„Ich habe heute über die Bestimmung des Gelehrten zu reden.“ Mit diesen Worten begrüßt Fichte seine Zuhörer in seiner Vierten Vorlesung „Ueber die Bestimmung des Gelehrten“.
Auf die Bestimmung des Gelehrten in der Gesellschaft läuft seine gesamte Vorlesungsreihe hinaus. Gleich zu Beginn der Ersten Vorlesung nennt er seine Absicht: „Ich möchte beantworten, oder vielmehr, ich möchte Sie, meine Herren, veranlassen, sich zu beantworten folgende Frage: Welches ist die Bestimmung des Gelehrten? Welches sein Verhältnis zu der gesamten Menschheit sowohl, als zu den einzelnen Ständen in derselben? Durch welche Mittel kann er seine erhabene Bestimmung am sichersten erreichen?“
Das soll das Ziel sein, das Ergebnis seiner Untersuchung nach der Vierten Vorlesung. Anhand dieser Vorlesung möchte ich Schritt für Schritt entwickeln, wie Fichte den Gelehrten und dessen Bestimmung in der Gesellschaft sieht.
Zu Beginn stellt Fichte die Schwierigkeit, gegenüber den anderen Ständen bescheiden zu bleiben, dar. Ziel eines jeden Standes sei, nach der Erfüllung seiner Aufgabe zu streben. Für den Gelehrten scheint die Erreichung seines Ziels unmöglich, höchstens nähere er sich diesem Ziel an.
Im nächsten Teil stellt Fichte die in der Vorlesungsreihe erarbeiteten Resultate dar.
„Im Menschen sind mancherlei Triebe und Anlagen, und es ist die Bestimmung jedes Einzelnen, alle seine Anlagen, so weit er nur irgend kann, auszubilden. Unter andern ist in ihm der Trieb zur Gesellschaft; diese bietet ihm eine neue, besondere Bildung dar, - die für die Gesellschaft - und eine ungemeine Leichtigkeit der Bildung überhaupt. Es ist dem Menschen darüber nichts vorgeschrieben - ob er alle seine Anlagen insgesamt unmittelbar an der Natur, oder ob er sie mittelbar durch die Gesellschaft ausbilden wolle. Das erstere ist schwer, und bringt die Gesellschaft nicht weiter; daher erwählt mit Recht jedes Individuum in der Gesellschaft sich seinen bestimmten Zweig von der allgemeinen Ausbildung, überlässt die übrigen den Mitgliedern der Gesellschaft und erwartet, dass sie an dem Vorteil ihrer Bildung ihn werden Antheil nehmen lassen, so wie er an der seinigen sie Antheil nehmen lässt; und das ist der Ursprung und der Rechtsgrund der Verschiedenheit der Stände in der Gesellschaft.“ Diesen Absatz hält Fichte für wichtig, um noch einmal aufzuzeigen, was die Bestimmung des einzelnen Individuums in der Gesellschaft ist. Im folgenden entwickelt Fichte nun die Bestimmung des Gelehrten.
Inhaltsverzeichnis
- Über die Bestimmung des Gelehrten
- Einleitung
- Die Bestimmung des Gelehrten in der Gesellschaft
- Die Schwierigkeit, bescheiden zu bleiben
- Die Bestimmung des einzelnen Individuums in der Gesellschaft
- Die Bedeutung einer gleichförmigen Entwicklung aller Anlagen
- Die Notwendigkeit der Kenntnis aller Anlagen
- Die Bedeutung der Mittel zur Befriedigung der Anlagen
- Drei Arten der Erkenntnis: philosophisch, philosophisch-historisch, historisch
- Die drei Arten der Erkenntnis und die Gelehrsamkeit
- Die erste Bestimmung des Gelehrten
- Die zweite und wahre Bestimmung des Gelehrten
- Die Rolle des Gelehrten als Lehrer und Erzieher
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Fichtes Vorlesungsreihe „Über die Bestimmung des Gelehrten“ analysiert die Rolle und Aufgabe des Gelehrten in der Gesellschaft. Er untersucht die Bestimmung des Gelehrten, sein Verhältnis zur Menschheit und die Mittel, die er zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt.
- Die Notwendigkeit einer gleichförmigen Entwicklung aller Anlagen in der Gesellschaft
- Die Bedeutung der Erkenntnis von Bedürfnissen und den Mitteln zu deren Befriedigung
- Die Rolle des Gelehrten als Lehrer und Vermittler von Wissen
- Die Bedeutung der Empfänglichkeit und Mitteilungsfertigkeit des Gelehrten
- Die moralische Verpflichtung des Gelehrten als Erzieher der Menschheit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt den Leser in die Thematik der Bestimmung des Gelehrten ein und stellt die Fragestellung der Vorlesungsreihe dar. Im ersten Kapitel beleuchtet Fichte die Schwierigkeit, die der Gelehrte als Mitglied der Gesellschaft hat, bescheiden zu bleiben, und er untersucht die Bestimmung des einzelnen Individuums in der Gesellschaft. Er betont die Bedeutung einer gleichförmigen Entwicklung aller Anlagen in der Gesellschaft, die durch die Kenntnis aller Bedürfnisse und die Mittel zu deren Befriedigung erreicht werden kann.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der ersten Bestimmung des Gelehrten, die darin besteht, die Bedürfnisse des Menschen zu erkennen und die Mittel zu ihrer Befriedigung zu finden. Fichte erläutert die drei Arten der Erkenntnis, die der Gelehrte benötigt: philosophisch, philosophisch-historisch und historisch. Er betont, dass die Kenntnis der Bedürfnisse ohne die Kenntnis der Mittel zu ihrer Befriedigung unvollständig und unbrauchbar ist.
Das dritte Kapitel beleuchtet die zweite und wahre Bestimmung des Gelehrten: die Sicherung der gleichförmigen Entwicklung aller Anlagen und die dadurch ermöglichte Annäherung der Gesellschaft an ihr Ziel. Fichte betont die Rolle des Gelehrten als Lehrer und Vermittler von Wissen. Er stellt die Eigenschaften „Empfänglichkeit“ und „Mitteilungsfertigkeit“ als wesentliche Voraussetzungen für den Gelehrten dar, der durch die Vermittlung seiner Erkenntnisse die Menschheit zu ihrem Ziel führt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen der Vorlesungsreihe sind die Bestimmung des Gelehrten, die gleichförmige Entwicklung aller Anlagen in der Gesellschaft, die Erkenntnis von Bedürfnissen und deren Befriedigung, die Rolle des Gelehrten als Lehrer und Erzieher, die Bedeutung der Empfänglichkeit und Mitteilungsfertigkeit sowie die moralische Verpflichtung des Gelehrten als Vorbild.
- Quote paper
- Kevin Francke (Author), 2003, Über die Bestimmung des Gelehrten, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/68096