Die Denkschrift „Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe“ von 1985 gilt als eine der bedeutendsten Schriften in der Geschichte der EKD. Sie markiert eine innerkirchliche Zäsur in ihrem Selbstverständnis und Verhältnis zum weltlichen Staat. Die Denkschrift ist dabei Ausdruck gelebter Demokratiekultur, gelang es doch letztendlich trotz mehrmaliger Widersprüche und Bearbeitungen, in ihr den gefundenen Konsens festzuhalten. Die vorliegende Arbeit soll anhand der geschichtlichen Entwicklungen der protestantischen Verhältnisbestimmung zum Staat aufzeigen, in welcher Weise Tradition und Innovation in der Demokratie-Denkschrift Platz finden.
Die Demokratie sieht sich zurzeit nicht nur in Deutschland, sondern europaweit Herausforderungen gegenüber, die ihre Kernprinzipien in Frage stellen. Gut 30 Jahre nach der Wende geht es wieder um eine Neuverhandlung des banal anmutenden Begriffs „Volk“. Die aktuelle Angst der Zeit ist nicht mehr die vor dem atomaren Krieg, sondern des Abgehängtseins oder -werdens. Rechtspopulistische Parteien eilen als verlautbarte Vertreter des „wahren Volkwillens“ herbei, um die „Altparteien“ auf den sich offenbarten Graben zwischen Regierung und Bürgern hinzuweisen. Diese jüngsten auch transnational beobachtbaren Entwicklungen sind dabei weniger eine Folge eines neuen politischen Moments, sondern ein Symptom des der Demokratie inhärenten Represäntationsdefizits. Dieses Problem, welches in jüngerer Zeit vor allem in der Unzufriedenheit mit einem fehlenden bürgerlichen Mitspracherecht zur deutschen Asylpolitik Ausdruck gefunden hat, verschont dabei auch nicht die Kirche als gesellschaftlichen Akteur. Die Debatte um das Kirchenasyl fördert eine Differenz im Rechtsstaatsverständnis zwischen Staat und Kirche wieder zutage, welche lange Zeit als geschlossen galt. Während die Kirche das Gewähren von Kirchenasyl als Akt der Nächstenliebe, aber auch als einen Akt am Rechtsstaat sieht, verletzt sie dadurch oft paradoxerweise eben dessen Aufenthaltsbestimmungen. Es lohnt ein Blick zurück auf die Demokratie-Denkschrift, um das besondere Verhältnis zwischen evangelischer Kirche und demokratischem Rechtsstaat nachzuvollziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das protestantische Verhältnis zum Staat bis zur Denkschrift
- Die Demokratie-Denkschrift zwischen Tradition und Innovation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Denkschrift „Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe“ aus dem Jahr 1985, die als eine der wichtigsten Schriften in der Geschichte der EKD gilt. Sie beleuchtet, wie sich die EKD in ihrem Selbstverständnis und Verhältnis zum Staat gewandelt hat und welche Rolle Tradition und Innovation in der Denkschrift spielen.
- Entwicklung des protestantischen Verhältnisses zum Staat
- Die Rolle der Tradition in der Denkschrift
- Die Bedeutung von Innovationen in der Denkschrift
- Die Relevanz der Denkschrift für die heutige Debatte um Demokratie und Rechtsstaat
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Bedeutung der Denkschrift von 1985 für die EKD heraus und skizziert die Zielsetzung der Arbeit. Sie thematisiert außerdem die aktuelle Debatte um Demokratie und Rechtsstaat und deren Relevanz für die Kirche.
Das protestantische Verhältnis zum Staat bis zur Denkschrift
Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung des protestantischen Verhältnisses zum Staat von der Reformation bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes. Besondere Aufmerksamkeit erhält dabei Luthers Obrigkeitslehre, die Zwei-Reiche-Lehre und die daraus resultierenden Herausforderungen für eine demokratische Staatsordnung.
Schlüsselwörter
Demokratie, Protestantismus, EKD, Denkschrift, Tradition, Innovation, Staat, Kirche, Rechtsstaat, Obrigkeitslehre, Zwei-Reiche-Lehre
- Arbeit zitieren
- Martin Wenisch (Autor:in), 2020, Tradition und Innovation in der Demokratie-Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) von 1985, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/962798