In einer dekolonisierten und zunehmend globalisierten Welt, in der Europa nur noch ein "Spieler" unter vielen ist und sich in einer immer engeren Europäischen Union organisiert, um seinen Einfluss zu erhalten, betrachtet sich der "alte" Kontinent verständlicherweise nicht mehr als Mittelpunkt und Machtzentrum der Erde. Die Epoche des Imperialismus, während der ein Großteil der außereuropäischen Welt unter mehr oder weniger direkter Kontrolle europäischer Staaten stand, ist lange vorbei, und heutzutage erscheint es politisch und moralisch nicht mehr vertretbar, dies zu bedauern. Trotzdem oder gerade deswegen ist es interessant, die Argumentation derjenigen nachzuverfolgen, die es bedauerten.
Hierzu kann man den deutschen Staatsrechtler Carl Schmitt (1888–1985) zählen. Nach einem Überblick über sein Leben und Denken und über einige historische Hintergründe seiner Thesen soll daher im Folgenden anhand seines 1950 erschienenen Buches "Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum" seine Sicht auf die außereuropäische Welt dargestellt werden. Eine kurze Zusammenfassung dieses Werkes erscheint indessen bereits an dieser Stelle angebracht: Der "Nomos der Erde" ist vor allem ein rechtshistorisches Werk; Schmitt behandelt darin die Entstehung und Auflösung des europäischen Völkerrechtssystems der Neuzeit, des ius publicum europaeum. Er sieht in diesem System eine konkrete, nur für Europa praktikable und dessen weltweite Vorherrschaft sichernde Ordnung, deren Übertragung auf die ganze Welt Europa seine Stellung als „sakrale Mitte der Erde“ gekostet habe.
Diese ‚Entthronung‘ Europas verbindet Schmitt mit dem Aufstieg der Vereinigten Staaten von Amerika zur führenden globalen Großmacht, der seinen Ursprung in einem seit der Entdeckung der Neuen Welt verlaufenden, von England ausgelösten Wandel im Völkerrechtsdenken gehabt habe: An die Stelle eines ‚terranen‘ (europäischen), auf die Einhaltung des europäischen Gleichgewichts und die Hegung des Krieges ausgerichteten Denkens sei ein ‚maritimes‘ (globales) Denken getreten, das jenes Gleichgewicht zerstört habe, ohne eine neue Ordnung, einen neuen Nomos, zu schaffen. Wegen dieser negativen Beurteilung hat man den ‚Nomos der Erde‘ auch „eine spekulative Endgeschichte des Abendlandes im Spiegel der Völkerrechtsgeschichte“ genannt.
Inhaltsverzeichnis
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- A. Carl Schmitts Leben und Denken
- I. Überblick über Carl Schmitts Leben
- 1. Ausbildung und Erster Weltkrieg
- 2. Wirken in der Weimarer Republik
- 3. Karrieresprung und -bruch im Dritten Reich
- 4. Als Privatgelehrter zurück in Plettenberg
- II. Zu Carl Schmitts Denken
- 1. Wissenschaftliche und politische Grundpositionen
- 2. Leitmotivische Begriffe
- I. Überblick über Carl Schmitts Leben
- B. Historischer Hintergrund
- I. Vor 1914 – Imperialismus und europäische Weltherrschaft
- 1. Europäischer Imperialismus
- 2. Monroe-Doktrin und amerikanischer Imperialismus
- II. Nach 1914 – Erster Weltkrieg, Versailles und Völkerbund
- 1. Folgen des Ersten Weltkrieges
- 2. Kriegsende und Pariser Friedenskonferenzen
- 3. Der Völkerbund und seine Bewertung
- I. Vor 1914 – Imperialismus und europäische Weltherrschaft
- C. Die außereuropäische Welt im 'Nomos der Erde'
- I. Grundlagen
- 1. Die Landnahme als radical title
- 2. Der Nomos der Erde
- II. Die Landnahme der Neuen Welt
- 1. Globale Linien
- 2. Der Rechtstitel der Entdeckung
- III. Die außereuropäische Welt im ius publicum europaeum
- 1. Der Status von Land und Meer
- 2. Die Rechtslage des frei okkupierbaren Landes
- IV. Der Niedergang des ius publicum europaeum
- 1. Die letzte Landnahme
- 2. Ein anderes Völkerrecht
- V. Völkerbund und westliche Hemisphäre
- 1. Der Völkerbund und die USA
- 2. Die Ordnung der westlichen Hemisphäre
- 3. Hintergrund: Die Linie der westlichen Hemisphäre
- I. Grundlagen
- A. Carl Schmitts Leben und Denken
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Carl Schmitts Theorie des „Nomos der Erde“ im Kontext des europäischen Völkerrechts und der Beziehung zur außereuropäischen Welt. Sie analysiert Schmitts Verständnis des „Nomos“, seiner Bedeutung für die Landnahme und die Entwicklung des Völkerrechts im 16. bis 19. Jahrhundert, sowie dessen Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den europäischen Großmächten und den Kolonien.
- Carl Schmitts Leben und Denken: Die Arbeit beleuchtet die wichtigsten Stationen von Schmitts Biografie und analysiert seine politischen und rechtsphilosophischen Grundpositionen.
- Der historische Kontext: Die Arbeit untersucht die Entwicklung des europäischen Imperialismus und die Rolle des Völkerrechts im 16. bis 19. Jahrhundert.
- Die außereuropäische Welt im "Nomos der Erde": Die Arbeit analysiert Schmitts Theorie des "Nomos" und dessen Anwendung auf die Landnahme und die Entwicklung des Völkerrechts.
- Die Beziehungen zwischen Europa und der außereuropäischen Welt: Die Arbeit untersucht, wie Schmitts Theorie des "Nomos" die Beziehungen zwischen den europäischen Großmächten und den Kolonien beeinflusst hat.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt Carl Schmitt als einen zentralen Denker des 20. Jahrhunderts vor. Sie erläutert den Forschungsstand zu Schmitts Theorie des "Nomos" und die Bedeutung des "Nomos" für die Beziehungen zwischen Europa und der außereuropäischen Welt.
Das erste Kapitel analysiert Schmitts Leben und Denken. Es beleuchtet die wichtigsten Stationen von Schmitts Biografie, insbesondere seine Zeit im Ersten Weltkrieg und seine Karriere im Dritten Reich. Das Kapitel untersucht auch Schmitts rechtstheoretische Grundpositionen und seine wichtigsten Schriften.
Das zweite Kapitel setzt sich mit dem historischen Hintergrund auseinander. Es analysiert die Entwicklung des europäischen Imperialismus und die Rolle des Völkerrechts im 16. bis 19. Jahrhundert. Das Kapitel beschreibt die wichtigsten Akteure und Ereignisse dieser Zeit, wie zum Beispiel die europäischen Kolonialmächte, die Erschließung des amerikanischen Kontinents und die Gründung des Völkerbundes.
Das dritte Kapitel behandelt den "Nomos der Erde" im Völkerrecht. Es analysiert Schmitts Theorie des "Nomos" und dessen Bedeutung für die Landnahme und die Entwicklung des Völkerrechts. Das Kapitel untersucht auch die Anwendung des "Nomos" auf die Beziehungen zwischen den europäischen Großmächten und den Kolonien.
Das vierte Kapitel untersucht die Beziehungen zwischen Europa und der außereuropäischen Welt im Kontext des "Nomos der Erde". Es analysiert, wie Schmitts Theorie des "Nomos" die Beziehungen zwischen den europäischen Großmächten und den Kolonien beeinflusst hat. Das Kapitel beleuchtet insbesondere die Folgen des europäischen Imperialismus für die außereuropäische Welt.
Schlüsselwörter
Carl Schmitt, Nomos der Erde, ius publicum europaeum, Völkerrecht, Imperialismus, Kolonialismus, Landnahme, Entdeckung, Rechtstitel, Europäische Großmächte, Außereuropäische Welt, Beziehungen zwischen Europa und der außereuropäischen Welt.
- Arbeit zitieren
- Alexander Lauer (Autor:in), 2016, Carl Schmitts Sicht auf die außereuropäische Welt, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/535684