Aus dem gesellschaftlichen Hintergrund einer konservativen Nachkriegsgesellschaft, welche viel zu sehr mit sich selbst und der Verarbeitung des Kriegsschreckens beschäftigt war, entsprang der Samen einer neuen, vitalen und kritischen Generation, deren Ausdruck sich schließlich in den 68’ern fand. Auch die damalige Kunstlandschaft konnte dem Einfluss des revolutionären Gedankengutes nicht lange widerstehen und wurde schnell zum Sprachrohr abstrakter Systemkritik. So wuchs auch in Wien eine junge Szene von künstlerischen Aktivisten heran, die sich durch ein, alle Bereiche der gesellschaftlichen Interaktion, hinterfragendes Wesen auszeichnete. Die Kritik an der systemgesteuerten Konstruktion der Schein-Realität führte später in einem weiteren Schritt zur Zielsetzung, dieses Fundament zu sprengen und die moderne Gesellschaft durch die Zerstörung der Zivilzwänge zu liberalisieren. Dabei schlossen sich die involvierten Künstler im Kreis Wien zu den beiden Hauptbewegungen des Wiener Aktionismus und der Wiener Gruppe zusammen. Erstere wird im Folgenden mit ihrer Konstellation, und der produktiven Abstraktion der philosophischen Grundgedanken, den Schwerpunkt meiner Arbeit bilden. Zu den bekanntesten Teilnehmern der Wiener Aktionisten zählen Hermann Nitsch, Günter Brus, Otto Mühl und Rudolf Schwarzkogler. Die Gruppe fand gegen Mitte der fünfziger Jahre zusammen und Hermann Nitsch vollführt bis heute, die wohl bekannteste seiner Inszenierungen: das Orgien-Mysterien-Theater. Die zahlreichen tabubrechenden und als skandalös bezeichneten Aktionen der vier, teilten das Feld der hiesigen Kunstkonsumenten in zahlreiche Splittergruppen unterschiedlichster Ansichten. Auch heute noch, nach zahlreichen Analysen, ist der Stellenwert des Wiener Aktionismus in der Entwicklungsgeschichte der Kunst nicht eindeutig auszumachen. Noch immer bietet die vielfältige Auslegbarkeit des Materials genügend Stoff für geisteswissenschaftliche Untersuchungen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Zum Wiener Aktionismus allgemein
- 1. Entstehung – geschichtlicher und sozialer Hintergrund
- 2. Thesen und Intentionen der Aktionisten
- 3. Praktische Umsetzung
- II. Zur Rolle Otto Mühls
- 1. Biographischer Hintergrund
- 2. Aktionistischer Standpunkt
- 3. Werke und Aktionen
- III. Die Aktionen Otto Mühls in ihrer Beziehung zum Betrachter
- 1. Vorüberlegung zur Verwendung des Kunstbegriffes.
- 2. Unter dem Aspekt des „Offenen Kunstwerkes“.
- 3. Potentielle,,Leerstellen\"\
- 4. In Bezug zur avantgardistischen Theorie
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Aktionen des Wiener Aktionismus, insbesondere die von Otto Mühl, unter dem Gesichtspunkt von Umberto Eco's Theorie des „Offenen Kunstwerkes“ und Kemp's „Leerstellen“, sowie Bürger's „Theorie der Avantgarde“. Die Arbeit untersucht die Beziehung zwischen Werk und Betrachter und die Rolle des Betrachters bei der Vollendung des Werkes.
- Die Entstehung des Wiener Aktionismus im Kontext der Nachkriegsgesellschaft
- Die Thesen und Intentionen der Wiener Aktionisten, insbesondere die Kritik an der konstruierten Realität und der Versuch, diese zu zerstören
- Die Rolle Otto Mühls innerhalb des Wiener Aktionismus und seine Aktionen
- Die Beziehung zwischen den Aktionen des Wiener Aktionismus und dem Betrachter
- Die Relevanz von Umberto Eco's Theorie des „Offenen Kunstwerkes“ und Kemp's „Leerstellen“ für die Analyse des Wiener Aktionismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den historischen und gesellschaftlichen Kontext des Wiener Aktionismus vor. Sie beschreibt die Entstehung der Bewegung im Umfeld der konservativen Nachkriegsgesellschaft und die Rolle der Künstler als kritische Stimme gegen die gesellschaftliche Ordnung. Die Einleitung erläutert auch die Zielsetzung der Hausarbeit und die zentralen analytischen Perspektiven.
- I. Zum Wiener Aktionismus allgemein: Dieses Kapitel behandelt die Entstehung des Wiener Aktionismus im Detail. Es beleuchtet den geschichtlichen und sozialen Hintergrund der Bewegung, ihre zentralen Thesen und Intentionen sowie die praktische Umsetzung der Aktionen. Der Fokus liegt auf der Kritik an der konstruierten Realität und dem Versuch, diese durch radikale Aktionen zu zerstören.
- II. Zur Rolle Otto Mühls: Dieses Kapitel befasst sich mit der Rolle des Wiener Aktionisten Otto Mühl. Es gibt einen biographischen Hintergrund und seinen aktionistischen Standpunkt wieder. Zudem werden Mühls Werke und Aktionen vorgestellt. Der Fokus liegt auf der Frage, wie seine Aktionen die bestehende gesellschaftliche Ordnung in Frage stellten.
- III. Die Aktionen Otto Mühls in ihrer Beziehung zum Betrachter: Dieses Kapitel analysiert die Aktionen Otto Mühls im Kontext der Beziehung zwischen Werk und Betrachter. Es untersucht, wie die Aktionen Mühls auf den Betrachter wirken und welche Rolle der Betrachter bei der Interpretation und Vollendung des Werkes spielt. Die Analyse bezieht sich auf die Theorie des „Offenen Kunstwerkes“ und die Bedeutung von „Leerstellen“ in den Aktionen.
Schlüsselwörter
Wiener Aktionismus, Otto Mühl, Offenes Kunstwerk, Leerstellen, Avantgarde, Kritik, Realität, Betrachter, Interpretation, Kunstbegriff, Gesellschaft, Nachkriegsgesellschaft, Revolution, Aktionskunst, Performance.
- Quote paper
- Jennifer Brei (Author), 2005, Der Wiener Aktionismus Otto Mühls und die Analyse seines "Offenheitscharakters", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/51955