Für die Interpretation der Personenkonstellation eines literarischen Textes
erscheint es zunächst sinnvoll, die zugrundeliegende Methodik und die
Zielsetzung bzw. den Sinn dieses Analyseelements zu erläutern.
Die Kohärenz eines Textes, also der innere thematische Zusammenhang, ist
ausschließlich durch die fortdauernde Wiederaufnahme von sema ntischen
Merkmalen bedingt, in anderen Worten durch die Rekurrenz einzelner
kontextueller Seme. Diese Klasseme konstituieren Isotopien, das heißt,
homogene Bedeutungsebenen, die es dem Leser ermöglichen anhand der
Kohärenz des Textes diesem inhärente Zusammenhänge zu erfassen und
dessen eigentliche Bedeutung zu erfassen; sie sind ferner Bedeutungsaspekte
von ganzen Motiven, Handlungseinheiten, Raum,- oder eben auch
Figurenkonstellationen. 1
Für die Analyse der Personenkonstellation bedeutet dies folgendes: Jeder
literarischen Figur wird eine Anzahl von bestimmten Merkmalen zugeordnet,
sie ist durch diese einmalig definiert. Demzufolge ist kein Protagonist mit dem
anderen identisch. Es ergeben sich aber bei vielen Figuren Berührungspunkte
in dem Sinne, daß bei ihnen das jeweilige Merkmal ähnlich schwach, stark
oder sogar gegenteilig ausgebildet ist. Auf diese Weise ist die Möglichkeit der
Veränderung jeder Figur im Laufe der Handlung gegeben, auf der anderen
Seite auch selbst die Handlung durch die Modifikatio n ihrer Eigenschaften und
Verhaltensweise vorantreibt. Die Entwicklung und Variierung der
semantischen Charakteristika ist unerläßlich für den Fortgang der Handlung.
Die semantischen Merkmale können in verschiedenen Anordnungen
gegeneinander ausgerichtet werden. In vielen Fällen, wie auch im zu
behandelnden Werk Le silence de la mer, finden sich Binäroppositionen wie
auch andere mehrgliedrige Konstellationen. [...]
1 Schulte-Sasse, Jochen; Werner, Renate, 1997, Einführung in die Literaturwissenschaft,
151 ff
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- II. Skizzierung der Ausgangssituation
- III. Herausbildung der Dreier-Konstellation und Oppositionsbildung
- 3.1 Charakterisierung der Figur des Onkels
- 3.2 Charakterisierung der Figur des Offiziers
- 3.3 Charakterisierung der Figur der Nichte
- IV. Auflösung der Personenkonstellation
- V. Schlußbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Personenkonstellation in Vercors' "Le silence de la mer" und untersucht, wie sich diese im Laufe der Handlung entwickelt und verändert. Ziel ist es, die Bedeutung der Figuren und ihrer Beziehungen für die Gesamtinterpretation des Werkes aufzuzeigen.
- Entwicklung der Personenkonstellation im Kontext der deutschen Besatzung Frankreichs
- Analyse der semantischen Merkmale der Hauptfiguren (Onkel, Nichte, Offizier)
- Die Funktion von Binäroppositionen und deren Auflösung im Handlungsverlauf
- Die Modifikation des Feindbildes ("Besetzer") durch den Aufbau und Abbau von Oppositionen
- Die Bedeutung der Personenkonstellation für die Botschaft des Werkes
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einführung: Dieses Kapitel erläutert die texttheoretische Bedeutung der Personenkonstellation in der Literaturwissenschaft. Es wird die Methodik der Analyse erläutert und die Bedeutung der Kohärenz eines Textes durch die Wiederaufnahme semantischer Merkmale und die Bildung von Isotopien betont. Die Analyse der Personenkonstellation basiert auf der Zuordnung von Merkmalen zu den Figuren, deren Entwicklung und Veränderung im Laufe der Handlung die Bedeutung des Textes prägt. Binäroppositionen und andere Konstellationen spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie die Beziehungen zwischen den Figuren und deren Entwicklung verdeutlichen. Die veränderte Konstellation am Ende des Werkes trägt zur Botschaft des Textes bei.
II. Skizzierung der Ausgangssituation: Das Kapitel beschreibt die Ausgangssituation in "Le silence de la mer": die deutsche Besatzung Frankreichs 1941. Die Personenkonstellation besteht aus drei Figuren, deren semantische Merkmale zu Beginn bereits definiert sind. Das zentrale Feindbild, der Deutsche, soll durch den Aufbau und Abbau von Oppositionsbildungen modifiziert und als ungültig dargestellt werden. Der Fokus liegt auf der Einführung der drei Hauptfiguren und der Darstellung des anfänglichen Spannungsverhältnisses zwischen Besatzern und Besetzten. Der Ich-Erzähler, ein alter Schreiner, wird als Hauptfigur eingeführt, wobei die Beziehung zwischen ihm und seiner Nichte zunächst nur vage angedeutet wird. Die ersten Beschreibungen der deutschen Soldaten bedienen sich klischeehafter Merkmale, die den "Besetzer" als fremd, militärisch geprägt und dominant darstellen.
Schlüsselwörter
Personenkonstellation, Le silence de la mer, Vercors, Besatzung, Frankreich, Zweiter Weltkrieg, semantische Merkmale, Isotopien, Binäroppositionen, Feindbild, Charakterisierung, Handlungsstruktur, Bedeutungsentwicklung.
Häufig gestellte Fragen zu Vercors' "Le silence de la mer" - Eine Inhaltsanalyse
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Personenkonstellation in Vercors' Roman "Le silence de la mer" und untersucht deren Entwicklung und Veränderung im Laufe der Handlung. Der Fokus liegt auf der Bedeutung der Figuren und ihrer Beziehungen für die Gesamtinterpretation des Werkes.
Welche Themen werden behandelt?
Die Analyse behandelt die Entwicklung der Personenkonstellation im Kontext der deutschen Besatzung Frankreichs, die semantischen Merkmale der Hauptfiguren (Onkel, Nichte, Offizier), die Funktion von Binäroppositionen und deren Auflösung, die Modifikation des Feindbildes ("Besetzer") und die Bedeutung der Personenkonstellation für die Botschaft des Romans.
Welche Figuren werden im Roman betrachtet?
Die Hauptfiguren sind der Onkel (ein alter Schreiner), die Nichte und ein deutscher Offizier. Die Arbeit charakterisiert diese Figuren detailliert und untersucht ihre Beziehungen zueinander.
Welche Methode wird zur Analyse verwendet?
Die Analyse basiert auf der Zuordnung von Merkmalen zu den Figuren und deren Entwicklung im Laufe der Handlung. Besondere Bedeutung haben dabei Binäroppositionen und die Bildung von Isotopien, die die Beziehungen zwischen den Figuren und deren Entwicklung verdeutlichen.
Wie ist der Roman strukturiert?
Der Roman wird in fünf Kapitel gegliedert: Einführung, Skizzierung der Ausgangssituation, Herausbildung der Dreier-Konstellation und Oppositionsbildung (inkl. Einzelcharakterisierungen der Figuren), Auflösung der Personenkonstellation und Schlußbemerkung. Jedes Kapitel wird in der Arbeit zusammengefasst.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Analyse?
Schlüsselwörter sind: Personenkonstellation, Le silence de la mer, Vercors, Besatzung, Frankreich, Zweiter Weltkrieg, semantische Merkmale, Isotopien, Binäroppositionen, Feindbild, Charakterisierung, Handlungsstruktur, Bedeutungsentwicklung.
Was ist das Ziel der Analyse?
Das Ziel ist es, die Bedeutung der Personenkonstellation für das Verständnis des Romans aufzuzeigen und zu erklären, wie die Entwicklung der Beziehungen zwischen den Figuren zur Botschaft des Werkes beiträgt. Die Modifikation des Feindbildes durch den Aufbau und Abbau von Oppositionsbildungen spielt dabei eine zentrale Rolle.
Wie wird die Ausgangssituation beschrieben?
Die Ausgangssituation ist die deutsche Besatzung Frankreichs im Jahr 1941. Die drei Hauptfiguren sind eingeführt, und das anfängliche Spannungsverhältnis zwischen Besatzern und Besetzten wird dargestellt. Die ersten Beschreibungen der deutschen Soldaten bedienen sich klischeehafter Merkmale.
Wie wird die Botschaft des Romans im Zusammenhang mit der Personenkonstellation interpretiert?
Die veränderte Konstellation am Ende des Werkes trägt maßgeblich zur Botschaft des Textes bei. Die Analyse untersucht, wie diese Veränderung zustande kommt und welche Bedeutung sie hat.
- Quote paper
- Sabine Halbach (Author), 1999, Die Personenkonstellation in "Le Silence de la Mer" (Vercors), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/23317