„The People make the place“. Eine lange Zeit hat es gedauert, ehe das von Schneider bereits im Jahr 1987 als notwendig erachtete Umdenken in den Organisationen auch tatsächlich stattfand. Demnach ist es für die Gewährleistung von Wettbewerbsvorteilen und dem Organisationserfolg von besonderer Bedeutung, dass eine qualifizierte Belegschaft zur Verfügung steht. In den vergangenen Jahren hat sich diese Selbstverständlichkeit allerdings aufgrund von demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen immer mehr zu einer nicht vernachlässigbaren Managementaufgabe gewendet, die eine ausreichende Verfügbarkeit von Talenten in Form von Fachkräften und Hochschulabsolventen sicherstellen muss. Steven Hankins hat diesen Wandel der Personalwirtschaft im Jahr 1997 im Rahmen einer McKinsey-Studie untersucht und dabei den Begriff „War of talents“ – den Kampf um die besten Talente – geprägt. Eine erste Interpretation lässt darauf schließen, dass Unternehmen während ihrer Bemühungen neue Fachkräfte zu rekrutieren, sich dabei mit anderen Unternehmen bekämpfen und bekriegen bzw. diese eliminieren müssen. Allerdings geht es bei diesem Gedanken vielmehr darum, sich von der Konkurrenz abzuheben. Der Fachkräftemangel, wie er in Deutschland vorzufinden ist, treibt die Unternehmen dazu, für die Talente attraktiv sein zu müssen bzw. zu werden. Denn heutzutage hat ein High Potential oft die freie Auswahl und entscheidet sich demnach für den aus seiner Sicht attraktivsten Arbeitgeber. In den zahlreichen Diskussionen und aktuellen Beiträgen zu diesem Thema hat sich in den vergangenen Jahren dabei vor allem ein Begriff kontinuierlich in den Vordergrund geschoben. Das so genannte `Employer Branding´ gewinnt an Bedeutung. So schrieben laut einer Studie der Managementberatung Kienbaum bereits im Jahr 2011 87% aller befragten Personalleiter aus deutschen Unternehmen der Arbeitgeberkommunikation in Form von Employer Branding eine zentrale Rolle zu. In einer aktuelleren und europaweit durchgeführten Umfrage des Institute for Competitive Recruiting (ICR) bei über 10.000 Personalverantwortlichen kamen diese sogar zu dem Ergebnis, dass Employer Branding neben der Rekrutierung von Berufserfahrenen DAS Topthema 2013 im Bereich Mitarbeiterbeschaffung sei.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitende Betrachtung
1.1 Hinführung zum Thema
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlagen in Bezug auf Startups
2.1 Definition und Abgrenzung von Unternehmen
2.2 Besonderheiten junger Unternehmen
2.3 Mitarbeiter als Stakeholder im Gründungsprozess
3. Personalmarketing
3.1 Definition und Entwicklung
3.2 Bedeutung für Startups
3.3 Internes und externes Personalmarketing
3.4 Instrumente des Personalmarketing
4. Employer Branding
4.1 Definition und Begriffsabgrenzung
4.2 Internes und externes Employer Branding
4.3 Funktionen der Employer Brand
4.4 Risiken des Employer Branding
4.5 Erkenntnisse zu Eigenschaften von Startups
5. Untersuchungsmethode
5.1 Generelle Vorgehensweise
5.2 Teilnehmer und Verteilung der Umfrage
6. Ergebnisse der empirischen Untersuchung
6.1 Selbstverwirklichung als Startup-Eigenschaft
6.2 Zuordnung der Arbeitgebereigenschaften
6.3 Wichtigkeit der Arbeitgebereigenschaften
6.4 Aktuelle Kommunikation der Startups
7. Erkenntnisse und Vorschläge für die Praxis
8. Grenzen der Studie und weiterführende Forschung
9. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Betriebsgrößenklassifizierung gem. § 267 HGB
Abbildung 2 Kleinstunternehmen gem. Europäischer Kommission
Abbildung 3 Entrepreneurial Stakeholder-Map
Abbildung 4 Ausgewählte Entwicklungslinien des Personalmarketings
Abbildung 5 Perspektiven des Personalmarketingbegriffs
Abbildung 6 Erkennbarkeit durch Differenzierung
Abbildung 7 Employer Brand Framework
Abbildung 8 Handlungsfelder des internen und externen Employer Brandings
Abbildung 9 Engagement-Index in Deutschland im Zeitverlauf
Abbildung 10 Eigenschaften von Startups und deren Beschreibung \*MERGEFORMAT
Abbildung 11 Nutzen und Wichtigkeit der Arbeitgeberattribute
Abbildung 12 Stellenanzeigen deutscher Startups nach Berufsgruppe
Abbildung 13 Nennungen von Startup-typischen Eigenschaften
Abbildung 14 Zuordnung von Arbeitgebereigenschaften
Abbildung 15 Zuordnung der Eigenschaften nach Studienschwerpunkt
Abbildung 16 Verteilung der relativen Wichtigkeit der Arbeitgebereigenschaften
Abbildung 17 Relative Wichtigkeit von Arbeitgebereigenschaften
Abbildung 18 Relative Wichtigkeit der Eigenschaften nach Studienschwerpunkt
Abbildung 19 Versprechen der Startups an ihre Bewerber
Abbildung 20 Zusammenfassung Startup-typischer Eigenschaften
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitende Betrachtung
1.1 Hinführung zum Thema
„The People make the place“.[1] Eine lange Zeit hat es gedauert, ehe das von Schneider bereits im Jahr 1987 als notwendig erachtete Umdenken in den Organisationen auch tatsächlich stattfand. Demnach ist es für die Gewährleistung von Wettbewerbsvorteilen und dem Organisationserfolg von besonderer Bedeutung, dass eine qualifizierte Belegschaft zur Verfügung steht.[2] In den vergangenen Jahren hat sich diese Selbstverständlichkeit allerdings aufgrund von demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen immer mehr zu einer nicht vernachlässigbaren Managementaufgabe gewendet, die eine ausreichende Verfügbarkeit von Talenten in Form von Fachkräften und Hochschulabsolventen sicherstellen muss.[3] Steven Hankins hat diesen Wandel der Personalwirtschaft im Jahr 1997 im Rahmen einer McKinsey-Studie untersucht und dabei den Begriff „War of talents“ - den Kampf um die besten Talente - geprägt. Eine erste Interpretation lässt darauf schließen, dass Unternehmen während ihrer Bemühungen neue Fachkräfte zu rekrutieren, sich dabei mit anderen Unternehmen bekämpfen und bekriegen bzw. diese eliminieren müssen. Allerdings geht es bei diesem Gedanken vielmehr darum, sich von der Konkurrenz abzuheben. Der Fachkräftemangel, wie er in Deutschland vorzufinden ist, treibt die Unternehmen dazu, für die Talente attraktiv sein zu müssen bzw. zu werden. Denn heutzutage hat ein High Potential[4] oft die freie Auswahl und entscheidet sich demnach für den aus seiner Sicht attraktivsten Arbeitgeber.[5] In den zahlreichen Diskussionen und aktuellen Beiträgen zu diesem Thema hat sich in den vergangenen Jahren dabei vor allem ein Begriff kontinuierlich in den Vordergrund geschoben. Das so genannte 'Employer Branding' gewinnt an Bedeutung. So schrieben laut einer Studie der Managementberatung Kienbaum bereits im Jahr 2011 87% aller befragten Personalleiter aus deutschen Unternehmen der Arbeitgeberkommunikation in Form von Employer Branding eine zentrale Rolle zu.[6] In einer aktuelleren und europaweit durchgeführten Umfrage des Institute for Competitive Recruiting (ICR) bei über 10.000 Personalverantwortlichen kamen diese sogar zu dem Ergebnis, dass Employer Branding neben der Rekrutierung von Berufserfahrenen DAS Topthema 2013 im Bereich Mitarbeiterbeschaffung sei.[7]
1.2 Problemstellung
Das Problem des Fachkräftemangels wird in den kommenden Jahren stetig zunehmen. Dabei haben bereits heute zahlreiche Unternehmen Schwierigkeiten bei der Besetzung entsprechender vakanter Stellen und stoßen somit an Ihre Wachstumsgrenzen.[8] Gründe hierfür können mehrere genannt werden, wobei der demographischen Entwicklung die größte Bedeutung beigemessen wird. Das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung und die damit einhergehende sinkende Zahl an Erwerbstätigen führen folglich zu einer geringeren Anzahl an verfügbaren Fachkräften.[9] Darüber hinaus werden Faktoren wie der unaufhaltsame technologische Fortschritt mit seinen mit sich bringenden, schnell ändernden Qualifikationsanforderungen an die (zukünftigen) Mitarbeiter oder die sinkende Loyalität von Beschäftigten gegenüber ihren Arbeitgebern immer häufiger genannt.[10] Zusammenfassend kann somit der Faktor Mensch als kritischer Erfolgsfaktor für ein Unternehmen gesehen werden.[11] Nur wenn es ein Unternehmen schafft, kurz- und mittelfristig seinen Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern zu decken, ist es demnach in der Lage, den langfristigen Erfolg zu sichern.[12] Während diese Argumentation vor allem auf größere, etablierte Unternehmen zutrifft, bedeutet dies für jüngere und kleinere Unternehmen, zu welchen die so genannten Startups in der Regel gezählt werden können, dass die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern einen unmittelbaren, überlebenskritischen Faktor darstellt und somit Existenzbedrohungspotential birgt[13]. Daher ist es auch bzw. gerade in deren Interesse, neue und innovative Wege zu gehen, um hochqualifizierte Bewerber für ihr Unternehmen zu finden und zu begeistern.
Ein solcher Weg kann der Employer Branding-Ansatz darstellen, welcher, wie bereits beschrieben, in den vergangenen Jahren an Popularität gewann. Trotzdem - und vor allem in Anbetracht der möglichen Auswirkungen bei Nichtbesetzung entscheidender Positionen erstaunlich - existieren laut Tumasjan / Strobel / Welpe kaum Studien darüber, in welcher Art und Weise sich Start- Ups eine Employer Brand aufbauen und somit eine ihrer „biggest challenges“[14] erfolgreich bewältigen können.[15]
1.3 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Um in diesem Forschungsfeld neue Erkenntnisse zu erlangen, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Thema Employer Branding bei Startups. Konkret soll geklärt werden, ob Jobeigenschaften existieren, mit welchen sich Startup-Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt präsentieren können, um geeignetes Personal zu rekrutieren. Das zentrale Merkmal der Eigenschaften sollte dabei sein, dass es dem Startup durch die Kommunikation dieser geeigneten Attribute ermöglicht wird, sich von der Konkurrenz in Form von etablierten (Groß-) Unternehmen zu differenzieren bzw. abzuheben.
Die Arbeit geht dabei im zweiten Gliederungspunkt zunächst auf die notwendigen theoretischen Grundlagen in Bezug auf Startups ein. Dabei findet zuerst eine Abgrenzung von Startups zu mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen statt. Den zentralen Punkt spielen hierbei die Besonderheiten von Startups. Ebenfalls soll aufgezeigt werden, welche Rolle Mitarbeiter im Gründungsprozess spielen bzw. einnehmen.
Daraufhin wird im dritten Gliederungspunkt der Begriff des Personalmarketings detailliert definiert sowie die große Bedeutung dessen für Startups herausgestellt. Ebenfalls finden an dieser Stelle eine Erläuterung des internen und externen Personalmarketings sowie eine Darstellung der bedeutendsten Instrumente des Personalmarketings statt.
Anschließend wird das Employer Branding dem Personalmarketing zugeordnet, indem unter dem vierten Gliederungspunkt näher auf dieses eingegangen wird. Dabei erfolgt eine Unterscheidung des internen vom externen Employer Branding sowie eine Erörterung der Funktionen und Risiken einer Employer Branding-Strategie. Auch wird unter diesem Gliederungspunkt der aktuelle Forschungsstand bezüglich der Arbeitgebereigenschaften, welche Startups zugeordnet werden können, dargestellt. Konkret wird hier vor allem die Studie von Tumasjan / Strobel / Welpe beschrieben, auf welcher diese Arbeit aufbaut. Diese konnten über eine Expertenbefragung attraktive Attribute ausfindig machen, welche Startups zuzuordnen sind. Eine anschließende Conjoint-Analyse unter Studenten von zwei Hochschulen hat diese Angaben untersucht. Durch eine Umfrage bei Studenten im Südwesten Deutschlands soll dieses Ergebnis bestätigt, bekräftigt bzw. verbessert werden. Die genaue Vorgehensweise bei dieser empirischen Analyse wird unter dem daran anschließenden fünften Gliederungspunkt ausführlich dargestellt. Nachdem im darauffolgenden sechsten Kapitel die Ergebnisse der einzelnen Auswertungen sowie eine Übersicht der aktuellen Verwendungen von Arbeitgebereigenschaften seitens der Start- Ups aufgezeigt werden, sollen im siebten Gliederungspunkt die zentralen Erkenntnisse herausgestellt und wenn möglich Implikationen für die praktische Umsetzung vorgeschlagen werden. Ehe die Arbeit mit einem Fazit endet, werden zuvor die Grenzen der empirischen Arbeit beschrieben sowie Anregungen für weitere Untersuchungen gegeben.
Grundsätzlich soll während der Arbeit der Frage nachgegangen werden, ob die durch Experten getroffene Vorauswahl auch der der Zielgruppe entspricht. Somit muss die These geklärt werden, dass diese Vorauswahl nicht der Meinung der Zielgruppe entspricht und daher für die Forschung wenig geeignet ist. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob konkrete Merkmale existieren, mit welchen sich Startups erfolgreich von etablierten (Groß-) Unternehmen abgrenzen können bzw. ob in der Wahrnehmung der Zielgruppe eine konkrete Eigenschaft als Alleinstellungsmerkmal von Startups herausgestellt werden kann.
2. Theoretische Grundlagen in Bezug auf Startups
2.1 Definition und Abgrenzung von Unternehmen
Als Arbeitgeber kommt generell ein Unternehmen in Frage, welches eine Art Betrieb darstellt und sich durch Fremdbedarfsdeckung, selbständige Entscheidungen sowie eigene Risiken kennzeichnet.[16] Als Unternehmen gilt somit „jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. [...] Demnach können Selbständige, Familienbetriebe, Personengesellschaften und Vereinigungen, die regelmäßig einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, als Unternehmen angesehen werden.[17] “ Demgegenüber stehen Be triebe, die ihren Eigenbedarf decken und als Haushalte definiert werden.[18] Diese sollen an dieser Stelle allerdings nur der Vollständigkeit wegen erwähnt werden und in der weiteren Ausarbeitung keine weitere Berücksichtigung finden.
Ein Unternehmen lässt sich in verschiedene Unterklassen, Ordnungen und Gattungen klassifizieren, wobei die Gliederungstiefe vom verfolgten wissenschaftlichen Zweck abhängt.[19] So lassen sich Unternehmen beispielsweise nach der Art der Anteilseigner einordnen, wodurch private von öffentlichen Unternehmen unterschieden werden.[20] Eine weitere Klassifizierung kann nach der Art der angebotenen Leistungen durchgeführt werden, wobei eine Abgrenzung von Sachleistungs- und Dienstleistungsunternehmen stattfindet.[21] Ebenfalls können Unternehmen nach ihrer räumlichen Struktur differenziert betrachtet werden. Hierbei lassen sich diese in lokale, regionale, nationale, internationale, globale und multinationale Unternehmen einordnen. Während Unternehmen, welche in die letzten drei Ausprägungen fallen, länderübergreifend aktiv sind, findet man in den restlichen drei Ausprägungen Unternehmen vor, die ihre Aktivitäten lediglich auf einen Ländermarkt bzw. auf bestimmte Gebiete eines Ländermarktes ausrichten. So spricht man zum Beispiel von einem lokalen Unternehmen, wenn sich dessen Aktivität auf eine einzelne Ortschaft beschränkt.[22] Als typisches Beispiel hierfür ist der klassische „Tante Emma-Laden“ zu nennen.
Die größte Bedeutung für die weitere Ausarbeitung hat die Klassifizierung der Unternehmen nach Größe sowie der Phase in welcher es sich aktuell befindet. Nach § 267 HGB wird ein Unternehmen größenmäßig folglich nach der Anzahl der Beschäftigten, dem Umsatz sowie der Bilanzsumme eingestuft. Das Unternehmen fällt dabei in eine Kategorie, wenn es mindestens zwei der drei Merkmale aufweist, die in Abbildung 1 dargestellt sind.[23]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Betriebsgrößenklassifizierung gem. § 267 HGB[24]
Da einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2012 nach die Anzahl der Kleinunternehmen in Deutschland mit knapp 2 Millionen deutlich höher war als die der mittelgroßen Unternehmen (~ 80.000) sowie Großunternehmen (~ 14.000), werden diese nochmals untergliedert.[25] So kann die Auflistung in Abbildung 1 durch die so genannten Micro- bzw. Kleinstunternehmen ergänzt werden. In diese Kategorie fallen alle Unternehmen, auf die zwei der drei in Abbildung 2 beschriebenen Kenngrößen zutreffen.[26]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Kleinstunternehmen gem. Europäischer Kommission[27]
Hierzu zählen auch nahezu alle jungen Unternehmen, die sich in der Gründungs- bzw. Pionierphase befinden.[28] Eine besondere Form unter den jungen Unternehmen bilden die so genannten Startups[29]. Diese unterscheiden sich im Vergleich zu dem neueröffneten Geschäft um die Ecke in erster Linie durch ihr Maß an Innovation sowie dem damit verbundenen Wachstumspotential.[30] Folgt man der Definition von Wöhe /Döring, wird somit relativ schnell die Betriebs- bzw. Etablierungsphase erreicht, welche wiederum von der Liquidationsphase abgelöst wird[31]. Dabei - und hier sind sich die Experten einig - existiert keine allgemeingültige Zeitangabe, wann sich ein Unternehmen in welcher Phase befindet bzw. von einer Phase in die nächste wechselt. Vielmehr wird auf den kontinuierlichen Entwicklungsprozess verwiesen, der eine eindeutige temporäre Abgrenzung nicht zulässt und von bestimmten Faktoren abhängt. Zu diesen zählen, neben dem Produkt an sich, zum Beispiel das Kundenverhalten, die Marktstruktur oder die entsprechende Branche. So lässt sich zum Beispiel festhalten, dass ein neu gegründetes Unternehmen, welches Güter mit langen Produktlebenszyklen, wie beispielsweise Grundnahrungsmittel, vertreibt, tendenziell länger als ein junges Unternehmen eingestuft werden wird, als ein gleichzeitig gegründetes Unternehmen, welches Güter mit kurzen Produktlebenszyklen produziert. Zu diesen können beispielsweise Hersteller von HightechProdukten, wie bestimmte Smartphone-Anwendungen, gezählt werden.[32]
Da sich die weitere Ausarbeitung hauptsächlich auf die Startups fokussiert, werden diese im Folgenden mit ihren Spezifika näher beleuchtet. Dabei wird der Begriff des Startups dem des jungen Unternehmens gleichgesetzt, da diese Arbeit die beschriebene Innovation und Wachstumsabsicht voraussetzt.
2.2 Besonderheiten junger Unternehmen
Junge Unternehmen unterscheiden sich im Vergleich zu etablierten Unternehmen in der Weise, dass sie bestimmte Charakteristika aufweisen, die sie mit außerordentlichen Herausforderungen konfrontieren.[33] Zu diesen Merkmalen gehören:
Das Unternehmen besteht - wie es der Name bereits erahnen lässt - erst seit Kurzem, sodass weder eine Unternehmenshistorie noch eine etablierte Unternehmensstruktur existiert.[34] Somit werden Übernahmen von Unternehmen und Abspaltungen einzelner Unternehmensbereiche zu zum Beispiel Tochterunternehmen nicht als junge Unternehmen gewertet.
Das Umfeld, in welchem sich das Unternehmen bewegt, ist durch seine Dynamik sowie ständige Veränderung gekennzeichnet und ermöglicht dem Unternehmen überproportionales, quantitatives Wachstum. Das Unternehmen ist somit gezwungen, eine kontinuierliche Anpassungsfähigkeit zu gewährleisten, um schrumpfende Erträge zu vermeiden.[35]
Sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen sind durch extreme Knappheit gekennzeichnet, was zu einer großen Abhängigkeit von Stakeholdern[36] führen kann.[37]
Aufgrund der kurzen Historie besitzt das Unternehmen keine Marke, sodass ihm ein „Türöffner“ zum Erfolg fehlt.
Der Unternehmer/Gründer des Unternehmens hat einen starken Einfluss auf die Entscheidungsprozesse.
Hohe Aufbauinvestitionen in immaterielle Vermögensgegenstände sind notwendig, um zum Beispiel erforderliche Technologien zu entwickeln bzw. eine Marke aufzubauen.
Das Unternehmen erwirtschaftet in der Regel negative Cashflows und keine Gewinne.
Zur Deckung der Eigenkapitallücke werden externe Kapitalgeber benötigt, die über ihre so gewonnenen Rechte am Unternehmen entscheidenden Einfluss erlangen.[38]
Wie diese Auflistung verdeutlicht, spielen zur Entwicklung junger Unternehmen unter anderem eine große Anzahl an Stakeholdern eine Rolle. Diese werden im folgenden Gliederungspunkt aufgezeigt, wobei auch vor allem auf die zentrale Bedeutung der Mitarbeiter als solche eingegangen werden soll.
2.3 Mitarbeiter als Stakeholder im Gründungsprozess
Ein Unternehmen benötigt zur Leistungserstellung Know-how, Material und Kapital. Da diese Ressourcen intern nur in begrenztem Maße vorhanden sind, müssen diese extern beschafft werden. Dadurch entstehen dem Unternehmen - zunächst unabhängig von seiner Größe oder seinem Alter - Abhängigkeiten von Stakeholdern, welche seine Entwicklung maßgeblich beeinflussen können.[39] Dabei wird der Stakeholder dem Unternehmen so lange Mittel bzw. Potentiale zur Verfügung stellen, wie er für sich ein vorteilhaftes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkennt. Hayn sieht hier eine größere Existenzgefahr für junge Unternehmen. Schließlich existieren weder retrospektive noch gegenwartsbezogene Daten in aussagekräftiger Qualität, wodurch Stakeholder vom Unternehmen überzeugt werden könnten.[40]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Entrepreneurial Stakeholder-Map[41]
Wie Abbildung 3 verdeutlicht, steht ein junges Unternehmen in mehr oder weniger intensiven Verbindungen zu zahlreichen Stakeholdern. Auf Startups bezogen, werden diese als „[...] persons or groups with legitimate interests in procedural and/or substantive aspects of corporate activity [...]“[42] bezeichnet. Im Vergleich zu etablierten Unternehmen bleiben somit zunächst Stakeholder unberücksichtigt, die zwar Einfluss auf das Unternehmen nehmen bzw. von der Unternehmung beeinflusst werden könnten, deren Bedeutung allerdings nicht von substanzieller Art ist. Hierzu können zum Beispiel Nachbarn, Verbände oder Umweltschutzorganisationen gezählt werden.[43]
Als so genannte „Key-Stakeholder“, demgemäß für Startups besonders relevante Stakeholder, werden von Estevao / Freiling die Kapital- und Kreditgeber, Kunden, Lieferanten sowie Mitarbeiter genannt, auf welche im Folgenden näher eingegangen werden soll. Ihre Relevanz während des Gründungsprozesses differenziert dabei so sehr, dass sie diese zusätzlich in verschiedene Phasen einordnen. Dabei stützen sich die beiden auf ein dreiphasiges Modell, welches aus Keimphase, Startup-Phase sowie Etablierungsphase besteht. Die Etablierungsphase kann dabei äquivalent zu der bereits aufgezeigten Betriebs- bzw. Etablierungsphase nach Wöhe /Döring gedeutet werden.[44]
Als Hauptaufgabe der Keimphase gilt die Definition der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Aufbauend auf die Generierung einer Geschäftsidee wird hier somit ein Business-Plan erstellt, welcher wiederum als Grundlage für das Anwerben von Kapitalgebern gesehen wird. Obwohl an dieser Stelle das Unternehmen noch nicht formell gegründet ist, gilt dieser Schritt als Basis einer Aufnahme der Geschäftstätigkeit sowie der Möglichkeit, diese in der Zukunft ausbauen zu können. Ebenfalls müssen zur Aufnahme der Geschäftstätigkeiten die im Business-Plan festgelegten Markttransaktionen vorbereitet - sprich, der Bedarf identifiziert - werden. Somit rückt hier auch der Kunde als Stakeholder in den Vordergrund. Über erste Gespräche mit potentiellen Kunden und Marktbeobachtungen sollen Eindrücke gesammelt werden, die in die Angebotserstellung zwingend einfließen sollten.[45]
Mit der Gründung des Unternehmens begibt sich dieses in die Startup-Phase. Hier werden die bestehenden Stakeholder-Beziehungen in der Regel gehalten bzw. wenn möglich weiter ausgebaut, um die beiden knappen Faktoren, Finanzen und Nachfrage, weiterhin zu sichern. Damit die Nachfrage auch bedient werden kann, ist es unerlässlich, Beziehungen zu Lieferanten aufzubauen. Diese werden vor allem dann als effizient erachtet, wenn die Sicherung von Leistungen leistungsstarker Lieferanten zu Preisen und Bedingungen erreicht wird, die ein ertragreiches Arbeiten gewährleisten können.[46]
Neben diesen externen Stakeholder-Gruppen bedarf es zur erfolgreichen Umsetzung der Markttransaktionen im Allgemeinen auch zuverlässige Mitarbeiter, welche generell als interne Stakeholder angesehen werden.[47] Allerdings kann, vor allem in wissensintensiven Branchen, vorausschauendes Agieren notwendig sein, um den „War of talents“ erfolgreich zu bestehen. Ein frühzeitiges Engagieren um geeignete Mitarbeiter bzw. deren Einstellung kann sich somit trotz der enormen Fixkostenbelastung zum späteren Zeitpunkt als entscheidender Wettbewerbsfaktor herauskristallisieren.[48] Dennoch existieren ebenfalls Gründer, die erst dann ihr „Allein-Regieren“ aufgeben, wenn es nicht mehr anders geht und sie auf Mitarbeiter angewiesen sind. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Mitarbeiter erst eingestellt werden, wenn ein bestimmter Wachstumsgrad erreicht wurde und sich das Unternehmen dadurch bereits etabliert hat.[49] Somit kann festgehalten werden, dass die Mitarbeiter in verschiedenen Phasen des Gründungsprozesses an Relevanz gewinnen können. Aktuelle Daten über die Mitarbeiterzahl in Startups kann einer Studie des Bundesverbandes Deutsche Startups e. V. in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin entnommen werden. Diese haben als Richtwert, ob ein Unternehmen als Startup bezeichnet werden kann oder nicht, die Bedingung festgesetzt, dass dieses neben dem Wachstumspotential und der Innovationsfähigkeit eine maximal 10-jährige Unternehmensgeschichte vorweisen darf.[50] Demnach beschäftigt ein Startup nach einem Jahr im Durchschnitt 3,6 Mitarbeiter, wobei es zu relativieren gilt, dass rund Dreiviertel aller Startups im Team gegründet werden (76%) und somit keine Aussage über die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter getroffen werden kann. Da der Durchschnitt der befragten Unternehmen allerdings bei 2,4 Jahren und 12,4 Mitarbeitern liegt, lässt dies die Schlussfolgerung zu, dass sich viele Startups sehr früh mit der Rekrutierung von Mitarbeitern beschäftigen. Bestärkt wird diese Aussage durch die Angabe der Startup-Unternehmen, im Jahr 2013 durchschnittlich 5 neue Einstellungen zu planen.[51]
Während sich ein Mitarbeiter, welcher sich für ein Startup entscheidet, besonderen Herausforderungen ausgesetzt sieht, rückt für das Unternehmen das Personalmarketing hier an eine zentrale Position. Im internen Kontext müssen dabei Mitarbeiterbedürfnisse identifiziert und davon Anreize zur intrinsischen Motivation abgeleitet werden, während im externen Zusammenhang zunächst die „richtigen“ Mitarbeiter vom Unternehmen überzeugt werden müssen. Konkret wird darauf im Folgenden eingegangen.
3. Personalmarketing
3.1 Definition und Entwicklung
Sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis existiert kein allgemeingültiges Verständnis über den Begriff des Personalmarketings. Auffallend ist allerdings, dass die Diskussionen über dieses Thema eine Bandbreite annehmen, wie bei kaum einem anderen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 Ausgewählte Entwicklungslinien des Personalmarketings[52]
Unter den Autoren, welche sich in den vergangenen sechzig Jahren mit der Definition des Personalmarketings auseinander gesetzt haben, findet sich dabei ein Begriffsauslegungsspektrum wieder, welches von der Ablehnung des Personalmarketings als eigenständiger Begriff, über das Verständnis als operatives Instrument bis hin zur Auffassung des Personalmarketings als Unternehmensstrategie reicht.[53] Eine detaillierte Übersicht über die Entwicklungsstufen des Begriffs liefert Abbildung 4.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass folgende drei Ansätze verfolgt und angewandt werden:
Personalmarketing gilt als Rekrutierungsinstrument und befasst sich somit ausschließlich mit dem externen Personalbeschaffungsmarkt des Unternehmens, wobei vor allem der Auf- und Ausbau eines positiven Images im Mittelpunkt steht. Mit der Einstellung des Mitarbeiters gilt das Personalmarketing als abgeschlossen.[54]
Personalmarketing als operatives Instrumentarium, das über die Gewinnung geeigneter Mitarbeiter hinaus geht und auch die Bindung, Motivation und Entwicklung gegenwärtiger Mitarbeiter einschließt.[55]
Der dritte und zugleich umfassendste Ansatz, welcher auch als Grundlage für die weiteren Ausführungen dieser Arbeit dient, wird in folgender Definition von Lippold dargestellt: „Personalmarketing ist ein umfassendes Denk- und Handlungskonzept, das auf die Bedürfnisse potentieller und vorhandener Mitarbeiter ausgerichtet ist. Ziel dabei ist es, [. ] durch eine entsprechende Attraktivitätswirkung auf dem externen Arbeitsmarkt bedarfsgerechte Mitarbeiter zu gewinnen und [. ] durch mitarbeitergerechte und effiziente Gestaltung der Arbeitsbedingungen wertvolle Ressourcen an das Unternehmen zu binden und damit die personale Wertschöpfung zu optimieren.“[56].
3.2 Bedeutung für Startups
Für viele Venture Capitalists[57] gilt das Gründer- bzw. Mitarbeiterteam als ein Faktor, der um einiges entscheidender ist als die Idee selbst. Eugene Kleiner von Kleiner Perkins, einer der bekanntesten Wagniskapitalfirmen aus dem Silicon Valley, drückte es einst passend aus: „I invest in management, not ideas.“[58] Es werden also die Gründer und Mitarbeiter in den Vordergrund gerückt und als bedeutendster Erfolgs- und Wachstumsfaktor für das Unternehmen deklariert.[59]
Nicht zuletzt deshalb spielt das Personalmanagement in jungen Unternehmen eine große Rolle. Während allerdings Teildisziplinen wie beispielsweise die Personalentwicklung aufgrund von zeitintensiven Schulungen und einer hohen Kostenbelastung durch Maßnahmen wie „Training on the job“ oder internes Coaching ersetzt werden müssen, zählt das Personalmarketing von Beginn an zu einer entscheidenden Funktion. Durch geeignete Maßnahmen lässt sich nicht nur Zeit und Geld sparen. Vielmehr gilt das Vorhandensein geeigneter Mitarbeiter sowie ein damit einhergehendes gutes Zusammengehörigkeitsgefühl zu einer Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Wachstum.[60]
Damit ein Startup dieses intellektuelle Kapital nutzen kann, sind im Rahmen des Personalmarketings innovative Methoden zur Gewinnung von Talenten sowie zur Bindung der Leistungsträger an das junge Unternehmen gefragt. Die größte Hürde besteht dabei darin, die hohen Gehaltsvorstellungen der Bewerber durch adäquate Ersatzleistungen zu ersetzen.[61] Durch die bereits erwähnten Restriktionen der finanziellen Ressourcen sind die Gehaltsforderungen der High Potentials in der Regel nicht zu stemmen. Daher gilt es, während der Bemühungen um Mitarbeiter, Werte herauszustellen, die typisch sind für Start- Ups, bzw. konkreter für das eigene Startup.
Wie aus den bisher beschriebenen theoretischen Grundlagen ersichtlich wird, kann im Hinblick auf die erfolgreiche Mitarbeitergewinnung und -bindung die Differenzierung des Unternehmens gegenüber seiner Konkurrenten als erfolgsversprechendes Vorgehen festgehalten werden. Dies gelingt dem Unternehmen vor allem durch die Kommunikation der jeweiligen unternehmens- bzw. arbeitsplatztypischen Eigenschaften und Werte sowie dem damit verbundenen Aufbau einer Arbeitgebermarke.
Wie in der Literatur wurde auch bei den entsprechenden Forschungen der Weg aus dem marketingspezifischen Markenaufbau gewählt. So begründen beispielsweise Tumasjan / Strobel / Welpe die zusätzliche Herausforderung der Startups, geeignete Mitarbeiter zu erreichen, auf Basis der Erkenntnisse von Studien aus der Entrepreneurial Marketing-Forschung. Diese beschreiben die Markenbildung als essentielle Strategie für Startups, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu erreichen.[62] Demnach ist es wichtig, Ziele und Werte des Unternehmens in den jeweiligen Leitlinien und Grundsätzen festzuhalten und diese entsprechend zu kommunizieren.[63]
In zahlreichen Studien wurde bereits erkannt, dass Startups im Vergleich zu etablierten Unternehmen einige Wettbewerbsnachteile aufweisen, wenn es darum geht, talentierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Zu diesen gehören unter anderem, dass Startups einen geringeren Bekanntheitsgrad besitzen und eine geringere Reputation genießen. Des Weiteren können sie weder Weiterbildungsmaßnahmen im größeren Stil anbieten noch annähernd so viel Vergütung bezahlen. Somit wurde das Anwerben von geeigneten Mitarbeitern bereits des Öfteren als eine der größten Herausforderungen für Startups bezeichnet.[64]
3.3 Internes und externes Personalmarketing
Dem beschriebenen Ansatz liegt zu Grunde, dass das Personalmarketing als Grundlage für die Umwelt-, Kunden- und Mitarbeiterorientierung aufgefasst und verstanden wird. Dabei nimmt es gegenüber den Mitarbeitern im Innenverhältnis eine ähnliche Rolle ein wie das klassische Marketing im Außenverhältnis gegenüber Kunden.[65] Somit werden im Personalmarketing zwei ursprünglich unabhängige und eigenständige Unternehmensbereiche - Personal und Marketing - zusammengeführt, wobei der (potentielle) Mitarbeiter als Kunde angesehen und entsprechend behandelt werden sollte.[66] Das Personalmarketing ist daher als Querschnittsfunktion zu betrachten, da sich diese Kunden- und Serviceorientierung durch alle Personalaktivitäten durchziehen muss.[67] Wie auch Abbildung 5 sichtbar macht, kann das Personalmarketing dabei sowohl als externes als auch als internes Personalmarketing betrieben werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 Perspektiven des Personalmarketingbegriffs[68]
Das externe Personalmarketing, welches auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet ist, beschäftigt sich mit unternehmensexternen Zielgruppen, zu denen unter anderem potentielle Bewerber gehören. Das Ziel dieser Aktivität ist es, ein interessantes und konsistentes Bild als Arbeitgeber zu erzeugen, wodurch potentielle Mitarbeiter angelockt werden. Konkret wird somit angestrebt, in der Wahrnehmung von qualifizierten Bewerbern bzw. Arbeitssuchenden als „employer of choice“ - Arbeitgeber erster Wahl - zu existieren.[69] Demgegenüber steht das interne Personalmarketing, welches auf die Interessen und Erwartungen der unternehmensinternen Zielgruppen abzielt. Als zentrales Ziel zählt hier die Steigerung des Commitments der beschäftigten Mitarbeiter, um frühzeitig einer möglichen Fluktuation sowie Loyalitäts- und Leistungsdefiziten entgegenzuwirken.[70] Nicht zu verachten ist hierbei auch der positive Einfluss des internen Personalmarketings auf das externe.[71] So trägt ein gegenüber seinem Arbeitgeber positiv gestimmter Mitarbeiter auch solch eine Sichtweise nach außen und beeinflusst dadurch das Erscheinungsbild seines Arbeitgebers in seinem Umfeld maßgeblich mit.[72]
3.4 Instrumente des Personalmarketing
Ähnlich zum Produktmarketing stehen dem Personalmarketing folgende Instrumente zur Verfügung:
Entgeltpolitik: umfasst die Höhe und Struktur des Lohnes/Gehaltes, betriebliche Sozialleistungen, sonstige Vergünstigungen und Nebenleistungen sowie die Gehaltsentwicklung.
Leistungspolitik: setzt sich aus der inhaltlichen Ausgestaltung der Tätigkeit und der Ausstattung des Arbeitsplatzes zusammen. Hinzu zählen somit die Aufgaben und Kompetenzen, die zeitliche Beanspruchung, räumliche und maschinelle Ausstattungen, Aufstiegsmöglichkeiten sowie Weiterbildungsangebote.
Kommunikationspolitik: beinhaltet die Festlegung der zu übermittelnden Botschaft bzw. Aussagen, die Auswahl geeigneter Medien sowie die Durchführung von Personalwerbemaßnahmen. Dem Unternehmen stehen dazu zum Beispiel Stellenanzeigen, Personalimagewerbung und Medienselektion als unpersönliche Kommunikation sowie zum Beispiel Praktika, Probearbeiten, Seminare, Firmenbesuche oder Vorträge als persönliche Kommunikation zur Auswahl.[73]
Da Startups, wie bereits beschrieben, im Kampf um Talente kaum mit Anreizen wie einem hohen Gehalt, außergewöhnlichen Sozial- bzw. Nebenleistungen oder großen Weiterbildungschancen prahlen können, müssen sie sich mit anderen Instrumenten in deren Blickfeld bringen. Ein Ansatz, welcher bestimmte Arbeitgeber- bzw. Arbeitsplatzeigenschaften sowie deren Kommunikation verbindet, ist der des Employer Branding. Dieser wird im Folgenden näher betrachtet.
4. Employer Branding
4.1 Definition und Begriffsabgrenzung
Der Begriff des Employer Branding wurde im deutschsprachigen Raum erstmals im Jahr 2007 durch die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA) definiert und näher erläutert.[74] Dass allerdings Ideen dieses Verfahrens bereits seit viel längerer Zeit existieren, zeigen die Studien von Gough / Heilbrun 's aus dem Jahr 1965 sowie von Allport / Vernon / Lindzey's aus dem Jahr 1951. Während Gough / Heilbrun's die Studierenden aufforderten, ihre am meisten sowie am wenigsten präferierten Unternehmen anhand der Adjective Check List mit Persönlichkeitseigenschaften zu beschreiben, setzten Allport / Vernon / Lindzey's mit ihrer Study of Values einen Standard um unter anderem Unternehmen Persönlichkeitswerte zuzuteilen.[75] Da im heutigen Verständnis über Employer Branding das Arbeitgeberimage eine entscheidende Komponente darstellt, können diese Studien als Ursprung der Employer BrandingForschung verstanden werden.[76]
Geht es nach Backhaus / Tikoo, zielt das Employer Branding insbesondere auf die positive Differenzierung eines Unternehmens gegenüber seinen Wettbewerbern ab, wobei diese auf Basis der jeweiligen Arbeitgebercharakteristika realisiert wird.[77] Während dieser Ansatz in erster Linie die externe Sicht auf den Arbeitsmarkt beinhaltet, sehen King / Grace im Employer Branding hauptsächlich die Möglichkeit, ein Unternehmensimage aufzubauen, mit welchem sich die Mitarbeiter identifizieren können.[78] Die bis heute im deutschen Sprachgebrauch mit am meisten referenzierte Definition nimmt beide Ansätze auf und beschreibt das Employer Branding konkret und umfassend als „die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber.“[79]
Den Kern des Employer Brandings bildet dabei stets eine die Unternehmensmarke spezifizierende oder adaptierende Arbeitgebermarkenstrategie. Über eine beständige Entwicklung, Umsetzung und Messung dieser Strategie wird hierbei eine nachhaltige Optimierung von Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterbindung, Leistungsbereitschaft und Unternehmenskultur sowie die Verbesserung des Unternehmensimages angestrebt.[80]
Auch die Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) stellt die Wahrnehmung des Arbeitgebers auf dem Arbeitsmarkt sowie die Beziehung der Arbeitgebermarke zur Unternehmensmarke in den Mittelpunkt. Sie versteht unter Employer Branding die zielgerichtete Planung, Steuerung, Koordination und Kontrolle der Employer Brand, mit dem Ziel „ [...] eine unterscheidbare, authentische, glaubwürdige, konsistente und attraktive Arbeitgebermarke auszubilden, die positiv auf die Unternehmensmarke einzahlt.“[81]
[...]
[1] Schneider (1987), S. 451.
[2] Vgl. Montgomery/Ramus (2007), S. 2; Stotz/Wedel (2009), S. 1.
[3] Vgl. Chapman et al. (2005), S. 930.
[4] Ein High Potential bezeichnet eine Nachwuchskraft, die im Vergleich zu ihren Kollegen ein besonderes Maß an Potential bzgl. Einstellung, kultur- und wertgemäße Verhaltensweise sowie Entwicklungsfähigkeit besitzt und somit einen höheren Wert für das Unternehmen bedeutet. (Vgl. Ready/Conger/Hill (2010), o.P.).
[5] Vgl. Horbach (2008), o.P..
[6] Vgl. Kienbaum (2011), o.P..
[7] Vgl. Institute for Competitive Recruiting (2013), S. 27.
[8] Vgl. McKinsey (2011), S. 6; Pett/Kriegler (2007), S. 18.
[9] Vgl. McKinsey (2011), S. 6.
[10] Vgl. Gallup (2011), S. 12 f; Gausemeier/Fink (1999), S. 11; Bruch/Menges (2007), S. 243.
[11] Vgl. Ladwig/Domsch (2011), S. 27; Lewandowski/Liebig (2004), S. 26.
[12] Vgl. Edig (2002), S. 1; Beck (2008a), S. 5.
[13] Vgl. Estevão/Freiling (2008), S. 82.
[14] Tumasjan/Strobel/Welpe (2011), S. 111.
[15] Vgl. Tumasjan/Strobel/Welpe (2011), S. 111.
[16] Vgl. Bea/Schweitzer (2009), S. 29.
[17] Europäische Kommission (2006), S. 12.
[18] Vgl. Bea/Schweitzer (2009), S. 29.
[19] Vgl. Bea/Schweitzer (2009), S. 33.
[20] Vgl. Bea/Schweitzer (2009), S. 34.
[21] Vgl. Schierenbeck/Wöhle (2008), S. 44.
[22] Vgl. Schierenbeck/Wöhle (2008), S. 51f.
[23] Vgl. HGB § 167.
[24] Eigene Darstellung.
[25] Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2012), o.P.
[26] Vgl. Europäische Kommission (2003), o.P.
[27] Eigene Darstellung.
[28] Vgl. Eggers/Kraus/Filser (2009), S. 190.
[29] Vgl. Hayn (2003), S. 17.
[30] Vgl. Graham (2012), o.P.; Gründerszene (o.J.), o.P.
[31] Vgl. Wöhe/Döring (2010), S. 45f.
[32] Vgl. Hayn (2003), S. 16.
[33] Vgl. Freiling/Kollmann (2008), S. 6.
[34] Vgl. Heil (1999), S. 22; Hayn (2003), S. 16f.
[35] Vgl. Hayn (2003), S. 18f; Gruber (2004), S. 166.
[36] Als Stakeholder werden alle Anspruchsgruppen eines Unternehmens bezeichnet. Dazu gehören sämtliche internen und externen Personengruppen, die vom Unternehmenshandeln direkt oder indirekt betroffen sein können. (Vgl. Wöhe/Döring (2010), S. 50.).
[37] Vgl. Esteväo/Freiling (2008), S. 82.
[38] Vgl. Freiling/Kollmann (2008), S. 6f.
[39] Vgl. Estevão/Freiling (2008), S. 81.
[40] Vgl. Hayn (2003), S. 23.
[41] Vgl. Estevão/Freiling (2008), S. 87.
[42] Donaldson/Preston (1995), S. 85.
[43] Vgl. Esteväo/Freiling (2008), S. 83f.
[44] Vgl. Esteväo/Freiling (2008), S. 84.
[45] Vgl. Esteväo/Freiling (2008), S. 85f.
[46] Vgl. Esteväo/Freiling (2008), S. 87f.
[47] Vgl. Estevão/Freiling (2008), S. 89.
[48] Vgl. Estevão/Freiling (2008), S. 87.
[49] Vgl. Esteväo/Freiling (2008), S. 89f.
[50] Vgl. Bundesverband Deutsche Startups e.V./HWR Berlin (2013), S. 2.
[51] Vgl. Bundesverband Deutsche Startups e.V./HWR Berlin (2013), S. 4.
[52] Vgl. Beck (2008b), S. 9.
[53] Vgl. Beck (2008b), S. 9.
[54] Vgl. Drumm (2008), S. 293.
[55] Vgl. Steinmetz (1997), S. 35.
[56] Lippold (2011), S. 6.
[57] Ein Venture Capitalist (auch Venture Capital Gesellschaft) stellt dem Unternehmen Risikokapital in Form von Eigenkapital zur Verfügung, welches dieses beispielsweise bei Banken aufgrund mangelnder Sicherheiten nicht bekommen kann. (Vgl. Weitnauer (2007), S. 4f.).
[58] Eugene Kleiner (Vgl. Gruber (2002), o.P.).
[59] Vgl. Gruber (2002), o.P.; Bartels (2012), o.P..
[60] Vgl. Räth (2013), o.P.; Pelchrzim (2001), S. 28.
[61] Vgl. Pelchrzim (2001), S. 29.
[62] Vgl. Tumasjan/Strobel/Welpe (2011), S. 112.
[63] Vgl. Rode (2004), S. 55; Gruber (2004), S. 182f.
[64] Vgl. Williamson/Cable/Aldrich (2002), S. 83; Behrends (2007), S. 56ff; Knyphausen- Aufseß/Vormann (2009), S. 213ff.
[65] Vgl. Batz (1996), S. 25.
[66] Vgl. Neumann (2006), S. 13.
[67] Vgl. Beck (2008b), S. 10.
[68] Vgl. Lippold (2011), S. 7.
[69] Vgl. Martin et al. (2005), S. 77; Yaqub/Khan (2011), S. 57.
[70] Vgl. Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (2006), S. 30-32.
[71] Vgl. Martin et al. (2005), S. 81.
[72] Vgl. Neumann (2006), S. 14; Lievens/Van Hoye/Anseel (2007), S. 45.
[73] Vgl. Heybrock/Kreuzhof/Rohrlack (2011), S. 217.
[74] Vgl. DEBA – Deutsche Employer Branding Akademie (2007), o.P.
[75] Vgl. Slaughter/Zickar/Highhouse/Mohr (2004), S. 87.
[76] Vgl. DEBA - Deutsche Employer Branding Akademie (2010), S. 14.
[77] Vgl. Backhaus/Tikoo (2004), S. 502.
[78] Vgl. King/Grace (2008), S. 360.
[79] DEBA - Deutsche Employer Branding Akademie (2007), o.P..
[80] Vgl. DEBA – Deutsche Employer Branding Akademie (2007), o.P.
[81] Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (2006), S. 22.
- Arbeit zitieren
- Benjamin Gauß (Autor:in), 2013, Employer Branding als Differenzierungsstrategie für Start Ups im Kampf um Talente, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/269076