Die aktuelle politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage auf den Philippinen, die im Schlußkapitel dargestellt werden wird, hat dazu beigetragen, mich mit der Geschichte der Philippinen näher zu beschäftigen. Von besonderem Interesse erschien mir bei der Wahl des Themas das Verhalten der philippinischen Bevölkerung in der Position der Kolonisierten.
Nach Osterhammel lassen sich drei Arten von Interessensicherung gegenüber militärisch schwächeren und wirtschaftlich "rückständigen" Ländern unterscheiden: die Koloniale Herrschaft, die Quasi-koloniale Kontrolle und der nichtkoloniale "bestimmende" Einfluß. Aus Zeitgründen werde ich in meiner Darstellung nicht näher auf jede der drei Interessensicherungen eingehen, sondern nur auf diejenige, die im Zusammenhang mit den Philippinen interessant ist. Die Spanier betrieben auf den Philippinen die erstgenannte, die Koloniale Herrschaft. Diese Koloniale Herrschaft, dem "formal empire" entsprechend, ist dadurch gekennzeichnet, daß die einheimischen Machthaber durch fremde ersetzt werden, daß die vorkoloniale politische Ordnung aufhört zu bestehen, daß Hoheitsfunktionen, wie Rechtsprechung, Besteuerung, Polizei- und Militärgewalt von Vertretern der Kolonialmacht ausgeführt werden. Des Weiteren werden auswärtige Beziehungen der Kolonisierten von der Kolonialmacht monopolisiert (vgl.Osterhammel 2002: 25).
In dem Titel meiner Arbeit verwende ich den Begriff der "Kolonialen Situation". Die Filipinos lernten direkt nach spanischer Herrschaft die amerikanische kennen. Was dabei jedoch gleich blieb, war die "Koloniale Situation". Auch hier stütze ich mich auf die Definition von Osterhammel, der sich in seinen Ausführungen auf die klassische Abhandlung von Georges Balandier bezieht, der die "Koloniale Situation" folgendermaßen beschreibt: der unverwechselbare Komplex von Herrschaft, Ausbeutung und Kulturkonflikt in ethnisch heterogenen politischen Gebilden, die durch Einwirkung von außen entstanden waren (vgl. Osterhammel 2002: 30). Die Koloniale Situation sei durch einen ununterbrochenen Kampf aller Beteiligten gekennzeichnet, der auf seiten der Kolonisierten immer auch ein Kampf um menschliche Würde gewesen ist (vgl. Osterhammel 2002: 32).
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Nationalismus
- 2. Koloniale Situation auf den Philippinen
- 3. Nationales Bewußtsein der philippinischen Bevölkerung am Ende des 19. Jahrhunderts
- 4. Nationale Bewegung in Europa: „Propaganda-Bewegung“
- 5. José Rizal
- 6. Die Gründung der Liga Filipina und der Katipunan
- 7. Scheitern der ersten Republik Asiens
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Entstehung der philippinischen nationalen Bewegung im Kontext der spanischen Kolonialherrschaft im 19. Jahrhundert. Das Ziel ist es, die Entwicklung des philippinischen Nationalbewußtseins und die Faktoren, die zur Bildung der nationalen Bewegung führten, zu untersuchen.
- Die Definition von Nationalismus und seine Entwicklung im 19. Jahrhundert
- Die Auswirkungen der spanischen Kolonialherrschaft auf die Philippinen
- Die Entstehung des philippinischen Nationalbewußtseins und seine Manifestationen
- Die Rolle der „Propaganda-Bewegung“ und die Bedeutung von Figuren wie José Rizal
- Die Gründung und Aktivitäten von Organisationen wie der „Liga Filipina“ und dem „Katipunan“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über das Thema und die Forschungsfrage der Arbeit. Kapitel 1 behandelt den Begriff des Nationalismus und seine Entwicklung im 19. Jahrhundert. Kapitel 2 beleuchtet die Koloniale Situation auf den Philippinen unter spanischer Herrschaft. Kapitel 3 konzentriert sich auf das entstehende Nationalbewußtsein der philippinischen Bevölkerung. Die Kapitel 4 und 5 befassen sich mit der „Propaganda-Bewegung“ in Europa und der Rolle von José Rizal. Die Gründung der „Liga Filipina“ und des „Katipunan“ werden in Kapitel 6 behandelt. Das siebte Kapitel analysiert das Scheitern der ersten philippinischen Republik.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Nationalismus, Kolonialismus, philippinisches Nationalbewußtsein, Propaganda-Bewegung, José Rizal, Liga Filipina, Katipunan, erste philippinische Republik.
- Arbeit zitieren
- Heike Simons (Autor:in), 2001, Die Entstehung der philippinischen nationalen Bewegung in der kolonialen Situation am Ende des 19. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/5992