(...) Was war das Außergewöhnliche an Manets Art, geschichtliche Ereignisse darzustellen? Um diese Frage zu beantworten, werde ich im Text genauer das Verhältnis von Betrachter und Bild beleuchten: Dazu beschäftige ich mich in Abschnitt 3. Bildkonzepte im Wandel mit Michael Frieds These, Manet habe ein neues Konzept entwickelt, das den Betrachter bejahe.
(...)
Im Abschnitt 4.8 möchte ich darlegen, inwiefern sich Manet mit seinem „Leitkonzept“ Fiktion von anderen Bildkonzepten abgrenzt, bei denen Realität und/oder Illusion mehr im Vordergrund stehen. In Darstellung des Gewaltakts (Abschnitt 4.9) werde ich darüber sprechen, wie Manet den Eindruck erweckt, im Gemälde spiele sich das Geschehen unabhängig vom Zuschauer ab. Auch werde ich über die eigentümliche Emotionslosigkeit und Schläfrigkeit sprechen, die das Bild innehat. Anschließend werde ich auf die konzeptionell optischen Phänomene Flachheit/ Reliefartigkeit/ Parallelität (Abschnitt 4.10) und auf das Spiegelkonzept (4.11) eingehen. Wie ich erläutern werde, sei beispielsweise ein paralleler Bildaufbau nötig, um dem Betrachter zu ermöglichen, sich, auch über den Bildrahmen hinaus, Spiegelungen vorzustellen. Eine Konsequenz daraus werde ich im Textabschnitt Innerbildliche Identifikationsfiguren (4.12) beschreiben: Parallelität bedinge also das Spiegelkonzept und dieses wiederum Identifikationsfiguren.
Nachdem ich das Ereignisbildkonzept Manets beschrieben habe, möchte ich einige Hypothesen bezüglich möglicher Konsequenzen in den interaktiven Medien äußern. Konkret beabsichtige ich es, das Computerspiel Street Fighter zu betrachten. Dazu werde ich am Anfang des Textes kurz, neben den Eckdaten zu Manet und seinem Werk, auch relevante allgemeine Informationen zu dem Begriff der interaktiven Medien und dem Computerspiel Street Fighter3, das ich genauer untersuchen möchte, geben. Warum ich gerade dieses Spiel für einen Transfer ausgewählt habe, werde ich an späterer Stelle begründen. Vorweggenommen sei lediglich, dass zwischen dem Computerspiel und Manets Erschießung eine Vielzahl formaler und inhaltlicher Ähnlichkeiten zu finden sind.
Abschließend werde ich Vermutungen zu den Konsequenzen der Verwendung einiger Elemente aus Manets Ereignisbilddarstellung im Spiel Street Fighter äußern. Doch bevor ich zum Hauptteil des Textes komme, möchte ich einleitend einen Forschungsüberblick geben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Themenstellung und Methodik
- Forschungsüberblick
- Allgemeines
- Edouard Manet
- Die Erschießung Kaiser Maximilians
- Interaktive Medien
- Das Genre Computerspiel
- Das Computerspiel Street Fighter
- Bildkonzepte im Wandel
- Das (Er)finden und Negieren des Betrachters
- Manets Bejahung des Betrachters
- Ereignisbildkonzepte Manets
- Ein neues Geschichtsbild
- Offenheit und Uneindeutigkeit
- Betrachterstandort
- Unendlichkeitskonzept
- Konzept der Gleichzeitigkeit und Montage
- Anwesenheit und Abwesenheit
- Rezeptionsscheitern
- Realitäten, Illusion, Fiktion
- Darstellung des Gewaltakts
- Flachheit/ Reliefartigkeit/ Parallelität
- Spiegelkonzept
- Innerbildliche Identifikationsfiguren
- Mögliche Konsequenzen in den interaktiven Medien
- Parallelen zwischen der Erschießung und Street Fighter
- Raumkonzept
- Schaulustige
- Gewaltakt
- Betrachterstandpunkt
- Ausblicke und Mutmaßungen bezüglich der Parallelen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit von Christian Lehmann befasst sich mit Edouard Manets Ereignisbildkonzepten und deren möglichen Konsequenzen für interaktive Medien. Im Zentrum steht die Frage, wie Manet geschichtliche Ereignisse in seinen Bildern darstellte und welches Verhältnis zwischen Betrachter und Bild er in seinen Werken etablierte. Die Arbeit analysiert insbesondere Manets Gemälde "Die Erschießung Kaiser Maximilians" und zieht Vergleiche zu dem Computerspiel "Street Fighter".
- Analyse von Manets Ereignisbildkonzepten
- Untersuchung des Verhältnisses von Betrachter und Bild
- Vergleich mit interaktiven Medien, speziell dem Computerspiel "Street Fighter"
- Exploration möglicher Konsequenzen von Manets Konzepten für den digitalen Raum
- Bedeutung von Manets Werk im Kontext des Wandels in der Kunst und der Medien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Bachelorarbeit ein und erläutert die Relevanz von Manets Ereignisbildkonzepten in der sich verändernden Kunstlandschaft des 19. Jahrhunderts. Sie skizziert die Methodik der Arbeit und bietet einen Forschungsüberblick über relevante Literatur. Im zweiten Kapitel wird die allgemeine Kontextualisierung der Arbeit vorgenommen. Es werden wichtige Eckdaten zu Edouard Manet, dem Gemälde "Die Erschießung Kaiser Maximilians", interaktiven Medien und dem Computerspiel "Street Fighter" erläutert.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses von Betrachter und Bild im Wandel. Es werden die Thesen von Michael Fried bezüglich des "Findens" und "Negierens" des Betrachters im Bild sowie Manets "Bejahung" des Betrachters im Kontext der Kunstgeschichte beleuchtet. Im vierten Kapitel werden die Ereignisbildkonzepte Manets im Detail analysiert. Es werden zentrale Aspekte wie die Darstellung eines neuen Geschichtsbildes, die Offenheit und Uneindeutigkeit von Manets Werken, der Betrachterstandort, Konzepte der Gleichzeitigkeit, Montage und Unendlichkeit sowie die Themen Anwesenheit und Abwesenheit, Rezeptionsscheitern und Realitäten, Illusion und Fiktion beleuchtet.
Kapitel 5 befasst sich mit den möglichen Konsequenzen von Manets Ereignisbildkonzepten für interaktive Medien. Die Parallelen zwischen dem Gemälde "Die Erschießung Kaiser Maximilians" und dem Computerspiel "Street Fighter" werden hinsichtlich Raumkonzept, Schaulustigen, Gewaltakt und Betrachterstandpunkt untersucht. Abschließend werden Ausblicke und Mutmaßungen bezüglich der Parallelen angestellt.
Schlüsselwörter
Die Bachelorarbeit von Christian Lehmann befasst sich mit zentralen Begriffen und Themen der Kunstgeschichte und der Medienwissenschaften. Schlüsselwörter sind: Edouard Manet, "Die Erschießung Kaiser Maximilians", Ereignisbild, Betrachter, Interaktive Medien, Computerspiel, "Street Fighter", Raumkonzept, Gewaltdarstellung, Rezeption, Kontextualisierung. Die Arbeit fokussiert auf die Konzeption von Kunst und Medien im Spannungsfeld von Realität, Illusion und Fiktion.
- Quote paper
- Christian Lehmann (Author), 2011, Bild und Betrachter - Ereignisbildkonzepte bei Manet und mögliche Konsequenzen in den interaktiven Medien, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/188046