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Essay, 2007
8 Seiten, Note: 1,7
„Von allen Gegensätzen, die die Sozialwissenschaften künstlich spalten, ist der grundlegendste und verderblichste der zwischen Subjektivismus und Objektivismus.“[1]Mit diesem Satz machte Pierre Bourdieu (1930-2002) ziemlich deutlich, was er von den beiden gegensätzlichen theoretischen Erkenntnisweisen in der Soziologie hielt. Um den Dualismus von Subjektivismus und Objektivismus zu überbrücken, entwickelte Bourdieu eine vermittelnde Alternative, die praxeologische Erkenntnistheorie. In ihr spielt das Habitus-Konzept eine entscheidende Rolle, weil es eine Verbindung zwischen objektiven Strukturen, individueller Wahrnehmung und sozialer Praxis herstellen soll.[2]Allerdings wurde und wird Bourdieu vorgeworfen, er überbetone in seinem Entwurf des Habitus das strukturalistische Moment. So seien die sozialen Akteure dermaßen determiniert, dass seine Konzeption zwar die Reproduktion der Sozialstruktur, nicht jedoch sozialen Wandel erkläre könne.[3]Sollte dem so sein, könnte auch die Wirksamkeit des Habitus als zwischen Subjektivismus und Objektivismus vermittelndes theoretisches Instrument in Frage gestellt werden. Der vorliegende Essay soll deshalb erläutern, in wie weit und in welcher Form sozialer Wandel in Bourdieus Habitus-Konzept möglich ist. Dazu werden zunächst kurz die Merkmale des Habitus und die Annahmen, welche nur für die strukturalistische Reproduktion sprechen, skizziert, um danach die Möglichkeit sozialen Wandels aufzuzeigen.
Habitus und die Reproduktion der Sozialstruktur
Der Habitus bei Bourdieu ist im Prinzip ein System von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern. Diese werden dem Menschen gesellschaftlich vermittelt und von ihm erlernt, was innerhalb der Sozialisation geschieht. Dabei wird der Habitus an die Lebensbedingungen der spezifischen Soziallage gebunden, in welcher sich das Individuum bei der Sozialisation befindet. Obwohl die Habitus-Entwicklung jedoch nie komplett abgeschlossen ist, werden neue Reize und veränderte Bedingungen immer zuerst anhand der vorhandenen Interpretationsschemata bewertet. Somit verkörpert der Habitus die sozialen Strukturen seiner Entstehung.
Die Wirkung des Habitus besteht nun darin, dass er das Wahrnehmen, Denken und Handeln in der Praxis beeinflusst, mit der Tendenz in ähnlichen Situationen beharrlich die gleichen Interpretations- und Handlungsschemata anzuwenden. Auf diese Weise werden Denk- und Handlungsroutinen erzeugt, die dem Einzelnen nur mehr oder weniger bewusst sind und trotzdem sein Erkennen und Handeln stark strukturieren. Man ist so in der Lage Dinge zu tun, ohne zu wissen wie dies eigentlich vonstatten geht. Doch damit nicht genug. Letztendlich bestimmt der Habitus auch über Geschmäcker und Vorlieben, zum Beispiel in Sprache und Kleidung, wodurch er ganze Lebensstile generiert. Und das alles geschieht auf Basis der Lebensbedingungen, unter denen dieses System von Dispositionen entstanden ist. Demnach verinnerlichen Kinder beispielsweise aus einer ländlichen Arbeiter- und einer städtischen Beamtenfamilie verschiedene Habitusformationen, weil sie in sehr unterschiedlichen Soziallagen aufwachsen.[4]
[...]
[1]Bourdieu, Pierre, Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft, Frankfurt/M. 1987, S. 49.
[2]Vgl. Schwingel, Markus, Pierre Bourdieu zur Einführung, 5., verb. Aufl., Hamburg 2005, S. 59f.
[3]Vgl. zum Beispiel Miller, Max, Systematisch verzerrte Legitimationsdiskurse. Einige kritische Anmerkungen zu Bourdieus Habitustheorie, in: Eder, Klaus (Hrsg.), Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis. Beiträge zur Auseinandersetzung mit Pierre Bourdieus Klassentheorie, Frankfurt/M. 1989, S. 200-206.
[4]Vgl. zu den beiden Absätzen vor allem Bourdieu, Pierre, Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft, Frankfurt/M. 1976.
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