Als sich der Sozialdemokrat Otto Wels in einer Rede vor dem Reichstag am 23. März 1933 mutig gegen das „Ermächtigungsgesetz“ aussprach, war die Antwort Adolf Hitlers die Folgende:
„Die schönen Theorien, die Sie, Herr Abgeordneter, soeben hier verkündeten, sind der Weltgeschichte etwas zu spät mitgeteilt wor-den. Vielleicht hätten diese Erkenntnisse, praktisch angewendet vor Jahren, die heutige Klage von Ihnen erspart […] Sie hatten einst die Möglichkeit, dem deutschen Volke das Gesetz des inneren Handels vorzuschreiben. Sie haben es auch auf anderen Gebieten gekonnt. Es wäre genauso möglich gewesen, der deutschen Revolution, die von Ihnen mit ausgegangen, denselben Schwung und dieselbe Richtung zu geben, die einst Frankreich seiner Erhebung im Jahre 1870 gegeben hat.“
Hatte Hitler Recht? Hatten die Sozialdemokraten nach 1918 eine einmali-ge Chance verpasst?
Mit der Revolution von 1918 hatte die SPD im Reich und auch in Bayern eine Schlüsselposition inne: Am 10. November 1919 stellte sich der aus den beiden sozialdemokratischen Schwesterparteien paritätisch besetzte „Rat der Volksbeauftragten“ an die Spitze der Revolution, vermochte es erfolgreich, sie zu kanalisieren und stellte die Weichen für das parlamen-tarische System und damit gegen die Herrschaft der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte. Nach den vollzogenen Wahlen leitete unter sozialde-mokratischer Beteiligung die „Weimarer Koalition“ die Geschicke des deutschen Volkes ab dem 11. Februar 1919 weiter. In Bayern verlief die Entwicklung zunächst ähnlich. Die gespaltene Arbeiterfront raffte sich in einem mehr oder weniger geliebten Zweckbündnis aus USP und MSP zu-sammen und regierte zunächst ohne Bürgerliche und Liberale.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die MSPD in der Regierung: Reform zwischen Revolution und Reaktion
- II. 1 Das Kabinett Eisner: Die MSP als Bremser der Revolution
- II. 2. Die beiden Kabinette Hoffmann
- II.2.1 Das Sozialistische Minderheitskabinett aus MSP, USP und Bauernbund
- II. 2.2 Die Sozialdemokratisch-bürgerliche Koalition aus MSP, BVP und DDP
- III. Die SPD in der Opposition: Zwischen Isolation und Immobilismus
- III.1 Föderalismus zwischen Separatismus und Unitarismus
- III. 2 Konkordat, Fürstenabfindung und andere bayerische Interessen.
- III. 3 Chancen der Einflussnahme auf die Landtagspolitik Bayerns in den letzten Jahren der Republik
- III. 4 Mobilisierung der Kräfte gegen den Nationalsozialismus
- IV. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle der bayerischen Sozialdemokratie in der Zeit der Weimarer Republik. Sie analysiert die Politik der MSPD in der Regierung und in der Opposition, beleuchtet die Herausforderungen, mit denen die Partei in dieser turbulenten Zeit konfrontiert war und stellt die Frage nach dem historischen Versagen der SPD im Angesicht des aufkommenden Nationalsozialismus.
- Die MSPD in der Regierung: Reform zwischen Revolution und Reaktion
- Die SPD in der Opposition: Zwischen Isolation und Immobilismus
- Föderalismus und die bayerischen Interessen
- Der Kampf gegen den Nationalsozialismus
- Die Rolle der MSPD im Scheitern der Weimarer Republik
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik der bayerischen Sozialdemokratie in der Weimarer Republik ein. Es stellt die historischen Rahmenbedingungen der Zeit dar und beleuchtet die Herausforderungen, die die SPD in Bayern im Vergleich zum Reich zu bewältigen hatte.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Regierungsbeteiligung der MSPD im Kabinett Eisner und den beiden Kabinetten Hoffmann. Es analysiert die politische Linie der Sozialdemokraten in diesen Regierungszeiten, die zwischen dem Anspruch auf revolutionäre Veränderung und den Realitäten der Reaktion pendelte.
Das dritte Kapitel widmet sich der MSPD in der Opposition und untersucht die Ursachen für ihre zunehmende Isolation. Es beleuchtet die Schwerpunkte der Landtagspolitik Bayerns in den letzten Jahren der Republik und analysiert die Rolle der Sozialdemokraten im Kampf gegen den aufkommenden Nationalsozialismus.
Schlüsselwörter
Die Arbeit thematisiert zentrale Fragen der bayerischen Sozialdemokratie in der Weimarer Republik. Zu den Schlüsselbegriffen gehören: Revolution und Reaktion, Föderalismus, Konkordat, Fürstenabfindung, Nationalsozialismus, Weimarer Republik, MSPD, USP, BVP, DDP, Landtagspolitik, Isolation, Immobilismus.
- Arbeit zitieren
- Markus Ständner (Autor:in), 2007, Die bayerische Sozialdemokratie in der Zeit der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/92438