Dass zwischenmenschliche Interaktion mittels computervermittelter Kommunikation neue kommunikative Fertigkeiten verlangt, darüber ist man sich einig. Hingegen wie diese neuen Interaktionsstile mit Beziehungen im echten Leben (Real Life RL) zusammenhängen, und was für längerfristige Konsequenzen diese neuen Arten des Kommunizierens für die Ausgestaltung von Beziehungen und das soziale Beziehungsnetz haben können, über diese Fragen wird sehr kontrovers argumentiert (vgl. Döring 1999, S. 30f.). Es zeigt sich eine Polarisierung der wissenschaftlichen Diskussion in die beiden Seiten der ,,Optimisten" oder ,,Enthusiasten" und der eher ,,Konservativen" oder ,,Technologiekritischen". Wie dies bei anderen technischen Neuerungen wie dem Fernsehen auch der Fall war, bürgt die Diskussion mit dem gesellschaftlich noch wenig erschlossenen Thema auch die Gefahr der Überhöhung von Problemen und Potenzialen. Nicola Döring vermerkt, dass deshalb die wissenschaftlich-empirische Auseinandersetzung mit dem Thema von grosser Bedeutung ist:
,,Ob und inwieweit wir es beim Internet-Gebrauch (auch) mit reziproken zwischenmenschlichen Verständigungsprozessen, mit Kontaktanbahnung und Beziehungsvertiefung, mit Gruppenbildung und Gemeinschaftsgefühl zu tun haben, ist eine empirische Frage. Die interpersonale Bedeutung und Verbindlichkeit der Netzkommunikation sollte also von vornherein nicht überhöht, aber auch nicht marginalisiert werden" (Döring 1999, S. 89).
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fragestellung: ersetzt oder ergänzt soziale Kommunikation online alte Kommunikations- und Beziehungsmuster?
- Theorien Computervermittelter Kommunikation
- Die traditionelle Sicht: Technikdeterminismus
- Die interpersonale Vermittlung des „Sozialen“: Soziale Kommunikation als Medienvermittelte Bezugnahme auf andere
- Das Modell interpersonaler Medienwahl nach Höflich
- Kommunikation im Kontext der sozialen Beziehung: Bedeutungsinterpretationen formen die Verständigung
- Beziehungsentwicklung geprägt durch interpersonale Kommunikation
- Technisch vermittelte interpersonale Kommunikation
- Der soziale Kommunikationsalltag: intensiv geführte, starke Beziehungen als Fokus und Messbereich für „soziale Kommunikation“
- Online-Medien als Träger neuer sozialer Netzwerke: lockere, fragile Bindungen anstelle intensiver und dauerhafter Beziehungen?
- Empirie: Ergänzung statt Ersatz des sozialen Netzwerkes durch Online-Medien
- Ergebnisse: Stellenwert sozialer Kommunikation mittels Online-Medien
- Bedeutung Computervermittelter Kommunikation in häufig kontaktierten, starken Beziehungen
- Werden Online-Kommunikationsmedien oft als Medien für die Alltagskommunikation gewählt?
- Rekapitulation der theoretischen Ausführungen und Diskussion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von Online-Kommunikation auf die Ausgestaltung und das Ausleben von Beziehungen. Durch einen Medienvergleich soll empirisch erforscht werden, inwiefern computervermittelte Kommunikation neue Beziehungsformen fördert und ob diese im engeren Sinne als soziale Beziehungen bezeichnet werden können.
- Stellenwert von Online-Kommunikation im Vergleich zu anderen Medien für die soziale Vermittlung in Beziehungen
- Einfluss von Online-Medien auf die Sozialität des Menschen, insbesondere auf die Art und Weise, wie Bekanntschaften entstehen und Beziehungen gepflegt werden
- Analyse des Stellenwerts, der „technischen“ Bedingtheit und der möglichen sozialen „Effekte“ von Online-Medien in der Interaktion
- Untersuchung von Nutzungsmustern und der Frage, ob diese von der Verwendung der Technologie ein Abweichen von der alltäglichen sozialen Kommunikation in Beziehungen fördern
- Einordnung der Ergebnisse in den Kontext traditioneller CMC-Modelle und deren Aussagekraft hinsichtlich der Bedeutung und Gestaltungsmöglichkeiten von Medien in der Kommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Fragestellung vor, ob Online-Kommunikation bestehende Kommunikations- und Beziehungsmuster ersetzt oder ergänzt. Sie skizziert die kontroverse Diskussion um die Auswirkungen von Online-Kommunikation auf das „echte Leben“ und die Bedeutung von empirischen Untersuchungen in diesem Kontext.
- Theorien Computervermittelter Kommunikation: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene theoretische Ansätze zur Computervermittelten Kommunikation (CMC), wie den Technikdeterminismus und das Modell interpersonaler Medienwahl. Es wird die Bedeutung von Medienwahl und den damit verbundenen Interpretationsleistungen für die Beziehungsentwicklung hervorgehoben.
- Der soziale Kommunikationsalltag: Dieses Kapitel fokussiert auf den alltäglichen Umgang mit Online-Medien und deren Bedeutung für soziale Beziehungen. Es stellt die Frage, ob Online-Medien zu einer Verlagerung von sozialen Beziehungen führen oder ob sie eher als Ergänzung zu verstehen sind. Empirische Befunde zur Nutzung von Online-Medien in Beziehungen werden vorgestellt.
- Ergebnisse: Stellenwert sozialer Kommunikation mittels Online-Medien: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Es beleuchtet die Bedeutung computervermittelter Kommunikation in häufig kontaktierten, starken Beziehungen und untersucht die Nutzung von Online-Medien in der Alltagskommunikation.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die Themen Computervermittelte Kommunikation (CMC), soziale Interaktion, Beziehungen, Medienvergleich, Online-Kommunikation, Mediennutzung, Technikdeterminismus, interpersonale Medienwahl, Empirie, Social Networking, und soziale Netzwerke. Die Ergebnisse der Arbeit können für die Forschung zur Sozialität und Kommunikation in der digitalen Welt relevant sein, insbesondere im Bereich der Medienforschung, der Kommunikationswissenschaft und der Sozialpsychologie.
- Quote paper
- Mark Gasser (Author), 2002, Interaktionen online in starken Beziehungen: Ein Medienvergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/6060