Papiamento trat erstmals in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Erscheinung und war bereits etwa ein Jahrhundert später ein gängiges Kommunikationsmittel vieler Mitglieder der weißen Oberschicht. Diese Tatsache bezeichnet Kramer als „Paradoxon“ und er schreibt die Entwicklung u.a. der nicht vorhandenen Sprachloyalität der Niederländer zu. Ob (und wenn ja inwieweit) diese Behauptung in Bezug auf das Curaçao-Paradoxon zutrifft, soll in dieser Arbeit untersucht werden.
Die noch immer zu den Niederlanden gehörende Antilleninsel Curaçao unterscheidet sich deutlich von den meisten (ehemaligen) europäischen Karibikkolonien. Denn während sich auf Jamaika, Haiti und Kuba die jeweilige oder eine kreolisierte Form derselben zur Hauptkommunikationssprache entwickelt hat, gelang dies dem Niederländischen auf Curaçao nicht. Obwohl die Voraussetzung für die Entstehung eines Idioms mit niederländischem Basiswortschatz gegeben war (denn ein Großteil der weißen Oberschicht auf Curaçao sprach Niederländisch), bildete sich stattdessen ein iberoromanisches Kreol heraus. Kramer geht davon aus, dass dieses Kreol (das Papiamento) aus einer portugiesischen Handelssprache entstanden ist, welche auf Curaçao als Verständigungssprache sowohl zwischen Niederländern und Sepharden als auch zwischen Herren und Sklaven fungierte.
Um die Zusammenhänge so verständlich wie möglich darzulegen, werden zunächst einige historische Hintergründe veranschaulicht. Dazu gehören die Ziele und Rahmenbedingungen des niederländischen Kolonialismus: Es wird ein Überblick über die koloniale Expansion der Niederländer gegeben, mit Fokus auf die niederländische Westindien-Kompanie und den transatlantischen Sklavenhandel. Des Weiteren werden die sozioökonomischen Verhältnisse auf Curaçao geschildert. Im Anschluss wird der Begriff Sprachloyalität (bzw. Sprachilloyalität) erläutert und der Zusammenhang dieser Thematik mit der der Gruppenidentität. Es folgt die Präsentation einiger Faktoren, die die Sprachentwicklung auf der Insel begünstigt haben (sollen), zusammengeführt von Bart Jacobs, der sich mit der Thematik (im Gegensatz zu Kramer) intensiv auseinandergesetzt hat. Mit Blick auf diese Faktoren und die Historie des niederländischen Kolonialismus soll anschließend untersucht werden, ob das sogenannte Curaçao-Paradoxon tatsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die Niederländer (zu der damaligen Zeit) keine Loyalität gegenüber ihrer Sprache besessen haben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der niederländische Kolonialismus
- Die Handelsgesellschaften VOC und WIC
- Der Niedergang des Wohlstands der WIC
- Externe Gründe
- Interne Gründe
- Der Sklavenhandel im Antillenraum
- Die Besiedlungsgeschichte von Curacao
- Sprachloyalität, Sprachilloyalität und Gruppenidentität
- Definition: Sprachloyalität und Sprachilloyalität
- Sprachloyalität als Zeichen der Gruppenidentität
- Fehlende Sprachloyalität der Niederländer als Grund für das Curacao-Paradoxon?
- Faktoren, die die Entwicklung eines Ibero-romanisch basierten Kreols zum Hauptkommunikationsmittel begünstigt haben könnten
- Die Ablehnungshaltung der Niederländer
- Die Anpassungsbereitschaft der Niederländer
- Die heterogene Oberschicht und die Rolle der sephardischen Juden
- Die Vielzahl der Sklavenfreilassungen und die nicht vorhandene Plantagenwirtschaft
- Das hohe soziale Prestige des Papiamento
- Fazit
- Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, das sogenannte Curaçao-Paradoxon zu untersuchen. Dabei wird die Frage geklärt, ob die fehlende Sprachloyalität der Niederländer im 17. und 18. Jahrhundert dazu beigetragen hat, dass sich auf der Insel Curaçao statt des Niederländischen ein iberoromanisches Kreol, das Papiamento, zur Hauptsprache entwickelte.
- Der niederländische Kolonialismus im 17. und 18. Jahrhundert
- Die Handelsgesellschaften VOC und WIC und ihre Rolle im Atlantikhandel
- Die Entwicklung des Papiamento als iberoromanisches Kreol auf Curaçao
- Der Einfluss von Sprachloyalität und Sprachilloyalität auf die Entwicklung von Sprachgemeinschaften
- Die Rolle der sephardischen Juden und der Sklavenfreilassung in der Sprachentwicklung auf Curaçao
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Curaçao-Paradoxon vor und erläutert den Ausgangspunkt der Arbeit: die Entstehung eines iberoromanischen Kreols als Hauptsprache auf Curaçao, trotz des Vorhandenseins einer niederländischen Oberschicht. Die Einleitung gibt einen Überblick über die historische Entwicklung der Insel und die relevanten Faktoren, die im weiteren Verlauf der Arbeit untersucht werden.
Kapitel 2 beleuchtet den niederländischen Kolonialismus in seiner historischen Entwicklung, mit besonderem Fokus auf die Handelsgesellschaften VOC und WIC. Es werden die Ziele und Rahmenbedingungen der kolonialen Expansion der Niederländer sowie die Rolle des transatlantischen Sklavenhandels im Antillenraum dargestellt.
Kapitel 3 definiert die Begriffe Sprachloyalität und Sprachilloyalität und untersucht den Zusammenhang zwischen Sprachloyalität und Gruppenidentität. Diese Kapitel legt den Grundstein für die Analyse der Sprachentwicklung auf Curaçao, indem die Bedeutung von Sprachloyalität für die Sprachentwicklung von Kolonialgesellschaften beleuchtet wird.
Kapitel 4 untersucht verschiedene Faktoren, die die Entwicklung des Papiamento begünstigt haben könnten. Dazu gehören die Ablehnungshaltung der Niederländer gegenüber dem Papiamento, die Anpassungsbereitschaft der Niederländer, die heterogene Oberschicht und die Rolle der sephardischen Juden sowie die Vielzahl der Sklavenfreilassungen und die nicht vorhandene Plantagenwirtschaft. Dieses Kapitel analysiert die Rolle dieser Faktoren in Bezug auf die Sprachentwicklung und das Curaçao-Paradoxon.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung des Curaçao-Paradoxons, das die Entstehung eines iberoromanischen Kreols (Papiamento) als Hauptsprache auf Curaçao trotz der Dominanz der niederländischen Kolonialsprache beschreibt. Die Analyse beleuchtet das Zusammenspiel von Sprachloyalität, Sprachilloyalität und Gruppenidentität im Kontext des niederländischen Kolonialismus, der Sklavenfreilassung und der Rolle der sephardischen Juden in der Entwicklung der Sprachgemeinschaft auf Curaçao.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2020, Wie das Iberoromanische das Niederländische dominierte. Fehlende Sprachloyalität als Grund für das Curaçao-Paradoxon?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/913764