsanspruchs mitGewalt zu demütigen und zu unterwerfen (Seifert 2007: 42; Seibert-Fohr 2008: 157).Zugleich erfolgt eine gezielte Umsetzung taktisch-politischer Ziele. Hagen/Yohaniformulieren die These, dass Vergewaltigung nicht auf zufälligen Handlungen einzelner Soldaten beruht, sondern von der militärischen Führung als Mittel der Kriegsführung bewusst eingesetzt wird (Hagen/Yohani 2010: 15). Hierdurch erfolgt eine Instrumentalisierung der Sexualität der eigenen Soldaten, welche Äein signifikantes Frauen keine Möglichkeit zur systematischen Selbstverteidigung gegeben wird. Außerdem wird einderartiger Übergriff nicht als politische Handlung gesehen, wie beispielsweise im Kampf zwischenmännlichen Soldaten. Wie Seifert kommen auch andere Wissenschaftler zu dem Schluss, dass durchdie ÄReduktion einer Person auf den Körper“ (Amesberger/Auer/Halbmayr 2004: 44) die Frau durchVergewaltigung im Krieg nicht als ÄSubjekt behandelt, sondern in einer Objektrolle genutzt“(Dieregsweiler 1997: 38) wird.
Element von Männlichkeit“ (Alison 2008: 37) darstellt. Die mit Vergewaltigungen einhergehenden ÄMachtdemonstrationen“ (Amesberger/Auer/Halbmayr 2004: 47) über den Feind produzieren durch die Furcht vor weiteren Übergriffen eine einseitig wahrgenommene Ordnung (Popitz 1992: 61) und stellen die Vergewaltiger als taktisch, militärisch und gesellschaftlich Überlegene heraus.
Es wäre abschließend zu einfach, sich auf den vielberufenen rechtsfreien Raum inKriegszeiten zu berufen, denn Äseit 1949 ist es geltendes Völkerrecht, daß Vergewaltigungen im Krieg Kriegsverbrechen sind“ (Wullweber 1993) und eine durch entsprechende internationale Gesetzgebung in Kraft getretene Rechtsprechung sanktioniertentsprechende Verbrechen.8 Durch globale Institutionen wie die UN kann man davonausgehen, dass die Illegalität und Strafbarkeit dieser Taten international bekanntsind. Denn auf nationaler Ebene lässt sich im Kriegsfall durchaus ein “general breakdown in law and order“ (Colombini 2002: 170) beobachten, wobei Gesetze und Normen gewiss nicht einfach verschwinden, sondern auf unbestimmte Zeit ausgesetztwerden (Diken/Laustsen 2005: 124) und der Ordnung des Krieges weichen. Im Zusammenspiel mit einer generellen Akzeptanz der Gewalt gegen Frauen vereint sichdieser zeitweilige Rechtsverfall zu einer gefährlichen Mischung und begünstigt inkonventionellen wie in asymmetrischen Kriegen die subjektiv wahrgenommene Annahme der eigenen Straffreiheit von Vergewaltigern, denn internationale Strafverfolgungsbehörden scheinen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht relevant zu sein unddie Wirren eines bewaffneten Konflikts verschleiern oftmals die Taten.
Zusammenfassend seien als maßgebliche Erklärungsansätze für die Effektivität von Vergewaltigung als Kriegswaffe die folgenden fünf Punkte festgehalten:
- die sozio-kulturell konstruierte Objekthaftigkeit der Frau,
- die gezielte taktische Einsetzbarkeit zur ethnischen Säuberung und nachhalti gen Zersetzung der Gesellschaft,
- die durch die Führung gezielt steuerbare Aggression der Vergewaltiger,
- die nachhaltige Etablierung von Macht durch die Überlegenen sowie
- die scheinbare und subjektiv wahrgenommene Straflosigkeit für Vergewalti gungen.
[...]
1 Insbesondere der Genozid in Ruanda 1994 und die in dieser Arbeit ausschnittweise dargestellte Anwendung von Massenvergewaltigungen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien (1992-1995) wurden aufgrund der medialen Berichterstattung und des darauf entstehenden öffentlichen Drucks auf internationaler Ebene diskutiert (vgl. Skjelsbæk 2001: 211).
2 Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit der Einfachheit halber nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen.
3 ÄHervorzuheben ist die Analyse von Susan Brownmiller Gegen unseren Willen, Vergewaltigung und Männerherrschaft (1987), in der sie die Systematik der Vergewaltigungen in Kriegen beschreibt.“ (Diederich 2000: 57). Dieses Werk gilt bei vielen Forschern bis heute als Grundlage aller Diskussionen bezüglich dieses Themas, da Brownmiller die Ursprünge von Vergewaltigung per se wissenschaftlich darlegt (Collette-Carrière 1980: 62).
4 Aufgrund der formalen Vorgaben liegt der Fokus dieser Arbeit ausschließlich auf der Anwendung sexueller Gewalt gegen bosnische Frauen durch Serben. Ungeachtet dessen kam es auf dem Gebiet des ehem. Jugoslawien zu Vergewaltigungen von Männern und Frauen aller Ethnien. Die Darstellung dieser Dimension überstiege allerdings den Umfang der Arbeit.
5 Männliche sexuelle Aggressivität wird aufgrund der gesellschaftlich zugeschriebenen geschlechtsspezifischen Rollen akzeptiert und gar entschuldigt, während weibliche Verletzbarkeit sanktioniert wird (Colette-Carrière 1980: 75).
6 ÄAccording to the United Nation’s Commission on Human Rights report Contemporary Forms ofSlavery, rape ‘should be understood to be the insertion, under conditions of force, coercion or duress,of any object, including but not limited to a penis into a victim’s vagina or anus; or the insertion, underconditions of force, coercion or duress, of a penis into the mouth of a victim’” (Gafford 2008: 11-12).
7 Während sich Männer/Soldaten gemäß sozialer Konstruktion im Krieg als gleichwertige Subjektegegenüberstehen, werden sexuelle Übergriffe auf Frauen als Subjekt-Objekt-Konflikt bezeichnet, da
8 ÄFormen sexualisierter Gewalt an Frauen wie Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, erzwungene Prostitution, oder erzwungene Schwangerschaft gelten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie als Kriegsverbrechen und sind Bestandteil des Statuts für den internationalen Strafgerichtshof, das 1998 im Rom unterzeichnet wurde.“ (Förster 2002)
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