Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit folgenden Fragen: Was bedeutet eigentlich der Begriff Bildungsungleichheit? Welche Ursachen sind ausschlaggebend an den Bildungsungleichheiten beteiligt? Und vor allem: Ist es möglich, Chancengleichheit für alle Kinder durch mehr Teilhabe an früher Förderung zu schaffen? Welche Ansätze gibt es? Alle diese Fragen kommen immer wieder auf, wenn man sich mit dem Thema Ungleichheit befasst, besonders in Verbindung mit früher Förderung.
Allgemein gehört die Bildungsungleichheit zu den Formen der sozialen Ungleichheit. Dabei handelt es sich um eine ungerechte Verteilung oder auch einen ungerechten Zugang zu Ressourcen. Meistens werden Gruppen benachteiligt, die über einen kleineren Teil an sozialen, ökonomischen und kulturellen Ressourcen verfügen als der Durchschnitt. Damit ist meistens ein niedriges Einkommen oder auch geringe Bildung gemeint. Heutige Annahmen stützen sich jedoch eher darauf, dass Ungleichheit eine von der Gesellschaft produzierte und veränderbare Eigenschaft ist.
Inhalt
1. Einleitung
2. Definition Bildungsungleichheit
3. Ursachen der Bildungsungleichheit
3.1 Soziale Herkunft
3.2 Sozio-Ökonomischer Status
3.3 Das Bildungsniveau der Eltern
3.4 Ethischer Hintergrund
4. Bildungsungleichheit in Kindergärten
5. Ansätze zur Bewältigung der Bildungsungleichheit
5.1 Ausbau der Betreuungsplätze
5.2 Abbau von Zugangshürden
5.3 Zusammenarbeit mit den Familien
6. Zusammenfassung und Ausblick
7. Quellenverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Was bedeutet eigentlich der Begriff Bildungsungleichheit? Welche Ursachen sind ausschlaggeben an den Bildungsungleichheiten beteiligt? Und vor allem: Ist es möglich Chancengleichheit für alle Kinder durch mehr Teilhabe an früher Förderung zu schaffen? Welche Ansätze gibt es? Alle diese Fragen kommen immer wieder auf, wenn man sich mit dem Thema Ungleichheit befasst, besonders in Verbindung mit früher Förderung. Das Thema Chancengleichheit im Bildungswesen ist ein ständig präsentes und vor allem auch brisantes Thema in der Bildungspolitik der Bundesrepublik. Denn schließlich hat jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft, seiner kulturellen und ethnischen Zugehörigkeit und dem sozialen Status der Familie ein Recht auf Chancengleichheit (vgl. BMFSFJ, 2016, S.7). Auch im deutschen Grundgesetz in Art.3 Abs. 3 steht bereits fest verankert, dass niemand in der Bundesrepublik Deutschland wegen „seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner sozialen Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf“ (Bundesgesetz der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 15.11.2019 Artikel 3, Absatz3).
Lange ging man davon aus, dass sich unterschiedliche Bildungserfolge erst im Jugendalter zeigen, doch dem ist nicht so. Denn bereits bei Kindern im Alter von 3 Jahren können Kompetenzunterschiede in Abhängigkeit ihrer sozialen Herkunft festgestellt werden (vgl. BMFSFJ, 2016, S.7). Insbesondere die Studie „Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Selektionsentscheidungen im Vorschul- und Schulalter – BiKS 3-10“ zeigte deutlich, dass ein enger Zusammenhang zwischen den Bildungschancen von Kindern und ihrer sozialen Herkunft besteht (vgl. ebd.). Dies beeinflusst den Bildungsweg der Kinder natürlich massiv mit. Denn: Wer schon früh viel weiß, lernt später leichter und schneller. Allein aus diesen Vorsprüngen können große Bildungsunterschiede entstehen.
Somit gilt es, gleiche Startbedingungen für alle Kinder zu schaffen, um gleiche Chancen für alle zu ermöglichen. Denn gute Bildungschancen, die schon früh gelegt werden, sind nicht nur wichtig für den eigenen, persönlichen Bildungserfolg und daraus resultierende Chancen für die Zukunft, sondern ebenso, um die Zukunftsfähigkeit von Deutschland zu stärken.
Somit ist es notwendig, Maßnahmen zu fördern, die den Einfluss von Risikofaktoren auf die Bildungschancen von Kindern mildern und Teilhabe an guten Bildungsangeboten ermöglichen.
Um die Entstehung von Bildungsungleichheiten besser verstehen zu können, werde ich zunächst den Begriff der Bildungsungleichheit erklären und verschiedene Ursachen mangelnder Chancengleichheit erläutern. Anschließend werde ich näher auf das Thema Bildungsungleichheit und Kindergarten eingehen. Daraufhin werde ich erläutern, welche Ansätze es gibt, um Chancengleichheit durch frühe Teilhabe an Bildungseinrichtungen herzustellen, ehe ich mit einem Fazit schließe.
2. Definition Bildungsungleichheit
Allgemein gehört die Bildungsungleichheit zu den Formen der sozialen Ungleichheit. Dabei handelt es sich um eine ungerechte Verteilung oder auch einen ungerechten Zugang zu Ressourcen. Meistens werden Gruppen benachteiligt, die über einen kleineren Teil an sozialen, ökonomischen und kulturellen Ressourcen verfügen als der Durchschnitt. Damit ist meistens ein niedriges Einkommen oder auch geringe Bildung gemeint (vgl. Hradil, 2012).
Arens gibt zu verstehen, dass es soziale Ungleichheit schon seit dem frühen Zusammenleben der Menschen gibt und dies damit kein neues Phänomen darstellt (vgl. Arens, 2007, S.138). Zur Zeit Jean-Jacques Rousseaus ging man noch von gottgewollten, natürlichen gesellschaftlichen Unterschieden aus (vgl. Berger 2004, S.354f). Heutige Annahmen stützen sich jedoch eher darauf, dass Ungleichheit eine von der Gesellschaft produzierte und veränderbare Eigenschaft ist. Arens beschreibt seine Sicht folgendermaßen: „soziale Ungleichheit [liegt] dann vor, wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen Beziehungsgefügen von den ´wertvollen Güter´ einer Gesellschaft regelmäßig mehr als andere erhalten“ (Arens, 2007, S. 139). Besonders in Deutschland ist in den letzten Jahren ein Anstieg von sozialer Ungleichheit zu beobachten, besonders in den Bereichen des Einkommens oder den Gesundheitschancen und auch der Bildung. Die Bildungschancen in Deutschland sind dann schlecht verteilt, wenn allgemein eine ungerechte Verteilung von sozialem, kulturellem und ökonomischem Besitz besteht. Laut Inga Barthels wird Deutschland gerade dafür, dass die Bildungschancen der Kinder in Deutschland sehr stark von der sozialen Herkunft der Eltern abhängen, immer wieder stark kritisiert (vgl. Barthels, 2019)
Wenn man Kinder dann wie Rabe-Kleberg als „Strukturmoment von Gesellschaft“ und „als Mitglieder der Gesellschaft“ (Rabe-Kleberg, 2010, S.50) sieht, weiß man, dass Kinder vom Phänomen der sozialen Ungleichheit genauso betroffen sind wie die Erwachsenen, da sie bereits ebenso ein Teil der Gesellschaft sind wie die Erwachsenen.
Da Kinder ihren ersten außerfamiliären Bildungseinstieg im Kindergarten erhalten und bereits hier früh erste Bildungsungleichheiten entstehen, gilt es genau hier anzusetzen, um Bildungsungleichheit entgegenzuwirken und Chancengleichheit herzustellen. Denn Kindergärten verfolgen einen eigenständigen Bildungsauftrag und legen damit auch den Grundstein für die spätere Schul- und Universitätslaufbahn der Kinder.
3. Ursachen der Bildungsungleichheit
In Bezug auf die Bildungsungleichheit gibt es verschiedene Aspekte, die für eine ungleiche Verteilung der Bildungschancen verantwortlich sind. Einige werde ich im nun folgenden Kapitel aufzählen.
Auf der einen Seite werden dabei der Zugang der Kinder zu Kindertageseinrichtungen und auf der anderen Seite und die Bedingungen des Aufwachsens der Kinder betrachtet.
3.1 Soziale Herkunft
Besonders in Deutschland ist die soziale Herkunft ein entscheidender Faktor für die Bildungschancen von Kindern (vgl. Baader et al. 2011, S.13). Verschiedene Bildungsstudien (u.a. Pisa) haben mehrfach festgestellt, dass die soziale Herkunft die Lernkompetenzen der Kinder und damit die Bildung signifikant mitbestimmt (vgl. Blossfeld et al., 2019, S. 17). Zu den Faktoren der sozialen Herkunft gehören: eine schwierige Armutslage innerhalb der Familie, komplizierte oder unüberschaubare Familienverhältnisse, aber auch die Wohnsituation. Allgemein hat die soziale Herkunft einen entscheidenden Einfluss auf die Nutzung von Kindergärten und damit auch auf die Bildungschancen, die Kinder haben. Denn laut den Autoren Becker und Lauterbach lässt sich eine Verbindung der sozialen Herkunft und der Nutzung von Kindergärten sehen. Besonders Kinder, die aus einer niedrigen sozialen Schicht kommen, haben meist weniger vorschulische Bildung genossen und sind in Kindergärten auch weniger stark vertreten (vgl. Becker, Lauterbach, 2008, S. 150). Fuchs und Peuker stellten außerdem fest, dass die soziale Herkunft der Kinder Einfluss darauf hat, ob und wie lange ein Kind einen Platz in einer Kindertageseinrichtung nutzt. So wurde festgestellt, dass Kinder niedriger sozialer Schicht den Kindergarten meist erst später besuchen. (vgl. Fuchs, Peuker 2006, S.80). Laut Kreyenfeld werden gerade Kinder, die keinen Kindergarten besucht haben, in ihrer Entwicklung massiv benachteiligt (vgl. Kreyenfeld, 2008, S. 107). Somit erlangen Kinder, die aus einer niedrigen sozialen Schicht kommen und dazu auch keinen Kindergarten als erste Bildungsinstanz besuchen, nicht die gleiche Bildungschancen wie Kinder, die aus einer höheren gesellschaftlichen Schicht kommen und regelmäßig einen Kindergarten besuchen. Man kann sicher sagen, dass gerade diesen Kindern erschwerte Bedingungen zugeschrieben werden.
Natürlich können Eltern Einfluss auf die Entwicklung des Kindes nehmen und dieses unterstützen, aber eben nur soweit, wie es ihre eigenen Ressourcen zulassen. Zu diesen Ressourcen innerhalb der Familien zählen der Bildungshintergrund der Eltern, die Lebensbedingungen und die Lebenslage (vgl. ebd.). Diese Aspekte beeinflussen auch den Bildungsverlauf und die Entwicklung des Kindes maßgeblich mit und führen dazu, dass Familien mit in schwierigen Lebenslagen, Schwierigkeiten haben, ihre Kinder optimal zu fördern und Grundbedürfnisse zu erfüllen. Somit haben bereits im frühen Kindesalter nicht alle die gleichen individuellen Entwicklungschancen.
Daraus resultiert, dass im deutschen Bildungssystem bereits im Bereich der frühen Kinderjahre aus der familiären Situation heraus „soziale Ungleichheiten reproduziert“ (Kreyenfeld, 2008, S. 107) wird.
3.2 Sozio-Ökonomischer Status
Die Autoren Becker und Lauterbach stellten fest, dass ein hoher sozioökonomischer Status innerhalb der Familie die Bildung und die Erziehung des Kindes positiv beeinflusst. Dabei spielt es eine besondere Rolle, wie hoch die Berufstätigkeit der Mutter ist, weil dies die Teilnahme des Kindes an vorschulischer Bildung erhöht (vgl. Becker, Lauterbach 2008, S. 150). Die meisten Kinder, die einen Kindergarten besuchen, haben Eltern, die ein gutes Einkommen besitzen und häufig eine akademische Schullaufbahn durchliefen (vgl. Brunnbauer, Riedel 2006, S. 45). Ein hoher soziökonomischer Familienstatus, der sich durch Erwerbstätigkeit der Eltern und ein eher hohes Einkommen auszeichnet, geht somit meist auch mit dem frühzeitigen Besuch einer Kindertageseinrichtung einher. Schließlich sind Eltern auf Betreuung aufgrund von Berufstätigkeit angewiesen. Während eine einkommensschwache Familie, nicht oder kaum berufstätige Familie den Kindergartenbesuch oft hinten anstellt. Schließlich ist es für sie auch nicht unbedingt notwendig, die Kinder betreut zu haben. Brunnbauer und Riedel gehen soweit, dass sie sagen, dass es sogar die Tendenz gibt, dass Familien mit schlechteren ökonomischen und sozialen Ressourcen aus Kindertageseinrichtungen verdrängt werden (vgl. Brunnbauer, Riedel 2006, S.28f).
Laut Kreyenfeld, bestimmt auch die Einkommenshöhe, die einer Familie zur Verfügung steht, die Qualität des Kindergartens mit. Dabei ist zu beobachten, dass Kinder aus einkommensstarken Familien eine höhere Betreuungsqualität in Anspruch nehmen, während Kinder aus einkommensschwachen Familien meistens keine oder geringere Betreuungsqualität erhalten (vgl. Kreyenfeld 2008, S.108).
Damit zeigt sich, dass das Einkommen und der Berufsstatus der Eltern, einen großen Einfluss auf die Teilnahme des Kindes im Alltag von Kindertageseinrichtungen haben (vgl. Baader et al., S.16)
3.3 Das Bildungsniveau der Eltern
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Bildungsungleichheit in Deutschland beeinflusst, ist das vorliegende Bildungsniveau der Eltern. Zu beobachten ist laut der DJI-Kinderbetreuungsstudie, dass Kinder, deren Eltern ein hohes Bildungsniveau besitzen, häufiger eine Kindertageseinrichtung besuchen und somit schon früh Zugang zu Bildung erhalten Im Umkehrschluss heißt es dann, dass Kinder von Eltern, die ein niedriges Bildungsniveau besitzen, seltener in Kindergärten anzutreffen sind und damit erst spät Zugang zu Bildung haben (vgl. Berg-Lupper 2006, S. 94f). Ein geringes Bildungsniveau hängt auch oft mit einem, wie zuvor beschrieben, niedrigen sozioökonomischen Status zusammen. Oft sind Kinder in Kindergärten anzutreffen, deren Eltern einen mittleren Abschluss oder das Abitur besitzen, während Kinder deren Eltern einen schlechteren oder gar keinen Schulabschluss haben, weniger oder eher später in den Kindergärten vertreten sind (vgl. Fuchs, Peuker 2006, S.68). Somit ist festzuhalten, dass Kinder aus bildungsnahen Familien viel häufiger und früher einen Kindergarten besuchen und somit bereits früher mit Bildung in Kontakt kommen als Kinder aus bildungsfernen Familien.
Deutlich wird dies auch anhand der folgenden Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Einfluss des Bildungsniveaus der Eltern auf Kitanutzung Quelle: Klinkhammer, Erhard
Die Autoren Kratzmann und Schneider versuchen die in der Abbildung dargestellte Kitanutzung wie folgt zu erklären: „Im Gegensatz zum Schulbesuch ist die Teilnahme am Kindergarten nicht verpflichtend und in den meisten Fällen kostenpflichtig. Eltern mit geringem formalem Bildungsniveau […] melden ihre Kinder seltener beziehungsweise in einem höheren Alter im Kindergarten an.“ (Kratzmann, Schneider 2009, S.8).
Ein höheres Bildungsniveau der Eltern macht damit den frühen Besuch eines Kindertageseinrichtung wahrscheinlicher.
3.4 Ethischer Hintergrund
Deutlich ist in diversen Studien auch zu sehen, dass Kinder die einen Migrationshintergrund haben, wenig oder seltener in Kindergartengärten präsent sind gegenüber Kindern aus deutschen Familien (vgl. Baader et.al. S.18).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Kitanutzung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund Quelle: Klinkhammer, Erhard
Kinder mit Migrationshintergrund besuchen wie in der oberen Abbildung deutlich wird im Durchschnitt erst in höherem Alter die Angebote der frühkindlichen Bildung und Betreuung als jene ohne Migrationshintergrund und verbringen dort insgesamt weniger Zeit. Gründe für diese geringere Beteiligung sind vielseitig. Einige Faktoren sind direkt mit dem Migrationshintergrund verknüpft, etwa kulturelle und religiöse Vorbehalte oder sprachliche Barrieren. Andere Faktoren sind aber Gründe, die wie bei Familien ohne Migrationshintergrund auch hervortreten: vor allem die soziale Schichtzugehörigkeit, wie etwa die ökonomische Lebenssituation der Familie, der Erwerbsstatus sowie der Bildungsabschluss der Eltern (vgl. Stichs, Rotermund 2017, S. 26 f.).
4. Bildungsungleichheit in Kindergärten
Nachdem der Begriff der Bildungsungleichheit bereits erklärt und auch die Ursachen der Bildungsungleichheit erläutert wurden, soll es nun explizit um die Bildungsungleichheit in Kindergärten gehen.
Der Kindertageseinrichtung ist ein Raum, in dem Kinder den ersten Kontakt zur Bildung außerhalb der Familie erfahren, sie gilt somit als erste außerfamiliäre Bildungsinstitution der Kinder. Sie soll ihren Beitrag dazu leisten, herkunftsbedingte Benachteiligungen (siehe Kapitel 3) in den frühen Lebensjahren, so gut wie möglich, auszugleichen. Stamm und Vierhauser gehen davon aus, dass „frühkindliche Bildung in der Lage sei, soziale Benachteiligung zu kompensieren und allen Kindern gleiche Startchancen für ihre Bildungslaufbahn zu ermöglichen“ (Stamm, Vierhauser 2009, S.404). Diverse Studien (u.a. von Becker und Biedinger in Kratzmann und Schneider und die Pisa Studien) unterstreichen dieses Argument und verweisen auf höhere Kompetenzen der Kinder und einen erfolgreicheren Schulbesuch, wenn über einen längeren Zeitraum eine Kindertageseinrichtung besucht wurde (vgl. Kratzmann, Schneider 2009). Negative Herkunftseffekte, wie in Kapitel 3 aufgeführt, können also tatsächlich durch einen frühen, regelmäßigen Besuch eine Kindertageseinrichtung abgeschwächt werden. Becker und Lauterbach sagen dazu: „[…], dass gezielte pädagogische Förderung ihren Ergebnissen nach durchaus geeignet zu sein scheint, den vergleichsweise ungünstigen sozialisatorischen Einfluss von Elternhäusern in den unteren sozialen Schichten auf den Bildungserfolg abzuschwächen, der zu ungleichen Startchancen beim Bildungserwerb und damit kurz- wie langfristig über Chancenungerechtigkeit zu Bildungsungleichheit führt.“(Becker, Lauterbach 2008, S.130).
Dabei dürfen jedoch in keinem Fall zu hohen Erwartungen an den Ausgleich der vorherrschenden Defizite gestellt werden, denn auch das Elternhaus spielt natürlich weiterhin eine wichtige Rolle. Dies Bedeutet, dass man natürlich auf der einen Seite die Kindertageseinrichtung hat, die das sekundäre Bildungsangebot nach der Familie schafft und dieses erweitert, aber auf der anderen Seite steht die Familie, die den Kindern die primäre Bildung mit auf den Weg gibt. Das heißt wenn die Familie die primäre Bildung für das Kind vernachlässigen, ist es im weiteren Verlauf schwer, diese verpasste primäre Bildung in der Kindertageseinrichtung komplett zu kompensieren und auszugleichen. So sagen Becker und Luterbach auch deutlich: „Wir können [..] nicht davon ausgehen, dass sich- wie in der Bildungspolitik erhofft- durch eine vorschulische Bildung soziale Bildungsungleichheiten zwischen den Sozialschichten nivellieren“ (Becker, Lauterbach 2008, S.146).
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