Die folgende Ausarbeitung des Referats "Die ursprünglichen Gesten" beschäftigt sich mit dem ersten der fünf Abschnitte des ersten Teils (Der Tanz mit den Dingen) des Buches "Mit Leib und Seele: Theorie der Haushaltstätigkeit" von Jean-Claude Kaufmann.
Warum beschäftigen wir uns in der Soziologie überhaupt mit Haushaltstätigkeiten und der Rolle von Gesten? Gibt es nicht dringlichere Fragen derer sich die Soziologie annehmen sollte? Kaufmann widerspricht dem entschieden. Diese Frage zu beantworten wird Ziel des vorliegenden Textes sein, in dem zunächst auf die Bedeutung, Vermittlung und den Umgang mit Gesten eingegangen wird, bevor sich dann ein notwendigerweise umfangreiches Fazit anschließt.
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Inhalt
Vorbemerkung
1. Welche Bedeutung haben Gesten und Ordnung?
2. Woher weiß man, wie der Haushalt zu verrichten ist?
Fazit
Diskussionseinleitung
Verwendete Literatur
Vorbemerkung
Die folgende Ausarbeitung des Referats „Die ursprünglichen Gesten“ beschäftigt sich mit dem ersten der fünf Abschnitte des ersten Teils (Der Tanz mit den Dingen) des Buches „Mit Leib und Seele: Theorie der Haushaltstätigkeit“ von Jean-Claude Kaufmann.
Warum beschäftigen wir uns in der Soziologie überhaupt mit Haushaltstätigkeiten und der Rolle von Gesten? Gibt es nicht dringlichere Fragen derer sich die Soziologie annehmen sollte? Kaufmann widerspricht dem entschieden. Diese Frage zu beantworten wird Ziel des vorliegenden Textes sein, in dem zunächst auf die Bedeutung, Vermittlung und den Umgang mit Gesten eingegangen wird, bevor sich dann ein notwendigerweise umfangreiches Fazit anschließt.
1. Welche Bedeutung haben Gesten und Ordnung?
Eine Geste ist laut Definition eine „Bewegung der Hände, des Körpers, die etw. aussagen soll[1] “.
Kaufmann versteht unter Gesten jene Bewegungsabläufe von Haushaltstätigkeiten, dessen der Mensch sich nicht bewusst ist; die er quasi automatisiert hat (20)[2]. (Z.B. Kehren. Der Mensch macht sich beim Kehren nicht jeden einzelnen Handgriff seiner Handlung bewusst. Vielmehr greift er einfach zum Besen, wenn er Krümel oder Schmutz auf dem Boden sieht. Er verschwendet dabei also keinerlei Gedanken an die Bewegungsabläufe, die zur Beseitigung des Schmutzes notwendig sind, da sein „Körpergedächtnis“ die Gedankengänge zur Ausführung der Geste schon vorselektiert hat (20).)
Gesten sind jedoch widerstandsfähig, das heißt, sie verschwinden nicht einfach; werden nicht so leicht durch andere Gesten verdrängt, sondern gegebenenfalls mit der Zeit neu definiert (22). Die Krümel die man vor einiger Zeit noch aufkehren musste, kann man heute bequem mit dem Staubsauger aufsaugen. Die Durchführung der Geste hat sich also verändert, aber die Geste, nämlich das Saubermachen, ist die gleiche geblieben. In einer Metapher nennt Kaufmann die Ausführung der Gesten „den Tanz mit den [.] Dingen“, dessen Choreographie durch neue Ideen und Erfindungen, wie bereits erwähnt, verändert wird (24/25).
„Die Kunst des Menschseins liegt darin, das Neue aus dem Alten zu erschaffen.“(22), fasst er die Umwandlung der Gesten dann zusammen.
Die Gesten der Ordnung beziehen sich jedoch nicht ausschließlich auf Gegenstände des Haushalts. Sie können sich ebensogut auf den menschlichen Körper beziehen. Das Waschen des Körpers ist eine Geste der Reinlichkeit. „Rein zu sein bedeutet, mit sich im reinen zu sein, sich selbst zu sein, klar von der Verschmutzung und vom Nicht-Ich getrennt.“ (24). Nur wenn es gelingt die Ordnung in kleinen Kreisen aufrecht zu erhalten, kann gewagt werden sie auszuweiten. Auf diese Weise kann dann die Zivilisation gegründet werden, doch dazu gleich mehr.
Das Waschen, das in vielen Religionen primär den Sinn der Seelenreinigung inne hatte, folglich in einem Teilbereich des Alltagslebens statt fand, hat sich aus ästhetischen, hygienischen und gesundheitlichen Gründen zur Grundlage in den meisten Zivilisationen etabliert.
Durch die Gesten der Haushaltstätigkeiten wird in der Regel Ordnung hergestellt (Reinigen, Bügeln, Reparieren, etc.). Jene Ordnung, die zu Hause im kleinen praktiziert wird, stellt für Kaufmann die Grundlange der Zivilisation dar. Warum? Da das ganze Leben Ordnung und Regeln unterliegt. Diese erlauben es Komplexität zu reduzieren und machen es dem Menschen möglich sich in seiner Umwelt zurecht zufinden (19, 21). Auf Recht und vor allem Ordnung baut unsere Gesellschaft nämlich auf. Durch das Einhalten dieser Werte ist es möglich auch außer Haus etwas in größeren Kreisen wie die Infrastruktur, bestehend aus Straßen, Transportsystemen, Fabriken usw., aufzubauen.
2. Woher weiß man, wie der Haushalt zu verrichten ist?
Guy Thuillier, der den Begriff „Ancien Regime der Gesten“ geprägt hat, fasst unter selbigem die traditionellen Handlungsweisen der Gesellschaft des 19. Jhds. zusammen (25). Wobei hier mit traditionellen Handlungsweisen die Praktizierung von altertümlichen Gesten gemeint ist.
Traditionen und Rituale verinnerlichte das Individuum durch deren aktive Ausübung und Wiederholung durch die Gesellschaft, da sich durch die wiederkehrende Beschäftigung mit den Bräuchen ein gewisser Lerneffekt einstellte. Das Wissen um die Traditionen und Bräuche konnte dem Einzelnen nun eine gewisse Sicherheit und Orientierung bieten, da die Abläufe der Bräuche bekannt waren und keine unbekannten Komponenten mehr besaßen. Sofern man also an Traditionellem festhielt brauchte man nichts unerwartetes zu fürchten (25/26).
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[1] Bünting, Karl-Dieter: Deutsches Wörterbuch
[2] Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Seiten in „Mit Leib und Seele: Theorie der Haushaltstätigkeit“