Die postkoloniale STS nimmt sich in ihrem Vorhaben gleich mehrerer, hochgesteckter Ziele an. Zum einen will sie aufzeigen, dass koloniale Herrschaftsstrukturen, auch nach der vermeintlichen Auflösung dieser, immer noch Einfluss auf ein Land, dessen Gesellschaft und Ökonomie haben. Zum anderen hat sich die postkoloniale STS auch der Kritik an den vorherrschenden Machtstrukturen zur Aufgabe gemacht und verfügt damit über beinahe aktivistische Grundzüge, wenn auch nicht vergleichbar mit der feministischen STS. Bauer, Heinemann und Lemke nennen die STS in ihrer Einführung zum Werk Science and Technology Studies eine „Neuakzentuierung der STS“. Die postkoloniale STS bildet also eine Neuausrichtung der klassischen STS und scheut sich infolge dessen nicht, auch die, auf klassischen Forschungsmethoden basierenden Erkenntnisse, auf demselben Forschungsgebiet zu kritisieren. Damit liegt auch der postkolonialen STS der revolutionäre Anspruch inne, dem sich alle Forschungsrichtungen dieser noch jungen Disziplin verschrieben haben. Doch inwiefern beansprucht die postkoloniale STS nicht nur einen „externen“ Originalitätsanspruch, indem sie die, auf klassischer Wissenschaftsphilosophie erbrachten Ergebnisse anzweifelt, sondern sogar ein intern gerichtetes Urteil gegen die Vertreter der Science and Technology Studies vornimmt? Inwieweit nimmt die postkoloniale STS die ANT, oft als Ursprung der Disziplin verstanden, in den Fokus ihrer Kritik? Diese Frage versucht die vorliegende Arbeit zu klären, indem zwei Texte, einer der ANT, einer der postkolonialen STS angehörig, verglichen werden sollen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zwei Geschichten über Macht
- Michel Callon und die Muscheln
- Verran und die Feuerregimes
- Eine retrospektive Erzählung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Kritik der postkolonialen STS an der Actor-Network-Theory (ANT). Sie analysiert, inwiefern die postkoloniale STS, die sich mit den Auswirkungen kolonialer Strukturen auf Wissenschaft und Technik auseinandersetzt, die ANT in den Fokus ihrer Kritik nimmt. Dabei wird die Frage untersucht, ob die postkoloniale STS die ANT als „externen“ Ursprung der Disziplin in Frage stellt oder ob sie sogar eine interne Kritik an der ANT übt.
- Postkoloniale STS und ihre Kritik an der ANT
- Untersuchung von Machtbeziehungen in der Wissenschaftsforschung
- Vergleich zweier Texte: Callon und Verran
- Analyse der Machtkonstruktionen in den jeweiligen Texten
- Bewertung der Kritikfähigkeit der postkolonialen STS an der ANT
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Zielsetzung und den Forschungsgegenstand vor und erläutert den Stellenwert der postkolonialen STS im Kontext der Wissenschaftsforschung. Sie skizziert den kritischen Ansatz der postkolonialen STS gegenüber der ANT und formuliert die Forschungsfrage, die im Laufe der Arbeit beantwortet werden soll.
- Zwei Geschichten über Macht: Dieses Kapitel präsentiert die beiden zentralen Texte, die im Mittelpunkt der Analyse stehen: Callons Text über die „Domestikation der Kammmuscheln“ und Verrans Text über die „Feuerregimes“. Beide Texte werden kurz vorgestellt und es wird auf die jeweiligen Perspektiven auf Macht und Wissenschaftsforschung hingewiesen. Der Fokus liegt darauf, die beiden Geschichten von Macht, wie sie von Callon und Verran erzählt werden, zu präsentieren.
- Michel Callon und die Muscheln: Dieser Abschnitt beleuchtet Callons Text über die Kammmuscheln und seine „Soziologie der Übersetzung“. Hier wird gezeigt, wie Callon den Prozess der Machtbildung durch die Interaktionen von Wissenschaftlern, Fischern und Muscheln beschreibt. Es wird insbesondere auf die Rolle der Forscher als „Vorsitzende“ des Prozesses und die Definition der Akteure durch ihre Interessen und Ziele eingegangen.
- Verran und die Feuerregimes: Dieser Abschnitt behandelt Verrans Text über die „Feuerregimes“ und die Kritik an der ANT aus postkolonialer Perspektive. Es wird dargestellt, wie Verran die Machtbeziehungen in der Wissenschaftsforschung aufzeigt und die vermeintliche Objektivität von wissenschaftlichen Erkenntnissen in Frage stellt.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der postkolonialen STS und der ANT. Schlüsselwörter sind hier: postkoloniale STS, Actor-Network-Theory (ANT), Machtbeziehungen, Wissenschaftsforschung, Übersetzung, Feuerregimes, Kammmuscheln, Umweltwissenschaft, Kulturvergleich, Kritik, Wissenschaftstheorie.
- Arbeit zitieren
- Master of Arts Tobias Klöckner (Autor:in), 2017, Macht einmal andersherum. Eine retrospektive Entschlüsselung von Macht als Kritik-Werkzeug der postkolonialen STS an der ANT, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/436867