Wir sind heute mit einer Kulturkritik konfrontiert, die radikal die seelenbedrohenden Gefahren der Technik und die daraus entstandene Verfremdung der Menschen beschreibt. Diese Radikalität der ,Postmoderne, könne doch nach Habermas Synthese der Stimmungen der Kulturkritiken sein, die seit Mitte des 19ten Jahrhunderts laut werden. Als „Sehnsuchtnach der wahren Präsenz“(Octavio Paz, von Habermas zitiert) - die unbefleckt außerhalb der menschlichen Kultur existiere -, solle seit Baudelaire die Moderne sich nach der subversiven Kraft eines ästhetischen Bewusstseins orientieren. Dies spräche sich gegen das historische Bewusstsein aus, weil es sich konservativ nach einer immer-da-gewesene, innehaltende Gegenwart orientiere, welche sich nicht in einem historischen Kontinuum schreiben könne. Modernität wäre jedoch immer als Verstehensprozess zu deuten, da sie heute wie in der Renaissance das Bewusstsein einer Epoche ausdrücken wurde, die sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, um eine Übergang vom Alten zum Neuen zu begreifen. Demzufolge werden wir uns in dieser kurzen Arbeit mit Variationen der radikalen Kulturkritik der 20ten Jahrhundert befassen, paradigmatisch von Oswald Spengler als Vertreter der konservativen Kulturkritik der Weimarer Republik, über Theodor Adorno und Max Horkheimer in den 40er Jahren bis zu den ,postmodernen, Thesen von Paul Virilio und Jean Baudrillard vom Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Diese radikale Kulturkritik werden wir zunächst anhand der Analyse von Michael Pauen im Hinsicht auf einer strukturellen Ähnlichkeit mit dem Denken des klassischen Gnostik untersuchen, auch paradigmatisch mit seiner Analyse der gnostischen Strukturen bei Theodor Adorno belegen. Wir werden zuletzt mit Walter Benjamin und Vilém Flusser einige der (wenigen) Vertretern einer moderaten Kulturkritik der Weimarer Zeit und Heute präsentieren ; sowie die Wichtigkeit solcher moderaten Standpunkten im Einklang mit Habermas belegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A. Radikale Kulturkritiken, Variationen um ein Thema: Das schlechte Bestehende
- 1. Oswald Spengler als Paradigma der ‚konservativen, Kulturkritik: Zivilisation als Ende einer Kultur
- 2. Adorno und Horkheimer: Kulturindustrie
- 3.,Postmoderne, Richtungen aus Frankreich: Paul Virilio und Jean Baudrillard
- B. Radikale Kulturkritik und moderne Gnostik: Die Wunde der Moderne
- 1. Michael Pauen: Dithyrambiker des Untergangs
- 2. Analyse Pauen über Theodor Adorno und Vergleich mit strukturellen Kriterien des gnostischen Denkens
- C. Moderate Kulturkritik: Im Fluss der Geschichte
- 1. „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“: Walter Benjamin
- 2. Analyse Pauen über Walter Benjamin und Vergleich mit strukturellen Kriterien des gnostischen Denkens
- 3. Vilém Flusser: Krise der Linearität
- 4. Über die Notwendigkeit einer moderaten Kulturkritik: „Die Moderne - Ein unvollendetes Projekt“
- Nachwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der Kulturkritik im 20. Jahrhundert, indem sie die radikale und die moderate Perspektive gegenüberstellt. Ziel ist es, ein historisches Verständnis für die verschiedenen Ansätze der Kulturkritik zu schaffen und die wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
- Die Entwicklung der Kulturkritik von der Weimarer Republik bis zur Postmoderne
- Der Einfluss der Technik auf die Kultur und die menschliche Existenz
- Der Zusammenhang zwischen Kulturkritik und gnostischem Denken
- Die Bedeutung einer moderaten Kulturkritik im Vergleich zu radikalen Ansätzen
- Die Rolle der Kunst in der modernen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
A. Radikale Kulturkritiken, Variationen um einen Thema: Das schlechte Bestehende
1. Oswald Spengler als Paradigma der ‚konservativen, Kulturkritik: Zivilisation als Ende einer Kultur
Spenglers „Der Untergang des Abendlandes“ stellt die Zivilisation als einen schicksalhaften „Vollendung und Ausgang einer Kultur“ dar. Zivilisation zerstört die organischen Eigenschaften einer Kultur und führt zu ihrem Zerfall. Spengler spricht von zwei Übergängen von Kultur zur Zivilisation im Abendland, die durch die Macht der Großstadt geprägt sind. Die Moderne Technik, die ursprünglich zur Befreiung von der Natur diente, führt zu einer Versklavung durch die Diktatur des Geldes und der Wirtschaft.
2. Adorno und Horkheimer: Kulturindustrie
Adorno und Horkheimer untersuchen in "Dialektik der Aufklärung" die Kulturindustrie und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Im Gegensatz zu Spengler, der die Technik als faustische Kraft begreift, sehen sie die Kulturindustrie als ein Instrument der Manipulation und Unterdrückung, das den Menschen in ein System der Konsumtion und Entfremdung verstrickt.
B. Radikale Kulturkritik und moderne Gnostik: Die Wunde der Moderne
1. Michael Pauen: Dithyrambiker des Untergangs
Pauen analysiert die Kulturkritik im Kontext der modernen Gnostik und sieht in der radikalen Kulturkritik eine Form des „Dithyrambischen“, einer übersteigerten Kritik an der Moderne. Pauen sieht in der Kulturkritik eine Form des gnostischen Denkens, das sich mit der Frage nach dem Ursprung des Bösen und der Hoffnung auf eine Erlösung beschäftigt.
2. Analyse Pauen über Theodor Adorno und Vergleich mit strukturellen Kriterien des gnostischen Denkens
Pauen untersucht Adornos Werk unter dem Aspekt des gnostischen Denkens und zeigt auf, wie Adornos Kritik an der Kulturindustrie mit den zentralen Thesen der Gnostik übereinstimmt. Die Gnostik sieht in der materiellen Welt einen Ort der Verführung und der Unterdrückung, während die Kulturindustrie die Menschen durch Konsum und Entfremdung an die materielle Welt bindet.
C. Moderate Kulturkritik: Im Fluss der Geschichte
1. „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“: Walter Benjamin
Walter Benjamin, ein Vertreter der moderaten Kulturkritik, befasst sich mit den Auswirkungen der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken auf die Gesellschaft. Er sieht in der technischen Reproduzierbarkeit zwar einen Verlust der Aura des Originals, aber auch neue Möglichkeiten für eine breite Rezeption und eine politische Aneignung von Kunst.
2. Analyse Pauen über Walter Benjamin und Vergleich mit strukturellen Kriterien des gnostischen Denkens
Pauen analysiert auch Benjamin unter dem Aspekt des gnostischen Denkens. Im Gegensatz zu Adorno, der die Gnostik als eine Form der negativen Kritik sieht, betont Pauen die Hoffnung, die Benjamin mit dem Konzept des „Messianischen“ verbindet.
3. Vilém Flusser: Krise der Linearität
Flusser, ein Vertreter der modernen Kulturkritik, beschäftigt sich mit der Frage der Linearität in der modernen Welt. Er kritisiert die lineare Denkweise, die die technische Entwicklung der Gesellschaft geprägt hat, und plädiert für eine nicht-lineare Denkweise, die die Komplexität der Welt besser erfassen kann.
4. Über die Notwendigkeit einer moderaten Kulturkritik: „Die Moderne - Ein unvollendetes Projekt“
Die Arbeit zeigt die Bedeutung einer moderaten Kulturkritik im Vergleich zu radikalen Ansätzen auf. Eine moderate Kulturkritik erkennt die Probleme der Moderne an, aber sie sieht auch die Potenziale und die Möglichkeiten für eine positive Entwicklung. Die Arbeit stellt die „Moderne“ als ein „unvollendetes Projekt“ dar, das fortlaufend weiterentwickelt und kritisch reflektiert werden muss.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Kulturkritik, Technik, Gnostik, Moderne, Postmoderne, Kunst, Zivilisation, Kulturindustrie, Walter Benjamin, Theodor Adorno, Max Horkheimer, Oswald Spengler, Michael Pauen, Vilém Flusser.
- Arbeit zitieren
- Nadia Zeltzer (Autor:in), 2006, Lesart der Geschichte: Radikale und moderate Kulturkritik im 20. Jahrhundert - Umriss einer historischen Entwicklung -, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/62780