Die Mauerschützenprozesse haben die Frage, ob jemand rückwirkend bestraft werden kann für Handlungen, die zu der Zeit, als sie begangen wurden, nicht strafbar gewesen sind, erneut in den Mittelpunkt rechtsphilosophischer und rechtstheoretischer Debatten rücken lassen und sind unter den Gegensatz „Rechtspositivismus“ versus „Naturrecht“ kontrovers diskutiert worden. Strittig ist hierbei insbesondere die Existenz von so etwas wie gesetzlichem Unrecht oder überpositivem Recht. Dies verleiht der Rechtsphilosophie Gustav Radbruchs und der sogenannten „Radbruchschen Formel“ eine Aktualität, die über ein rein akademisch-philosophisches Interesse hinausgeht.
Diese Arbeit versucht zu zeigen, dass die Methode Radbruchs weder rechtpositivistisch noch naturrechtlich vorgeht. Unter Einschluss beider Positionen entwickelt Radbruch vielmehr eine Position jenseits der ideologischen Lager. Im Mittelpunkt steht hierbei die Untersuchung der Methode der Radbruchschen Rechtsphilosophie, gestützt auf Radbruchs rechtsphilosophisches Hauptwerk, der Rechtsphilosophie von 1932 unter Berücksichtigung anderer Radbruchscher Texte aus verschiedenen Schaffensperioden.
Im Bewusstsein des Pluralismus der Welt- und Wertanschauungen und der Rechtssysteme auf der einen Seite, der Globalisierung und des Zusammenwachsens vieler Bereiche des menschlichen gesellschaftlichen Lebens auf der anderen Seite, erscheint Radbruchs relativistische Einstellung, die von Toleranz geprägt ist und trotzdem nach einem gemeinsamen „Nenner“ sucht und Grenzen setzt, unverzichtbar.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. DIE METHODE DER RADBRUCHSCHEN RECHTSPHILOSOPHIE
- 1.1. METHODENDUALISMUS
- 1.2. METHODENTRIALISMUS
- 1.3. RELATIVISMUS
- 1.4. DIE MÖGLICHEN AUFGABEN DER RECHTSPHILOSOPHIE
- 2. DIE RECHTSPHILOSOPHIE VON 1932
- 2.1. DER BEGRIFF DES RECHTS
- 2.1.1. Die Rechtsidee
- 2.1.1.1. Gerechtigkeit
- 2.1.1.2. Recht und andere Normarten (Moral und Sitte)
- 2.1.1.3. Zweckmäßigkeit
- 2.1.1.4. Rechtssicherheit
- 2.1.1.5. Die Antinomien der Rechtsidee
- 2.2. DIE GELTUNG DES RECHTS
- 3. VERÄNDERUNGEN DER RECHTSPHILOSOPHIE RADBRUCHS NACH 1932
- 4. SCHLUSS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rechtsphilosophie von Gustav Radbruch, insbesondere mit seiner Hauptarbeit „Rechtsphilosophie“ aus dem Jahr 1932. Die Analyse seiner Methode, seiner Definition des Rechtsbegriffs und seiner Thesen zur Geltung des Rechts steht im Vordergrund. Dabei wird insbesondere der Einfluss von Radbruchs Denken auf die Diskussionen um das „gesetzliche Unrecht“ und die sogenannte „Radbruchsche Formel“ im Kontext der Mauerschützenprozesse untersucht.
- Die Methode der Radbruchschen Rechtsphilosophie
- Der Begriff des Rechts bei Radbruch
- Die Geltung des Rechts im Kontext von Gerechtigkeit und Rechtssicherheit
- Die Radbruchsche Formel und ihre Relevanz für die Debatte um „gesetzliches Unrecht“
- Die Entwicklung von Radbruchs Rechtsphilosophie im Kontext der politischen und historischen Ereignisse.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Methode der Radbruchschen Rechtsphilosophie, sein Hauptwerk „Rechtsphilosophie“ von 1932 und den aktuellen Bezug zu den Mauerschützenprozessen und der „Radbruchsche Formel“ vor.
- 1. Die Methode der Radbruchschen Rechtsphilosophie: Dieses Kapitel befasst sich mit der methodischen Grundlage von Radbruchs Rechtsphilosophie. Es werden seine methodischen Wurzeln im Neukantianismus und in Max Webers Wissenschaftstheorie beleuchtet. Der Fokus liegt auf dem Methodendualismus als Kernelement seiner Methode.
- 2. Die Rechtsphilosophie von 1932: Dieses Kapitel analysiert Radbruchs Hauptwerk „Rechtsphilosophie“. Es werden sein Verständnis des Rechtsbegriffs, insbesondere die „Rechtsidee“, sowie seine Thesen zur Geltung des Rechts, insbesondere im Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit, behandelt.
- 3. Veränderungen der Rechtsphilosophie Radbruchs nach 1932: Dieses Kapitel geht auf spätere Schriften Radbruchs ein und beleuchtet eventuelle Veränderungen oder Entwicklungen seiner Rechtsphilosophie, insbesondere im Kontext der politischen und historischen Ereignisse nach 1932.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Begriffen und Themen der Rechtsphilosophie, insbesondere mit der Methodendualismus, Rechtsidee, Gerechtigkeit, Rechtssicherheit, gesetzliches Unrecht, Radbruchsche Formel, Relativismus, Toleranz, Pluralismus, Rechtspositivismus, und der Spannungsfeld zwischen Recht und Moral.
- Quote paper
- Enrico Schäfer (Author), 2000, Gustav Radbruchs Rechtsphilosophie, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/5707