Summary
Der preußische Adel erlebte durch Krieg, Revolution und die Krisen der Weimarer Republik einen bis dato unerlebten politischen, ökonomischen und sozialen Machtverlust. Das Selbstverständnis und die materielle Basis Tausender Adliger wurde erschüttert, eine „Welt zerbrach.“ Nur eine Minderheit konnte ihren Status wahren, die Mehrheit wurde berufslos. Fast allen Adligen, sowohl privilegierten, wie sozial abgestiegenen, war eine weitgehende Ablehnung des Weimarer Systems und der Wunsch nach Errichtung eines autoritären politischen Systems, in dem sie selbstverständlich eine führende Stellung einnehmen wollten, gemeinsam. Allgemein wurde dies in dem Wunsch eines „Ruck nach Rechts“ zum Ausdruck gebracht.
In den Ansichten, wie eine solche Veränderung erreicht werden könnte und wie das zu errichtende neue System konkret aussehen sollte, waren hingegen große Unterschiede vorhanden. [...] Je tiefer der soziale Abstieg des Betroffenen war, desto stärker die Ablehnung Weimars und das Engagement gegen die Republik. Je nachdem, ob der betreffende Adlige seine Sozialisation vor 1914 oder erst danach erhalten hatte, neigte er mehr oder weniger stark alten elitär-monarchischen Ideen oder der Neuen Rechten zu.
Mit den Adligen, die in der DAG oder im Herrenclub organisiert waren, denen die in der Reichswehr unterkamen und denen, die ihre Stellung auf dem Land sichern konnten, ist ein bedeutender Teil des preußischen Adels in die Analyse eingeflossen. Dieses Bild kann dennoch nicht repräsentativ genannt werden, da viele Adlige von der Forschung noch gar nicht erfasst wurden. Dafür war der preußische Adel viel zu heterogen. [...]
Retten, was zu retten ist, dürfte das Hauptmotiv gewesen sein.
Aber wenn weite Kreise des Adels in mehr oder weniger enge Beziehungen zur NSDAP traten und völkisches Gedankengut aufnahmen, dann muss auch die Rolle des Adels bei Hitlers Machtergreifung anders bewertet werden. Die adlige Kamarilla um Hindenburg handelte eben nicht nur im Sinne der eigenen Machtinteressen, sondern konnte bei der geplanten Errichtung eines autoritären Regimes auch mit breiter Unterstützung oder zumindest Sympathie von der Mehrzahl ihrer Standesgenossen rechnen.
[...] Dies war, wie sich bald zeigte, ein verhängnisvoller Irrtum, der nicht nur den totalen Machtverlust und weitgehende Diskreditierug des deutschen Adels nach 1945 zur Folge hatte, sondern diesen auch an den Rand des Aussterbens gebracht hatte.
Inhaltsverzeichnis
-
- Einleitung
- Grundlagen
-
- Der Adel zu Beginn des Weimarer Systems
- Kapp-Putsch
- Reorganisation auf dem Land
- Der Adel in den 20er Jahren
- Agrarkrise und Hinwendung zur neuen Rechten
- Preußenschlag
-
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle des preußischen Adels im Kontext der Weimarer Republik. Sie analysiert das Verhältnis des Adels zur Weimarer Republik und beleuchtet insbesondere die Frage, welche Rolle Teile des Adels beim Preußenschlag spielten.
- Die Bedeutung des Adels und sein Verhältnis zur Weimarer Republik
- Die Herausbildung einer „composite elite“ aus altem Adel und bürgerlichen Eliten
- Die Auswirkungen des „Adelsproletariats“ auf die gesellschaftliche Ordnung
- Die Rolle des Adels im Militär und in der Verwaltung
- Die weltanschaulichen Strömungen des Adels in Konkurrenz zu Liberalismus, Sozialismus und Volkstumsgedanken
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung skizziert den Hintergrund des Preußenschlags und die Bedeutung des Adels in der Weimarer Republik. Sie stellt die Forschungsfrage, welche Rolle Teile des Adels beim Preußenschlag spielten.
- Grundlagen: Dieses Kapitel beleuchtet die Situation des Adels nach dem Ersten Weltkrieg. Es analysiert die Veränderungen, die der Adel in der Folge des Kriegs erfuhr, und die Herausforderungen, denen er sich gegenüber sah.
- Der Adel zu Beginn des Weimarer Systems: Dieses Kapitel untersucht die Rolle des Adels in der Anfangsphase der Weimarer Republik. Es analysiert den Kapp-Putsch und die Reorganisation des Adels auf dem Land.
- Der Adel in den 20er Jahren: Dieses Kapitel beschreibt die Position des Adels in den 1920er Jahren. Es analysiert die Auswirkungen der Agrarkrise und die Hinwendung des Adels zur neuen Rechten.
- Preußenschlag: Dieses Kapitel diskutiert die Rolle des Adels beim Preußenschlag. Es analysiert, ob und inwieweit Teile des Adels an der Machtübernahme durch Franz von Papen beteiligt waren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem preußischen Adel, der Weimarer Republik, dem Preußenschlag, der „composite elite“, dem „Adelsproletariat“, dem Militär, der Verwaltung und den weltanschaulichen Strömungen des Adels.
- Arbeit zitieren
- M.A. Holger Knaak (Autor:in), 2002, Der preußische Adel und das Weimarer System, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/54572