D REI ß IGJ Ä HRIGER K RIEG
Wenn man vom 30jährigen Krieg spricht, denkt man meist an einen Krieg, der sich über drei Jahrzente hinzog. Doch das ist ein Irrtum, denn der Zeitraum vom 23. Mai 1618 bis zum 24. Oktober 1648 war von mindestens 13 Kriegen und 10 Friedensschlüssen bestimmt. Während es sich bei vorrangegangenen Kriegen meist um einzelne Schlachten handelte, die wenig Einfluß auf die Zivilbevölkerung nahmen, änderte der 30jährige Krieg das Bild des „klassischen" Krieges grundlegend. Auch handelt es sich beim 30jährigen Krieg nicht um eine rein deutsche „Angelegenheit", sondern viel mehr um einen innnereuropäischen Konflikt auf deutschem Boden. Schweden, Franzosen, Spanier, Niederländer und nicht zuletzt auch Deutsche tummelten sich auf den zahlreichen Schlachtfeldern. Die Ziele waren eindeutig, doch vermochten finanzielle Aspekte meist mehr Überzeugungskraft zu vermitteln als Glaube, Konfession, Religion. Deutsche schlugen Deutsche, Freunde töteten Freunde, Verwande plünderten Verwande, Söhne betrugen Väter und immer war es die Religion die als Vorwand vor territoriale Ansprüche, Macht- Geldgier, Rachsucht oder einfach Hunger gestellt wurde. So weitete sich der Krieg schnell von den Schlachtfeldern auf die Städte, Dörfer und Gemeinden aus, und führte letztendlich zu einem allgemeinen Chaos in ganz Deutschland- der allererste Vernichtungskrieg in der Geschichte der Menschheit.
Die Verschärfung der konfessionellen Gegensätze seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 führte 1608/09 zu einer Verhärtung der Fronten zwischen den Reichsständen (1608 protestantische Union, 1609 katholische Liga) sowie zwischen ihnen und dem Kaiser. Auslösend wirkte die Verletzung des Majestätsbriefs Rudolfs II. für Böhmen durch Ferdinand II., sie führte im „ Prager Fenstersturz“ 1618 zur offenen Empörung der Stände und zur Wahl des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum protestantischen Gegenkönig. Da die böhmischen Stände Unterstützung bei Siebenbürgen, Savoyen, der Union und einem Teil der österreichischen Landstände fanden, wandte sich Ferdinand an die Liga und Spanien.
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Böhmisch-Pfälzischer Krieg 1618-1623
Der Krieg brachte zunächst die Niederlage Friedrichs V. durch Tilly und die Liga am Weißen Berg bei Prag 1620; Friedrich verlor Böhmen und die Pfalz. Protestantismus und ständische Verfassung in Böhmen und den österreichischen Erblanden wurden beseitigt.
Dänischer Krieg 1623-1630
Versuche, diese neue Machtstellung zur Festigung der kaiserlichen Macht im Reich und zur Durchführung der Gegenreformation in Norddeutschland zu nützen, veranlaßten Christian IV. von Dänemark zum Eingreifen; er fand dabei Unterstützung durch England und die Niederlande gegen die Truppen der spanischen Habsburger. Unter Wallenstein gelang es dem Kaiser, ein eigenes Heer aufzustellen, mit dem dieser 1626 bei Dessau den Grafen Mansfeld und mit Tilly Christian IV. bei Lutter am Barenberg schlug und Jütland besetzte. Das Restitutionsedikt 1629 sollte dem Protestantismus die Machtgrundlage entziehen und zugleich dem Kaiser die Möglichkeit geben, seine Macht über alle Reichsstände zu festigen. Diese erzwangen 1630 die Entlassung Wallensteins.
Schwedischer Krieg 1630-1635
Die Festigung der Machtstellung des Kaisers in Norddeutschland, vor allem die Pläne zur Errichtung einer kaiserlichen Ostseeherrschaft, veranlaßte nunmehr Gustav Adolf von Schweden zum Eingreifen. Tilly konnte 1631 Magteburg erobern, erlitt aber bei Breitenfeld 1631 eine entscheidende Niederlage. Gustav Adolf stieß 1632 nach Süddeutschland vor, wurde aber durch den wiederberufenen Wallenstein zum Rückzug gezwungen. In der für die schweden siegreichen Schacht bei Lützen am 6. 11. 1632 fiel Gustav Adolf. Mit dem Heilbronner Bund 1633 schien der schwedische Einfluß auf die protestantischen Stände des Reiches gesichert. Doch die Ermordung Walensteins, der 1633 mit den Schweden und Sachsen Sonderfriedensverhandlungen begonnen hatte, und die Niederlage Bernhards von Weimar und der Schweden bei Nördlingen 1634 machten diese Erfolge wieder zunichte. Kursachsen schloß 1635 mit dem Kaiser Frieden, dem sich die meisten Reichsstände anschlossen.
Französischer Krieg 1635-1648
Eine vierte Epoche des Kriegs wurde durch das Eingreifen Richelieus ausgelöst. Frankreich stellte Bernhard von Weimar Mittel zur weiteren Kriegführung zur Verfügung. Die letzten Phasen des Kriegs spielten sich vornehmlich in Süddeutschland gegen die Franzosen und in Böhmen gegen die Schweden ab. Der Westfälische Friede zu Münster und Osnabrück am 24. 10. 1648 beendete den Krieg, dessen endgültige Liquidation (Kampf gegen Söldnerbanden) allerdings noch fast ein Jahrzehnt in Anspruch nahm.
Aus konfessionellen Gegensätzen entstanden, zu einem Reichskrieg um die kaiserliche Stellung gegenüber den Ständen ausgeweitet, entwickelte sich der Krieg durch das Eingreifen Schwedens und Frankreichs zu einem auf deutschem Boden geführten Machtkampf um die europäische stellung des Hauses Habsburg. Kaiser und Reich wurden zugunsten der deutschen Territorialstaaten geschwächt.
Der Krieg war eine Katastrohe für das deutsche Volk und die Volkswirtschaft (bis zu 50% Verluste bei der Bevölkerung). Die Notwendigkeit des Wiederaufbaus begünstigte die Ausbildung des absolutistischen Staates. In Europa begann sich die Ära habsburgischer Vormacht ihrem Ende zuzuneigen; Frankreich trat das Erbe an.
Begriffsklärung: Erblande( zu böhm. Krieg)
die bis 1918 westlich der Leitha gelegenen Gebiete der Habsburger, im Unterschied zu den ungarischen und italienischen Besitzungen.
Restitutionsedikt( zu dän. Krieg)
Erlaß Kaiser Ferdinands II. (6. 3. 1629), gemäß dem, alle seit dem Passauer
Vertrag (1552) von den Protestanten eingezogenen Stifte und Kirchengüter an die Katholiken zurückgegeben, und den katholischen Reichsständen das Recht zur Rekatholisierung ihrer Untertanen eingeräumt werden sollte
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Einige am Krieg beteiligte Herrscher.
Quellen: Bertelsmann Lexikon DTV lexikon
Häufig gestellte Fragen zum Dreißigjährigen Krieg
Worum geht es im Dreißigjährigen Krieg?
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) war ein innereuropäischer Konflikt auf deutschem Boden, in dem sich Schweden, Franzosen, Spanier, Niederländer und Deutsche bekämpften. Konfessionelle Gegensätze dienten oft als Vorwand für territoriale Ansprüche, Machtgier und andere Motive. Der Krieg weitete sich von Schlachtfeldern auf Städte und Dörfer aus und führte zu Chaos und Zerstörung in Deutschland.
Was waren die Ursachen des Dreißigjährigen Krieges?
Die Verschärfung der konfessionellen Gegensätze seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 führte zu einer Verhärtung der Fronten zwischen den Reichsständen. Der "Prager Fenstersturz" 1618, ausgelöst durch die Verletzung des Majestätsbriefs Rudolfs II. durch Ferdinand II., führte zur offenen Empörung der Stände und zur Wahl Friedrichs V. von der Pfalz zum Gegenkönig.
Welche Phasen hatte der Dreißigjährige Krieg?
Der Dreißigjährige Krieg lässt sich in vier Phasen einteilen: den Böhmisch-Pfälzischen Krieg (1618-1623), den Dänischen Krieg (1623-1630), den Schwedischen Krieg (1630-1635) und den Französischen Krieg (1635-1648).
Was geschah im Böhmisch-Pfälzischen Krieg?
Friedrich V. wurde 1620 am Weißen Berg bei Prag von Tilly und der Liga besiegt und verlor Böhmen und die Pfalz. Protestantismus und ständische Verfassung in Böhmen und den österreichischen Erblanden wurden beseitigt.
Was geschah im Dänischen Krieg?
Christian IV. von Dänemark griff ein, um die kaiserliche Macht im Reich einzuschränken. Wallenstein besiegte Mansfeld bei Dessau und Christian IV. bei Lutter am Barenberg. Das Restitutionsedikt von 1629 sollte dem Protestantismus die Machtgrundlage entziehen.
Was geschah im Schwedischen Krieg?
Gustav Adolf von Schweden griff ein. Tilly wurde 1631 bei Breitenfeld besiegt. Gustav Adolf stieß nach Süddeutschland vor, fiel aber 1632 in der Schlacht bei Lützen. Kursachsen schloss 1635 mit dem Kaiser Frieden.
Was geschah im Französischen Krieg?
Richelieu stellte Bernhard von Weimar Mittel zur Kriegführung zur Verfügung. Die letzten Phasen des Krieges spielten sich vornehmlich in Süddeutschland und Böhmen ab. Der Westfälische Friede 1648 beendete den Krieg.
Was waren die Folgen des Dreißigjährigen Krieges?
Der Krieg schwächte Kaiser und Reich zugunsten der deutschen Territorialstaaten. Er war eine Katastrophe für das deutsche Volk und die Volkswirtschaft. Die Notwendigkeit des Wiederaufbaus begünstigte die Ausbildung des absolutistischen Staates. Frankreich trat das Erbe der habsburgischen Vormacht in Europa an.
Was bedeutet "Erblande" im Kontext des Böhmischen Krieges?
Die Erblande bezeichnen die bis 1918 westlich der Leitha gelegenen Gebiete der Habsburger, im Unterschied zu den ungarischen und italienischen Besitzungen.
Was war das Restitutionsedikt?
Das Restitutionsedikt war ein Erlass Kaiser Ferdinands II. vom 6. März 1629, gemäß dem alle seit dem Passauer Vertrag (1552) von den Protestanten eingezogenen Stifte und Kirchengüter an die Katholiken zurückgegeben werden sollten, und den katholischen Reichsständen das Recht zur Rekatholisierung ihrer Untertanen eingeräumt werden sollte.
- Arbeit zitieren
- Christian Opitz (Autor:in), 2000, Der 30-jährige Krieg, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/98314