Im ersten Kapitel wird eine Definition über Emotionen aufgezeigt. Hierbei wird unter anderem das Mehrkomponentenmodell dargestellt. Im zweiten Kapitel wird der Stellenwert von Emotionen in der Erziehungs- und Bildungswissenschaft diskutiert. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Einfluss von Emotionen auf Lernprozesse. Folglich wird dann im vierten Kapitel näher auf die Bedeutung von Emotionen im schulischen Kontext eingegangen. Hierbei wird auch Bezug auf die Förderung positiver Emotionen und die Vermeidung negativer Emotionen genommen sowie die Emotionsregulation thematisiert. Abschließend werden im fünften Kapitel dann die Anforderungen an die Fachkräfte aufgezeigt.
Inhalt
Einleitung
1. Was sind Emotionen
2. Der Stellenwert von Emotionen in der Erziehungs- und Bildungswissenschaft
3. Der Einfluss von Emotionen auf Lernprozesse
4. Emotionen im schulischen Kontext
4.1. Die Förderung positiver Emotionen und Vermeidung negativer Emotionen im Unterricht
4.2. Emotionsregulation
5. Emotionale Anforderungen an Fachkräfte
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
Einleitung
Emotionen waren im Hinblick auf die Bildung des Menschen ein stetiger Begleiter: „es wurde und wird über Gesinnung und Tugend geschrieben, über Stimmungen und Affekte, über Gut und Böse, über das Schöne, das den Menschen erfreut, darüber was geliebt und wovon Abstand genommen werden sollte“ (Huber/Krause 2018, S. 1). Durch Emotionen wird eine große Macht auf uns ausgeübt. Gelegentlich werden wir vollkommen von ihnen eingenommen, unser Denken wird von ihnen geprägt und unser Tun von ihnen bestimmt. Trotz diesen Tatsachen, haben Emotionen einen ‚schweren Stand‘, der sich sowohl im Kontext der Wissenschaft, als auch im alltäglichen Leben zeigt (vgl. Frenzel/Stephens 2011, S. 19). Es besteht die allgemeine Annahme, dass sowohl Emotionen, als auch Gefühle Teil des menschlichen Wesens sind. Auf Grund dieser Erkenntnisse, ist es jedoch verwunderlich, dass in Verhältnisbestimmungen der Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Konnex der beiden nur selten bearbeitet wird (ebd., S. 1). Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht demnach folgende Forschungsfrage: „Warum sollten sich PädagogInnen mit dem Thema Bildung und Emotion auseinandersetzen?“
Zu Beantwortung der Forschungsfrage, wird im ersten Kapitel eine Definition über Emotionen aufgezeigt. Hierbei wird unter anderem das Mehrkomponentenmodell dargestellt. Im zweiten Kapitel wird der Stellenwert von Emotionen in der Erziehungs- und Bildungswissenschaft diskutiert. Das dritte Kapitel, befasst sich mit dem Einfluss von Emotionen auf Lernprozesse. Folglich wird dann im vierten Kapitel näher auf die Bedeutung von Emotionen im schulischen Kontext eingegangen. Hierbei wird auch Bezug auf die Förderung positiver Emotionen und die Vermeidung negativer Emotionen genommen sowie die Emotionsregulation thematisiert. Abschließend werden im fünften Kapitel dann die Anforderungen an die Fachkräfte aufgezeigt.
1. Was sind Emotionen
Zu den Basisemotionen von Menschen zählen Furcht, Wut, Glück/Freude, Trauer, Ekel, Überraschung und Interesse. Je nach Ansichtsweise, wird manchmal auch die Verachtung als Basisemotion betrachtet (vgl. Huber 2018, S. 94). Zu dem breiten Begriff ‚Emotionen‘, gibt es eine große Anzahl an Definitionen. Zwar gibt es keine Definition die sich Einheitlich darstellt, jedoch lassen sich drei Charakteristika feststellen, die sich in vielen Definitionen wiederspiegeln (vgl. Brandenberger/Hascher 2018, S. 290f.):
- Emotionen sind Gefühlsregungen. Da es meist einen Auslöser gibt, auf den sie sich zurückführen lassen, kann ihre Bestimmung und Beschreibung demnach meist relativ konkret vorgenommen werden. In diese Kategorie fällt beispielsweise die Freude über einen Erfolg.
- Emotionen drücken subjektive Bewertung und Bedeutungszuschreibung aus. Im Falle einer nicht vorhandenen persönlichen Relevanz einer Situation, wird die Entstehung von Emotionen gehemmt.
- Der Zustand einer Person, rückt beim Erleben von Emotionen in den Mittelpunkt des Bewusstseins. Unser Denken, Handeln und Tun werden von Emotionen begleitet (vgl. ebd., S. 290f.)
Anhand eines Mehrkomponentenmodells, findet eine Unterteilung von Emotionen in fünf Komponente statt (vgl. ebd., S. 291):
- Das affektive Erleben: Um hinreichend von Emotionen sprechen zu können, kommt diesem ein besonderer Stellenwert zu. Emotionen und affektives Erleben kommen ohne einander nicht aus.
- Die physiologische Komponente: Beim Erleben von Emotionen tritt die Ingangsetzung körperlicher Prozesse ein.
- Die kognitive Komponente: Das unweigerliche Aufdrängen von bestimmten Gedanken, dass beim Erleben von Gefühlen entstehen kann, ist ein typischer Bestandteil von Emotionen.
- Die expressive Komponente: Beim Erleben von Emotionen, werden spontan bestimmte Gesichtsausdrücke, aber auch Körperhaltungen eingenommen.
- Die motivationale Komponente: Durch Emotionen wird entsprechendes Verhalten ausgelöst (vgl. Frenzel et al. 2011, S. 20f.).
Hinsichtlich ihrer Valenz werden Emotionen in drei Gruppen kategorisiert. Diese sind ‚positive‘ Emotionen, ‚negative‘ Emotionen und ‚ambivalente‘ Emotionen. Anhand der erlebten Intensität, Dauer und Häufigkeit, lassen sich weitere Präzisierungen vornehmen. Eine weitere Unterscheidung, findet zwischen ‚State-Emotionen‘ und ‚Trait-Emotionen‘ statt (vgl. Brandenberger et al. 2018, S. 291). Emotionen als momentane Zustände, werden als State bezeichnet. Als Trait hingegen, wird die persönlichkeitsbasierende Neigung bezeichnet, mit bestimmten Emotionen in unterschiedlichen Stärken auf verschiedene Situationen zu reagieren (vgl. Frenzel et al. 2011, S. 22).
Emotionen werden im alltäglichen Sprachgebrauch oft als Synonym für Gefühle verwendet. Es gibt jedoch eine Unterscheidung zwischen diesen zwei Begriffen. „Emotionen sind die biologischen Prozesse, die neuronalen und mentalen Korrelate zu Gefühlen“ (Damasio 2009, S. 50 zit. n. Schwarzer-Petruck 2014, S. 53). Laut Damasio (2009, zit. n. Schwarzer-Petruck 2014, S. 53), sind Emotionen nach außen gerichtet. Sie sind von außen ersichtlich und können öffentlich beobachtet werden. Emotionen bestimmen unsere Denk- und Entscheidungsprozesse. Ohne sie ist vernünftiges Denken nicht möglich. Das Bewusstsein über Gefühle besteht aber nicht notwendigerweise in emotionalen Zuständen. Im Vergleich zu Emotionen richten sich Gefühle nach innen, sind privat und werden durch Selbstbeobachtung wahrgenommen. Sie stellen die mentale Erfahrung einer Emotion dar. Um Emotionen wahrzunehmen, müssen demnach Gefühle vorhanden sein (vgl. Damasio 2009, S. 50 zit. n. Schwarzer-Petruck 2014, S. 53).
2. Der Stellenwert von Emotionen in der Erziehungs- und Bildungswissenschaft
Das Erleben von Emotionen stellt sich für viele Menschen oft hinderlich, störend oder ablenkend dar, was dazu führt, dass sie sich lieber auf ihre Vernunft verlassen. Dies zeigte sich Jahre lang auch in der Wissenschaft. Anstatt sich mit dem Phänomen der Emotionen, die flüchtig, kurzlebig und schwer zu erfassen sind, zu beschäftigen, empfanden Psychologen und Sozialwissenschaftler die Untersuchung von Unmittelbar beobachtbarem Verhalten, als vielversprechender. Im Laufe der letzten Jahrzehnte fand diesbezüglich jedoch ein Wandel statt und wissenschaftliche Untersuchungen rund um das Thema Emotionen wurden immer beliebter (vgl. Frenzel et al. 2011, S. 19). Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen Teilen heute die Ansicht, „dass Emotionen nicht nur irrelevante oder gar störende Begleitmusik des menschlichen Handelns und Denkens sind, sondern deren Triebkräfte“ (Frenzel/Stephens 2011, S. 19).
Auch im Kontext der Theoriebildung der Sozialwissenschaft, Kulturwissenschaft und Geisteswissenschaft, wurde die Bedeutung von Emotionen in den vergangenen Jahren des Öfteren aufgegriffen und thematisiert. Ebenso in bildungswissenschaftlichen Zusammenhängen, hat der sogenannte ‚emotional turn‘, welcher zu Beginn des 21. Jahrhundert in den Wissenschaften stattfand, seine Spuren hinterlassen. Im Vergleich zu jüngerer Vergangenheit, scheint die Bedeutung von Emotionen eine höhere Konsensfähigkeit für Bildung Erziehung und Unterricht zu besitzen. Auch im Rahmen allgemeinpädagogischer Überlegungen, sind Gespräche über Emotionen in kritischer Distanz wieder erlaubt. Es zeigt sich allerdings, dass durchaus Probleme durch die Bestimmung des Emotionalen entstehen können. Dies kann dazu führen, dass dadurch der Diskurs innerhalb der Bildungswissenschaft um die Bedeutung von Emotionen und Gefühlen aufgehalten zu werden droht, vor allem in Bezug auf die aktuelle emotionstheoretische Bezüge (vgl. Huber 2018, S. 92).
Es macht den Anschein, als ob im Rahmen der Grundlagen erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung, hinsichtlich der Beantwortung der Frage über deren Legitimation und Geltungsanspruch, Emotionen kein konstruktiver Wert zugeschrieben wird. Prospektive Entwürfe einer Vorstellung von Bildung, die in der Auseinandersetzung mit Selbst- und Weltverhältnissen Emotionen eine zentrale Rolle zuschreibt, finden sich heutzutage kaum noch. Vielmehr scheint es, als ob bildungstheoretische Überlegungen emotionstheoretischen Bezügen zu lange kaum Beachtung geschenkt hatten und Emotionen und Gefühle als ‚vergessene Zusammenhänge‘ in den Hintergrund gerieten oder sich der Verlust der Unkenntlichkeit ihrer philosophischen Abstraktion bemerkbar machte. Diese Entwicklung ist gerade deshalb interessant zu betrachten, da sowohl während, als auch nach der Entstehungsphase der Pädagogik als Eigenständige Disziplin bis zum beginnenden 20. Jahrhundert, Emotionen und Gefühle zentrale Gegenstände in der diesbezüglichen Auseinandersetzung darstellten. Die philosophischen Bezugspositionen der Pädagogik sowie die sogenannten Klassiker der Erziehungswissenschaft schienen es als eine Selbstverständlichkeit zu betrachten, Emotionen, Leidenschaften, Gefühle und Empfindungen in Bezug auf ihre Vorstellungen von Bildung als Voraussetzungen sowie einen Teil dieser zu thematisieren (vgl. Huber/Krause 2018, S. 1f.).
Bei Überlegungen zur Erziehung nachfolgender Generationen, die sich mit der Frage beschäftigte, auf welche Art und Weise diese geschehen sollte und wohin diese führen sollte sowie der Überlegung welche Bildungsideale hierbei als erstrebenswert gelten sollten, lässt sich erkennen, dass Emotionen und Gefühle ständig vorhanden sind (vgl. Huber/Krause 2018, S. 1). Die Betrachtung von Emotionen, zeigt sich als eigenständige Verarbeitungsform der Wahrnehmung in sozialer Hinsicht. Durch sie entsteht die Prägung von Urteilsbildungen und Entscheidungen sowie die Strukturierung zwischenmenschlicher Interaktionen, als auch die Auseinandersetzung mit Gegenständen und der materiellen Umwelt. Die Einsicht, dass in der Sozialen Arbeit und ihren vielfältigen Erbringungsformen auch Gefühle eine zentrale Bedeutung einnehmen, ist demnach im selben Maße banal wie voraussetzungsvoll (vgl. Bauer/Dollinger/Dörr/Neumann/Richter 2018, S. 9). Selten beschäftigt sich die Sozialpädagogik mit Menschen, die überwiegend lediglich rationale Überlegungen bezüglich ihres Handelns tätigen. Zumeist ist das Gegenteil der Fall. Dies begründet sich darin, da das Ausleben von Emotionalität vielfach dazu führt, dass Menschen überhaupt erst sozialpädagogische Dienste in Anspruch nehmen (vgl. Tetzer 2011, S 104). „Die Subjekte, um die es jedenfalls der [Sozial-]Pädagogik geht, sind Kinder, Heranwachsende und auch Erwachsene und somit empfindsame, ja leidenschaftliche Wesen“ (Brumlik 2002, S. 65 zit. n. Tetzer 2011, S. 104).
Eine Verdeutlichung der wichtigen Rolle von Emotionen und Gefühlen in allen Bildungs-, Erziehungs- und Sozialisationsprozessen wird durch die Allgegenwärtigkeit dieser Sichtbar (vgl. Huber et al. 2018, S. 4).
„Im erzieherischen Miteinander, in der Aneignung von Welt, in der kritischen Auseinandersetzung mit sich und dem anderen, in der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten und im sozialen und kulturellen Umgang sind Emotionen und Gefühle immer schon präsent: die Liebe der Mutter zum Kind, die Neugier des Kindes auf die unbekannte Umgebung, die Angst des Schülers vor der Prüfung, die Freude und Begeisterung des Lehrers im Unterricht, die Wut des Kindes auf den ungerechten Vater oder der Stolz der Eltern bei erbrachter Leistung“ (Huber et al. 2018, S. 4).
Es besteht eine Vielfalt an Emotionen in den unterschiedlichsten Prozessen der Pädagogik, auch wenn eine Andeutung der Möglichkeiten des Zusammenspiels von Bildung und Emotion nur in einem Bruchteil vorhanden ist (vgl. ebd., S. 4).
3. Der Einfluss von Emotionen auf Lernprozesse
In der Psychologie wurden zur Frage bezüglich den Bedingungen des Lernens nach der kognitiven Wende, die in den frühen 1970er Jahren stattfand, für geraume Zeit in erster Linie Untersuchungen aus dem Blickwinkel kognitiver Motivations- und Lerntheorie durchgeführt. Zu der Bedeutung emotionaler Faktoren im Lehr-Lerngeschehen, gab es in Folge dessen nur eine geringe Anzahl an Forschungsprogrammen. In den letzten Jahren ließ sich hinsichtlich der Emotionsforschung jedoch eine Renaissance verzeichnen, aus der eine steigende Anzahl an Theorien und Forschungsarbeiten rund um den Zusammenhang von Emotionen und Lernen hervorging. Dies vollzog sich jedoch nicht nur im Rahmen der Forschung in Teildisziplinen der Psychologie, sondern auch in zahlreichen weiteren Disziplinen wie beispielsweise der Biologie, der Verhaltensforschung, aber auch der Hirnforschung. Viele dieser Forschungslinien sind auch für die Pädagogik von unmittelbarem Interesse (vgl. Krapp 2005, S. 603).
Für Lernen und Leistung haben Emotionen eine fundamentale Bedeutung. Freude, Begeisterung oder auch Stolz über vollbrachte Taten sind Motivationen unseres Engagements im Hinblick auf das Lernen, aber auch für andere Aktivitäten in beispielsweise beruflicher oder sportlicher Hinsicht. Angst, Scham oder Langeweile hingegen, können uns lähmen und ein Ende der Fortsetzung unserer Bemühungen bereiten. Befunde der experimentellen Emotionsforschung zeigen, dass eine Vielzahl von kognitiven Prozessen durch Emotionen beeinflusst wird, die zentral für Lernen und Leistung sind (vgl. Pekrun 2018, S. 215f.). Emotionen zählen zu internen Einflussfaktoren auf die Lernprozesse. Es besteht die Annahme, dass sie mit anderen Bedingungsfaktoren, die sich intern sowie extern gestalten, einen Einfluss auf diese ausüben. In pädagogisch-psychologischen Untersuchungen findet hinsichtlich der Prozessbedingungen eine Unterscheidung von zwei Gruppen statt (vgl. (vgl. Krapp 2005, S. 605):
- Als die eigentlichen Wirkungsmechanismen des Lernens gelten kognitive Prozesse der Informationsbearbeitung. Im Gedächtnissystem werden von ihnen jene Veränderungen erzeugt, die in der Terminologie der Wissenspsychologie die Bezeichnung deklarativer oder prozentualer Wissensstrukturen besitzen.
- Von emotional-motivationalen ‚Begleitprozessen‘ wird angenommen, dass diese eine eher indirekte Beteiligung am Lerngeschehen aufweisen. Dies geschieht beispielsweise indem sie einen Einfluss auf die Richtung, den Grad der Intensität oder andere Aspekte, die die Dynamik der kognitiven ‚Lernarbeit‘ betreffen ausüben (vgl. ebd., S. 605).
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