Bourdieu gilt als einer der großen Namen in der Ungleichheitsforschung der jüngsten Zeit. Das liegt sicher auch an seinem Anspruch, ein umfassenderes Konzept zu liefern als Mikrotheorien. Gerhard Schulze oder Stefan Hradil stehen in einer induktiv- empirischen Tradition der Nachkriegszeit, die wohl prägend, wenn auch nicht allein dominierend für die deutsche Sozialstrukturanalyse war. Inwiefern Bourdieu′ s Ansprüche der Überwindung oder Integration von individuenzentrierten Mikrotheorien (z.B. E. Goffman) mittels einer universelleren Theorie gerecht wurden, ist hier aber nicht von Belang. Von eigentlicher Bedeutung ist vielmehr die zunächst deskriptive Darstellung der Begriffe Kapital, Habitus und "Klasse" in ihrem Kontext der Bourdieu′ schen Gesellschaftstheorie. Zweitens jedoch soll untersucht werden, wie diese Begriffe einer Ungleichheitsanalyse dienen und dienen könnten. D.h. wie weit und inwiefern kann eine Anwendung dieser drei zentralen Bausteine erfolgen. Eine kreative Projektion von Habitus, Kapital und "Klasse" auf völlig neuartige Beschreibungswege von Ungleichheit war dabei nicht das Ziel. Auch deshalb, weil das Gesamtkonzept Bourdieu′ s nicht nur eine Kultur- sondern auch eine Machttheorie darstellt, welche die sog. Herrschaftsstrukturen und die ungleichen Lebensverhältnisse a priori zum Gegenstand hat.
Bourdieu liefert nämlich subjektive Kategorien wie Habitus, Lebensstil und Distinktion als zentrale Mittel seiner Ungleichheitsanalyse.
Im resümierenden Schlussteil möchte ich eine kritische Reflexion leisten, welche versucht, diese Arbeit distanziert und auch interpretierend zu erfassen. Wieweit Bourdieu beim Wort nehmen? Den Bezugspunkt bildet für die Frage das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit: Anwendung und Anwendbarkeit, Legitimität und Notwendigkeit der Bourdieu′ schen Termini. Wie fruchtbar und sinnvoll sind diese für eine vertikale und horizontale Ungleichheitsanalyse (objektive und subjektive Kategorie) des Bourdieu′ schen Zuschnitts?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Kurze Einführung in Bourdieu's Erkenntismethode
- II. Zentrale Begriffe einer Bourdieu' schen Ungleichheitsanalyse
- 1. Habitus, Kapital und \"Klasse\"
- a) Der Habitus und seine Komplizenschaft mit \"Feldern\"
- b) Die Kapital-Sorten und der \"Klassen\"- Begriff
- ba) Ökonomisches, Soziales und Kulturelles Kapital
- bb) Die Ökonomie der praktischen Konvertabilität
- bc) Der \"Klassen\"- Begriff
- 2. Ungleichheitsforschung: Die Anwendung der Begriffe Habitus, Kapital und
\"Klasse\"
- a) Subjektive Kategorie: Habitus, Lebensstil und Distinktion als Mittel einer
Ungleichheitsanalyse
- aa) Die Distinktion durch symbolische Stilisierung
- ab) Das Bild der \"Feinen Unterschiede\"
- b) Objektive Kategorien: Die Kapitalien und \"Klassen\"
- ba) Kapitalungleichheit und Bildung
- bb) Machtstrukturen
- a) Subjektive Kategorie: Habitus, Lebensstil und Distinktion als Mittel einer
Ungleichheitsanalyse
- 1. Habitus, Kapital und \"Klasse\"
- III. Kritische Reflexion: Wieweit Bourdieu beim Wort nehmen?
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit Pierre Bourdieu's Theorie als sozialstrukturelle Ungleichheitsanalyse und konzentriert sich auf die zentralen Begriffe Kapital, "Klasse" und Habitus sowie deren Anwendung. Das Ziel ist es, die deskriptive Darstellung dieser Begriffe im Kontext der Bourdieu' schen Gesellschaftstheorie zu analysieren und ihre Anwendbarkeit im Rahmen einer Ungleichheitsanalyse zu untersuchen.
- Der Habitus als vermittelndes Element zwischen objektiven Strukturen und subjektivem Handeln
- Die verschiedenen Kapitalarten (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital) und ihr Einfluss auf die soziale Positionierung
- Der "Klassen"-Begriff in Bourdieu's Theorie und seine Verbindung mit der Kapitalverteilung
- Die Anwendung der Begriffe Habitus, Kapital und "Klasse" in der Ungleichheitsforschung, insbesondere in den Bereichen Bildung, Macht und Lebensstil
- Eine kritische Reflexion über die Anwendbarkeit und Legitimität der Bourdieu' schen Terminologie für eine umfassende Ungleichheitsanalyse
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt Pierre Bourdieu als einen zentralen Akteur in der Ungleichheitsforschung vor und führt die beiden Hauptfragestellungen der Hausarbeit ein: die deskriptive Darstellung der Begriffe Kapital, Habitus und "Klasse" sowie deren Anwendung in der Ungleichheitsanalyse.
- I. Kurze Einführung in Bourdieu's Erkenntismethode: In diesem Kapitel wird die epistemologische Position Bourdieu's im Spannungsfeld zwischen positivistischem Empirismus und universalen Metatheorien vorgestellt. Dabei wird sein Ansatz als "middle-range theory" beschrieben, der eine Verbindung von empirischer Verifikation mit theoretischem Gehalt anstrebt.
- II. Zentrale Begriffe einer Bourdieu' schen Ungleichheitsanalyse: Dieses Kapitel widmet sich der detaillierten Analyse der drei Schlüsselbegriffe Habitus, Kapital und "Klasse". Es wird der Habitus als eine vermittelnde Instanz zwischen sozialen Strukturen und individuellem Handeln dargestellt, die durch den Einfluss verschiedener Kapitalarten geprägt wird. Der Begriff "Klasse" wird in Verbindung mit der Kapitalverteilung erläutert, wobei die verschiedenen Kapitalarten (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital) und ihre wechselseitigen Beziehungen im Fokus stehen.
- II. 2. Ungleichheitsforschung: Die Anwendung der Begriffe Habitus, Kapital und "Klasse": In diesem Abschnitt wird die Anwendung der Begriffe Habitus, Kapital und "Klasse" auf die Ungleichheitsforschung fokussiert. Es werden die subjektiven (Habitus, Lebensstil und Distinktion) und objektiven Kategorien (Kapitalien und "Klassen") im Rahmen einer Ungleichheitsanalyse untersucht. Dabei werden die Auswirkungen von Kapitalungleichheit auf Bildung und Machtstrukturen, sowie die Bedeutung von Lebensstil als Ausdruck von Distinktion betrachtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe in dieser Hausarbeit sind: Pierre Bourdieu, Ungleichheitsforschung, sozialstrukturelle Ungleichheit, Kapital, "Klasse", Habitus, Lebensstil, Distinktion, symbolische Stilisierung, Machtstrukturen, Bildung, epistemologisches Paradigma, middle-range theory, empirische Verifikation, theoretischer Gehalt.
- Quote paper
- Adrian Arnold (Author), 2004, Pierre Bourdieu's Theorie als sozialstrukturelle Ungleichheitsanalyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/60092