Dort, wo Menschen in Interaktion miteinander sind, kommt es zu Fehlinterpretationen ihres Verhaltens. Selbst im Gespräch mit guten Freunden und Familienmitgliedern kann es zu Missverständnissen kommen. Seit jeher versuchen Menschen das Verhalten anderer nachzuvollziehen und zu verstehen, also Kausalzusammenhänge zu bilden.
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich damit, was eine Attribution ist, und versucht, die unterschiedlichen Begriffsdefinitionen zu differenzieren. Sodann folgt ein knapper Überblick darüber, wie Fritz Heider den Weg für die in den 60er-Jahren populär gewordene Kovariationstheorie von Harold H. Kelley vorbereitete. Der Amerikaner Kelley beschäftigte sich vor allen Dingen damit, wann Personen eine von innen heraus (internale) motivierte Begründung erschließen und wann sie eine von außen gesteuerte (externale) Ursache für Verhalten festlegen. Zu Gunsten einer besseren Veranschaulichung wird die Kovariationstheorie Kelleys an einem konkreten Beispiel veranschaulicht.
Anschließend folgt die Auseinandersetzung mit Beurteilungsprozessen und Attributionsfehlern. Für eine ganzheitliche Betrachtung der Materie erschien es der Autorin wichtig zu klären, weshalb und mit welcher Zielführung zahlreiche Unternehmen heutzutage regelmäßig Beurteilungsverfahren durchführen und wie sich diese unterscheiden können. Im Anschluss an dieses Basiswissen werden Attributionsfehler erläutert, die dabei auftreten können, bevor das vierte Kapitel Anstöße geben will, wie solche Fehler vermieden werden können.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Attribution und Attributionstheorie
2.1 DerBegriffAttribution
2.2 Der Ursprung derAttributionstheorie
2.3 Das Kovariationsprinzip von Kelley
2.3.1 Die Veranschaulichung des Kovariationsprinzips am Beispiel einer Schulorchesterprobe
2.3.2 Kritik an der Kovariationstheorie von Kelley
3. Beurteilungsprozesse und Attributionsfehler
3.1 Gründe und Ziele von Beurteilungsprozessen
3.2 Unterschiedliche Beurteilungen von Leistung - Begriffsdifferenzierung
3.3 UerschiedeneArtenvonBeurteilungsverfahren
3.4 Fehler bei Beurteilungsprozessen
3.4.1 DerfundamentaleAttributionsfehlerunddieKorrespondenzverzerrung
3.4.2 DerHALO-Effekt
3.4.3 Verzerrung aufgrund eines fehlerhaften Konsenses
3.4.4 Akteur-Beobachter-Divergenz
3.4.5 Blickwinkel eines Beobachters
3.4.6 Die Diagnostizität
3.5 Die selbstwertdienlicheAttribution und ihre Verzerrung
4. Anstöße zum Vermeiden von Attributionsfehlem
5. Kritische Reflexion und Ausblick
6. Literaturverzeichnis
7. Onlinequellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Es gibt Szenen im Leben, bei denen man sich fragt, ob das, was man sieht oder beobachtet, gerade wirklich passiert. Das kann sowohl bei tragischen Vorfällen als auch großen Momenten des Glücks der Fall sein. Dort, wo Menschen in Interaktion miteinander sind, kommt es zu Fehlinterpretationen ihres Verhaltens. Selbst im Gespräch mit guten Freunden und Familienmitgliedern kann es zu Missverständnissen kommen. Seit jeher versuchen Menschen das Verhalten anderer nachzuvollziehen und zu verstehen, also Kausalzusammenhänge zu bilden.
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich damit, was eine Attribution ist, und versucht, die unterschiedlichen Begriffsdefinitionen zu differenzieren. Sodann folgt ein knapper Überblick darüber, wie Fritz Heider den Weg für die in den 60er Jahren populär gewordene Kovariationstheorie von Harold H. Kelley vorbereitete. Der Amerikaner Kelley beschäftigte sich vor allen Dingen damit, wann Personen eine von innen heraus (internale) motivierte Begründung erschließen und wann sie eine von außen gesteuerte (externale) Ursache für Verhalten festlegen. Zu Gunsten einer besseren Veranschaulichung wird die Kovariationstheorie Kelleys an einem konkreten Beispiel veranschaulicht.
Nach dem Theorieabschnitt folgt im zweiten großen Teil der Arbeit die Auseinandersetzung mit Beurteilungsprozessen und Attributionsfehlern. Für eine ganzheitliche Betrachtung der Materie erschien es der Autorin wichtig, zu klären, weshalb und mit welcher Zielführung zahlreiche Unternehmen heutzutage regelmäßig Beurteilungsverfahren durchführen und wie sich diese unterscheiden können. Im Anschluss an dieses Basiswissen werden Attributionsfehler erläutert, die dabei auftreten können, bevor das vierte Kapitel Anstöße geben will, wie solche Fehler vermieden werden können.
Die vorliegende Arbeit schließt mit einer zusammenfassenden und kritischen Reflexion, die die Bedeutungsschwere des humanistischen Menschenbildes nach Erich Fromm miteinbezieht und hervorhebt.
2. Attribution und Attributionstheorie
2.1 Der BegriffAttribution
Definitionen des Attributionsbegriffs fallen unterschiedlich aus. So schreibt Jonas (2007, S. 75), dass eine Attributionstheorie die Annahme darüber sei, wie Laien zu Erklärungen für ihr eigenes Verhalten und das anderer Personen gelangen (Jonas, 2007, S. 75).
Aronson fasst etwas es einfacher zusammen: Dass die Attributionstheorie beschreibt, wie sich Menschen die Gründe für ihr eigenes Verhalten und das anderer erklären (Aronson, 2004, S. 115).
Eine differenziertere Darstellung liefert hingegen Bierhoff (2006, S 300-301), der zwischen den Begriffen „Attribution“ und „Attributionstheorie“ unterscheidet. Unter Attribution versteht Kelleys die Frage nach der Ursache für eine Wahrnehmung oder Schlussfolgerung zu verstehen. Die Attributionstheorie bezieht sich jedoch auf die wahrgenommene Kausalität. Die Zweiteilung bringt eine weitere Gliederung mit sich: Zum einen den Teilbereich der „Attributionstheorien“ und den Teilbereich der „Attributionalen Theorien“. Unter dem ersten Begriff versteht Bierhoff den Zusammenhang zwischen verursachenden Bedingungen (bspw. Welche Information liegt vor?). Der zweite Teilbereich meint die Auswirkungen von Attributionen auf das Verhalten, Gefühle und Erwartungen (Bierhoff, 2006, S. 300-301).
Essentiell an allen Attributionsvorgängen ist das Ziel, das Verhalten anderer zu verstehen und vorhersagen zu können (Aronson, 2014, S. 134).
2.2 Der Ursprung der Attributionstheorie
Als Begründer der Attributionstheorie gilt der in Wien geborene Psychologe Fritz Heider (1896-1988). Heider erforschte, wie Menschen sich das Verhalten ihrer Mitmenschen erklären (Myers, 2008, S. 637). Er bezeichnete den Menschen als „wissenschaftlichen Laien“ (Aronson, 2004, S. 115), der versucht, das Verhalten anderer „mit gesundem Menschenverstand“ (Orth, 2017, S. 77) nachzuvollziehen und Kausalzusammenhänge zu bilden. Dazu setzt jede Person die Informationsteilchen, die sie erhält, zu einem Gesamtbild zusammen, bis schließlich eine sinnvolle Erklärung für das Verhalten einer Person vorliegt (Aronson, 2004, S. 115).
Heider stellte fest, dass die Zuschreibung dieses Kausalzusammenhangs entweder über eine internale oder eine externale Attribution vonstatten geht.
Eine internale oder auch dispositionale Attribution (Myers, 2008, S. 637) liegt vor, wenn die Ursache für das Verhalten in der Person selbst liegt. Folglich sind Eigenschaften wie Charakter oder innere Einstellungen für das Handeln und Verhalten der Person kausal (Aronson, 2004, S. 116).
Bei der externalen oder situationalen Attribution (Myers, 2008, S. 637) liegt die Begründung für das Verhalten einer Person in der Situation (Aronson, 2004, S. 115116). Das Verhalten eines Individuums resultiert aus dem Moment heraus, in dem es sich gerade befindet. Menschen gehen davon aus, dass andere sich in der gleichen Situation ähnlich verhalten würden (Aronson, 2004, S. 116). Dabei handelt es sich allerdings häufig um einen Attributionsfehler, wie später noch ersichtlich wird.
Eine aufschlussreiche Erkenntnis Heiders (1958) ist, dass Menschen i. d. R. das Verhalten anderer eher internal attribuieren, weil Wahrnehmung mehr menschenorientiert als bspw. situativ orientiert passiert. Situationen sind grundsätzlich diffiziler in der Erfassung und Verarbeitung (Aronson, 2004, S. 116), was einen höheren kognitiven Aufwand erfordert.
2.3 Das Kovariationsprinzip1 von Kelley
Die Überlegungen Harold H. Kelleys (1921 bis 2003) bauen auf denen Fritz Heiders auf. Die Basis der internalen und externalen Attribution erweitert der amerikanische Sozialpsychologe (1967) insofern, als dass bei der Ursachenerschließung von Verhalten mehrere Beobachtungen und mehrere Informationen kovariieren (Aronson, 2004, S. 117 & SRH, 2017, S. 78). Kelley interessierten die Gründe, weshalb eine internale oder eine externale Attribution vorgenommen wird. Hierfür formulierte er die Kovariationstheorie (covariation theory), deren Grundfrage lautet, warum ein Handelnder in einer Situation auf eine bestimmte Weise reagiert hat (Jonas, 2007, S. 79). Es soll herausgefunden werden, ob das Individuum selbst, das Objekt (Entität) oder die Situation ursächlich, also kausal, für das Verhalten sind. Nach der Kovariationstheorie lässt sich Kausalität dann herstellen, wenn ein oder mehrere Faktoren das Auftreten des Effekts bedingen (Jonas, 2007, S. 80). Kelley unterscheidet hierfür drei Informationstypen: Die Konsensusinformation ermittelt, ob sich andere Handelnde in der gleichen Situation oder gegenüber dem gleichen Stimulus ebenso verhalten. Die Konsistenzinformation erfragt, ob sich die handelnde 1 auch Kovariationstheorie oder Kovariationsmodell Person in anderen Situationen oder zu anderen Zeitpunkten gleich verhält oder nicht. Die Distinktheitsinformation beschäftigt sich damit, ob der Handelnde sich gegenüber anderen Objekten genauso verhält.
2.3.1 Die Veranschaulichung des Kovariationsprinzips am Beispiel einer Schulorchesterprobe
Bei Proben eines Schülerorchesters gelingt es der 15-jährigen Julia einfach nicht, den Rhythmus einer bestimmten Taktfolge fehlerfrei zu spielen.
Die Frage nach der Konsensusinformation bezieht sich nun darauf, ob nur Julia diese Rhythmik nicht fehlerfrei zu spielen vermag oder ob es anderen Schülern vielleicht genauso ergeht. Der Konsensus wäre hoch, wenn Mitschüler den Rhythmus ebenfalls nicht mit ihrem Instrument umsetzen können. Der Konsensus wäre niedrig, wenn nur Julia an dieser Stelle ein Problem hätte. Dann läge eine Kovariation vor. Informationen zum Konsensus werden mit Stichproben über Handelnde hinweg gesammelt (Jonas, 2007, S. 80).
Die Konsistenzinformation beantwortet die Frage, ob Julia nur heute an dieser Stelle den Rhythmus nicht richtig spielen kann oder ob sie ihn bspw. an den Tagen davor auch nicht spielen konnte. Eine hohe Konsistenz läge vor, wenn Julia zu anderen Zeitpunkten den Rhythmus nicht umsetzen konnte. Eine niedrige Konsistenz und folglich eine Kovariation läge dann vor, wenn Julia nur zu diesem einen Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen wäre, den Rhythmus richtig umzusetzen. Informationen zur Konsistenz werden in Stichproben über Situationen hinweg gesammelt (Jonas, 2007, S. 80).
Die Distinktheitsinformation liefert eine Antwort auf die Frage, ob Julia nur bei diesem einen Stück rhythmische Probleme hat oder ob sie möglicherweise auch bei anderen Stücken ähnliche Schwierigkeiten hat. Im letzteren Fall wäre die Distinkt- heit niedrig. Hingegen im ersten Fall, wenn sich die Schwierigkeit nur auf dieses eine spezielle Stück begrenzen würde, wäre die Distinktheit hoch und es läge Kova- riation vor. Informationen zur Distinktheit werden durch Stichprobenziehung über Objekte hinweg gesammelt (Jonas, 2007, S. 80).
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