1. Einführung
In meinem Referat ist auf die Frage einzugehen, wie und unter welchen Bedingungen es zur (ausnahmsweisen) Anwendung von islamischem Recht vor den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland kommt. Dazu ist es für den Betrachter nötig einen kurzen Überblick über die Vorschriften des internationalen Privatrechts zu bekommen. In der Folge gebe ich eine kurze einführende Erklärung der Begrifflichkeiten ab, um dann anhand von Beispielen aus der Judikatur der vergangenen 10 Jahre in die einzelnen Rechtsbereiche vorzustoßen, in denen es bereits zur Anwendung von Normen des islamischen Rechts als „echtes“ internationales Recht oder zur Anwendung von islamisch geprägten Rechtsordnungen, also ausländischem nationalen Recht, gekommen ist. Die so durchgeführte chronologische Aufarbeitung des Themengebiets soll einerseits das Verständnis für die Systematik des internationalen Privatrechts fördern und andererseits die Problematik im Zusammenhang mit der Anwendung von islamischem Recht und nationalen Rechtsordnungen christlich-abendländischer Prägung im allgemeinen und der deutschen Rechtsordnung im speziellen dartun. Die fallbezogene Aufarbeitung hat sich dabei insofern angeboten, als auch die Rechtsfortbildung in diesem ambivalenten Bereich bis jetzt konkret durch Judikatur und nicht abstrakt durch den Gesetzgeber erfolgt. Die angesprochenen Fälle sind exemplarisch herausgegriffen, weshalb das vorliegende Werk keinesfalls den Anspruch auf vollständige Abhandlung dieses weitreichenden Themas erheben kann.
1.1. Internationales Privatrecht1
Der Begriff „Internationales Privatrecht“, IPR, hat eine weitere und eine engere Bedeutung. Im weiteren Sinn umfaßt das IPR neben dem IPR im engeren Sinn auch Vorschriften über das internationale Zivilverfahrensrecht und „internationales Einheitsprivatrecht“. Das internationale Zivilprozeßrecht regelt die Bereiche der Zuständigkeit der Gerichte, Vollstreckung und Anerkennung von ausländischen Zivilurteilen. Das IPR ieS umfaßt Regelungen, die bestimmen, welche von mehreren Rechtsordnungen auf den konkreten Sachverhalt anzuwenden sind (nationales Kollisionsrecht). [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Internationales Privatrecht
- Deutsches IPR
- Judikatur
- Scheidung wegen Unterhaltsverweigerung nach islamischem Recht
- Ausgangssituation
- Ungleiches Scheidungsrecht von Mann und Frau und der deutsche ordre public
- Scheidung wegen Unterhaltsverweigerung
- Rückgriff auf das deutsche Recht
- Alleiniges Namensbestimmungsrecht des Vaters nach libanesisch-hanefitischem Recht und deutscher ordre public
- Ausgangssituation
- Berichtigung des Vornamens
- Konkretisierung des deutschen ordre public
- Islamisches Recht als Vertragsstatut
- Iranischrechtliche Scheidung auf Antrag der Ehefrau vor deutschen Gerichten
- Zum Fall
- Internationale Zuständigkeit für den Ehescheidungsantrag
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Referat analysiert die Anwendung islamischen Rechts vor deutschen Gerichten. Der Fokus liegt darauf, zu erklären, unter welchen Bedingungen islamisches Recht vor deutschen Gerichten Anwendung findet, und zwar sowohl als „echtes“ internationales Recht als auch als ausländisches nationales Recht. Es werden Beispiele aus der Judikatur der letzten zehn Jahre herangezogen, um die Problematik im Zusammenhang mit der Anwendung islamischen Rechts und nationaler Rechtsordnungen christlich-abendländischer Prägung zu beleuchten.
- Die Anwendung von islamischem Recht in Deutschland
- Das internationale Privatrecht und seine Relevanz für die Anwendung islamischen Rechts
- Die Rolle des deutschen ordre public bei der Anwendung islamischen Rechts
- Judikaturbeispiele zur Anwendung islamischen Rechts in verschiedenen Rechtsbereichen
- Die Herausforderungen der Anwendung islamischen Rechts vor deutschen Gerichten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung gibt einen Überblick über die Vorschriften des internationalen Privatrechts und erklärt die Begrifflichkeiten, die für die Anwendung islamischen Rechts relevant sind. Kapitel 2 analysiert verschiedene Fälle aus der Judikatur der vergangenen zehn Jahre, die die Anwendung islamischen Rechts in Deutschland beleuchten. Dazu zählen Scheidungen wegen Unterhaltsverweigerung nach islamischem Recht, das alleinige Namensbestimmungsrecht des Vaters nach libanesisch-hanefitischem Recht und die iranischrechtliche Scheidung auf Antrag der Ehefrau vor deutschen Gerichten.
Schlüsselwörter
Islamisches Recht, Internationales Privatrecht, Deutsches IPR, ordre public, Scheidung, Unterhaltsverweigerung, Namensbestimmung, Vertragsstatut, Iranischrecht, Judikatur, Rechtsvergleichung, Religionsfreiheit, Rechtspluralismus.
- Quote paper
- Ing. Mag. Johann Schlatzer (Author), 2005, Die Anwendung islamischen Rechts vor deutschen Gerichten, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/47666