Die Arbeit geht der Frage nach, ob Religion trotz nachhaltiger, jahrzehntelanger Säkularisierung überhaupt noch einen Einfluss auf das Fertilitätsverhalten hat und wie ggf. die Zusammenhänge zwischen Religion und Geburtenverhalten in der aktuellen Literatur erklärt werden. Kann Religiosität schließlich noch als eine neben anderen Erklärungsvariablen herangezogen werden, um das Fertilitätsverhalten unabhängig von anderen Variablen zu erklären?
In vielen Ländern der Welt prägen sinkende Kinderzahlen und steigende Lebenserwartung die demografische Entwicklung und führen zu einer Alterung der Bevölkerung und in einigen Ländern gar zu einem Bevölkerungsrückgang. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts scheinen sich in Europa neben der Gesundheit und Sterblichkeit auch Divergenzen in der Fertilität und der gewünschten Kinderzahl zu entwickeln. So verlaufen beispielsweise auch die Prozesse der Säkularisierung und der Individualisierung in den europäischen Gesellschaften unterschiedlich schnell. Auch andere Faktoren, die einen direkten Einfluss auf den demografischen Prozess der Fertilität haben (z.B. Normen und Wertevorstellungen in Hinblick auf Familie, Kinder und Partnerschaft), sind in jeder Gesellschaft unterschiedlich.
Obwohl von einer generellen Säkularisierung gesprochen wird, haben Religion und Religiosität für viele Menschen einen hohen Stellenwert. Aus der damit verbundenen allgemeinen religiösen Werteorientierung lassen sich demografische Verhaltensmuster ableiten, die auch an die nächsten Generationen tradiert werden. Besonders für christliche Kirchen haben Ehe und Familie eine hohe Bedeutung. Den allgemein zu beobachtenden Phänomenen wie den sinkenden Heirats- und Geburtenzahlen, der Zunahme unehelicher Lebensformen und den steigenden Scheidungsraten stehen diese christlichen Werte entgegen. Die meisten empirischen Analysen über die Determinanten des Fertilitätsverhaltens werden von ökonomischen Faktoren dominiert. Präferenzbeeinflussende Faktoren, zu denen auch religiöse Wertehaltungen zählen, finden hingegen weniger Beachtung. Grund dafür könnte neben der abnehmenden gesellschaftlichen Bedeutung von Religion auch eine sinkende individuelle Religiosität sein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Relevanz des Themas
- Zielsetzung & Vorgehensweise
- Definitionen & Begriffsverständnis
- Religiosität - ein demografischer Faktor
- Säkularisierung - Bedeutungsverlust oder -wandel?
- Religiosität und Familiengründung - empirische Zusammenhänge
- Internationale Befunde
- Befunde in Europa
- Befunde in Deutschland
- Wie kann Religiosität sinnvoll operationalisiert werden?
- Verzwickte Zusammenhänge - Hat der Faktor Religiosität einen eigenständigen Einfluss?
- Zwischenfazit - Forschungsstand
- Warum bekommen religiöse mehr Kinder?
- Anreizbezogene Erklärungsansätze - am Beispiel ökonomischer Rational Choice-Ansätze
- Norm- und Wertebezogene Erklärungsansätze - am Beispiel der SDT
- Die Bedeutung der Ehe für die Fertilität
- Weitere Gründe
- Fazit & Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Religiosität auf das Fertilitätsverhalten und setzt sich mit der Frage auseinander, ob Religion trotz der fortschreitenden Säkularisierung weiterhin einen Einfluss auf die demografische Entwicklung hat. Ziel ist es, die relevanten empirischen Zusammenhänge zwischen Religiosität und dem Fertilitätsverhalten aufzuzeigen und die wichtigsten Erklärungsansätze zu beleuchten.
- Säkularisierung und ihre Auswirkungen auf die Rolle von Religion in der Gesellschaft
- Empirische Zusammenhänge zwischen Religiosität und dem Fertilitätsverhalten in verschiedenen Ländern
- Einflussfaktoren auf die Entscheidung für Kinder aus der Perspektive der Religiosität
- Verschiedene Erklärungsansätze für das höhere Fertilitätsverhalten religiöser Menschen
- Bewertung der Relevanz von Religiosität als Faktor im demografischen Wandel
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas im Kontext des demografischen Wandels dar und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Anschließend werden zentrale Begriffe wie "Religion" und "Religiosität" definiert. In Kapitel 2 wird die Frage nach der Relevanz von Religion im Zuge der Säkularisierung behandelt. Es werden empirische Befunde aus internationalen Studien und aus Europa sowie Deutschland vorgestellt, die den Zusammenhang zwischen Religiosität und dem Fertilitätsverhalten untersuchen. Kapitel 3 beleuchtet verschiedene Erklärungsansätze, die versuchen zu erklären, warum religiöse Menschen tendenziell mehr Kinder haben. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf christliche Glaubensgemeinschaften.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themenfelder wie Säkularisierung, Religiosität, Fertilitätsverhalten, demografischer Wandel, empirische Studien, Erklärungsansätze, Rational Choice, Selbstbestimmungstheorie (SDT), christliche Werte, Familienplanung und Ehe.
- Arbeit zitieren
- Felix Märtin (Autor:in), 2022, Der Kinderwunsch ist auch eine Überzeugungssache, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1244977