Es gibt verschiedene Beratungsansätze in der pädagogischen Beratung. Mit der nachfolgenden Arbeit soll herausgefunden werden, wie systemische Beratung in Organisationen funktioniert. Dabei kann nicht auf eine Organisation als Ganzes eingegangen werden, sondern auf die systemische Beratung eines Teams mit Kommunikationsproblemen.
Es wird erläutert, was soziale Systeme sind, wie die systemische Beratung aufgebaut ist und wie die systemische Beratung eines Teams abläuft. Am Ende werden Methoden der systemischen Beratung vorgestellt und die Grenzen aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinitionen
2.1 Was ist ein soziales System?
2.2 Grundlagen der Kommunikation
3. Systemische Beratung einer Organisation
3.1 Wie wird systemisch beraten?
3.2 Der Beratungsprozess
3.3 Beratung eines Teams
3.4 Interventionsmethoden
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Organisationsberatungen werden häufig in Anspruch genommen, wenn eine Organisation interne Konflikte erlebt oder äußere Anforderungen nicht mehr gerecht werden kann, also in Problemsituationen.“ (Sickendiek, Engel & Nestmann/2008, S. 190)
Es gibt verschiedene Beratungsansätze in der pädagogischen Beratung. Mit der nachfolgenden Arbeit möchte ich herausfinden, wie systemische Beratung in Organisationen funktioniert. Wie sind die Abläufe? Was ist das Besondere an dem Beratungsansatz in Bezug auf Organisationsberatung?
Es wäre ein sehr breites Feld, eine Organisation als Ganzes, als soziales System, zu betrachten. Daher beschränke ich mich auf die systemische Beratung eines Teams, das Kommunikationsprobleme hat. Meine Fragestellung lautet daher: Inwiefern hilft systemische Beratung einem Team bei Kommunikationsproblemen?
Im Folgenden wird zunächst erklärt, was soziale Systeme sind. Da dort schon davon gesprochen wird, dass Kommunikation ein wichtiger Teil eines funktionierenden sozialen Systems ist, werden anschließend Grundlagen der Kommunikation beschrieben. Das dritte Kapitel handelt von der systemischen Beratung in einer Organisation. Es wird geschildert, wie allgemein systemisch beraten wird und aus welchen Gründen ein Team beraten wird. Außerdem wird der Beratungsprozess erklärt, von der Auftragsklärung bis zum Veränderungsprozess. Anschließend gehe ich auf verschiedene Interventionsmethoden der systemischen Beratung ein. Damit möchte ich verdeutlichen, mit welchen Methoden ein Team oder eine Organisation systemisch beraten werden kann. Im letzten Kapitel ziehe ich ein Fazit und beschreibe dort die Kritiken zur systemischen Beratung und zeige Grenzen auf, die bei der Beratung bei einem Kommunikationskonflikt im Team bestehen.
2. Begriffsdefinitionen
Um die systemische Beratung zu verstehen, wird zunächst erklärt, was man unter einem System versteht. Anschließend wird eine Definition zum „sozialen System“ beschrieben. Die Erklärungen der Grundlagen der Kommunikation folgt am Ende dieses Kapitels.
2.1 Was ist ein soziales System?
„Systeme entstehen dadurch, dass ein Unterschied gemacht wird zwischen Elementen, die „innen“ (im System) und „außen“ (in der Umwelt) sein sollen.“ (von Schlippe & Schweitzer/2012, S. 90) Willke definiert ein System als „ganzheitlichen Zusammenhang von Teilen, deren Beziehungen untereinander quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehungen zu anderen Elementen. Diese Unterschiedlichkeit der Beziehungen konstituiert eine Systemgrenze, die System und Umwelt des Systems trennt.“ (1993, S.282) Unterschieden werden muss außerdem zwischen lebenden und nicht lebenden Systemen. Erstere zeichnen sich durch eine besondere Eigendynamik aus: sie halten sich aktiv aufrecht. Sie werden auch als nichttriviale Systeme bezeichnet und sind für einen Beobachter nicht vollständig durchschaubar oder steuerbar. (vgl. von Schlippe/Schweitzer/2012, S. 90f)
Da es bei dieser Arbeit um eine Organisation als soziales System geht, folgt nun eine Definition, die ein soziales System beschreibt und die besonderen Merkmale:
„Begriff für ein System von aufeinander bezogenen sozialen Rollen, das das zwischenmenschliche Handeln innerhalb eines bestimmten Rahmens sozialer Verhaltens- und Orientierungsmuster analytisch erfasst. Konstitutive Merkmale eines sozialen Systems sind die wechselseitige Abhängigkeit (Interdependenz), aller seiner Elemente (z.B. Personen, Institutionen), die Ordnung, Geschlossenheit, Regelmäßigkeit in den Beziehungen der Teile untereinander (Struktur, Integration, Kontinuität) sowie eine deutliche Abgrenzung zur Umwelt, woraus sich geregelte Umweltbeziehungen und die Identität des Systems ergeben.“ (Universal-Lexikon/2012)
Obwohl Organisationen soziale Systeme sind, gibt es nach König&Volker (2005) einige wesentliche Unterschiede zu dieser Definition.
Eine Organisation orientiert sich an der Erfüllung von Funktionen und ist nicht in erster Linie interessiert an den Personen und ihren Beziehungen. Organisationen haben eine ausgeprägte Eigendynamik. Sie sind darauf bedacht, ihren Zielsetzungen zu folgen, Strukturen aufrecht zu erhalten und Abläufe zu koordinieren, ohne jedoch dabei auf den Menschen persönlich zu achten. Nach Luhmann gehören Menschen zur Umwelt einer Organisation. Sie sind sehr wichtig für eine Organisation, aber nicht „Teil des Systems und seiner spezifischen Dynamik“ (Buchinger & Klinkhammer/2007, S.94). Menschen können in einer Organisation ersetzt werden, da sie eine bestimmte Funktion ausüben, die auch jemand anderes übernehmen kann. Allerdings wird das Verhalten einer Organisation als soziales System bestimmt von den Personen, ihren subjektiven Deutungen, formalen und informellen sozialen Regeln, den Regelkreisen bzw. Interaktionsstrukturen, die sich immer wiederholen, der materiellen und sozialen Systemumwelt und ihrer Geschichte. (vgl. König&Volmer/2005, S.161)
Nach Luhmann sind soziale Systeme autopoietische Systeme, die auf der Grundlage von Kommunikation operieren. Sie bestehen aus kommunizierten Entscheidungen. (vgl. Luhmann/2000, S. 68) Luhmann zeigt mit den folgenden Punkten, warum Kommunikation anstatt Handlung das wesentliche Element sozialer Systeme ist:
„1. Handlungen müssen nicht notwendigerweise soziale Bezüge aufweisen, Kommunikation aber sehr wohl – damit kommt Kommunikation in sozialen Systemen ein fundamentalerer Stellenwert zu.
2. Eine soziale Handlung ist immer und unausweichlich bereits Kommunikation.
3. Kommunikation geht über das individuelle Handeln hinaus und leistet die notwendige Verbindung sozialer Operationen. Auch kommunikatives Handeln bewirkt im sozialen System nicht unbedingt etwas; es kann nur dann durch Anschlusshandeln beantwortet werden, wenn es durch Verstehen Anschlussfähigkeit erworben hat.“ (von Ameln/2004, S. 135)
2.2 Grundlagen der Kommunikation
Nach Luhmann besteht Kommunikation aus drei Elementen: Information, Mitteilung und Verstehen. Nur wenn alle drei Elemente auftreten, kommt eine Kommunikation zustande. Mit „Verstehen“ meint er damit nicht, dass man die Person verstehen muss, die einem etwas mitteilt. Es ist nur wichtig, die Mitteilung dahinter zu verstehen (vgl. von Ameln/2004, S. 126ff). Eine Kommunikation besteht überdies nicht nur aus deren Informationsgehalt, sondern beinhaltet zudem eine Beziehungsebene. Diese stellt eine Kommunikation über eine Kommunikation dar. Die Beziehungsebene zeigt, wie eine Information vom Gegenüber aufgenommen wird. (vgl. Watzlawick et al.l./2007, S. 54f) Wenn die Information auf der Beziehungsebene falsch aufgefasst wird, kann es zu einer gestörten Kommunikation führen und dadurch zu einem Konflikt kommen. (vgl. Watzlawick et al./2007, S. 72ff). Vor allem Schulz von Thun beschreibt mit seinem 1981 entworfenem Kommunikationsquadrat die vier Seiten einer Nachricht. Eine Äußerung einer Person beinhaltet demnach eine Sachinformation, eine Selbstkundgabe, einen Beziehungshinweis und einen Appell. Der Empfänger nimmt eine Information wieder herum mit „vier Ohren“ auf. Schulz von Thun hebt in seinem Modell hervor, dass sowohl der Sender als auch der Empfänger für die Qualität der Kommunikation verantwortlich sind. (vgl. Schulz von Thun/2009) Watzlawick et al. machen zusätzlich deutlich, dass man „nicht nicht kommunizieren kann“ (2007, S. 51). Sowohl Worte als auch Haltungen oder Mimik und Gestik teilen einer anderen Person etwas mit und beeinflussen diese. (vgl. Watzlawick et al./2007, S. 51f)
In einer Organisation bestehen die internen Prozesse aus Kommunikation. Dadurch werden Tätigkeiten und Informationen miteinander vernetzt, sodass Lösungen für anstehende Aufgaben gefunden werden können. Menschen tauschen sich in Organisationen in erster Linie aus, um eine Aufgabe zu lösen und nicht um in Beziehungen miteinander zu treten. (vgl. Buchinger & Klinkhammer/2007, S. 93f)
Gleichwohl entstehen Konflikte, weil die Sach- und Beziehungsebenen nicht klar getrennt werden. (vgl. Groll/2011) Das nächste Kapitel geht auf die systemische Beratung eines Teams ein und erklärt Lösungsschritte für Kommunikationskonflikte im Team.
3. Systemische Beratung einer Organisation
In diesem Kapitel geht es um die systemische Beratung. Es wird aufgezeigt, wie man systemisch berät, wie die Schritte des Beratungsprozesses sind und wie speziell Teams beraten werden. Abschließend werden Interventionsmethoden der systemischen Beratung vorgestellt.
3.1 Wie wird systemisch beraten?
Den systemischen Beratungsbegriff bei Organisationen gibt es seit Mitte der 1980er Jahre. Dabei verwendet man viele verschiedene Zugänge (wie zum Beispiel den systemischen Ansatz der Familientherapie1 ), um einen eigenen Beratungsansatz für Organisationen zu haben. (vgl. Krizantis/2013, S. 18f) Bei der systemischen Beratung wird der Blick auf die gesamte Organisation, das gesamte System, gelenkt und nicht nur auf die Personen, die an einem Konflikt beteiligt sind. Zudem wird die Organisation als offenes System gesehen und geschaut, wie sich die Organisation in ihrer Umgebung darstellt. Ziel der systemischen Beratung ist es, „Kommunikationsstrukturen im System aufzudecken, den Beteiligten die unterschiedlichen Bedeutungen, die die einzelnen Mitglieder des Systems den Phänomenen geben, deutlich zu machen und damit den Anstoß für eine Veränderung der Dynamik des Systems zu geben“ (Nußbeck/2006, S.73).) Nach Krizantis geht es bei der Organisationsberatung trotz sich verändernder Bedingungen (durch Veränderung von Organisationen) weiterhin um „die Stärkung der Lebens- und Entwicklungsfähigkeit von Organisationen“ (ebd. S. 20). Dabei wird nicht die ganze Organisation beraten, sondern ein begrenztes Interaktionssystem in ihr. Trotzdem ist das ganze System der Klient. (vgl. Krizantis/2013, S. 25ff) Nach König & Volmer kann systemische Organisationsberatung Prozess- oder Expertenberatung sein. Wenn dem Klienten dabei geholfen werden soll, eine klarere Sicht zu bekommen, wird die Prozessberatung genutzt. (vgl. 2005, S. 160)
Wie schon oben erwähnt, ist eine Organisation ein lebendes System. Mit diesem Prinzip arbeitet auch die Prozessberatung. Groth & Wimmer sagen daher auch, dass man einer Organisation Selbstbestimmung in einem gewissen Maß zuerkennen muss (Groth & Wimmer in: von Ameln/2004, S. 226). Bei der Prozessberatung werden von dem Prozessberater keine Lösungsvorschläge gegeben, sondern dem System bei der eigenen Entwicklung von Lösungsideen geholfen. Besonders sinnvoll ist diese Form der Beratung bei der Klärung einen Konflikts innerhalb eines Teams. Der Berater bleib bei der Prozessberatung außerhalb des Systems und beeinflusst die Interaktionen, ohne inhaltlich Stellung zu nehmen. (vlg. Migge/2014, S. 525). Prozessberatung bedeutet Organisationsentwicklung und versucht, „Wandlungsprozesse in Unternehmen unter Beteiligung der Betroffenen zu unterstützen bzw. die Arbeit zu humanisieren“ (Groth & Wimmer in: von Ameln/2004, S. 227).
Eine Organisation wird als undurchschaubar, unberechenbar und unvorhersehbar gesehen, weil sie ihren Output verändern kann. Damit erklären Groth & Wimmer, dass der systemische Berater dem Klienten keine vorgefertigten Lösungen präsentieren kann, und beziehen sich dabei auf die Sicht einer Organisation als nichttriviale Maschine2. Der Berater fokussiert sich nicht auf die Individuen, „sondern auf die Strukturen des Systems mit seinen Entscheidungsprämissen und Entscheidungsprogrammen“ (Groth & Wimmer in:: von Ameln/2004, S. 229).
Das System wird durch den Berater über Irritationen3 zur Selbständerung angestoßen, da direktive Veränderungen unvorhersehbar wirken. (vgl. ebd.) Dadurch wird nicht das System direkt verändert, sondern die Umwelt des Systems. (vgl. ebd.) Genauso wie Groth & Wimmer finden auch König & Volmer, dass das Team einer Organisation sich eigene Ziele setzen sollte und nicht welche vom Berater vorgesetzt bekommen sollte, wenn dieser gut systemisch interveniert. Man spricht von der „Autonomie des sozialen Systems“ (2005, S. 39).
Systeme verfügen über Strukturen und Rollen, die innerhalb dieser Struktur übernommen werden. Organisationen kann man sich vorstellen als komplexes Set von Beziehungen. Eine Rolle in einer Organisation beschreibt z.B. die Funktion, die sie darstellt, um eine bestimmte Organisationsaufgabe zu erreichen. Jedes Individuum, also jeder Mitarbeiter, übernimmt eine Rolle und führt bestimmte Aufgaben aus. Die Rolle wird vom Individuum und vom System definiert. Borwick (2005) behauptet, dass man am besten durch das Verständnis dieser Rolle in einem System intervenieren kann. (Borwick in: Fatzer/2005b, S. 363ff)
In Kapitel 3.4 werden jedoch noch andere Interventionsmethoden ausführlicher beschrieben.
[...]
1 Auf den systemischen Ansatz der Familientherapie gehe ich nicht weiter ein, weil es den Rahmen sprängen würde. Siehe dazu z.B. Burnham, John B. (2004): Systemische Familienberatung : eine Lern- und Praxisanleitung für soziale Berufe. Weinheim: Juventa-Verlag.
2 Bei der Sicht auf eine Organisation als nicht triviale Maschine wird angenommen, dass eine Organisation nicht nur einen Input in einen immer gleichen Output verwandelt, sondern durch die Zuhilfenahme ihres Gedächtnisses den Output verändern kann. Soziale Systeme gehören zu den nicht trivialen Maschinen.
3 Mit der Irritation ist eine Form der Intervention gemeint, welche in Kapitel 3.4 genauer beschrieben wird.