Der wesentliche Beitrag der vorliegenden Arbeit zur bestehenden psychoanalytischen Literatur die Homosexualität betreffend liegt in der Exploration der Bedeutsamkeit und der Bedeutung der Homosexualität für die Ziele einer Psychoanalyse.
Meiner Auffassung von Homosexualität liegt das Konzept der sexuellen Identität zugrunde, welche alle möglichen Affekte, Fantasien und Einstellungen gegenüber dem eigenen (sozialen) Geschlecht und der sexuellen Anziehung umfasst. Mit Reiche (2000) halte ich die Genese der Homosexualität für nicht ermittelbar. Beeinträchtigungen in der Qualität innerer Erfahrungen und der Objektbeziehungen gehen vornehmlich auf internalisierte antihomosexuelle Inhalte zurück, die sich – geformt durch einen von spezifischen Bedürfnissen und Verletzlichkeiten geprägten Sozialisierungsprozess – auf die psychische Struktur auswirken.
Homosexualität wird verstanden als phänotypische Variation menschlicher Sexualität ohne pathologische oder pathogene Wertigkeit. Unter Bezugnahme auf diese Auffassung und im Lichte der Feststellung, dass ein(e) Analytiker(in) nicht von einer gänzlich neutralen Stelle aus therapieren kann, kommt nur eine affirmative therapeutische Haltung in Betracht. Zielformulierungen in Psychotherapien/Psychoanalysen sind geprägt von theoretischen Annahmen des/der Analytikers/Analytikerin, seinen/ihren Auffassungen über die Machbarkeit, einer unbewussten Selektion von Zielen und der Untrennbarkeit von Lebenszielen. Zwischen Therapiezielen und intrapsychischen sowie anderen Gegebenheiten des/der Analysanden/Analysandin und des/der Analytikers/Analytikerin besteht eine bidirektionale Beziehung.
Anknüpfend an empirische metaanalytische Untersuchungen und die angesprochenen Beeinträchtigungen werden wesentliche psychoanalytische Ziele in der Stärkung des Selbst sowie der Stabilisierung der Persönlichkeitsstruktur (distale Ziele) und der Bewusstmachung unbewusster Motivationen und Konflikte (proximale Ziele) gesehen.
Abschließend ergeht die Empfehlung einer Untersuchung realistischer klinisch-
psychoanalytischer Kasuistiken zur Ermittlung der Wechselwirkungen der Subjektivitäten und Intersubjektivitäten von Analysand(in) und Analytiker(in) mit den Therapiezielen.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- 1. Einleitung
- 2. Konzeptualisierungen der Homosexualität
- 3. Die Genese der Homosexualität
- 4. Beeinträchtigungen in der Qualität innerer Erfahrungen und der Objektbeziehungen
- 5. Psychoanalytische Ansätze zur Behandlung homosexueller Menschen
- 6. Ein Gerüst für das Denken über Ziele in der Psychoanalyse
- 7. Ziele in der Psychoanalyse homosexueller Menschen und psychoanalytische Intervention
- 8. Diskussion
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung und Bedeutsamkeit der Homosexualität für die Ziele in der klinischen Psychoanalyse. Sie analysiert die Genese der Homosexualität, ihre Auswirkungen auf die Qualität innerer Erfahrungen und Objektbeziehungen sowie die Herausforderungen und Möglichkeiten in der psychoanalytischen Behandlung homosexueller Menschen.
- Das Konzept der sexuellen Identität und die Genese der Homosexualität
- Beeinträchtigungen durch internalisierte antihomosexuelle Inhalte
- Psychoanalytische Ansätze zur Behandlung homosexueller Menschen: neutrale vs. affirmative Haltung
- Zielformulierungen in der Psychoanalyse und ihre Abhängigkeit von theoretischen Annahmen und intrapsychischen Gegebenheiten
- Wesentliche psychoanalytische Ziele in der Stärkung des Selbst und der Stabilisierung der Persönlichkeitsstruktur
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit setzt sich mit den Bedingungen der Zielsetzung und Zielerreichung in der Psychoanalyse homosexueller Menschen auseinander. Sie beleuchtet zeitgenössische psychoanalytische Ansätze zur Sexualität als Konstruktion und deren Bedeutung für die Zielsetzung in der Psychoanalyse.
- Konzeptualisierungen der Homosexualität: Das Kapitel erläutert die Bedeutung des Konzeptes der sexuellen Identität und die Unterscheidung von sexueller Anziehung und sozialer Geschlechtsrolle in der Homosexualität.
- Die Genese der Homosexualität: Das Kapitel argumentiert gegen eine ermittelbare Genese der Homosexualität und plädiert für eine Abkehr von psychogenetischen Konzepten der frühen Psychoanalyse.
- Beeinträchtigungen in der Qualität innerer Erfahrungen und der Objektbeziehungen: Dieser Abschnitt befasst sich mit den potenziellen Beeinträchtigungen innerer Erfahrungen und Objektbeziehungen im Zusammenhang mit Homosexualität, insbesondere im Kontext internalisierter antihomosexueller Inhalte.
- Psychoanalytische Ansätze zur Behandlung homosexueller Menschen: Dieses Kapitel vergleicht zwei psychoanalytische Ansätze: den Ansatz der neutralen Haltung in der Technik und den Ansatz der affirmativen Haltung in der Technik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Homosexualität, sexuelle Identität, Psychoanalyse, Zielsetzung, Zielerreichung, internalisierte antihomosexuelle Inhalte, neutrale Haltung, affirmative Haltung, Selbststärkung, Persönlichkeitsstruktur, Bewusstmachung unbewusster Motivationen und Konflikte.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Völzel (Autor:in), 2021, Zur Bedeutung und Bedeutsamkeit der Homosexualität für die Ziele in der klinischen Psychoanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1170770