„No has leído el Carreño?“ - Eine typische Frage in Lateinamerika, die dann gestellt wird, wenn sich jemand “daneben benommen“ hat. Antonio Manuel Carreño, Verfasser eines erstmals 1853 erschienenen Anstandsbuches, ist Synonym geworden für urbanidad, cortesía, buenos modales, buenas maneras, etiqueta, kurzum, für Höflichkeit, ähnlich wie im deutschsprachigen Raum der Knigge.
Als Teil und gleichzeitig Ergebnis eines Zivilisationsprozesses ist Höflichkeit überall dort von Bedeutung, wo Menschen miteinander umgehen, sich gegenüber anderen „verhalten“ müssen, weil sie entweder nach sozialem Aufstieg streben, das Miteinander angenehmer gestalten oder auch bestimmte Dinge von sich selbst nicht preisgeben und Abstand halten wollen. Wer nicht höflich ist, muss mit unangenehmen Konsequenzen rechnen, sei es mit dem Abbruch von Kontakten, weil man sich ungern mit unhöflichen Menschen umgibt, sei es mit einem schlechten Ruf, der das persönliche Vorankommen behindert.
Noch heute existiert "der Carreño" neben neueren, eher nationenspezifischen Benimmratgebern und Zeitungs- bzw. Zeitschriftenartikeln zu diesem Thema. Bedeutet dies, dass die Umgangsformen in Lateinamerika sich in den letzten 150 Jahren nicht verändert haben? Wenn doch, warum wird dann noch heute ein Buch gelesen, das im Wesentlichen Umgangsformen propagiert, die um 1850 aktuell waren? Dies sind die zentralen Fragen, denen in dieser Arbeit nachzugehen ist. Dafür sollen ältere und neuere Publikationen im Hinblick auf Entstehungskontext, inhaltliche Schwerpunkte, Zielgruppen, Art der Darstellung der Regeln und natürlich die Regeln selbst miteinander verglichen werden, wobei letztere nicht tabellarisch einander gegenübergestellt, sondern interpretiert werden sollen in Bezug auf Kriterien für einen angemessenen Umgang mit sich selbst und mit den Mitmenschen.
Kapitel 2 widmet sich der Analyse des oben schon erwähnten Klassikers der lateinamerikanischen Anstandsliteratur unter Berücksichtigung der historischen Umstände seiner Entstehung. Das dritte Kapitel gibt einen groben Überblick über Benimmbücher des 20. und 21. Jahrhunderts und enthält außerdem die Analyse zweier in den letzten Jahren in Peru bzw. Chile erschienener erfolgreicher Höflichkeitsratgeber. In der Schlussbetrachtung erfolgt dann als Fazit der direkte Vergleich der neueren Bücher mit dem Klassiker.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung.
- 1.1 Zum Thema Höflichkeit.
- 1.2 Zum Material
- 1.3 Forschungsstand.
- 1.4. Der Zivilisationsprozess und die Entstehung der Höflichkeit
- 1.4.1 Der Prozess der Zivilisation in Europa nach Norbert Elias.
- 1.4.2 Der Zivilisationsprozess in Lateinamerika ..
- 2. Carreños Manual de Urbanidad y Buenas Maneras
- 2.1. Der Entstehungszusammenhang des Manual…..\li>
- 2.1.1 Historischer Kontext..\li>
- 2.1.2 Der Autor.
- 2.2 Aufbau, inhaltliche Schwerpunkte und Stil
- 2.2.1 Aufbau und Schwerpunkte
- 2.2.2. Stil
- 2.3. Idealtypus des höflichen und zivilisierten Menschen
- 2.3.1 Überlegungen zur Zielgruppe..\li>
- 2.3.2. Der Umgang mit sich selbst – Disziplin als oberstes Gebot.
- 2.3.2.1 Die Kontrolle über den eigenen Körper.
- 2.3.2.2 Kontrolle der eigenen Gefühle.
- 2.3.2.3 Kontrolle über die Umwelt: Ordnung und Effizienz.
- 2.3.3 Zum Umgang mit der Gesellschaft – Respekt und Gehorsam
- 2.3.3.1 Die Achtung der gesellschaftlichen Hierarchien....
- 2.3.3.2 Der Respekt gegenüber den Mitmenschen…......
- 2.3.3.3 Der Umgang mit den Autoritäten Gott/ Kirche und Vaterland..\li>
- 2.4 Das Manual heute
- 3. Zwei Beispiele für Benimmratgeber des 20./21. Jahrhunderts: Ese dedo meñique und\nBuenas Maneras en el siglo 21..\li>
- 3.1 Der Entstehungszusammenhang.
- 3.1.1 Überblick über die Publikationen des 20./21. Jahrhunderts.
- 3.1.2 Der politische und kulturelle Hintergrund von Ese dedo meñique und Buenas\nManeras en el siglo 21
- 3.2 Aufbau, inhaltliche Schwerpunkte und Stil.
- 3.2.1 Aufbau und Schwerpunkte
- 3.2.2 Graphische Gestaltung und Stil.
- 3.3 Der höfliche Mensch von heute
- 3.3.1 Überlegungen zur Zielgruppe.
- 3.3.2 Zum Umgang mit sich selbst – wie hinterlässt man einen guten Eindruck?.
- 3.3.2.1 Das positive Selbstbild.
- 3.3.2.2 Die gute Erziehung..\li>
- 3.3.2.3 Aufrichtigkeit und Korrektheit.
- 3.3.2.4 Disziplin und Selbstkontrolle.
- 3.3.3 Zum Umgang mit der Gesellschaft –persönliche Freiheit versus Engagement für\nandere......
- 3.3.3.1 Die Freiheit des anderen.....
- 3.3.3.2 Das Engagement für die Gesellschaft
- 4. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung von Höflichkeitsformen in Lateinamerika, indem sie das klassische Anstandsbuch „Manual de Urbanidad y Buenas Maneras“ von Antonio Manuel Carreño mit neueren Benimmratgebern vergleicht.
- Die Arbeit analysiert den Entstehungskontext der Anstandsbuchliteratur in Lateinamerika.
- Sie untersucht die zentralen Inhalte und Stilmerkmale der untersuchten Bücher.
- Die Arbeit beleuchtet die idealen Verhaltensmodelle, die in den einzelnen Büchern propagiert werden.
- Sie betrachtet den Einfluss von kulturellen und historischen Faktoren auf die Entwicklung von Höflichkeitsformen.
- Die Arbeit untersucht die Frage, ob sich die Umgangsformen in Lateinamerika in den letzten 150 Jahren tatsächlich verändert haben.
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung Dieses Kapitel stellt die Arbeit und ihre Forschungsfrage vor. Es wird erklärt, warum Höflichkeit ein relevantes Thema ist und welche Bedeutung Anstandsliteratur im Kontext des Zivilisationsprozesses einnimmt. Außerdem wird der Forschungsstand und die Auswahl des Materials für die Untersuchung erläutert.
- Kapitel 2: Carreños Manual de Urbanidad y Buenas Maneras Kapitel 2 analysiert den Klassiker der lateinamerikanischen Anstandsliteratur, das „Manual de Urbanidad y Buenas Maneras“ von Antonio Manuel Carreño. Es beleuchtet den historischen Kontext seiner Entstehung, den Aufbau, die inhaltlichen Schwerpunkte und den Stil des Werkes. Das Kapitel untersucht außerdem den Idealtypus des höflichen und zivilisierten Menschen, der im „Manual“ propagiert wird, und betrachtet die Rezeption des Buches bis in die heutige Zeit.
- Kapitel 3: Zwei Beispiele für Benimmratgeber des 20./21. Jahrhunderts: Ese dedo meñique und\nBuenas Maneras en el siglo 21 Dieses Kapitel bietet einen Überblick über Benimmbücher des 20. und 21. Jahrhunderts und analysiert zwei in Peru bzw. Chile erschienene aktuelle Anstandsratgeber: „Ese dedo meñique“ und „Buenas Maneras en el siglo 21“. Es untersucht die Entstehungskontexte der beiden Bücher, ihre inhaltlichen Schwerpunkte, ihre Stilmerkmale und die ihnen zugrunde liegenden Verhaltensmodelle des höflichen Menschen von heute.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Höflichkeit, Anstandsbuchliteratur, Kulturvergleich, Zivilisationsprozess, Lateinamerika, und die Analyse von Texten wie „Manual de Urbanidad y Buenas Maneras“, „Ese dedo meñique“ und „Buenas Maneras en el siglo 21“.
- Arbeit zitieren
- Nora Anton (Autor:in), 2005, Formen der Höflichkeit und ihre Darstellung in Lateinamerika , München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/85367