Der hier aufgeführte Unterrichtsentwurf wird für Schülerinnen und Schüler (kurz: SuS) konzipiert, die die Klasse 6c des XY-Gymnasiums besuchen. Das Thema des Entwurfs stellt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus Mt. 20, 1-16 dar.
Im Bildungsplan wird für die Klassen 5/6 unter der Überschrift Gott die Kompetenz „Die SuS können Gottesvorstellungen in biblischen Texten […] zu menschlichen Fragen und Erfahrungen in Beziehung setzen“ aufgeführt. Die Unterrichtsstunde soll dazu beitragen, diese Kompetenz der SuS zu fördern und das Wesen Gottes, wie es in diesem Gleichnis beschrieben wird zu verstehen.
Das Thema ist insofern relevant, da die sehr menschliche Gottesvorstellung der Kinder oft nicht mit dem Wesen Gottes, wie es die Bibel beschreibt, im Einklang steht. Die Güte und Gerechtigkeit Gottes ist für sie nicht so einfach zu verstehen und sollte daher unbedingt Teil des Religionsunterrichts sein, der Fragen klären und Diskussionen zulassen sollte.
Der Unterrichtsentwurf (kurz: UE) ist so aufgebaut, dass zunächst eine Sachanalyse bezüglich der Lehr- und Lernbedingungen aufgeführt wird, bevor im Hauptteil eine fachdidaktische Analyse folgt. Lernziel und Lernform des Unterrichts werden erst danach dargelegt. Am Ende des Entwurfs steht dann schließlich der synoptische Verlaufsplan des Unterrichts in tabellarischer Form. Dieser wird von Materialien, die sich im Anhang befinden ergänzt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Analyse der Lehr- und Lernbedingungen
2.1 Bedingungen im Schulkontext
2.2 Bedingungen der Lerngruppe einer sechsten Klasse allgemein
2.2.1 Bedingungen der Lerngruppe 6c des Kepler-Gymnasiums
3. Fachdidaktische Analyse
3.1 Didaktischer Zusammenhang
3.2 Elementarisierende Erschließung
3.2.1 Elementare Strukturen
3.2.2 Elementare Erfahrungen
3.2.3 Elementare Zugänge
3.2.4 Elementare Wahrheiten
4. Formulierung der Lernziele
5. Elementare Lernformen – Begründung und Diskussion des Lernwegs
5.1 Elementare Lernformen
5.2 Begründung und Diskussion des Lernwegs
6. Synoptischer Verlaufsplan des Unterrichts
7. Anhang
8. Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der hier aufgeführte Unterrichtsentwurf wird für Schülerinnen und Schüler (kurz: SuS) konzipiert, die die Klasse 6c des Kepler-Gymnasiums Freudenstadt besuchen. Das Thema des Entwurfs stellt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus Mt. 20, 1-16 dar. Im Bildungsplan wird für die Klassen 5/6 unter der Überschrift Gott die Kompetenz „Die SuS können Gottesvorstellungen in biblischen Texten […] zu menschlichen Fragen und Erfahrungen in Beziehung setzen“[1] aufgeführt. Die Unterrichtsstunde soll dazu beitragen, diese Kompetenz der SuS zu fördern und das Wesen Gottes, wie es in diesem Gleichnis beschrieben wird zu verstehen. Das Thema ist insofern relevant, da die sehr menschliche Gottesvorstellung der Kinder oft nicht mit dem Wesen Gottes, wie es die Bibel beschreibt, im Einklang steht. Die Güte und Gerechtigkeit Gottes ist für sie nicht so einfach zu verstehen und sollte daher unbedingt Teil des Religionsunterrichts sein, der Fragen klären und Diskussionen zulassen sollte.
Der Unterrichtsentwurf (kurz: UE) ist so aufgebaut, dass zunächst eine Sachanalyse bezüglich der Lehr- und Lernbedingungen aufgeführt wird, bevor im Hauptteil eine fachdidaktische Analyse folgt. Lernziel und Lernform des Unterrichts werden erst danach dargelegt. Am Ende des Entwurfs steht dann schließlich der synoptische Verlaufsplan des Unterrichts in tabellarischer Form. Dieser wird von Materialien, die sich im Anhang befinden ergänzt.
2 Analyse der Lehr- und Lernbedingungen
2.1 Bedingungen im Schulkontext
Das Kepler-Gymnasium in Freudenstadt ist für die doch eher ländliche Umgebung eine große Schule mit knapp 1000 SuS und rund 70 LehrerInnen[2]. Das große Einzugsgebiet sowohl aus der Stadt selbst als auch aus den umliegenden Ortschaften führt zu einer bunten Mischung von Kindern aus verschiedenen sozialen Schichten und Herkünften. Auf dieses große Spektrum an SuS reagiert das allgemeinbildende Gymnasium mit einem breit aufgestellten Schulprofil das ein naturwissenschaftlich-, sprachlich- und musisches Profil bietet. So „[…] garantiert [die Schule] den Zugang zu allen Studiengängen und ermöglicht den direkten Einstieg in das Berufsleben.“[3] Das Leitbild der Schule ist in sieben Punkte untergliedert, welche sich auf alle am Schulwesen beteiligten Personen bis hin zu den Eltern der SuS beziehen. Dabei geht es vor allem um den Umgang untereinander und das Angewiesen sein eines Jeden vom Anderen für das gemeinsame Wohl. Des Weiteren wird in dem Leitbild deutlich, dass viel Wert auf gegenseitige Unterstützung, Offenheit und Toleranz gelegt wird.[4] Viele der im Leitbild verankerten Werte sind auch im christlich-biblischen Menschenbild zu finden, auch wenn das Leitbild nicht christlich formuliert ist. Dazu gehört z.B. der Aufruf zur Liebe untereinander, von der alle Werte und Ziele in gewisser Weise abhängig sind. Das Gleiche gilt für die Betonung der Abhängigkeit voneinander, die im Leitbild deutlich zu Tragen kommt. Dies erinnert an das Bild des Leibes mit vielen Gliedern, wie Paulus in seinem Brief an die Korinther in 1. Kor 12 die christliche Gemeinschaft beschreibt.
Wie die Schule allgemein zum Religionsunterricht und dessen Rechtfertigung steht ist mir aufgrund der nur dreiwöchigen Teilnahme am Unterrichtsgeschehen nicht genau bekannt. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass er sowohl von der Seite des Kollegiums, als auch von der, der SuS eine solide und anerkannte Stellung innehat. Von meinem Begleitlehrer wurde mir ebenfalls bestätigt, dass der Religions-unterricht an der Schule auf jeden Fall ein gleichwertiges Lehrfach ist und somit auch seine anerkannte Berechtigung findet.
2.2 Bedingungen der Lerngruppe einer sechsten Klasse allgemein
SuS, die die sechste Klasse besuchen, sind durchschnittlich 12 Jahre alt und befinden sich somit in der frühen Adoleszenz. Viele Veränderungen, sowohl physische, wie z.B. Wachstum und Ausprägung von Geschlechtsmerkmalen, als auch psychisch-kognitive finden ab diesem Alter statt. Die Identitätsfindung spielt in diesem Alter eine große Rolle. „Vielfältige biologische und soziale Veränderungen erfordern große psychische Anstrengungen mit dem Ziel, dass der Heranwachsende das Bild, das er von sich selbst hat, neu strukturiert und eine Antwort auf die Frage findet: ‚Wer bin ich?‘“[5] Das hat großen Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen innerhalb der Lerngruppe. Entwicklungspsychologisch betrachtet lässt sich bei Kindern in diesem Alter ein großer Umbruch in der Denkweise feststellen. Bis zu diesem Umbruch ist bei ihnen ein „konkret-operatorisches Denken“[6] vorhanden, wie es Jean Piaget beschreibt. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass es sich „noch weitgehend auf konkrete Handlungen und Wahrnehmungen bezieht, [und] sich von den jeweiligen konkreten Inhalten noch schwer lösen kann“.[7] Ca. ab dem elften Lebensjahr wird dieses konkret-operatorische Denken der SuS umstrukturiert, hin zum formal-operatorischen Denken. Hypothe-tische Überlegungen und das Hinzuziehen dessen, was möglich ist, zeichnet das Denken auf dieser Stufe aus. Der Horizont wird auch räumlich und zeitlich erweitert, sodass das Denken nicht mehr nur auf das hier und jetzt beschränkt ist, sondern auch bis weit in die Zukunft reichen kann.[8] Auch Umschreibungen und Metaphern können immer besser verstanden werden.
Das moralische Denken und dessen erreichte Stufe in der Entwicklung eines Menschen steht in engem Zusammenhang mit den oben genannten Formen/Stufen des Denkens nach Piaget. So hat in der Regel ein formal-operatorisch denkender Mensch auch eine höhere Stufe moralischen Denkens erreicht. Diese kann jedoch nicht eins zu eins angeglichen werden, d.h. ein konkret-operatorisch Denkender hat nicht automatisch eine bestimmte Stufe moralischen Denkens erreicht, da diese noch von weiteren Faktoren, wie z.B. sozialen Perspektiven, Wahrnehmungen und moralischen Urteilsvermögen abhängig ist.[9] „Die präkonventionelle Ebene [Stufe 1 und 2] ist die moralische Denkebene der meisten Kinder bis zum 9. Lebensjahr […]. Der konventionellen Ebene sind in unserer und in anderen Gesellschaften die meisten Jugendlichen […] zuzurechnen“.[10] SuS der sechsten Klasse sind also am häufigsten in Stufe drei, manchmal aber auch in Stufe zwei (eigene Interessen und Bedürfnisse befriedigen unter Anerkennung, dass auch andere Menschen Interessen haben) und vier (Instandhaltung des sozialen Systems und Gewissensbefriedigung) zu finden.[11] Die Stufe drei wird von der „‘Goldenen Regel‘ bestimmt […]. Diese Regel besagt, dass man sich in die Lage des anderen ohne Rücksicht auf Werte und Interessen versetzen soll“.[12]
In der Entwicklung des Kindes spielt auch die Glaubensentwicklung eine große Rolle. James W. Fowler hat mit den Stufen des Glaubens ein Schema erstellt, das diese Entwicklung in sechs Stufen unterteilt. Ordnet man diese den SuS, die die sechste Klasse besuchen zu, so befinden sie sich ebenfalls in einem Übergang zwischen der zweiten und dritten Stufe. Auf der zweiten Stufe, die unter der Überschrift Mythisch-wörtlicher Glaube steht, werden Erzählungen, Mythen und Geschichten sehr wörtlich genommen und in die von ihnen gelebte Welt eingeordnet, was zu Anthropomor-phismus führt, d.h. die Kinder haben ein sehr menschliches Gottesbild.[13] Dies steht wiederum im Einklang mit dem oben beschriebenen konkret-operatorischen Denken, das eine Hinterfragung kaum zulässt. Auf der dritten Stufe steht der synthetisch-konventionelle Glaube, auf dem sich der Horizont des Menschen weiter ausbreitet. Dabei spielen Faktoren, wie Freundschaft, Arbeit, Medien und Religion eine Rolle. Der Glaube soll nun eine Orientierung in dieser komplexen Welt bieten. Es wird ein eigener Mythos gebildet, der sowohl für die persönliche Vergangenheit projiziert wird, als auch das eigene Selbstbild in der Zukunft abbildet und dessen Rolle und Akzeptanz darin hinterfragt. Voraussetzung, um Überlegungen dieses zukünftigen Mythos anstellen zu können, ist ein formal-operationales Denken.[14] Aufgabe der Lehrpersonen und Lernziel sollte beim Unterrichten dieser Altersgruppe also die Unterstützung der SuS bei der Entwicklung vom konkret-operationalen Denken hin zum formal-operationalen Denken sein.
2.2.1 Bedingungen der Lerngruppe 6c des Kepler-Gymnasiums
Das Kepler- Gymnasium ist eine der 44 G9-Modellschulen in Baden-Württemberg, d.h. hier kann das Abitur zweigleisig in acht (G8) oder wahlweise innerhalb von neun Jahren (G9) erworben werden. Der Unterrichtsentwurf ist für die Klasse 6c bestimmt, die im G8 Zug ist. Die Lerngruppe setzt sich aus 24 Kindern zusammen und das Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen ist ausgeglichen. Da ich die Klasse nur drei Wochen begleitet habe, konnte ich sie leider nicht allzu gut individuell kennenlernen und weiß auch nach wie vor einige ihrer Namen nicht. Ein gutes Verhältnis konnte trotzdem schnell aufgebaut werden, da sich die SuS freuten, dass ein junger Student etwas Abwechslung in ihren Schulalltag brachte. Dadurch, dass ich in der ersten Woche ausschließlich das Klassengeschehen beobachtet habe und nicht selbst als Lehrperson fungierte, konnte ich mir außerdem ein gutes Bild von der Klasse machen. Sie wurde von mir als sehr lebendig und aufgeweckt wahrgenommen, was in Bezug auf das Interesse am Unterricht und der Mitarbeit durchaus positive Auswirkungen hat. Die Mädchen der Klasse tauchten dabei mehr in die Rolle der fleißigen Mitarbeiter-innen ein, während die Jungen des Öfteren kritische Fragen und sogar eigene Anregungen zu den besprochenen Themen stellten, was mich zum Teil sehr überraschte, da ich das von dieser Altersgruppe weniger erwartet hätte. Entwicklungspsychologisch betrachtet waren sie also schon weiter, als für ihre Altersklasse üblich. Die lebendige Klassenatmosphäre bringt aber auch weniger positive Gesichtspunkte mit sich. Zum einen wird durch die insgesamt gute Stimmung und Gemeinschaft auch gerne vom Thema abgelenkt, alles hinterfragt oder einfach viel gequatscht, zum anderen können die paar wenigen ruhigen SuS abtauchen, sich so hinter den aktiveren verstecken und das Unterrichtsgeschehen ganz aus den Augen verlieren. Die Herausforderung für die Lehrperson besteht in dieser Klasse also darin, den vorhandenen Tatendrang auf das Unterrichtsgeschehen zu lenken und dabei möglichst alle Schüler mit einzubinden. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass kein großes Leistungsgefälle in der Klasse vorliegt. Bei Leitungskontrollen konnte jedes Klassenmitglied Ergebnisse vorlegen, ohne dass eine oder einer deutlich hinterherlag. Das macht es der Lehrkraft natürlich etwas leichter gerechte Arbeitsaufträge zu erteilen, ohne groß differenzieren zu müssen.
In der Zeit, in der ich an der Schule war, ging ich stets gerne in diese Klasse und hatte das Gefühl, dass die SuS ebenso aufgeschlossen und auch interessiert für den Religionsunterricht waren. Das lag evtl. auch daran, dass er in der dritten und vierten Stunde des Schultages der Schüler stattfand, welche auf eine Doppelstunde Sport folgte. Die SuS konnten sich gut konzentrieren und waren schon etwas ausgepowert, wodurch es ihnen auch nicht schwerfiel, zwei Stunden ruhig sitzen zu bleiben. Das Klassenzimmer hat kaum außergewöhnliche Eigenschaften. Die Größe steht in einem guten Verhältnis zur Klassengröße, viele Fenster bieten gute Lichtverhältnisse und die in Viererreihen aufgestellten Tische bieten gute Möglichkeiten schnell und unkompliziert in Gruppenphasen überzuleiten. Technisch ist der Raum sehr gut ausgestattet. Beamer, Tageslichtprojektor, Lehrer-PC und Lautsprecher sind neben sonstigen klassenzimmertypischen Gegenständen fest installiert, wodurch abwechs-lungsreiche Unterrichtsmethoden angewandt werden können.
3. Fachdidaktische Analyse
3.1 Didaktischer Zusammenhang
Die Unterrichtsstunde stellt die letzte Doppelstunde der Unterrichtseinheit dar, die sich mit Gleichnissen Jesu beschäftigt. Die Einheit ist dem Themenbereich Jesus Christus, der im Bildungsplan unter 3.1.5 zu finden ist, zuzuordnen. Hier wird folgende Ziel-Kompetenz aufgeführt: „Die Schülerinnen und Schüler können anhand von Gleichnissen Jesu Sichtweise auf Gott und Menschen beschreiben.“[15] Wie sich an dieser Formulierung bereits erkennen lässt, umschließt diese Einheit Teile der Themenbereiche 3.1.4 Gott und 3.1.1 Mensch. Anhand von Gleichnissen soll die „Gottesvorstellung in biblischen Texten […] zu menschlichen Fragen und Erfahrungen in Beziehung [gesetzt werden].“[16]
Die Unterrichtseinheit Gleichnisse setzt sich aus insgesamt fünf Doppelstunden zusammen. Anhand verschiedener Gleichnisse soll den SuS Gottes Reich und sein Wesen aus der Sicht Jesu vorgestellt werden. In der ersten Doppelstunde findet eine Einführung in das Thema statt. An dieser Stelle wird noch kein konkretes Gleichnis besprochen. Die SuS sollen zunächst in kreativer Weise durch eine Art Steckbrief mit Bild ihre Vorstellung von Gott skizzieren. Dieser Aufschrieb wir im Heft gut gesichert, da er ganz am Ende der Einheit wieder benötigt wird, um evtl. Veränderungen in der Gottesvorstellung der Kinder zu betrachten und sie in Beziehung zu dem Bild Gottes, das Jesus in den Gleichnissen aufzeigt, zu setzten. Außerdem soll diese Stunde Raum für Klärungen rund um das Thema geben. Die Gleichnisse von den Verlorenen (verlorenes Schaf, verlorener Sohn), das Gleichnis vom Reichen Kornbauern und das Gleichnis vom Senfkorn, werden in den drei darauffolgenden Doppelstunden behandelt. Das in dieser Arbeit ausgelegte Gerechtigkeitsbild Gottes ist Teil der letzten Stunde der Unterrichtseinheit. Die Reihenfolge der Gleichnisse ist so aufgebaut, dass versucht wurde, vom einfachen, verständlichen hin zum schwerer zu begreifenden Gleichnis zu gelangen. Während das Bild des liebenden Vaters, der seinem Sohn vergibt, von Kindern meist leichter verstanden werden kann, ist das Verständnis über das Verhalten des Hausherrn, der seine Arbeiter trotz unterschiedlicher Arbeit gleich entlohnt schwieriger zu begreifen und wird oft nicht als gerecht bewertet. Aufgrund der Kenntnisse über Gott aus den letzten Gleichnissen der vorangehenden Stunden, sollte es jedoch zumindest für die meisten SuS möglich sein die dahintersteckende Intension zu begreifen. Am Ende der Unterrichtseinheit steht eine kurze Wiederholung der besprochenen Gleichnisse an, auf die ein erneuter Steckbrief mit einem Bild Gottes folgt. Dieser wird abschließend mit dem der ersten Stunde verglichen und Unterschiede und Entwicklungen werden herausgearbeitet.
3.2 Elementarisierende Erschließung
In dem nächsten Abschnitt folgt ein Reflexionsgang nach dem Elementarisierungs-modell, das in Tübingen entwickelt wurde. Ich habe mich für dieses Verfahren für die fachdidaktische Analyse entschlossen, da mir das Modell der „Didaktischen Analyse“ nach Wolfgang Klafki und seine Stärken und Schwächen bereits bekannt war. Im Rahmen dieses Proseminars will ich mich nun gerne auch einmal mit dem Elementarisierungsansatz beschäftigen und für mich herausfinden, mit welchem der beiden Verfahren ich vermutlich besser zurechtkomme. Außerdem hatten wir uns auch schon innerhalb des Proseminars ein wenig mit diesem Modell beschäftigt, wodurch mir die Wichtigkeit und Nützlichkeit, sowie auch die Vorteile dieses Weges bereits bekannt sind. Im Folgenden wir nun also die Unterrichtseinheit elementarisierend erschlossen.
3.2.1 Elementare Strukturen
Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus Mt 20,1-16 handelt von einem Weinbergbesitzer, der früh morgens loszieht, um Arbeiter bzw. Tagelöhner für seinen Weinberg einzustellen. Er einigt sich mit ihnen auf einen Lohn und schickt sie zu seinem Weinberg. Ebenso geht er in der dritten, sechsten, neunten und elften Stunde los um Arbeiter einzustellen. Am Abend befiehlt er seinem Verwalter die Angestellten auszuzahlen. Dabei soll er bei den Letzten beginnen und erst am Ende die ersten bezahlen. Jeder empfängt seinen Silbergroschen. Als aber die zuerst eingestellten nur den gleichen Lohn bekommen, beschweren sie sich beim Weinbergbesitzer. Dieser Antwortet darauf: „Mein Freund, ich tu dir nicht unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen? Nimm, was dein ist und geh! Ich will aber diesem Letzten dasselbe geben wie dir. Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du scheel drein, weil ich so gütig bin? So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.“[17]
3.2.1.1 Einordnung in den Kontext
Dieser Textabschnitt im Matthäus-Evangelium gilt als „der einzige größere Abschnitt, den Matthäus in den Kapiteln 19 und 20 in die Markusvorlage einfügt“.[18] Er stammt aus einem Sondergut und ist deshalb in keinem anderen Evangelium zu finden. Die Einfügung an genau dieser Stelle ist auf die enge Verknüpfung zu dem voraus-gegangenen Text Der Lohn der Nachfolge zurückzuführen.[19] In diesem Abschnitt aus Mt 19, 27-30 stellt Petrus die Frage nach eben diesem Lohn für seine Nachfolge und die der Jünger. Jesus antwortet ihm daraufhin, dass sie auf zwölf Thronen sitzen und über die zwölf Stämme Israels richten werden. Außerdem wird jeder, der seinen Besitz für die Nachfolge Jesu aufgibt einmal hundertfach belohnt. Er schließt seine Antwort mit den Worten „Aber viele, die die Ersten sind, werden die Letzten und die Letzten werden die Ersten sein“.[20] Diese Passage, die in Mt 20,16 fast gleich wiederholt wird, zeigt die Verbundenheit der beiden Texte und begründet den Anschluss dieses Gleichnisses im Matthäus-Evangelium an die im Markus-Evangelium hier endende Passage.[21] Durch das eingefügte Gleichnis wird dieser Satz und seine Bedeutung genauer erläutert. Außerdem steht in beiden Texten der Lohn als Auszahlung für Arbeit bzw. Opfer bringen im Mittelpunkt. Das Gleichnis an sich ist jedoch noch viel beziehungsreicher. Nach Luck geht es außerdem um das Verhältnis von Gerechtigkeit, Güte und darum, „wie diese Güte beim Menschen ankommt“.[22] Unmittelbar nach der Perikope folgt Matthäus wieder der Markusvorlage, in der ein Einschnitt durch die dritte Leidensankündigung Jesu folgt.
3.2.1.2 Exegetische Analyse des Textes
Der Text lässt sich in zwei Teile aufteilen, die an zwei Handlungsplätzen stattfinden. Der erste Teil beinhaltet die Einstellung aller Arbeiter vom Hausherrn bis zur elften Stunde auf dem Marktplatz. In dem zweiten Abschnitt, der sich auf dem Weinberg zuträgt kommt es schließlich zur Auszahlung durch den Verwalter und der Diskussion zwischen Hausherr und den ersten Arbeitern. Der Hausherr steht dabei sinnbildlich für Gott und sein Himmelreich.[23] Das Gleichnis ist in sich sehr stimmig. „Nicht bestritten ist die formale Einheitlichkeit, kaum noch in Zweifel gezogen die Herkunft von Jesus selbst“.[24]
Jesus beginnt das Gleichnis mit einer für die damalige Zeit typischen Alltagssituation. Die Weinernte steht an und der Hausherr benötigt zusätzliche Tagesarbeiter damit die reifen Trauben nicht vergehen. Er geht auf den Marktplatz um Arbeiter anzuwerben, was damals durchaus üblich war.[25] Die Zuhörer konnten sich diese Situation also gut vorstellen. Der Hausherr findet Arbeitsuchende auf dem Markt und macht mit ihnen einen Lohn aus (V 2). Dieser sollte ein Denar/ Silbergroschen sein (im Folgenden wird der Begriff Silbergroschen verwendet), was dem damaligen Wert entsprach, mit dem man seine Familie ungefähr einen Tag versorgen konnte.[26] „Tagelöhner waren demnach arme Leute in der Nähe des Existenzminimums“.[27] Für das Textverständnis der SuS ist dieser Hintergrund sehr wichtig, wie später noch ausgeführt wird. Die darauffolgenden Arbeiter, die vom Hausherrn zur dritten, sechsten und neunten Stunde eingestellt werden bekommen im Voraus keine Zusage über den genauen Lohn. Ihnen wird lediglich versprochen, dass sie das bekommen was „recht“ ist (V 4). Vermutlich gehen sie davon aus, dass sie ungefähr einen Silbergroschen abzüglich der verkürzten Arbeitszeit erhalten werden würden. Die Arbeiter, die zur elften Stunde kommen, fallen laut Luz etwas aus dem bisherigen Schema heraus. Sie stehen nicht mehr in dem bisherigen drei Stunden Raster und werden außerdem in eine kurze Konfrontation mit dem Gutsherrn verwickelt, der sie fragt warum sie denn den ganzen Tag so mühselig dastehen (V 6).[28] Die Antwort der Arbeiter in Vers 6 zeigt, dass sie sich um eine Arbeit bemüht hatten, jedoch nicht eingestellt wurden. Dadurch wird ihr „dastehen“ gerechtfertigt und Vorwürfe, dass sie etwa faul seien ausgeschlagen.[29] Auffällig ist außerdem, dass bei dieser letzten Gruppe „von Entlohnung überhaupt nicht mehr die Rede ist“.[30] Auch diese Tatsache baut die Erwartungshaltung der Zuhörer auf und hebt den Spannungsbogen weiter an. Wie wird der Hausherr diese Arbeiter im Verhältnis zu den anderen entlohnen?
[...]
[1] http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/REV/IK/5-6/04 (07.09.17 14:35).
[2] https://www.kg-fds.de/index.php?option=com_content&view=article&id=267&Itemid=114 (07.09.17 14:58).
[3] https://www.kg-fds.de/index.php?option=com_content&view=article&id=267&Itemid=114 (12.09.17 15:12)
[4] https://www.kg-fds.de/index.php?option=com_content&view=article&id=269&Itemid=116 (12.09.17 15:27)
[5] Rothgang, G.-W.: Entwicklungspsychologie, Stuttgart 2003, S.87.
[6] Buggle, F.: Die Entwicklungspsychologie Jean Piagets, Stuttgart; Berlin; Köln, 2. überarb. Aufl. 1993, S.90.
[7] A.a.O. S.90.
[8] Vgl. a.a.O. S.91 ff.
[9] Vgl. Althof, W. (Hg.) unter Mitarbeit von Noam, G./Oser, F.: Lawrence Kohlberg Die Psychologie der Moralentwicklung, Frankfurt am Main 1995, S.124 ff.
[10] A.a.O. S.126.
[11] Vgl. a.a.O. S.129 f.
[12] Aufenanger, S.: Entwicklungspädagogik. Die soziogenetische Perspektive, Weinheim 1992, S. 134.
[13] Vgl. Schweizer, F.: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh, 5. Auflage 2004, S.245 f.
[14] Vgl. Fowler, J. W.: Stufen des Glaubens: die Psychologie der menschlichen Entwicklung und die Suche nach Sinn, Gütersloh 1991, S.167-170.
[15] http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/REV/IK/5-6/05.3 (16.09.17 19:28).
[16] http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/REV/IK/5-6/04#bplink-infolayer[3260980]/0/ (16.09.17 19:43).
[17] Vgl. Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.): Stuttgarter Erklärungsbibel mit Apokryphen. Die Heilige Schrift nach der Übersetzung Martin Luthers mit Einführungen und Erklärungen, 2. verbesserte Aufl. Stuttgart 2007, S.1438 f.
[18] Klaiber, W.: Das Matthäusevangelium. Teilband 2: Mt 16,21-28,20, Neukirchen-Vluyn 2015, S.74.
[19] Vgl. a.a.O. S.74.
[20] Vgl. Stuttgarter Erklärungsbibel mit Apokryphen. Die Heilige Schrift nach der Übersetzung Martin Luthers mit Einführungen und Erklärungen, 2. verbesserte Aufl. Stuttgart 2007, S.1438.
[21] Vgl. Heil, C./Hoppe, R. (Hg.): Menschenbilder Gottesbilder. Die Gleichnisse Jesu verstehen, Ostfildern 2016, S.124 f.
[22] Luck, U.: Das Evangelium nach Matthäus, Zürich 1993, S. 219.
[23] Vgl. Luz, U.: Das Evangelium nach Matthäus. Teilbd. 3. Mt 18,1-25,46, Zürich 1997, S.149.
[24] a.a.O., S.343
[25] Vgl. Heil, C./ Hoppe, R. (Hg.): Menschenbilder Gottesbilder. Die Gleichnisse Jesu verstehen, Ostfildern 2016, S.128 ff.
[26] Vgl. Klaiber, W.: Das Matthäusevangelium. Teilband 2: Mt 16,21-28,20, Neukirchen-Vluyn 2015, S.74 f.
[27] Müller, P. et.al.: Die Gleichnisse Jesu. Ein Studien- und Arbeitsbuch für den Unterricht, Stuttgart 2002, S.159.
[28] Vgl. Luz, U.: Das Evangelium nach Matthäus. Teilbd. 3. Mt 18,1-25,46, Zürich 1997, S.140.
[29] Vgl. Müller, P. et.al.: Die Gleichnisse Jesu. Ein Studien- und Arbeitsbuch für den Unterricht, Stuttgart 2002, S.157.
[30] A.a.O. S.157.