Diese Arbeit wird sich mit der Darstellung der "Pegida" in den Medien beschäftigen und zwar unter der Fragestellung, wie sich diese entwickelt hat. Dazu werde ich mich hauptsächlich auf bekannte Tageszeitungen beziehen und deren Darstellung kritisch beleuchten. Zudem versuche ich im Rahmen der Möglichkeiten noch auf die Berichterstattung in ausländischen Medien einzugehen, um etwas über den deutschen Tellerrand hinauszuschauen.
Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen finden seit einigen Jahren immer wieder neue Anhänger in ganz Europa. In Deutschland sorgen sowohl "Pegida" als auch die AfD in letzter Zeit immer wieder für neue Schlagzeilen und entfachen Diskussionen zur "Flüchtlingskrise". Bei den letzten Landtagswahlen hat die AfD die 10%-Marke bereits übertroffen und erreichte in Sachsen-Anhalt ihren bisherigen Spitzenwert von 23,1%. Auch die "Pegida" hatte zeitweilig bis zu 25.000 Anhänger bei ihren Demonstrationen. Problematisch ist dieser Zulauf, weil sich beide Gruppierungen immer stärker radikalisiert haben und immer mehr durch fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen für Aufsehen sorgen.
So erregte die AfD Vorsitzende Frauke Petry vor kurzem Aufsehen, indem sie sagte, dass man die Grenzen stärker schützen und dabei notfalls auch von der Waffe Gebrauch machen müsse. Noch deutlicher werden die Anlehnungen an fremdenfeindliche Ressentiments, wenn der Thüringer AfD Vorsitzende Björn Höcke die Flüchtlinge beispielsweise als "sozialen Brennstoff" bezeichnet, oder eine Theorie vom "…lebensbejahenden, afrikanischen Ausbreitungstyp…" entwickelt, der im Gegensatz zum "…europäischen Platzhaltertyp…" , mehr Menschen hervorbringe als nötig und damit für einen "Reproduktionsüberschuss" sorge.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung:
1.1 Einleitung und Erörterung der Fragestellung
1.2 Methodenkapitel
1.3 Überleitung: Was ist „Pegida“?
2. Hauptteil:
2.1 Der Beginn von „Pegida“ und die Entwicklung der Darstellung
2.2 Die Vorgeschichte von Lutz Bachmann
2.3 Studie: Der typische „Pegida“ Anhänger identifiziert sich nicht mit den Ängsten vor Islamisierung?
2.4 Der zwischenzeitliche Zerfall von „Pegida“
2.4.1 Rücktritt von Bachmann, ein Schlag für „Pegida“?
2.4.2 Keine klare Positionierung von „Pegida“: Zerfall oder Radikalisierung
2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
3. Schluss:
3.1 Fazit und weiterer Ausblick
1.1 Einleitung und Erörterung der Fragestellung
Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen finden seit einigen Jahren immer wieder neue Anhänger in ganz Europa. In Deutschland sorgen sowohl „Pegida“ als auch die AfD in letzter Zeit immer wieder für neue Schlagzeilen und entfachen Diskussionen zur „Flüchtlingskrise“. Bei den letzten Landtagswahlen hat die AfD die 10%-Marke bereits übertroffen und erreichte in Sachsen-Anhalt ihren bisherigen Spitzenwert von 23,1%.1 Auch die „Pegida“ hatte zeitweilig bis zu 25.000 Anhänger bei ihren Demonstrationen.2 Problematisch ist dieser Zulauf, weil sich beide Gruppierungen immer stärker radikalisiert haben und immer mehr durch fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen für Aufsehen sorgen:
So erregte die AfD Vorsitzende Frauke Petry vor kurzem Aufsehen, indem sie sagte, dass man die Grenzen stärker schützen und dabei notfalls auch von der Waffe Gebrauch machen müsse.3 Noch deutlicher werden die Anlehnungen an fremdenfeindliche Ressentiments, wenn der Thüringer AfD Vorsitzende Björn Höcke die Flüchtlinge beispielsweise als „sozialen Brennstoff“4 bezeichnet, oder eine Theorie vom „…lebensbejahenden, afrikanischen Ausbreitungstyp…“5 entwickelt, der im Gegensatz zum „…europäischen Platzhaltertyp…“6, mehr Menschen hervorbringe als nötig und damit für einen „Reproduktionsüberschuss“7 sorge.8
Nicht zuletzt sorgte auch der „Pegida“ Gründer Lutz Bachmann für Furore, als er behauptete, dass es eigentlich keine Kriegsflüchtlinge gäbe, da sie es sich nicht leisten könnten nach Europa zu fliehen. Zudem bezeichnete er diese unter anderem als „Gelumpe“, „Viehzeug“ oder „Dreckspack“.9 Diese zugespitzten Diffamierungen als Grundlage für die Forderung nach einem harten Vorgehen des Rechtsstaates gegen straffällige Flüchtlinge entbehren nicht einer gewissen Ironie, wenn man bedenkt, dass der „Pegida“ Gründer selbst schon mehrfach vorbestraft ist. Unter anderem saß er wegen 16-maligen Einbruchs 3 Jahre im Gefängnis. Vorher versuchte er allerdings sich der Strafe zu entziehen, indem es sich nach Südafrika absetzte. Letztendlich trat er jedoch die Haft an. Danach fiel er noch mehrmals durch Kokainbesitz auf. Mindestens zwei weitere Mitglieder der „Pegida“ Führung sind zudem polizeilich bekannt.10
Aufgrund der aufgeführten Aussagen der führenden Köpfe beider Bewegungen werden diese inzwischen dem rechten bis rechtsextremistischen Milieu zugeordnet. Zudem gehören beispielsweise einige Demonstranten von „Pegida“ in Personalunion anderen rechten Organisationen an. Allerdings nehmen sich beide Bewegungen nichts von all dem an und bezeichnen sich als „das Volk“ und alle anderen als „Gutmenschen“, die den Terrorismus nicht wahrhaben wollen,11 und die Berichterstattung der „Mainstream Medien“ als „Lügenpresse“.12 Es liegen also stark divergierende Ansichten über die richtige Berichterstattung vor, scheinbar sogar so stark, dass die AfD selber Hand anlegt, und den Titel eines Artikels der Berliner Abendzeitung, bei Facebook abänderte, ohne dies kenntlich zu machen.13
Daher wird sich die vorliegende Arbeit mit der Darstellung der „Pegida“ in den Medien beschäftigen und zwar unter der Fragestellung, wie sich diese entwickelt hat. Dazu werde ich mich hauptsächlich auf bekannte Tageszeitungen beziehen und deren Darstellung kritisch beleuchten. Zudem versuche ich im Rahmen der Möglichkeiten noch auf die Berichterstattung in ausländischen Medien einzugehen, um etwas über den deutschen Tellerrand hinauszuschauen.
1.2 Methodenkapitel
In der heutigen Zeit ist die Zeitung trotz der immer weiter fortschreitenden Umstellung auf digitale Medien, immer noch eine wichtige Informationsquelle. Daher werde ich in dieser Arbeit zur Darstellung von „Pegida“ in den Medien insbesondere auf die folgenden Zeitungen eingehen: Auf die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die Süddeutsche Zeitung (SZ) und – als ein Beispiel für die Berichterstattung im Ausland – die Neue Züricher Zeitung (NZZ). Zum besseren Verständnis werde ich die jeweilige Zeitung kurz beschreiben:
Die FAZ gilt als eine bürgerlich-konservative Tagezeitung und gehört wahrscheinlich zu den bekanntesten deutschen Zeitungen. Dies zeigt sich nicht nur durch ihre hohe Auflage im Inland, sondern auch im Ausland. Sie wurde 1959 gegründet und wird im Gegensatz zu vielen anderen Zeitungen nicht nur von einem Chefredakteur geleitet, sondern von vier Herausgebern, um eine möglichst unabhängige Berichterstattung zu gewährleisten. Ihre Artikel behandeln aktuelle Nachrichten, Wirtschaft, Politik und Kultur.14 Ihre Rubriken sind dafür bekannt, dass ihre Autoren nicht nur über Ereignisse berichten, sondern oftmals dezidiert eine eigene Meinung vertreten.
Beinahe genauso bekannt ist die Süddeutsche Zeitung, die allerdings dem sog. „linksliberalen Milieu“ entstammt und im Ausland keine so hohe Präsenz aufweist wie die FAZ. Sie wurde 1945 als Nachfolger der Münchener Neuesten Nachrichten gegründet. Die Themengebiete überschneiden sich größtenteils mit denen der FAZ. Zudem bietet sie jedoch auch noch, zusätzlich zur allgemeinen deutschen Ausgabe, spezielle Ausgaben für Nachrichten aus München und Bayern. Sie ist unter anderem für ihre Recherche und ihre Hintergrundberichte bekannt.15
Zu guter Letzt ist die Neue Züricher Zeitung eine Tageszeitung, die mehr dem „liberal-bürgerlichen Milieu“ zuzuordnen ist. Sie setzt, wie die anderen beiden Zeitungen auch, auf aktuelle Nachrichten, Politik, Wirtschaft, etc. Es gibt sowohl eine internationale, als auch eine nationale Ausgabe. Sie wurde 1780 gegründet, und steht nach eigenen Aussagen für eine sachliche Berichterstattung.16
Da die drei genannten Zeitungen allesamt Tageszeitungen sind, deren Schwerpunkte die tagesaktuelle Information und dazugehörige Hintergrundberichte bilden, verfügen sie alle über ein ähnliches Niveau, was ihre Vergleichbarkeit gewährleistet, während die unterschiedlichen „Milieus“ die notwendige Vielfalt für ein repräsentatives Ergebnis sicherstellen. Um dieser gewissen Subjektivität bei aller Objektivität auf die Spur zu kommen, werde ich auf wichtige Zeitpunkte in der Entwicklung von „Pegida“ eingehen und dazu jeweils die Darstellungen in den oben genannten Zeitungen miteinander vergleichen. Dabei werde ich beschreiben, wann erstmals über „Pegida“ berichtet wird, auch um Umbrüche in der Berichterstattung feststellen zu können. Des Weiteren werde ich auf die Vorgeschichte von „Pegida“ Gründer Lutz Bachmann eingehen, um dadurch auch herauszustellen, worauf die Gewichtung bei den Zeitungen gelegt wird. Zudem wird näher auf eine Studie über den typischen „Pegida“ Anhänger eingegangen werden, die in gewisser Weise für Verwunderung sorgt, da sie den oftmals auftretenden Klischees über Aspekte wie Bildung, Milieu und anderem, wiederspricht. Hierbei wird erneut darauf geachtet, wie die Zeitungen die Ergebnisse dieser Studie bewerten. Zudem werde ich selber noch auf den Aspekt der Repräsentativität dieser Studie eingehen. Auch wenn allgemein nicht immer genau geklärt werden kann, wann eine Studie aufgrund von Quantität und Qualität als repräsentativ gewertet werden kann. Abschließend werde ich auch noch auf den zwischenzeitlich oft prognostizierten Zerfall von „Pegida“, angefangen mit dem Rücktritt von Lutz Bachmann, bis hin zum Rückgang der Anhängerzahlen eingehen.
1.3 Überleitung: Was ist „Pegida“?
Bevor es um die Berichterstattung über „Pegida“ geht, soll kurz geklärt werden, was im Rahmen dieser Arbeit unter „Pegida“ zu verstehen ist. „Pegida“ ist eine Protestbewegung, die im Herbst 2014 als Facebookgruppe von Lutz Bachmann gegründet wurde. „Pegida“ steht hierbei für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Die Anhänger dieser Bewegung protestieren regelmäßig montags in Dresden gegen die Islamisierung Deutschlands und gegen Glaubenskriege in Deutschland. Bemerkenswert ist dabei, dass die Zahl der Teilnehmer sehr schnell auf bis zu 25.000 Demonstranten angewachsen ist. Dieser rasante Anstieg ist dabei insofern problematisch, als der Gründer der Bewegung, Lutz Bachmann, immer wieder mit fremdenfeindlichen Äußerungen auffiel. Aus diesem Grund wird die Bewegung auch oft den rechten Parteien und Bewegungen zugeordnet, obwohl sie immer wieder behauptet, dass sie sich nicht als eine links- oder rechtsextreme Bewegung ansehen würde. Zumindest gehören die meisten Anhänger keiner politischen Partei an,17 es gehen jedoch auch einige Rechtsextremisten bei den „Pegida-Demonstrationen“ mit. Häufig ist zudem das Vokabular, welches etliche Demonstranten verwenden, historisch problematisch, da es beispielsweise eine große Nähe zu Äußerungen der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik aufweist, und auch heute noch gerne von rechtsextremen Gruppierungen verwendet wird.18
2.1 Der Beginn von „Pegida“ und die Entwicklung der Darstellung
Die „Pegida“ Bewegung wurde in den meisten Zeitungen Anfang bis Mitte November 2014 das erste Mal erwähnt, wobei sich die Darstellungen bzgl. Gewichtung und Umfang signifikant unterscheiden:
In der Süddeutschen Zeitung wurde „Pegida“ das erste Mal am 11.11.2014 am Rande der sechsten Seite erwähnt, allerdings ohne eine ausführliche Berichterstattung: Es wurde beschrieben, dass die „Pegida“ Bewegung inzwischen weitere Anhänger für sich gewinnen konnte, insgesamt 1.700. Dabei traf die Bewegung auf 500 Gegendemonstranten. Das Bündnis setze sich aus Furcht vor Glaubenskriegen in Deutschland für eine Abänderung, beziehungsweise Verschärfung des Asylrechts ein. Zu guter Letzt wurde darauf hingewiesen, dass sich die Bewegung, laut Kritikern, aus „diffusen Ängsten und rechten Positionen“19 zusammensetze.20 Auffällig ist hierbei, dass „Pegida“ damals, aufgrund von Position und Länge des Artikels, keine große Bedeutung zugeteilt wurde.
Ganz anders als bei der SZ war der erste Artikel über „Pegida“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der 8 Tage später, am 19.11.2014 erschien: Im Gegensatz zu der Süddeutschen Zeitung, stand der Artikel schon auf der 3. Seite und nahm den Großteil der oberen Hälfte in Anspruch. Des Weiteren wurde ein Schwarz-Weiß-Bild abgedruckt, dass die Front der Demonstranten mit einem „Pegida“ Banner zeigt. Allein von der äußeren Form her zeigte sich also schon ein gewachsenes Interesse in Bezug auf die „Pegida“ Demonstrationen.
Inhaltlich wurde zu Beginn des Artikels der Aufbau der Demonstration beschrieben, sprich die erneut gewachsene Zahl der Teilnehmer (3.500), sowie die Plakate und der Verlauf der Demonstration. Später wurden dann, ähnlich wie auch im Bericht der SZ, die Ziele von „Pegida“ genannt, also erneut die Verschärfung der Gesetze, zudem aber inzwischen auch der Erhalt der deutschen Kultur. Zudem wurde nun auf Teilnehmer aus der rechten Szene eingegangen, die bei der Kundgebung von „Pegida“ mitliefen. Auffällig sei hierbei, dass die Mitglieder von „Pegida“ nicht als „Nazis“ bezeichnet werden wollen, sich jedoch bewusst gleichzeitig nicht dezidiert von diesen abgrenzen wollen. Zudem spiegle die Veranstaltung nicht das Gros der Dresdener wider, weil beispielsweise nur wenige Familien oder auch Frauen teilgenommen haben sollen. Des Weiteren soll der Veranstalter seine Anhänger darauf hingewiesen haben sich nicht mit der Presse zu unterhalten, da diese von ihrem „links liberalen Mainstream“21 in ihrer Berichterstattung festgelegt sei. Im Kern sei schließlich die Angst vor dem Fremden bei der Kundgebung deutlich geworden. Zu guter Letzt wurde noch berichtet, dass es verwunderlich sei, dass eine solche Bewegung ausgerechnet in Dresden auftrete, da der Ausländeranteil dort im Vergleich zu anderen Städten sehr gering sei. Daher hätten verschiedene Organisationen Gegenbündnisse gebildet, um einer Radikalisierung von „Pegida“ entgegenzuwirken. Auch die Oberbürgermeisterin habe in einer Stellungnahme die Solidarität mit den Flüchtlingen bekundet.22
Bei der Gegenüberstellung der beiden Artikel fällt sofort das deutlich gestiegene Interesse der Berichterstattung am Thema „Pegida“ auf. Man kann der Süddeutschen Zeitung keinesfalls eine mangelnde Berichterstattung vorwerfen, da am 12.11.2014 ein weiterer Artikel in der SZ erschien, der die „Pegida“ Demonstration etwas ausführlicher beschreibt.23 Vielmehr zeigt sich ein Umbruch in der Darstellung und der gesteigerten Aufmerksamkeit, die auf das Phänomen „Pegida“ gerichtet wird. Denn ab diesem Zeitpunkt stieg parallel zu der Zahl der Teilnehmer bei den „Pegida“ Demonstrationen, auch die Zahl der Berichte über „Pegida“ stark an.
Zudem fällt besonders auf, dass man den FAZ-Artikel inhaltlich als Grundstein der „Pegida“ Berichterstattung ansehen kann, da alle Punkte enthalten sind, die in vielen späteren Berichten über „Pegida“ genannt werden: „Pegida“ distanziert sich klar von den Medien und der Asylpolitik, es lassen sich zunehmende Radikalisierungstendenzen feststellen, die aus einer allgemeinen Angst vor dem Fremden resultieren, und zu guter Letzt ein unklares oder auch problematisches Verhältnis zu rechten Parteien und Bewegungen. Beide Artikel geben noch keine Prognose zur Entwicklung von „Pegida“ ab.
Der erste Artikel zu „Pegida“ in der NZZ erschien erst am 12.12.2014, also nachdem die Bewegung schon stark gewachsen war. Dies ist allerdings auch durchaus nachvollziehbar, da es sich hierbei um eine ausländische Zeitung handelt, und die Bewegung wahrscheinlich erst nach und nach im Ausland für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Dafür wurde der Artikel sehr ausführlich verfasst und beschrieb in den Grundzügen auch das, was in den deutschen Zeitungen zu dieser Zeit zu lesen war. Es wurde über die Gründung durch Bachmann im Oktober, die wöchentlich stattfindenden Kundgebungen am Montag, den rasanten Anstieg der Teilnehmerzahlen, der kleine Teil an rechtsextremen Mitläufern, den friedlichen Demonstrationen und den damals entstehenden Ablegern berichtet. Interessant ist, dass beispielsweise auch auf den historischen Kontext der „Wir sind das Volk“ Rufe hingewiesen wird. Etwas anders als in der deutschen Presse ist der Vergleich mit der Hooligan Szene. So wird darauf hingewiesen, dass die damaligen Äußerungen von „Pegida“ noch relativ vernünftig seien, und sie friedlich demonstrieren würden. Schließlich wurde noch über das Ansehen der Bewegung in der etablierten Politik berichtet, sprich die Nähe zur AfD und die ablehnende Haltung der übrigen Politiker. Zu guter Letzt werden in dem Artikel die gängigen Argumentationsmuster der führenden Politiker der etablierten Parteien beleuchtet, die sich insbesondere um die Frage drehen, wie ein sachlicher Diskurs mit den Argumenten von „Pegida“ der Gefahr entgeht, durch eine Verharmlosung des Extremismus diesem den Weg in die Gesellschaft zu ebnen.24
Die Berichterstattung der Neuen Züricher zeichnet sich durch besondere Charakteristika aus: Auf der Sachebene zeigt sich eine große Nähe zur eher deskriptiven Darstellung der Süddeutschen Zeitung. Zusätzlich enthält der Artikel insbesondere durch seinen Vergleich mit der Hooligan-Szene stark wertende Elemente, wie man sie sehr explizit – wie man in späteren Artikeln noch deutlicher sehen wird – in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung findet. So kann man die Neue Züricher zwischen der Berichterstattung von Süddeutscher und der Frankfurter Allgemeinen verorten. So liegt nämlich einmal die rein deskriptive Berichterstattung des Hintergrunds aus der SZ vor.
Ähnlich wie auch bei den anderen beiden Zeitungen, kann dieser Artikel wiederum als Startpunkt für die Berichterstattung über die Protestbewegung betrachtet werden, unter anderem auch, weil auf diesen Artikel am 18.12.14 direkt wieder zwei weitere folgen: Der erste Artikel berichtet über die zunehmend aufgeheizte Stimmung, zunehmende fremdenfeindliche Ansichten, sowie die immer größer werdende Zahl der Anhänger.25 Im zweiten Artikel werden dann die damit verbundene Schwierigkeit für die Politik beschrieben.26
2.2 Die Vorgeschichte von Lutz Bachmann
Wie bereits anfangs erwähnt, stellte sich im Dezember 2014 heraus, dass der „Pegida“ Gründer Lutz Bachmann ein nicht unbeachtliches Vorstrafenregister aufweist. Hierbei ist auffällig, dass es bei den Zeitungen unterschiedlich Gewichtungen bei den Darstellungen gibt:
Zu diesem Thema erschien bei der FAZ ein unscheinbarer, aber ausführlicher Artikel, der beschrieb, dass ausgerechnet der „Pegida“ Gründer einen Großteil seiner Glaubwürdigkeit verloren habe, da er auf der „Pegida“ Demonstration am Montag (1.11.2014) berichtet habe, dass er selber schon mehrfach mit dem Gesetz im Konflikt geriet. Dies sei vor allem deswegen sonderbar, da sich Bachmann immer für ein härteres Vorgehen gegen straffällig gewordene Asylbewerber einsetze. Die Medien würden aus der Sache zwar eine große Tragödie stricken, jedoch wolle er ehrlich sein und für seine Taten einstehen. Nachdem er über seine Delikte, unter anderem Diebstahl, Schwarzfahren und Zuwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetzt berichtete, habe ihn die Menge bejubelt. Noch drastischer sei allerdings eine Darlegung der Sächsischen Abendzeitung: Demnach sei Bachmann aktuell (damals) auf Bewährung frei; verurteilt wurde er aufgrund von Drogenhandel. Des Weiteren habe er früher schon versucht, sich einer Haftstrafe, zu der er aufgrund von vielen verschiedenen Delikten verurteilt wurde, zu entziehen, indem er nach Südafrika floh. Letztendlich habe Bachmann aber doch noch 14 Monate in Haft gehen müssen. Wahrscheinlich habe er daher den Wunsch geäußert, sich aus der Führung zurückzuziehen. Die Teilnehmer der Demonstration hätten sich jedoch über seine Rücktrittsvorhaben empört geäußert. Und am Dienstag (2.11.2014) habe ihm die restliche „Pegida“ Führung ihre volle Unterstützung zugesichert.27
Diesem Artikel steht die Darstellung (oder in Bezug auf dieses Thema könnten man fast schon von der generellen Berichterstattung sprechen) der SZ entgegen: Im Gegensatz zur FAZ wurde über Bachmanns Vorstrafen nicht in einem eigenen Artikel berichtet, sondern lediglich in einem Bericht vom 10.11.14, dass die AfD mit „Pegida“ sozusagen im Geiste verbunden sei, und diese deswegen unterstütze. So sagte das AfD Vorstandsmitglied Gauland, dass Bachmann eine neue Chance verdient hätte. Er soll hierbei auf den früheren Außenminister Joschka Fischer verwiesen haben, um Bachmanns frühere Taten zu verharmlosen.28 Fischer verprügelte einst einen Polizisten, und sorgte deswegen ebenfalls für großes Aufsehen.29
Diese Darstellung ist, im Vergleich zu anderen Zeitungen, nicht gerade informativ in Bezug auf die Straftaten von Bachmann. Die Fakten zu Bachmanns Vorgeschichte werden beim Leser vorausgesetzt und nicht weiter erklärt. Auch wenn die SZ nicht genau darüber schrieb, kann man dies vielleicht durch Berichte in anderen Zeitungen erklären: Auf der einen Seite berichtete beispielsweise auch der Stern über die kriminelle Vergangenheit von Bachmann.30 Es scheint so, als ob die SZ darauf baut, dass sich die Leser anderorts darüber informiert haben, oder dass diese für die Entwicklung von „Pegida“ nicht relevant sind, da die Anhänger und der Vorstand von „Pegida“ geschlossen hinter Bachmann stehen. Auf der anderen Seite brachte auch „Die Zeit“ dazu keinen direkten Artikel hervor, auch wenn es sich bei dieser natürlich um eine Wochenzeitung handelt, und nicht, wie bei der SZ, um eine Tageszeitung. Aber auch die NZZ verfasste keinen direkten Artikel zu Bachmanns Vorstrafen, es findet sich lediglich eine Erwähnung im schon genannten ersten Artikel zu „Pegida“ in der NZZ: So habe Thomas De Maizière indirekt darauf hingewiesen, dass die „Pegida“ Führung nicht durch Gesetzestreue in der Vergangenheit geglänzt habe. Damit seien Bachmanns Vorstrafen im Rotlichtmilieu gemeint.31 Allerdings sollte meiner Meinung nach gerade in den ausländischen Zeitungen diesenr Aspekt stärker hervorgehoben werden, da die Leser sich dadurch auch ein besseres Bild von der Bewegung machen können. Man könnte zwar argumentieren, dass man eine Bewegung nicht nur von einem einzelnen Führungsmitglied abhängig machen kann. Allerdings sind noch weitere Führungsmitglieder polizeilich bekannt.32
2.3 Studie: Der typische „Pegida“ Anhänger identifiziert sich nicht mit den Ängsten vor Islamisierung?
Am 14. Januar 2015 ist eine Studie der TU Dresden erschienen, die den typischen „Pegida“ Demonstranten beschreibt. Hierzu konnten ungefähr 400 Teilnehmer bei Demonstrationen vom 22.12.14, 5.1.15 und 12.1.15 befragt werden. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass ursprünglich eigentlich 1200 Personen befragt werden sollten, die Mehrheit folglich die Teilnahme an der Studie verweigert hat.33 Trotzdem haben die Ergebnisse für Verwunderung gesorgt:
Demnach ist der typische „Pegida“ Demonstrant im Durchschnitt 48 Jahre alt, männlich, konfessionslos, parteilos, berufstätig und gut ausgebildet. Interessant ist hierbei aber vor allem der Grund für die Teilnahme an der Demonstration: Der Titel der Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ sollte eigentlich den Grund für die Teilnahme an einer Demonstration schon vorab erklären, nämlich die Angst bzw. Furcht vor einer Islamisierung des Abendlandes. Jedoch demonstrierten 55% der Befragten, weil sie mit der Politik unzufrieden seien, 20% wegen „Kritik an Medien und Öffentlichkeit“, weitere 15% sollen generelle Vorbehalte gegen Einwanderer und Asylbewerber eingeräumt haben, und nur 5% sollen demonstriert haben, um „gegen religiös oder ideologisch motivierte Gewalt“ zu protestieren. Anders gesagt gerade einmal 23% der Befragten Teilnehmer gaben „Islam, Islamismus oder Islamisierung“ als Grund für ihre Teilnahme an.34
[...]
1 Vgl. Die Ergebnisse der Landtagswahlen; MZ 14.3.2016.
2 Vgl. Beitzer, Hannah, Denkler, Thorsten, u.a.; 25 000 protestieren in Dresden gegen "Überfremdung"; bei: SZ Online,12.1.2016; auf: http://www.sueddeutsche.de/politik/zulauf-fuer-pegida-protestieren-in-dresden-gegen-ueberfremdung-1.2301366 (Stand: 9.3.2016).
3 Vgl. N.N.; AfD will Flüchtlinge notfalls mit Gewalt stoppen; bei: Zeit Online, 30.1.2016; http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-01/frauke-petry-afd-grenzschutz-auf-fluechtlinge-schiessen (Stand: 9.3.2016).
4 N.N.; AfD rügt Björn Höcke für „Reproduktionsverhalten der Afrikaner“; bei: shz.de, 14.12.2015; auf: http://www.shz.de/deutschland-welt/politik/afd-ruegt-bjoern-hoecke-fuer-reproduktionsverhalten-der-afrikaner-id12205711.html (Stand: 9.3.2016).
5 Heidböhmer, Carsten; Björn Höcke faselt vom "afrikanischen Ausbreitungstyp"; bei: Stern.de, 12.12.2015; auf: http://www.stern.de/politik/deutschland/bjoern-hoecke--afd-politiker-faselt-vom-afrikanischen-ausbreitungstyp-6601926.html (Stand: 9.3.2016).
6 Heidböhmer, C.; Björn Höcke faselt vom "afrikanischen Ausbreitungstyp"; bei: Stern.de, 12.12.2015.
7 Heidböhmer, C.; Björn Höcke faselt vom "afrikanischen Ausbreitungstyp"; bei: Stern.de, 12.12.2015.
8 Vgl. Heidböhmer, C.; Björn Höcke faselt vom "afrikanischen Ausbreitungstyp"; bei: Stern.de, 12.12.2015.
9 Reinbold, Fabian; Pegida-Organisator: Guter Bachmann, böser Bachmann; bei: Spiegel Online, 20.1.2015; auf: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pegida-facebook-eintraege-von-lutz-bachmann-a-1013982.html (Stand: 9.3.2016).
10 Vgl. N.N.; Gelernter Koch mit krimineller Vergangenheit. Lutz Bachmann ist der Kopf von "Pegida"; bei: t-online.de, 21.1.2015; auf: http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_72198674/pegida-kopf-lutz-bachmann-koch-mit-krimineller-vergangenheit.html (Stand: 10.3.2016).
11 Vgl. Keim, Stefan; Die Lebenslügen der Gutmenschen; bei: Deutschlandradio Kultur, 25.4.2015; auf: http://www.deutschlandradiokultur.de/essener-stueck-zu-pegida-die-lebensluegen-der-gutmenschen.1013.de.html?dram:article_id=318284 (Stand: 10.3.2016).
12 Clauß, Ulrich; Über die Glaubwürdigkeit des heutigen Journalismus; bei: Welt Online, 19.1.2016; auf: http://www.welt.de/sonderthemen/medienkongress/article151067974/Ueber-die-Glaubwuerdigkeit-des-heutigen-Journalismus.html (Stand: 10.3.2016).
13 Vgl. N.N.; Lügenpresse selbstgemacht AfD fälscht Artikelüberschrift der Abendzeitung München; bei: Berliner Kurier.de, 8.3.2016; auf: http://www.berliner-kurier.de/news/panorama/luegenpresse-selbstgemacht-afd-faelscht-artikelueberschrift-der-abendzeitung-muenchen--23687296 (Stand: 10.3,2016).
14 Vgl. http://www.zeitung.de/medien/faz/ (Stand: 16.3.2016); vgl. http://verlag.faz.net/unternehmen/ueber-uns/portraet/wissen-fuer-kluge-koepfe-portraet-der-f-a-z-11090906.html (Stand: 16.3.2016).
15 Vgl. http://www.zeitung.de/medien/sueddeutsche/ (Stand: 16.3.2016).
16 Vgl. http://www.nzzmediasolutions.ch/titel/neue-zuercher-zeitung-2/ (Stand: 16.3.2016).
17 Allerdings wird sich auch noch im Verlaufe dieser Arbeit eine Nähe zur AfD feststellen lassen.
18 Prof Pfahl-Traugher, Armin; Pegida – eine Protestbewegung zwischen Ängsten und Ressentiments. Eine Analyse aus der Sicht der Bewegungs-, Extremismus- und Sozialforschung; 2.2.2015; auf: http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/200901/pegida-eine-protestbewegung-zwischen-aengsten-und-ressentiments (Stand: 19.3.2016).
19 N.N. (Cop); Anti-Islam-Demo hat Zulauf; in: SZ 259, 11.11.2014, Seite 6.
20 Vgl. N.N. (Cop); Anti-Islam-Demo hat Zulauf; SZ, 11.11.2014, Seite 6.
21 Locke, Stefan; Von einer diffusen Angst beseelt; in: FAZ 269, 19.11.2014, Seite 4.
22 Vgl. Locke, S; Von einer diffusen Angst beseelt., Seite 4.
23 Vgl. Goetz, J., Leyendecker, H.; „Das ist nicht mehr dumpf“, in: SZ 260, 12.11.2014, Seite 6.
24 Vgl. Schmid, Ulrich; Durchschnittsbürger gegen Islamisten. In Deutschland gehen Tausende für das „Abendland“ und gegen Überfremdung auf die Straße; NZZ 289 (Internationale Ausgabe), 12.12.2014, Seite 5.
25 Vgl. Lahrts, Stephanie; Verängstigte und unverstandene Mitläufer. 15000 Personen demonstrieren in Dresden gegen Fremde – der Zulauf zum Bündnis der Rechtspopulisten wächst; NZZ (Internationale Ausgabe), 18.12.2014, Seite 4.
26 Vgl. Schmid, Ulrich; „Pegida“ spaltet das politische Establishment. Die Elite hat noch keine Antwort gefunden auf die Massendemonstration gegen Islamismus und Parallelgesellschaften; NZZ (Internationale Ausgabe), 18.12.2014, Seite 4.
27 Vgl. N.N.; Krimineller Inländer; in: FAZ 281, 3.12.2014, Seite 4.
28 Vgl. Bielicki, Jan, Scheider, Jens; AfD-Spitze unterstützt Pegida; in: SZ 284, 10.11.2014, Seite 5.
29 Vgl. bspw. N.N.; Außenminister Fischer: Ich habe einen Polizisten verprügelt; bei: Spiegel Online, 3.1.2001; auf: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/aussenminister-fischer-ich-habe-einen-polizisten-verpruegelt-a-110439.html (Stand: 14.3.2016).
30 Vgl. Mathes, Werner; Der Vorbestrafte und seine “Pegida“-Wutbürger; bei: stern.de, 9.12.2014, auf http://www.stern.de/politik/deutschland/pegida-frontmann-lutz-bachmann--der-vorbestrafte-und-seine-wutbuerger---schlag-12--der-mittagskommentar-aus-berlin-3258260.html (Stand: 14.3.2016).
31 Vgl. Schmid, Ulrich; Durchschnittsbürger gegen Islamisten; NZZ 289 (Internationale Ausgabe), 12.12.2014, Seite 5.
32 Vgl. N.N.; Gelernter Koch mit krimineller Vergangenheit; bei: t-online.de, 21.1.2015.
33 Vgl. Tu Dresden, Wer geht zu Pegida und Warum, auf https://tu-dresden.de/aktuelles/newsarchiv/2015/1/pegida_pk (Stand: 12.3.2016).
34 Vgl. Prof. Vorländer, Hans; Wer geht warum zu PEGIDA-Demonstrationen? Präsentation der ersten empirischen Umfrage unter PEGIDA-Teilnehmern; auf https://tu-dresden.de/aktuelles/news/Downloads/praespeg (Stand: 12.3.2016).