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Hausarbeit, 2020
17 Seiten, Note: 1,0
1 Einleitung
2 Geschlecht
3 Genderkompetenz in der Sozialen Arbeit
4 Bedeutung des Geschlechts für Kinder und Jugendliche
5 Verschiedene Ansätze geschlechterbewusster Kinder- und Jugendarbeit
5.1 Mädchen*-und Jungen*arbeit
5.1.1 Mädchen*arbeit
5.1.2 Jungen*arbeit
5.2 Reflexive Koedukation
5.3 Cross Work
6 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Die Geschlechterfrage ist in der Sozialen Arbeit ein Themenfeld unter vielen. Sie wird nicht als Kontext für alle Arbeitsbereiche angesehen, sondern als ein Thema, mit dem die Beschäftigung nur in expliziten Arbeitsbereichen notwendig erscheint. In Fachdiskursen tritt das Thema „Geschlecht in der Sozialen Arbeit" meist nur am Rande auf.1 Jedoch prägt das Geschlecht als eine Kategorie neben anderen wie ethnische Herkunft und soziale Schicht stets die Lebenswelt der Klientel - unabhängig davon, weshalb sie zum Klientel der Sozialen Arbeit werden. Somit sollte das Geschlecht meines Erachtens nach als Kategorie bei der Analyse der Lebenswirklichkeiten, Problemlagen und Unterstützungsbedarfen, egal in welchem Kontext, mitgedacht werden, um geeignete Unterstützungsangebote und Interventionen entwickeln und anbieten zu können. Zudem sind auch unter den Professionellen der Sozialen Arbeit Geschlechterhierarchien und -differenzierungen deutlich erkennbar. Auch in der Ausbildung der Sozialen Arbeit sollte dem Themenkomplex also der entsprechende Stellenwert eingeräumt werden.
Ganz nach der Strategie des Gender Mainstreaming mit dem Ziel der tatsächlichen Gleichstellung von Männern* und Frauen* sollte Geschlecht als Kategorie in allen Bereichen, Institutionen und Maßnahmen der Sozialen Arbeit einbezogen werden. Inzwischen gibt es einige Beiträge zur Umsetzung des Gender Mainstreaming in der Praxis der Sozialen Arbeit, besonders im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit.2
Ich werde im Rahmen dieser Hausarbeit einen Überblick über die zentralen Ansätze der geschlechterbewussten Kinder- und Jugendarbeit herstellen. Als Grundlage dafür werde ich zuerst darauf eingehen, was Geschlecht überhaupt bedeutet, indem ich die meines Erachtens wichtigsten Ansätze von Geschlechtertheorien skizziere. Außerdem werde ich die Bedeutung von Geschlecht für die Soziale Arbeit erörtern und aufgreifen, was mit Genderkompetenzen gemeint ist. Um daraufhin eine Verbindung zwischen dem Thema Geschlecht und der Kinder- und Jugendhilfe herzustellen, werde ich außerdem kurz darauf eingehen, was Geschlecht speziell für Kinder und Jugendliche bedeutet. Der Hauptteil der Arbeit besteht aus der Gegenüberstellung von Mädchen*- und Jungen*arbeit, Reflexiver Koedukation und cross work. Das Ziel der Hausarbeit ist es, herauszufinden, welche dieser Arbeitsansätze geeignet für die geschlechterbewusste Kinder- und Jugendhilfe sind.
Der Ursprung des Wortes „Geschlecht" lässt sich in den alt- und mittelhochdeutschen Worten „gislahti" und „geslehte" finden und bedeutet: „was in dieselbe Richtung schlägt". Obwohl diese Definition an sich keine Differenz enthält, wurde sie im Sinne von „Menschen gleicher Abstammung" genutzt.3 Der naturalistischen Annahme, dass allein mit der Abstammung bzw. mit der Zuweisung zum weiblichen* und männlichen* Geschlecht grundsätzlich verschiedene Interessen, Charaktereigenschaften und Fähigkeiten verbunden sind und Geschlecht somit als eine eindeutige Differenzkategorie genutzt werden kann, hat die Frauen- und Geschlechterforschung das Konzept der sozialen Konstruktion von Geschlecht entgegengesetzt.4 Die Geschlechterforschung widerspricht also klar der Natürlichkeit des Geschlechts und des binären Geschlechtersystems. Sie untersucht Geschlecht als soziales Phänomen, welches über bestimmte Rollen, Rollenbilder und Funktionen von Frauen* und Männern* hergestellt wird.5
Inzwischen gibt es hierzu eine große Bandbreite an verschiedenen Ansätzen. Einige dieser Ansätze erläutere ich im Folgenden:
Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterer Geschlechtertheorien war vorerst die Unterscheidung zwischen sex und gender im englischsprachigen Raum. Gender bezeichnet hier - im Gegensatz zum biologischen Geschlecht sex, also den körperlichen Geschlechtsmerkmalen - das soziale Geschlecht der Menschen. Auch in deutschen Debatten waren diese zwei Begriffe schnell zu finden und schnell rezipiert. Diese Unterscheidung wird inzwischen jedoch vermehrt kritisch diskutiert, da sie an der Vorstellung festhält, dass biologische Unterscheidungen eindeutig sind, obwohl auch deren Bestehen im Rahmen der Zweigeschlechtlichkeit stark umstritten ist.6 Judith Butler geht beispielsweise in ihren dekonstruktivistischen Theorien davon aus, dass selbst sex ein kulturelles Konstrukt ist, welches diskursiv erzeugt wird. Somit wäre die Unterscheidung von sex und gender nach ihr belanglos.7
Mit dem Konzept des doing gender wurde ein Synonym für die Perspektive einer sozialen Konstruktion von Geschlecht eingeführt, nach dem Geschlecht stets das Ergebnis komplexer sozialer Prozesse ist. Es nimmt die Prozesse in den Blick, in denen Geschlecht als Differenzkategorie entsteht und reproduziert wird. Es besagt, dass jegliches menschliches Handeln dadurch geprägt ist, ob der Mensch weiblich oder männlich sozialisiert aufgewachsen ist - oder einfacher ausgedrückt, dass Menschen kein Geschlecht „haben", sondern es „machen". Zudem geht auch dieses Konzept auf die Kritik an der Unterscheidung zwischen sex und gender ein, indem es eine dreigliedrige Neufassung einer Unterscheidung entwickelt, welche ganz ohne „natürliche" Vorgaben im Sinne biologischer Geschlechtsmerkmale auskommt. Es unterscheidet zwischen sex als Geburtsklassifikation des körperlichen Geschlechts aufgrund sozial vereinbarter biologischer Kriterien, sex- category als soziale Zuordnung zu einem Geschlecht im Alltag, welches nicht der Geburtsklassifikation entsprechen muss und gender als die Validierung des Geschlechts in zwischenmenschlichen Interaktionen durch normatives Handeln und Verhalten.8 Durch diese Betrachtung wird deutlich, dass der Prozess des doing gender im ständigem Austausch von Zuschreibungs-, Wahrnehmungs- und Darstellungsroutinen entsteht.9
Selbstverständlich lässt sich vor dem Hintergrund des doing-gender-Konzepts auch eine Herangehensweise zur Auflösung der starren Vorstellung von Geschlecht entwickeln. Die Praxis des undoing gender versucht, Zuschreibung stereotyper Geschlechterrollen zu erkennen, zu problematisieren und letztendlich zu dekonstruieren.10 In diesem Sinne meint die Dekonstruktion u.a. das Hinterfragen von Normen und Werten. Folgend werde ich darauf eingehen, was dies für die Praxis der Sozialen Arbeit bedeutet.11
Zu den wichtigsten Themen der Profession Sozialer Arbeit gehören soziale Ausgrenzungsprozesse. Geschlecht wiederum gilt neben weiteren Kategorien wie soziale Schicht und ethnische Herkunft als Schlüsselkategorie zur Erklärung von gesellschaftlichen Teilhabechancen und struktureller Benachteiligung.12 Daraus ergibt sich, dass Geschlechtsperspektiven als Querschnittsthema und als Grundlage professioneller und fachpolitischer Diskurse anerkannt werden müssen.13 Für die Praxis der Sozialen Arbeit gelten genderspezifische Kompetenzen heutzutage in den theoretischen Debatten bereits als Schlüsselkompetenzen.14 Nach Dr. Margitta Kunert-Zier ist Genderkompetenz „ein unabdingbares und wesentliches Element der Sozialen Arbeit".1212
Hinter Genderkompetenzen stehen die Wechselwirkungen von Wahrnehmen, Analysieren, Reflektieren und Handeln in Bezug auf Gender. Sie beschreiben den Prozess von der Wahrnehmung einer Genderinszenierung bis hin zur Entwicklung von Handlungsoptionen.14 Prozesse des doing gender finden in der Sozialen Arbeit alltäglich in der Interaktion zwischen Klientel und Professionellen, sowie zwischen Klient*innen und innerhalb von Teams statt. Fachkräfte müssen also versuchen, im Sinne von undoing gender die Zuschreibung stereotyper Geschlechterrollen zu erkennen, zu problematisieren und daraufhin Interventionen zu entwickeln.13 Metz- Göckel und Roloff beschreiben Genderkompetenz wie folgt: „Genderkompetenz ist (...) das Wissen, in Verhalten und Einstellungen von Frauen und Männern soziale Festlegungen im (privaten, beruflichen, universitären) Alltag zu erkennen und die Fähigkeit, so damit umzugehen, dass beiden Geschlechtern neue und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet werden."15 Genderkompetenz besteht aus drei Elementen: Zum einen dem genderbezogenen Fachwissen, dessen Grundlage in Kenntnissen der Frauen- und Geschlechterforschung sowie dem Zusammenhang von Geschlecht und Macht- und Herrschaftsstrukturen besteht. Zum anderen aus genderbezogenen Praxiskompetenzen, welche nötig sind, um theoretisches Genderwissen auch auf der fachlichen Ebene methodisch umzusetzen. Das letzte, äußerst wichtige Element bilden die genderbezogenen Selbstkompetenzen. Teil dieser ist die reflexive Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschlecht und den damit verbundenen Konflikten, Ängsten, Stereotypen und Vorstellungen.16
Der komplexe Wirkungszusammenhang von kindlicher Entwicklung und Geschlecht lässt sich nur durch die ganzheitliche Betrachtung der sozialen, individuellen, politischen, historischen und kulturellen Kontexte verstehen. Hierbei spielen Geschlechterdifferenzen eine wichtige Rolle.17 Die Jugend lässt sich als die Lebensphase betrachten, in welcher der soziale und der biologische Entwicklungsprozess, insbesondere die Entwicklung einer eigenen Identität, eine zentrale Rolle spielen. Selbstverständlich ist die geschlechtliche Identität ein Teil hiervon, weshalb mit der Entwicklung Konstruktionsprozesse von Geschlecht verknüpft sind.18 Jugendliche orientieren sich bei ihrer Identitätssuche an der gesellschaftlichen Konstruktion von Weiblichkeit und Männlichkeit und den damit verbundenen kulturellen Codes, welche dem Geschlechterdualismus entsprechen. Somit ist auch die eigene geschlechtliche Identität auf zwei Geschlechter begrenzt, die als grundsätzlich verschieden angesehen werden und meist in Abgrenzung zum jeweils anderen betrachtet werden. Auf Grundlage der herrschenden Normen werden geschlechtstypische Handlungen, Interessen und Gefühle aufgenommen, geschlechtsuntypische jedoch als Tabus gesehen.19 In der Phase der Adoleszenz vergeschlechtlichen sich die sozialen Rollen maßgeblich und die geschlechtertypische soziale Bahnung erfolgt in besonderem Maße, z.B. im Hinblick auf die Berufswahl.20
Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Geschlechts für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ist also die offene Thematisierung und Bearbeitung des Geschlechts in sozialpädagogischen Räumen sowie der Einbezug der Kategorie Geschlecht als maßgeblich prägende Dimension für Lebenswelten und Handlungsweisen auf allen Ebenen der Sozialen Arbeit zu beachten. Hier setzt die geschlechtsbewusste Pädagogik mit den Zielen Selbstbestimmung, Entwicklung eines Selbstwertes und Übernahme von (Selbst-)Verantwortung an. Bezogen aufs Geschlecht bedeutet das unter anderem, dass Kinder und Jugendliche ihre eigene Geschlechtsidentität frei von einschränkenden Stereotypien und Normen aufgrund von Geschlecht entfalten können und diese somit auch in der Gesamtgesellschaft immer mehr abgebaut werden.21
Außerdem ist nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz die Gleichberechtigung von Mädchen* und Jungen* zu fördern. Denn mit der Generalklausel des §9,3 KJHG sind die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen* und Jungen* bei der Wahl und Ausgestaltung aller pädagogischen Unterstützungsleistungen zu berücksichtigen. Aus der Kenntnis der vielschichtigen geschlechtsspezifischen Benachteiligungen wurde diesbezüglich die Notwendigkeit der Förderung von Gleichberechtigung abgeleitet.22
Der pädagogische Ansatz von geschlechterbewusster Kinder- und Jugendarbeit konkretisiert sich in der geschlechtshomogenen Arbeit, in der reflexiven Koedukation und in cross work. Auf diese Ansätze werde ich nun näher eingehen.
Obwohl Mädchen*- und Jungen*arbeit in ihren Zielen und Grundsätzen viele Parallelen aufweisen, sind diese unterschiedlich stark ausdifferenziert. Auch die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichten der zwei Ansätze sind grundverschieden.23
[...]
1 Stecklina 2013: 45
2 Czollek, Perko, Weinbach 2009: 85ff.
3 Dudenredaktion 2020: 318
4 Metz-Göckel, Roloff 2002: 1
5 Czollek, Perko, Weinbach 2009: 20ff.
6 Bereswill, Ehlert 2011: 162f.
7 Rose 2011: 83f.
8 Gildemeister 2010: 137f.
9 Ehlert 2012: 26
10 Czollek, Perko, Weinbach 2009: 24
11 Im folgenden Text verstehe ich Geschlecht immer als eine soziale Kategorie, die in kulturellen Aushandlungsprozessen entsteht.
12 Kunert-Zier 2011: 28ff.
13 Ehlert 2012: 129
14 Czollek, Perko, Weinbach 2009: 22ff.
15 Metz-Göckel, Roloff 2002: 8
16 Kunert-Zier 2011: 154f.
17 Andresen 2011: 233ff.
18 Bütow 2011: 213
19 Scambor 2015: 8
20 King 2011: 21
21 Steirischer Dachverband der offenen Jugendarbeit 2015: 20f.; Bütow 2011:215
22 Bitzan 2004: 461
23 Wallner 2006: 4
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