Die anthropologische Sehnsucht des Menschen nach Einheit und Ganzheit, die Suche
nach einem Sinn im Leben- global formuliert, war der Ausgangspunkt meiner Überlegungen.
.„Hinter jeder Sucht steckt eine Sehnsucht“ ist ein Satz, der im Rahmen von Alkohol – und
Drogenentzugstherapien nur zu gerne Verwendung findet, meist mit der Idee dahinter, der
Sucht etwas von ihrem abstoßenden und abnormen Charakter zu nehmen, einfach um
Verständnis in jenen zu wecken, die nicht süchtig sind, für jene, die süchtig sind, oder einfach
auch um aufzuzeigen, dass jeder Mensch, wenn er schon nicht auf irgendeine Art und Weise
süchtig ist, zumindest Gefahr läuft, süchtig – abhängig von einer Substanz zu werden, sei sie
nun stofflich oder nicht. Der Süchtige selbst macht keinen Unterschied zwischen Suche und
Sucht, die Sucht nach der Substanz ist für ihn gleichzeitig die Suche nach einem Halt im
Leben.
Der spirituelle Durst des Alkoholsüchtigen nach Ganzheit, ein Verlangen nach
Verständnis lässt ihn zur Flasche greifen (Grof, 1993/1994) - ein verklärter Blick auf die
immer steigende Anzahl an Alkohol- und Drogenabhängigen, welche ihre Sucht im
schlimmsten Fall mit ihrem Leben bezahlen müssen? Ein Tag auf der Akutstation einer
Entzugsklinik würde darauf schließen lassen. Gespräche mit Betroffenen lassen aber auch
darauf schließen, dass man mit solchen Überlegungen teilweise gar nicht so falsch liegt.
Selbsthilfegruppen wie es die Anonymen Alkoholiker sind, sehen die Spiritualität als
Ausdruck eines überkonfessionellen Glaubens an eine höhere Macht als wichtigen Teil in
ihren Grundfesten verankert. Die Aufgabe meiner Arbeit sehe ich in erster Linie darin zu fragen, ob sich Menschen,
welche in einer stationären Entzugstherapie sind, in einer Sinnkrise befinden und ob es
möglich ist, durch einen “Krankenhausaufenthalt“ aus dieser herauszufinden.
Der Titel der Arbeit, welcher das Wort „Spiritualität“ beinhaltet, soll somit auch auf
spirituelle Krisen verweisen und auf die Möglichkeit aus diesen herauszuwachsen.
Den Bereich der Spiritualität oder des spirituellen Wohlbefindens der Depression oder
suizidalen Gedanken als einander gegenseitig ausschließende Konstrukte zu betrachten, also
von einer unter allen Umständen negativen Korrelation dieser beiden Bereiche auszugehen,
scheint zwar zu weit gegriffen, doch schaffen Ergebnisse empirischer Arbeiten eine
ausreichende Basis für dahingehende Hypothesen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- Gedanken zur Thematik
- Vom Wesen der Spiritualität
- 2. Von der Schwierigkeit der Erfassung religiöser Phänomene
- 2.1. Ansätze zur Erfassung religiöser Phänomene
- 2.1.1. Extrinsische und intrinsische Religiosität
- 2.1.2. Multidimensionale Ansätze
- 2.2. Religion und Spiritualität – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
- 2.2.1. Religion, Religiosität und Spiritualität – Ansätze zur Begriffsklärung aus religionspsychologischer Sicht
- 3. Spiritualität und Gesundheit
- 3.1. Einleitende Überlegungen zu einem Modell der integralen Gesundheit
- 3.2. Empirische Forschungsergebnisse zum Zusammenhang Spiritualität und Gesundheit
- 3.3. Religiöse Coping – Strategien
- 3.4. Spirituelles Wohlbefinden
- 3.4.1. Konzeptualisierung und Entwicklung der Skala
- 3.4.2. Anwendungsergebnisse der Skala zum spirituellen Wohlbefinden
- 3.4.3. Normen für die Skala zum spirituellen Wohlbefinden
- 4. Alkoholismus
- 4.1. Die historische Entwicklung des Krankheitskonzepts
- 4.2. Alkoholismustypologien und Klassifikationssysteme
- 4.2.1. Alkoholismustypologie nach Jellinek(1960)
- 4.2.1.1. Typologie des Alkoholismus
- 4.2.1.2. Verlaufsphasen
- 4.2.2. Dichotome Typologien
- 4.2.3. Klassifizierung nach ICD – 10 und DSM IV
- 4.3. Alkoholismusepidemiologie - Alkoholkonsum in Österreich
- 4.3.1. Diagnose „Chronischer Alkoholismus“ in Österreich
- 4.3.1.1. Pro-Kopf-Alkoholkonsum von Alkoholikern und Nicht - Alkoholikern
- 4.3.1.2. Alkoholabstinenz und Alkoholmissbrauch in Österreich
- 4.3.2. Ursachen des Alkoholismus
- 4.3.2.1. Kulturelle und soziale Faktoren
- 4.3.2.2. Psychologische Faktoren
- 4.3.2.3. Biologische Faktoren
- 4.4. Zum Prozess des Rückfalls
- 4.5. Begleit- bzw. Folgeerkrankungen bei Alkoholismus
- 4.5.1. Psychiatrische Begleitsymptomatik des Alkoholismus
- 4.5.1.1. Akute Alkoholintoxikation
- 4.5.1.2. Alkoholdelir, Delirium Tremens
- 4.5.1.3. Alkoholhalluzinose
- 4.5.1.4. Eifersuchtswahn
- 4.5.1.5. Alkoholische Wesensänderung, psychoorganisches Syndrom
- 4.5.2. Neurologische Folgeerkrankungen bei Alkoholismus
- 4.5.2.1. Hirnatrophie
- 4.5.2.2. Korsakoff - Syndrom
- 4.5.2.3. Wernicke - Enzephalopathie
- 4.5.2.4. Alkoholische Kleinhirnatrophie
- 4.5.2.5. Alkoholische Polyneuropathie
- 4.5.2.6. Alkoholepilepsie
- 4.5.3. Internistische Folgeerkrankungen bei Alkoholismus
- Der Einfluss der Therapiedauer auf das spirituelle Erleben
- Die Veränderung suizidaler Gedanken im Verlauf der Therapie
- Der Zusammenhang zwischen Therapiedauer und Depressivität
- Die Relevanz von Spiritualität im Kontext von Sucht und Suizidalität
- Das Verständnis von Alkoholismus und dessen Folgen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht den Einfluss der Therapiedauer auf Veränderungen im spirituellen Erleben, suizidalen Gedanken und depressiven Symptomen bei männlichen Alkoholabhängigen. Das Ziel ist es, den Zusammenhang zwischen der Dauer der Therapie und der Verbesserung dieser drei Faktoren zu beleuchten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und beleuchtet die Bedeutung von Spiritualität im Kontext von Sucht und Suizidalität. Es werden verschiedene Ansätze zur Erfassung religiöser Phänomene und die Beziehung zwischen Religion und Spiritualität diskutiert.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Erfassung religiöser Phänomene und stellt verschiedene Ansätze wie extrinsische und intrinsische Religiosität sowie multidimensionale Ansätze vor. Außerdem wird der Unterschied zwischen Religion und Spiritualität diskutiert.
Kapitel 3 behandelt die Verbindung zwischen Spiritualität und Gesundheit. Es werden die Ergebnisse empirischer Studien zum Zusammenhang von Spiritualität und Gesundheit sowie das Konzept des spirituellen Wohlbefindens beleuchtet.
Kapitel 4 beleuchtet das Thema Alkoholismus. Es werden die historische Entwicklung des Krankheitskonzepts, verschiedene Alkoholismustypologien, die Verbreitung von Alkoholismus in Österreich, die Ursachen von Alkoholismus und die Begleiterscheinungen von Alkoholismus beschrieben.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Spiritualität, Suizidalität, Sucht, Alkoholismus, Therapiedauer, spirituelles Wohlbefinden, religiöse Coping-Strategien, Depressivität, empirische Forschungsergebnisse.
- Quote paper
- Human-Friedrich Unterrainer; Mag. (Author), 2002, Spiritualität, Suizidalität & Sucht, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/11690