In den Sozialwissenschaften wird mit dem vieldiskutierten Begriff der „Individualisierung“ ein weitläufiges Phänomen bezeichnet, mit dem Veränderungen in Bezug auf gesellschaftsstrukturelle Prozesse, auf der Subjektebene als auch im Verhältnis von Individuum und Gesellschaft beschrieben werden. Der Diskurs über die möglichen Folgen dieser Entwicklung ist besonders von seiner Ambivalenz geprägt, da gleichermaßen hinsichtlich „Chancen“ und „Risiken“ argumentiert wird. Dabei stehen - verkürzt betrachtet - etwa „Selbstbestimmung“, „Selbstverwirklichung“ sowie ein Zuwachs an „Freiheit“ und „Handlungsautonomie“ als Beispiele für positiv besetzte Assoziationen, während andererseits „Egoismus“, „Vereinzelungs- und Entfremdungstendenzen“ kritisch betrachtet werden. Als eine weitere Folge des Individualisierungsprozesses wird eine Neuordnung bzw. Umstrukturierung der „sozialen Kontrolle“ identifiziert. Dieses, bezüglich der freiheitsmehrenden Implikationen, vorerst paradox anmutende Zusammenspiel von Individualisierung und Kontrolllogik, soll im Folgenden einen zentralen Diskussionspunkt einnehmen. Einleitend werden zunächst zur Klärung notwendiger terminologischer Voraussetzungen und theoretischer Grundannahmen, ausgehend vom Begriff der Jugend, die sozialisationstheoretischen Gesichtspunkte dieser Lebensphase hervorgehoben werden. Bei der nachfolgenden Betrachtung der soziogenetischen Studien von Norbert Elias und Michel Foucault, sind insbesondere die Ausführungen über die gesellschaftliche Disziplinierung sowie die Durchsetzung und Kontrolle von Verhaltensnormen von vorrangigem Interesse. Im Anschluss an die historische Argumentation gilt es in der Folge, unter Bezugnahme auf Ulrich Becks Risikogesellschaft, eine weitestgehende Analyse gegenwärtiger sozialer Prozesse zu vollziehen. Es wird, auf den Thesen von Elias und Foucault aufbauend, einerseits untersucht, unter welchen Rahmenbedingungen der Prozess der Individualisierung voranschreitet, andererseits soll das Zusammenspiel von Individualisierung und moderner Ordnungsbildung bzw. sozialer Kontrolle ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden. Abschließend erfolgt die Betrachtung der Situation Jugendlicher im Hinblick auf die gegenwärtigen, von den Auswirkungen des Individualisierungsprozesses geprägten, sozialen Verhältnisse, Anforderungen und Problemkonstellationen, denen die junge Generation gegenübersteht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Jugend in den Sozialwissenschaften
- Jugend als gesellschaftliche Institution
- Die Konstitution des Individuums zwischen Selbstzwang und Fremdzwang - Norbert Elias und Michel Foucault
- Die Individualisierungsthese
- Individualisierung als Funktion sozialer Kontrolle
- Individualisierung als Internalisierung
- Jenseits von Klasse und Schicht - Wandel, Verschärfung und Internalisierung sozialer Ungleichheit
- Auswirkungen gesellschaftlicher Individualisierungsprozesse auf die Lebensphase Jugend
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit Individualisierungsprozessen und untersucht deren Auswirkungen auf die Lebensphase Jugend im Kontext von Identitätsbildung, Sozialisation und sozialer Kontrolle. Dabei wird der Begriff der „Individualisierung“ als ein weitläufiges Phänomen betrachtet, das Veränderungen in gesellschaftlichen Strukturen, auf der individuellen Ebene und im Verhältnis von Individuum und Gesellschaft beschreibt.
- Die Ambivalenz des Individualisierungsprozesses: Chancen und Risiken.
- Die Rolle von Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, Freiheit und Handlungsautonomie in der Individualisierung.
- Die kritische Betrachtung von Egoismus, Vereinzelung und Entfremdungstendenzen im Kontext der Individualisierung.
- Die Auswirkungen der Individualisierung auf die Neuordnung und Umstrukturierung der „sozialen Kontrolle“.
- Die Betrachtung der Jugendphase als eine gesellschaftliche Institution, die Sozialisationsprozesse und die Internalisierung von soziokulturellen Werten und Verhaltensnormen fördert.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über die Thematik der Arbeit und stellt die zentralen Fragestellungen sowie den Aufbau des Textes vor.
Kapitel 1 beleuchtet die Lebensphase Jugend aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. Hierbei werden die verschiedenen Definitionen von Jugend und die Bedeutung des Übergangs von Kindheit zum Erwachsenenstatus erörtert.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit dem Begriff der Individualisierung und beleuchtet die soziogenetischen Studien von Norbert Elias und Michel Foucault. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die Ausführungen zur gesellschaftlichen Disziplinierung und der Durchsetzung von Verhaltensnormen analysiert.
Kapitel 3 untersucht den Einfluss der Individualisierung auf die Lebensphase Jugend. Hierbei werden die Auswirkungen der Individualisierung auf die Identitätsbildung, Sozialisation und soziale Kontrolle der jungen Generation beleuchtet.
Schlüsselwörter
Individualisierung, Jugend, Sozialisation, soziale Kontrolle, Identitätsbildung, Norbert Elias, Michel Foucault, Risikogesellschaft, Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, Freiheit, Handlungsautonomie, Egoismus, Vereinzelung, Entfremdung, Jugendphase, gesellschaftliche Institution, Erwachsenenstatus, Übergangsphase.
- Arbeit zitieren
- Christian Schüller (Autor:in), 2006, Jugend im Kontext von Individualisierung und sozialer Kontrolle, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/62946