Als mächtigstes Organ der Vereinten Nationen gilt der Sicherheitsrat. In diesem Organ werden die wichtigsten Beschlüsse getroffen, wobei die fünf ständigen Mitglieder ein Vetorecht besitzen. Der Sicherheitsrat war in der Zeit des Kalten Krieges betroffen von einer ständigen Blockadehaltung der USA und der Sowjetunion und damit nicht handlungsfähig. Erst nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes endete diese Blockadehaltung und der Sicherheitsrat gewann schnell an Einfluss und Gewicht im internationalen System. Dies führte zu umfangreichen Reformdebatten, in dessen Kern dem Sicherheitsrat eine fehlende Repräsentation und damit auch Legitimation abgesprochen wurde, da die Zusammensetzung des Sicherheitsrates immer noch der Machtkonstellation nach dem 2. Weltkrieg entsprach und damit den heutigen Verhältnissen nicht mehr angepasst erscheint. So ist der Westen und der globale Norden extrem überrepräsentiert, wohingegen aufstrebende Mächte aus Asien und Lateinamerika sowie Afrika unterrepräsentiert sind. Die Reformdebatte drehte sich also sehr stark um die Erweiterung des Sicherheitsrates um neue ständige und nichtständige Mitglieder. Hier offenbarte auch die Bundesrepublik ihre Ambitionen auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat und mischte sich in die Debatte ein.
Als Hauptargumente wurden oftmals genannt, dass Deutschland als drittgrößter Beitragszahler (Deutschland zahlt mehr als vier der fünf ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat) und als drittgrößter Truppensteller für Einsätze der Vereinten Nationen ein Anrecht auf einen Sitz habe. Diese vordergründig nachvollziehbare Argumentation fußt jedoch auf tiefergehenden Prozessen und Veränderungen im internationalen politischen System sowie der daraus resultierenden Auswirkungen auf die deutsche Außenpolitik. Um also eine schlüssige Begründung für das Streben Deutschlands nach einem ständigen Sitz zu erhalten, soll hierbei auf die von Kenneth Waltz aufgeworfenen Theorie des Neorealismus zurückgegriffen werden. Der Neorealismus entstand unter den Eindrücken des Ost-West-Konfliktes und steht nach dem Ende desselben in der Kritik, er könne die veränderte geopolitische Lage nicht mehr erklären. Deshalb soll mit dieser Untersuchung nicht nur eine Antwort auf die Beweggründe Deutschlands für sein Streben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat gegeben werden, sondern es soll auch überprüft werden, ob der Neorealismus auch heute noch plausible Antworten auf politische Fragen geben kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Neorealismus nach Kenneth Waltz
- Deutschlands Bemühungen um einen ständigen Posten im UN-Sicherheitsrat aus neorealistischer Perspektive
- Deutschland nach der Wende
- Deutschlands Streben in den Sicherheitsrat
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Beweggründe Deutschlands für das Streben nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat aus neorealistischer Perspektive. Sie prüft, ob der Neorealismus nach Kenneth Waltz weiterhin plausible Antworten auf politische Fragen liefern kann, insbesondere im Kontext der geänderten geopolitischen Situation nach dem Ende des Ost-West-Konflikts.
- Der Neorealismus als Analyseinstrument
- Deutschlands Position im internationalen System nach dem Ende des Kalten Krieges
- Deutschlands Streben nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat
- Die Plausibilität von neorealistischen Annahmen für Deutschlands Handeln
- Die Bedeutung des UN-Sicherheitsrates in der heutigen Welt
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit führt in die Thematik der deutschen Ambitionen auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat ein und erläutert die Bedeutung des Sicherheitsrates im internationalen System. Sie stellt zudem den Neorealismus als theoretischen Rahmen für die Analyse vor.
- Der Neorealismus nach Kenneth Waltz: Dieses Kapitel bietet eine kurze Einführung in die neorealistische Theorie nach Kenneth Waltz, die auf der strukturellen Analyse des internationalen Systems basiert.
- Deutschlands Bemühungen um einen ständigen Posten im UN-Sicherheitsrat aus neorealistischer Perspektive: Dieses Kapitel analysiert Deutschlands Streben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat aus der Perspektive des Neorealismus. Es beleuchtet die geopolitische Situation nach dem Ende des Kalten Krieges und Deutschlands Rolle in diesem neuen Kontext.
Schlüsselwörter
Neorealismus, Kenneth Waltz, UN-Sicherheitsrat, Deutschland, ständiger Sitz, Machtpolitik, internationale Beziehungen, geopolitische Situation, Wende, Systemstruktur, Anarchie, Selbsthilfesystem, Machtrelation, Handlungsmotive, Außenpolitik
- Arbeit zitieren
- Andreas Schumacher (Autor:in), 2018, Deutschland im UN-Sicherheitsrat. Eine Machtfrage?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/495524