Diese Studie widmet sich einem - zumal in Zeiten der Gender Studies - durchaus viel beforschten Thema: der Konzeption von Weiblichkeit in der Romantik. Dabei geht es um die Frage, inwiefern es im Zeitalter der Romantik gelingt, ein integratives Modell von Weiblichkeit zu entwickeln. Die Antwort dieser Arbeit ist: Es gelingt nicht. Verschiedene, miteinander unverträgliche Aspekte, werden auf verschiedene Rollenmuster aufgeteilt. Dabei wird sich hier auf einen wichtigen Aspekt der Literatur der Romantik konzentriert: die 'fremde' Frau.
Die dichotome Darstellungsweise der Frau in der Literatur des 19. Jahrhunderts kann als ein Symptom der Gespaltenheit des männlichen Bewusstseins interpretiert werden. Es ist davon auszugehen, dass sich der Verlust einer sinnstiftenden Religion durch die anhaltende Säkularisierung und der Zwiespalt zwischen gesellschaftlichen Verhaltensregelungen und individuellen Bedürfnissen und Leidenschaften nicht nur in den Dualismen Natur und Gesellschaft, Mann und Frau, sondern auch in der dualistischen Darstellungsweise der Frau in der Literatur der Romantik wieder spiegeln. So wird in vielen Werken der Literatur der Romantiker ein ‚positives‘ Bild, ganz im Sinne der aufklärerischen Tendenzen, von einer dem Mann untergeordneten, gehorchenden anständigen Ehefrau entworfen, der ihre Geschlechtlichkeit komplett abgesprochen wird. Andererseits wird ihr eine Kontrastfigur – sie kommen meist gleichzeitig in den Werken vor, sodass sich der Mann zwischen beiden Frauenbildern gefangen sieht – gegenüber gestellt, die das reinsinnliche und geschlechtliche Prinzip verkörpert. So zieht die ‚positive Frau‘ den Mann durch ihre Sittlichkeit und ‚wahre Liebe‘, die ‚negative Frau‘ durch ihre Sinnlichkeit und ‚unselige Leidenschaft‘ an. Doch stellt sich dabei die Frage, ob es tatsächlich nur dieses eine Schema in der romantischen Literatur gibt, oder ob vor allem die ‚negative‘ Frauenfigur in ihrem Wesen auch facettenreicher ausgestaltet wird und ihr so auch andere Funktionen zukommen. Mit der 'fremden' Frau ist daher ein Frauentypus gemeint, der nicht einem Typus allein zuzuordnen ist und der dem Mann als das 'ganz andere', als Natur, Sinnlichkeit und eventuell Dämonie gegenübertritt - sogar zuweilen als Abspaltung des männlichen Ichs auftritt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methode und analytische Vorgehensweise
- Die,fremde Frau': Eine Definition
- Paracelsus: Inspiration für die romantische Naturphilosophie und Ausgangspunkt für Typ I
- Gruppenerstellung
- Typ I: Die, fremde Frau' als Nymphe
- Die Wasserfrau in Fouqués Erzählung Undine
- Das Waldweib in Tiecks Der Runenberg
- Typ II: Die, fremde Frau' als dämonische Verführerin
- Die Venus in Eichendorffs Das Marmorbild
- Die dämonische Verführerin in verschiedenen Gedichten…
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Anhang: Die Gedichte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Typologie der ‚fremden Frau‘ in der Literatur der Romantik. Sie analysiert die verschiedenen Darstellungsformen und Funktionen dieser weiblichen Figur und hinterfragt dabei die gängige Unterscheidung zwischen einer ‚positiven‘ und ‚negativen‘ Frau. Die Arbeit beleuchtet insbesondere die Unterschiede zwischen der Nymphe, der Wasserfrau und dem Waldweib sowie der dämonischen Verführerin in den Werken von Fouqué, Tieck und Eichendorff.
- Die Darstellung der Frau in der Literatur der Romantik
- Die Typologie der ‚fremden Frau‘
- Die Funktionen der ‚fremden Frau‘ in der Literatur
- Die Unterscheidung zwischen ‚positiver‘ und ‚negativer‘ Frau
- Die Rolle des Mythos und der Naturphilosophie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und beleuchtet die dichotome Darstellungsweise der Frau in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Sie bezieht sich auf die Studie von Franziska Ruloff-Häny über den modernen Trivialroman und diskutiert die Kritik an ihrer Unterscheidung zwischen ‚positiver‘ und ‚negativer‘ Frau.
Das zweite Kapitel erläutert die Methode und analytische Vorgehensweise der Arbeit.
Das dritte Kapitel definiert den Begriff der ‚fremden Frau‘ und geht auf die Inspiration von Paracelsus für die romantische Naturphilosophie ein.
Das vierte Kapitel behandelt die ‚fremde Frau‘ als Nymphe und analysiert die Darstellung der Wasserfrau in Fouqués Erzählung Undine sowie des Waldweibs in Tiecks Der Runenberg.
Das fünfte Kapitel behandelt die ‚fremde Frau‘ als dämonische Verführerin und analysiert die Darstellung der Venus in Eichendorffs Das Marmorbild sowie die dämonische Verführerin in verschiedenen Gedichten.
Schlüsselwörter
Romantik, Literatur, Frau, Typologie, ‚fremde Frau‘, Nymphe, Wasserfrau, Waldweib, dämonische Verführerin, Paracelsus, Fouqué, Tieck, Eichendorff, Mythos, Naturphilosophie, Sinnlichkeit, Geschlechtlichkeit, Dualismus.
- Quote paper
- Svenja Fürbringer-Raschke (Author), 2018, Zur Typologie der "fremden Frau" in der Literatur der Romantik, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/999806