Diese Arbeit zielt darauf ab, herauszufinden, warum Unternehmenswerte für Jobsuchende eine so große Rolle bei ihrer Wahl des Arbeitgebers spielen.
Zu Beginn werden die zentralen Begriffe Unternehmenswerte sowie Unternehmenskultur in einem theoretischen Rahmen erklärt. Im weiteren Verlauf wird darüber diskutiert, welche Gründe es für das gesteigerte Interesse der ArbeitnehmerInnen an den Unternehmenswerten gibt. Abschließend werden Handlungsempfehlungen für die berufliche Praxis vorgestellt, in denen verdeutlicht wird, wie es den Unternehmen gelingt, neue Mitarbeiter von sich zu überzeugen.
1,8 Millionen – das ist die Zahl der Arbeitskräfte, welche Berechnungen zufolge 2020 in Deutschland fehlen werden. Der demografische Wandel, ein zunehmender globalisierter Wettbewerb und ein gesellschaftlicher Wertewandel führen zu einem sogenannten "War of Talents". Dieser Begriff beschreibt die zunehmende Schwierigkeit von Unternehmen, geeignetes und qualifiziertes Personal zu finden und wird häufig im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel erwähnt. Laut den Berechnungen der Prognos AG wird die Zahl der benötigten Fachkräfte in Zukunft weiter steigen. Für 2040 wurden 3,9 Millionen fehlende Arbeitskräfte prognostiziert. Gemäß dem Ernst & Young (2017) Mittelstandsbarometer führen diese personalen Defizite zu Umsatzeinbußen von fast 50 Milliarden Euro.
Während diese Entwicklung viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellt, versetzt es Arbeitsuchende hingegen in eine sehr vorteilhafte Position, denn es ermöglicht ihnen aus einer Vielzahl von Jobangeboten zu wählen. In ihrer Wahl der potentiellen Arbeitgeber werden sie deshalb kritischer und stellen höhere Anforderungen. Ein attraktives Gehalt, ein modernes Büro sowie eine gute Work-Life-Balance reichen als Anreize nicht mehr aus, vielmehr werden diese vorausgesetzt.
Besonders den jüngeren Generationen ist es wichtig, sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren zu können und ihre Arbeit als sinn- sowie wertvoll zu erfahren. Nach einer Studie der Job- und Recruiting-Plattform Glassdoor (2019) setzen sich über 80% der Jobsuchenden bereits im Bewerbungsprozess intensiv mit der Unternehmenskultur auseinander. Die Bewerber achten vermehrt auf einen "cultural fit", also die Übereinstimmung zwischen den persönlichen Werten und denen des Arbeitgebers.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Werte
2.2 Unternehmenskultur
2.3 Wertewandel
3. Diskussion: Bedeutung der Unternehmenswerte
4. Handlungsempfehlungen für die Praxis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wielands Werteviereck
Abbildung 2: Bedürfnispyramide nach Maslow
1. Einleitung
1,8 Millionen – das ist die Zahl der Arbeitskräfte, welche Berechnungen zufolge 2020 in Deutschland fehlen werden (Prognoas AG, 2015). Der demografische Wandel, ein zunehmender globalisierter Wettbewerb und ein gesellschaftlicher Wertewandel führen zu einem sogenannten „War of Talents“. Dieser Begriff beschreibt die zunehmende Schwierigkeit von Unternehmen, geeignetes und qualifiziertes Personal zu finden und wird häufig im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel erwähnt (Personio, 2020). Laut den Berechnungen der Prognos AG (2015, S. 2) wird die Zahl der benötigten Fachkräfte in Zukunft weiter steigen. Für 2040 wurden 3,9 Millionen fehlende Arbeitskräfte prognostiziert. Gemäß dem Ernst & Young (2017) Mittelstandsbarometer führen diese personalen Defizite zu Umsatzeinbußen von fast 50 Milliarden Euro.
Während diese Entwicklung viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellt, versetzt es Arbeitsuchende hingegen in eine sehr vorteilhafte Position, denn es ermöglicht ihnen aus einer Vielzahl von Jobangeboten zu wählen. In ihrer Wahl der potentiellen Arbeitgeber werden sie deshalb kritischer und stellen höhere Anforderungen. Ein attraktives Gehalt, ein modernes Büro sowie eine gute Work-Life-Balance reichen als Anreize nicht mehr aus, vielmehr werden diese vorausgesetzt. Besonders den jüngeren Generationen ist es wichtig, sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren zu können und ihre Arbeit als sinn- sowie wertvoll zu erfahren (IDG Research Services, 2018). Nach einer Studie der Job- und Recruiting-Plattform Glassdoor (2019) zufolge, setzen sich über 80% der Jobsuchenden bereits im Bewerbungsprozess intensiv mit der Unternehmenskultur auseinander. Die Bewerber achten vermehrt auf einen „cultural fit“, also die Übereinstimmung zwischen den persönlichen Werten und denen des Arbeitgebers. Daher zielt diese Arbeit darauf ab, herauszufinden, warum Unternehmenswerte für Jobsuchende eine so große Rolle bei ihrer Wahl des Arbeitgebers spielen.
Zu Beginn werden die zentralen Begriffe Unternehmenswerte sowie Unternehmenskultur in einem theoretischen Rahmen erklärt. Im weiteren Verlauf wird darüber diskutiert, welche Gründe es für das gesteigerte Interesse der ArbeitnehmerInnen an den Unternehmenswerten gibt. Abschließend werden Handlungsempfehlungen für die berufliche Praxis vorgestellt, in denen verdeutlicht wird, wie es den Unternehmen gelingt, neue Mitarbeiter von sich zu überzeugen.
2. Theoretischer Rahmen
Für die Beantwortung der Forschungsfrage werden zunächst die zentralen Begriffe Werte und Unternehmenskultur definiert sowie deren Zusammenhang näher erläutert. Darauf aufbauend wird der sich abzeichnende Wertewandel anhand der Bedürfnispyramide nach Maslow erklärt.
2.1 Werte
In der einschlägigen Literatur finden sich unterschiedliche Definitionen für den Begriff „Werte“. Eine sehr treffende Umschreibung liefert Wielander (2010, S. 21): „Werte sind die kollektiven Erwartungen und Wünsche eines Einzelnen, einer bestimmten Gruppe oder einer Gesellschaft, die als moralische Standards dienen und die Handlungsziele, Mittel zur Zielerreichung und Handlungsweisen maßgebend beeinflussen“. Mit dieser Definition betont sie zwei wichtige Funktionen von Werten. Einerseits fungieren sie als Leitlinien für das eigene Handeln, andererseits bieten sie einen Orientierungsmaßstab im Prozess der Entscheidungsfindung. Nach dem Werteviereck von Wieland (siehe Abbildung 1) lassen sich Werte grob in vier Kategorien einteilen: Leistungswerte, moralische Werte, Kooperationswerte und Kommunikationswerte.
Abbildung 1: Wielands Werteviereck
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wieland, 2004, S. 14-17
Unabhängig von ihrer Kategorie sind Werte für sich alleine nur Begrifflichkeiten und es benötigt eine Konkretisierung durch beschreibende Normen: „Verhaltensweisen, die in bestimmten Situationen von einer Person gefordert oder erwartet werden“ (Prändl, 2011).
Erst wenn die vereinbarten Werte auf konkrete Situationen im Geschäftsablauf übertragen werden, kann ein gemeinsames Verständnis sichergestellt werden. Bekennt sich ein Unternehmen beispielsweise zu Transparenz (Wert), so ergibt sich daraus eine größtmögliche Transparenz gegenüber allen Stakeholdern hinsichtlich der Herkunft der eingesetzten Rohstoffe und der angewandten Produktionsverfahren (Norm) (Pastoors, Becker, Ebert, & Auge, 2019, S. 18).
2.2 Unternehmenskultur
Die Gesamtheit der geltenden Werte und Normen innerhalb einer Organisation bilden das Fundament für die Unternehmenskultur (Hold, 2008, S. 19). Unter der Unternehmenskultur versteht Rosenstiel (2007, S. 123) die „Gewohnte und tradierte Weise des Denkens und Handels, wie sie in mehr oder minder starkem Maße von allen Mitgliedern geteilt wird“. Somit üben die verankerten Werte direkten Einfluss auf die Kultur und damit einhergehend auf die Verhaltens- sowie Denkweisen aller Unternehmensmitglieder aus.
Grundvoraussetzung für eine „erfolgreiche Unternehmenskultur“ ist nach Morner und Jung (2016, S. 241) die positive Identifikation der MitarbeiterInnen und Führungskräfte mit den Werten des Unternehmens. Dabei können Werte jedoch nicht gelehrt oder instruiert werden, vielmehr geht es um eine emotionale und motivationale Verinnerlichung (Erpenbeck und Sauter 2018, 4). Eine zentrale Rolle im Prozess der Wertevermittlung wird den Führungskräften zugesprochen. Ihre Taten und Verhaltensweisen müssen im Einklang mit den Werten und Überzeugungen des Unternehmens stehen. Wenn sie als Vorbild agieren, lassen sich die vereinbarten Werte und Normen über alle Hierarchieebenen hinweg im gesamten Unternehmen etablieren und auch an neue Mitglieder weiter geben (Hold, 2008, S. 32). In der Praxis scheitert es jedoch häufig an der Kommunikation. Einer Studie der Unternehmensberatung Rochus Mummert (2012) zufolge, kennt nur jede(r) zweite MitarbeiterIn die Unternehmenswerte. Als einen der Gründe nennt das Unternehmen die fehlende Konkretisierung. Werte sollten den Mitarbeitern nicht als abstrakte Begriffe vermittelt werden, sondern müssen konkret in gewünschtes Verhalten übersetzt werden.
Gelingt es dem Management die Unternehmenswerte in den unternehmerischen Alltag zu integrieren und ein gemeinsames Werteverständnis herzustellen, erzeugen sie nach Morner und Jung (2016, S. 241) positive Effekte. Sie wirken nicht nur sinnstiftend, sondern steigern auch das Commitment sowie die Motivation der Mitarbeiter und bieten eine Identifikationsgrundlage.
2.3 Wertewandel
Im postmaterialistischen Zeitalter steht insbesondere bei den jüngeren Generationen das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und einem sinnerfüllten Leben weit oben auf der Agenda. Es zeichnet sich ein Wandel weg von materialistischen Werten (Geld, Besitztümer) hin zu post-materialistischen Werten (Freiheit, Gesundheit, Umweltschutu) ab. Nach Barrett (2016, 33) lässt sich dies durch eine Verschiebung der menschlichen Bedürfnisse erklären. Zur Begründung dieser These zieht er die berühmte Maslowsche Bedürfnispyramide (Abbildung 2) heran. Nach diesem Modell können menschliche Bedürfnisse in zwei Typen unterteilt werden: Defizitbedürfnisse und Wachstumsbedürfnisse. Die Befriedigung der Defizitbedürfnisse gilt als fundamentale Voraussetzung bevor Energie in das Erreichen der höhergelagerten Bedürfnisdimensionen gesteckt werden kann. Die Befriedigung der Wachstumsbedürfnisse löst ein tiefergehendes Gefühl der Zufriedenheit aus, welches den hohen Einsatz von Zeit und Energie rechtfertigt (Barrett, 2016, S.28).
Abbildung 2: Bedürfnispyramide nach Maslow
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Glauner, 2016, S.46
Diese Verschiebung der Werteentwicklung stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen, denn es ergeben sich veränderte Anforderungen seitens der MitarbeiterInnen. Neben der Befriedigung der Defizitbedürfnisse, müssen Unternehmen ebenfalls Angebote zur Befriedigung der Wachstumsbedürfnisse schaffen. Nach Barrett (2016, S. 28) sollten sie daher Strukturen und Prozesse kreieren, die es den Mitgliedern ermöglichen, ihre Familien zu versorgen und soziale Beziehungen aufzubauen (Defizitbedürfnisse). Außerdem Autonomie zu erlangen, authentisch und sinnorientiert zu arbeiten, durch ihre Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert zu generieren und etwas von bleibender Wirkung zu schaffen (Wachstumsbedürfnisse).
Welcher Zusammenhang zwischen den angesprochenen Wachstumsbedürfnissen und dem Werteverständnis eines Unternehmens besteht, wird im folgenden Kapitel analysiert. Außerdem wird darüber diskutiert, welche Gründe es für das gesteigerte Interesse sowie zunehmende Bedeutsamkeit von Unternehmenswerten gibt.
3. Diskussion: Bedeutung der Unternehmenswerte
Unternehmenswerte sollen Aufschluss darüber geben, wofür ein Unternehmen steht und welche grundlegenden Überzeugungen es teilt. Sie informieren die Stakeholder darüber, welche Ansprüche ein Unternehmen an sich selbst stellt und welche Versprechen es abgibt. Somit geben die grundlegenden Werte, Auskunft über die Mission und Zielsetzung des Unternehmens. Hierbei sollte es jedoch nicht um monetäre Ziele gehen, sondern um den grundlegenden Daseinszweck. Eine sinnstiftende Antwort auf die Frage der Daseinsberechtigung gibt den Mitarbeitenden und Führungskräften besonders in unsicheren Zeiten ein Zugehörigkeitsgefühl und erhöht die Bereitschaft, sich für das Unternehmen zu engagieren (Buchholz & Knorre, 2018, S. 60).
Einer Umfrage unter den 30 Dax-Konzernen zufolge beschäftigen sich derzeit mehr als die Hälfte aller Großkonzerne intensiv mit ihrem „Purpose“, also dem Sinn und Zweck ihres Bestehens. Larry Fink, CEO des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, nennt die veränderten Ansprüche der Millennials (Geburtenjahrgänge 1980/1990) als einen der größten Treiber für diese Entwicklung (Handelsblatt, 2019). In einem Interview sagte Fink (Handelsblatt, 2019): „Ihnen ist wichtiger, dass ein Unternehmen die Gesellschaft verbessert, als dass es kurzfristig hohe Gewinne erwirtschaftet.“ Seiner Einschätzung nach wird es für Unternehmen überlebenswichtig sein, sich mehr für die Gesellschaft zu engagieren und ihren Zweck klar zu kommunizieren. Auch Mathias Kesting (Partner der weltweit größten Personalberatung Korn Ferry), teilt diese Auffassung. Die persönlichen Bedürfnisse der jungen Talente seien bereits vollständig befriedigt, daher hätten sie nun das Bedürfnis, durch ihre Arbeit einen Mehrwert für die Gesellschaft zu kreieren, so Kesting (Handelsblatt, 2019). Die jungen Talente befinden sich demnach im Übergang von den Individualbedürfnissen (Ebene zwei der Bedürfnispyramide) zu dem Streben nach Selbstverwirklichung (Spitze der Pyramide). Somit sei das Bedürfnis der Arbeitnehmer, ihre Zeit mit wertvollen Tätigkeiten zu verbringen, die logische Folge von Dienstwagen und flexiblen Arbeitszeiten, behauptet Kesting (Handelsblatt, 2019).
Neben der Verschiebung der individuellen Bedürfnisse werden auch globale Entwicklungen, wie beispielsweise die Umweltverschmutzung, das Artensterben oder soziale Ungleichheiten als Grund für das gesteigerte Interesse an den Unternehmenswerten aufgeführt (Pastroos, 2019 S. 19). Die Gesellschaft spürt die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend am eigenen Leib und ist dadurch auf moralischer und ethischer Ebene sensibler geworden. Der gesellschaftliche und politische Druck nimmt stetig zu und es wird erwartet, dass Unternehmen mehr soziale, ökonomische und ökologische Verantwortung übernehmen. Dadurch rücken Werte wie Nachhaltigkeit, Transparenz und verantwortungsvolles Handeln immer mehr in den Fokus. Die Gesellschaft fordert die Übernahme sozialer Verantwortung und Strategien, die eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen (Schneider & Schmidpeter, 2012, S. 39).
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