Die Facharbeit untersucht, inwiefern sich Kompetenzen zu "scientific literacy" im Anfangsunterricht Chemie fördern lassen. Dabei erfolgt zunächst eine Begriffserklärung bevor auf die didaktisch methodischen Überlegungen eingegangen wird. Die Durchführung der Unterrichtseinheit wird beschrieben und im Anschluss evaluiert.
Inhalt
1 Darlegung der pädagogischen Problemstellung und Zielsetzung der Unterrichtsreihe
1.1 Scientific Literacy und der Stoffbegriff
2 Theoretische Grundlagen des Konzepts des Stationenlernens
3 Die Unterrichtsreihe
3.1 Didaktisch-methodische Grundlagen
3.1.1 Analyse der Lehr- und Lernbedingungen
3.1.2 Didaktische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
3.1.3 Methodische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
3.2 Die Durchführung der Unterrichtseinheit
3.2.1 Die Ausgangslage und deren Diagnose
3.2.2 Die Durchführung des Stationenlernens zu den Stoffeigenschaften.
4 Evaluation der Unterrichtsreihe
4.1 Kompetenzzuwachs bei der Einteilung von Stoffen
4.2 Vor- und Nachtest zum Stoffbegriff
4.3 Fragebogen zur Unterrichtsevaluation
5 Reflexion
6 Literatur
7 Anhang
1 Darlegung der pädagogischen Problemstellung und Zielsetzung der Unterrichtsreihe
Der Begriff der Kompetenzorientierung ist spätestens seit der deutschlandweiten Einführung der Bildungsstandards im Jahr 2004 bedeutend für die Schulentwicklung und Unterrichtsplanung geworden. Zentral für die Unterrichtsgestaltung bzw. die Gestaltung des Lernens ist das Prinzip des selbstregulierten Lernens oder des individualisierten Unterrichts. Die Lernenden werden gemeinsam unterrichtet und zugleich individuell gefördert.[1] Das Stationenlernen ist eine offene Unterrichtsform, mit der das Ziel der Individualisierung verfolgt wird. Die Schülerinnen und Schüler erhalten Lernangebote, die sie weitgehend selbstständig bearbeiten können.
Beim Chemieunterricht der Klasse 7 handelt es sich um Anfangsunterricht, sodass dieser zur naturwissenschaftlichen Grundbildung einen Beitrag leisten soll. Das Augenmerk dieser Facharbeit liegt darauf, dass die Schülerinnen und Schüler verschiedene Stoffe anhand ihrer Eigenschaften sortieren können. Dabei wird verglichen, wie die Schülerinnen und Schüler die untersuchten Stoffe vor und nach der Unterrichtseinheit einteilen und wie sie die vorgenommene Sortierung begründen. Außerdem wird untersucht, wie die Lernenden die Begriffe „Körper" und „Stoff" unterscheiden, da der Stoffbegriff ein zentrales Problemfeld bei der Vermittlung von chemischem Wissen ist. Der Stoffbegriff und die Stoffeigenschaften sind Grundvoraussetzung für die im zweiten Halbjahr folgende Vermittlung der chemischen Reaktion.[2]
Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, inwiefern die Kompetenzen der Lernenden im Bereich der naturwissenschaftlichen Grundbildung („scientific literacy") durch das Stationenlernen gefördert werden können. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler während des Stationenlernens verschiedene Stoffeigenschaften beobachten, beschreiben und erkennen, dass Stoffeigenschaften eine Einteilung und eine Systematisierung ermöglichen.
1.1 Scientific Literacy und der Stoffbegriff
Scientific Literacy gilt in der naturwissenschaftsdidaktischen Literatur als ein Bildungsziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Naturwissenschaftliche Grundbildung gilt beispielsweise als Mitvoraussetzung dafür individuelle Entscheidungen bezüglich Gesundheit, Energieverbrauch oder Müllvermeidung treffen zu können. Weiterhin ermöglicht sie das Verstehen gesellschaftlicher Probleme naturwissenschaftlichen Inhalts und dadurch erst die Teilhabe an Diskussionen und demokratischen Entscheidungsprozessen.[3]
Naturwissenschaftliche Grundbildung wird definiert als „die Fähigkeit, naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen, um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, welche die natürliche Welt und die durch menschliches Handeln an ihr vorgenommenen Veränderungen betreffen."[4] Dabei bezieht sich „Scientific Literacy" nicht nur auf bestimmte Wissensbestände, sondern auch auf die Struktur dieses Wissens, die Methoden der Wissensproduktion und die Verbindungen zwischen Entdeckung und Anwendung, d.h. auf die Wissenschaft, ihre Methoden und deren kritische Reflexion.[5] Das Konzept der Scientific Literacy von PISA 2012 beschreibt eine Vielzahl naturwissenschaftlicher Kompetenzen. Dazu zählt ein naturwissenschaftliches Wissen, sowie dessen Anwendung, um naturwissenschaftliche Fragestellungen zu identifizieren, neue Kenntnisse zu erwerben Phänomene zu erklären und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen.[6]
R. Bybee beschreibt ein Modell, nach dem einzelne Individuen in Abhängigkeit von ihrem Alter, dem Inhalt und Kontext im Laufe ihres Lebens stufenweise eine Grundbildung entwickeln können[7]. Er spricht von „nominaler", „funktionaler" „konzeptualer" und „multidimensionaler Literacy". Zur Dimension der „nominalen Literacy" zählt beispielsweise die Existenz falscher Vorstellungen von naturwissenschaftlichen Konzepten. Es ist davon auszugehen, dass bei den Schülerinnen und Schülern Präkonzepte existieren, die den Stoffbegriff fachlich nicht korrekt definieren (vgl. Stoffbegriff). Zur funktionalen Dimension des Literacy Begriffs zählt laut Bybee das Verwenden von naturwissenschaftlichem Vokabular (in dieser Unterrichtsreihe ist der Begriff „Stoff" als naturwissenschaftlicher Fachbegriff zu verstehen). Weiterhin zählt zur „funktionalen scientific literacy" die Fähigkeit, naturwissenschaftliche Begriffe fachlich korrekt zu definieren. Mit der Definition des Stoffbegriffs und den Stoffeigenschaften werden wesentliche Grundlagen für weitere naturwissenschaftliche Themen gelegt. Als Teil der „scientific literacy" erwerben die Schülerinnen und Schüler Kenntnisse, die für weitere naturwissenschaftliche Fragestellungen und Schlussfolgerungen nötig sind. Eine wesentliche Grundlage ist, dass die Schülerinnen und Schüler verstehen, dass Stoffe durch spezifische Eigenschaften gekennzeichnet sind. Nur dann wird die chemische Reaktion anschlussfähig, bei der sich ein neuer Stoff bildet, der durch eigene Eigenschaften charakterisiert wird, die sich in der Mehrzahl von dem Edukt (den Edukten) unterscheiden.
Ein Verständnis über den Stoffbegriff zählt zur naturwissenschaftlichen Grundbildung. Mit der Einführung des Stoffbegriffs gehen mögliche Schwierigkeiten einher.[8] Wird der Stoffbegriff durch Synonyme ersetzt (bspw. Materie, Substanz oder Material), stellt sich die Frage, ob diese Begriffe von den Lernenden verstanden werden. Anderenfalls ergeben sich ähnliche Unklarheiten, wie beim Begriff „Stoff". Eine andere Möglichkeit, um den Begriff „Stoff" auszudrücken, ist, dass Gegenstände aus Stoffen bestehen. Hierbei ist zu beachten, dass die Beschreibung unbedingt erweitert werden sollte: Auch Gase oder Flüssigkeiten, bei denen es sich im klassischen Sinne nicht um Gegenstände handelt, bestehen aus Stoffen. In dieser Hinsicht sind auch Luft oder Wasser Körper, die im Gegensatz zu festen Körpern allerdings keine bestimmte Form haben. Eine Definition von Stoffen als Substanz, Material oder Gegenstand ist in gewissen Grenzen zwar fachlich richtig und tragfähig, dennoch ist sie aus didaktischer Sicht kritisch zu sehen. Bei einem solchen Zugang zu dem Stoffbegriff wird vorausgesetzt, dass die Schülerinnen und Schüler verstanden haben, wie diese Begriffe definiert sind. Besonders bei einer Definition als Gegenstand treten Schwierigkeiten auf, da der Begriff im normalen Sprachgebrauch Flüssigkeiten und Gase nicht berücksichtigt. Deshalb ist eine Unterscheidung von Stoffen und Gegenständen ein wichtiger Inhalt im Anfangsunterricht.[9] Der Stoffbegriff stellt einen wesentlichen Teil des naturwissenschaftlichen Anfangsunterrichts dar. Er ist Voraussetzung, um Prozesse, bei denen sich Stoffe verändern, beschreiben zu können. Solche Veränderungen treten sowohl bei chemischen Reaktionen (2. Halbjahr, Klasse 7[10] ) als auch bei den Aggregatzuständen (1. Halbjahr, Klasse 7[11] ) auf.[12] Bei der Veränderung von Stoffen kann zwischen physikalischen und chemischen Vorgängen unterschieden werden. Physikalische Reaktionen führen zu Zustandsänderungen. Hört die entsprechende Einwirkung, wie beispielsweise eine Erhöhung der Temperatur auf, kehrt der Stoff in seinen ursprünglichen Zustand zurück. Im Gegensatz zu einer chemischen Reaktion verändern sich die Eigenschaften des Stoffs dabei nicht (unter Standardbedingungen). Am Ende des Themas der chemischen Reaktion haben die Schülerinnen und Schüler das Konzept der chemischen Reaktion soweit entwickelt, dass sie chemische Reaktionen an der Bildung von neuen Stoffen mit eigenen Eigenschaften erkennen und diese von der Herstellung bzw. Trennung von Gemischen unterscheiden können. Außerdem können Sie chemische Reaktionen von einer Zustandsänderung abgrenzen.
Im hessischen Lehrplan wird explizit das Ordnungsprinzip für Stoffe genannt. Sie lernen mit Hilfe des Stationenlernens eine wesentliche Denkweise für das naturwissenschaftliche Vorgehen kennen. Dabei soll mit Hilfe der Stoffeigenschaften eine Einteilung der Stoffe in z. B. metallisch, salzartig und flüchtig erfolgen. Das Einordnen der Stoffe anhand ihrer Eigenschaften ist eine wichtige naturwissenschaftliche Fähigkeit, die den Lernenden im weiteren Unterrichtsverlauf immer wieder begegnen wird (Basiskonzept: Struktur-Eigenschaften).
Der Stoffbegriff (insbesondere die Unterscheidung zwischen Körper und Stoff) und die Stoffeigenschaften zählen zu den verbindlichen Unterrichtsinhalten im 1. Halbjahr der Jahrgangsstufe 7.[13]
2 Theoretische Grundlagen des Konzepts des Stationenlernens
Beim Stationenlernen handelt es sich um eine Form des offenen Unterrichts mit dem Ziel der Individualisierung und Leistungsdifferenzierung. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet dies ein hohes Maß an selbstständigem und eigenverantwortlichem Arbeiten.[14] Zu dem gemeinsamen Rahmenthema „Stoffe und ihre Eigenschaften“ werden unterschiedliche Teilaspekte (bspw.: Härte, elektrische Leitfähigkeit) in Form von Arbeitsangeboten aufbereitet. Dabei steht das Experimentieren im Mittelpunkt. Alle Stationen und Teilaspekte des Gesamtthemas sind für alle Lernenden gleichzeitig verfügbar und können in individueller Reihenfolge und individuellem Lerntempo bearbeitet werden (offener Lernzirkel). Lernprozesse laufen individualisiert ab und sind deshalb vielfältig. Das Stationenlernen ist eine handlungsorientierte Methode, di der Vielfalt des Lernens durch Sinnlichkeit sowie Erlebnis- und Erfahrungsnähe gerecht werden kann.[15] Mit dem Stationenlernen erwerben die Schüler und Schülerinnen Sozialkompetenz: Sie arbeiten gemeinsam mit ihrem Partner und lernen dabei den Umgang miteinander. Dementsprechend werden Teamarbeit, Kommunikation und soziales Verhalten geschult. Hinsichtlich der Sozialkompetenz kann mit dem Stationenlernen das sachliche Kritisieren, gegenseitige Unterstützungs/Kooperationsbereitschaft sowie das Tragen sozialer Verantwortung gefördert werden. Im Hinblick auf die kommunikative Kompetenz werden besonders das Strukturieren von Informationen, das Auswerten der Dokumentationen und das sachliche Argumentieren geübt. Die Schülerinnen und Schüler tragen Mitverantwortung und müssen ihre Informationen austauschen, um deine vollständige Auswertung zu ermöglichen (personale Kompetenz).
Die Lehrkraft übernimmt beim Stationenlernen größtenteils eine beobachtende Rolle ein. Dies bietet die Möglichkeit Stärken und Schwierigkeiten einzelner Schülerinnen und Schüler diagnostizieren zu können.[16] Stationenlernen bedarf einiger Vorbereitung durch die Lehrkraft, um so das selbstständige Arbeiten der Lernenden im Unterricht zu ermöglichen. Dazu zählt beispielsweise, dass die Raumgestaltung (Stellung der Tische zu Gruppentischen) vorab durchgeführt werden muss, um so die nötige Übersichtlichkeit zu gewährleisten. In Vorbereitung mit den Schülerinnen und Schülern sind „Allgemeine Regeln" aufzustellen. Diese beinhalten beispielsweise: „Du musst nicht alle Lernstationen heute schaffen." / „Achte auf die Ordnung der Station. Verlasse deine Lernstation so, wie du sie vorgefunden hast." Diese Regeln sind notwendig, um das Lernen im individuellen Lerntempo zu ermöglichen und Lernenden mit Lernschwierigkeiten ein Teil des Leistungsdrucks genommen werden. Außerdem soll Störungen des Lernens durch einzelne Schülerinnen und Schüler entgegengewirkt werden. Indem die Schülerinnen und Schüler auf die Ordnung der Station achten, wird ein reibungsloser Ablauf gewährleistet und den Lernenden ein Teil der Verantwortung übertragen.
3 Die Unterrichtsreihe
3.1 Didaktisch-methodische Grundlagen
3.1.1 Analyse der Lehr- und Lernbedingungen
Seit Anfang des Schuljahres unterrichte ich eigenverantwortlich die Klasse 7 (G8). Die Klasse besteht aus 8 Schülerinnen und 19 Schülern. Der Unterricht findet donnerstags in der 1. und 2. Stunde statt. Hierbei ist auf eine schulinterne Besonderheit hinzuweisen: Die Klasse ist in zwei Gruppen (A und B) eingeteilt. Die gesamte Klasse ist immer nur in der 2. Stunde, eine der beiden Gruppen A oder B in der 1. Stunde anwesend. Dies soll im Anfangsunterricht bei Schülerexperimenten entlastend für die Lehrkraft wirken und ermöglicht eine stärkere Aktivität der Lernenden durch das selbstständige Experimentieren. Das Stationenlernen wird dementsprechend in der 1. Stunde durchgeführt, da hier das experimentelle Arbeiten im Vordergrund steht. Im Fachraum befinden sich eine Tafel, ein Smartboard und ein Overheadprojektor. Die Tische sind frei verschiebbar, da die Anschlüsse für Gas und
Strom in einem an der Decke verankertem, ausfahrbarem System angebracht sind. Die Größe des Raums ist angemessen. Durch die Tatsache, dass nur die Hälfte der Klasse anwesend ist, können die Stationen jeweils doppelt aufgebaut werden: Insgesamt stehen für sechs Gruppen 10 Stationen zur Verfügung.
Die Atmosphäre in der Klasse ist sehr angenehm: Die Schülerinnen und Schüler verhalten sich untereinander und auch mir gegenüber respektvoll und kooperativ.
Zur Leistungsspitze zählen Ma., A. und M.. Sie leisten viele, den Unterricht voranbringende Beiträge und besitzen eine hohe Problemlösekompetenz. Während der Experimentierphasen arbeiten sie zügig, gelangen schnell zu einem Ergebnis und unterstützen ihre Gruppenmitglieder.
Im oberen Leistungsbereich befinden sich sieben Schülerinnen und Schüler. Sie melden sich häufig und liefern den Unterricht voranbringende Beiträge. Innerhalb dieser Gruppe sind C. und Al. hervorzuheben, die in einzelnen Stunden ebenfalls zur Leistungsspitze zählen, aber im Vergleich zu den drei Spitzenschülern weniger konstant mitarbeiten. Im oberen mittleren Leistungsbereich sind insgesamt 11 Schülerinnnen und Schüler, darunter K., anzusiedeln. Bei K. fällt auf, dass er sich häufig meldet, die Qualität seiner Beiträge jedoch weniger differenziert ist als die der Schülerinnen und Schüler im oberen Leistungsbereich. Weniger am Unterricht beteiligen sich sechs Schülerinnen und Schüler, darunter F. und J-H. Werden sie ohne Meldung aufgerufen, zeigt sich jedoch, dass sie dem Unterrichtsverlauf folgen.
F.leidet unter dem Asperger-Syndrom. Den Mitschülerinnen und Mitschülern ist bewusst, dass F. „anders" ist, jedoch kennen sie den genauen Hintergrund nicht. Er ist in die Klasse eingebunden und die Schülerinnen und Schüler nehmen Rücksicht auf ihn. Dies wird besonders in Gruppenarbeitsphasen deutlich, in denen der Lärmpegel ansteigt. F. hat mehrmals um Hilfe gerufen („Frau S., help, help!"). Nachdem ich für eine Reduktion der Lautstärke in der Klasse gesorgt habe, traten diesbezüglich keine Schwierigkeiten mehr auf. Auffällig ist bei F. weiterhin, dass er sich beim Experimentieren bzw. bei praktischen Arbeiten zurückhält. Dies mag darin begründet sein, dass er feinmotorisch weniger sicher arbeitet als seine Mitschülerinnen und Mitschüler. Seine Stärke liegt eher im theoretischen Bereich. Deshalb habe ich ihn beim Stationenlernen mit M. in eine Partnergruppe eingeteilt, da M. zu den leistungsstärksten Schülerinnen und Schülern zählt und ich ihm zutraue, F.s Schwäche zu kompensieren.
P. hat Schwierigkeiten bei der Gruppenbindung, insbesondere mit Ma. und S. Deshalb achtete ich darauf, dass P. mit einem anderen Partner zusammenarbeitet.
Insgesamt stufe ich die Klasse als eher leistungsstark ein. Deutlich wird dies, da im Unterricht stets eine rege Beteiligung herrscht und die Schülerinnen und Schüler motiviert sind, mitzuarbeiten. Dies bietet eine gute Grundlage für das relativ freie Arbeiten an Stationen. Da ich die Klasse erst seit wenigen Wochen kenne, ist eine Einschätzung der Heterogenität nur schwer möglich. Auch in dieser Hinsicht bietet sich das Stationenlernen an, da es eine Differenzierung hinsichtlich der Lerntempi ermöglicht.
3.1.2 Didaktische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
Laut hessischem Lehrplan[17] (G8) ist im 1. Halbjahr der Stoffbegriff von zentraler Bedeutung. Die Schülerinnen und Schüler wurden über die Gefahren beim Umgang mit Chemikalien informiert. Sie haben Stoffe anhand von „mit den Sinnen wahrnehmbarer Stoffeigenschaften“ unterschieden und die messbare Stoffeigenschaft Dichte sowie die Wärmeleitfähigkeit kennengelernt. In der beschriebenen Unterrichtsreihe soll nun die Unterscheidung von Körper und Stoff anhand weiterer Stoffeigenschaften vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang sollen die Lernenden Stoffe anhand mehrerer Eigenschaften zu Stoffgruppen zuordnen, explizit genannt wird die Einteilung nach: metallisch, salzartig und flüchtig.[18] Durch die Zuordnung bzw. Einteilung der verschiedenen Stoffe üben die Lernenden das Schlussfolgern als eine der naturwissenschaftlichen Grundkenntnisse. Die Lernenden sollen erfahren, dass Stoffe durch verschiedene Eigenschaften charakterisiert sind. Diese Eigenschaften ermöglichen es, eine Einteilung der Stoffe vorzunehmen und helfen bei der Identifikation von Stoffen. Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass eine bestimmte Stoffeigenschaft mit einer oder mehreren weiteren Eigenschaften in Beziehung stehen: Wenn Stoffe einen metallischen Glanz besitzen, dann sind sie im festen Zustand elektrische Leiter und nicht löslich. Wenn die Stoffe weich sind, dann sind sie auch flüchtig. Wenn salzartige Stoffe in Wasser gelöst werden können und dadurch in ihre Ionen dissoziieren, besitzen sie in dieser Lösung eine elektrische Leitfähigkeit.[19] Die Formulierung von Wenn-Dann-Beziehungen wird im fortführenden Chemieunterricht bei der deduktiven Vorgehensweise wichtig, da es zur Formulierung der Hypothesen genutzt werden kann.
Die Unterrichtseinheit ist gekennzeichnet durch das Basiskonzept StoffTeilchenbeziehung und dient der Hinführung zum Basiskonzept Struktur-Eigenschaft. Bei der Auseinandersetzung mit den Stoffen wird zwischen zwei Betrachtungsebenen unterschieden: Die Ebene der makroskopisch (und mikroskopisch) erfahrbaren Substanzen und die submikroskopische Ebene.[20] Im Stationenlernen beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit der makroskopischen Ebene. Die submikroskopische Ebene, bei der die Teilchen und ihre Wechselwirkungen im Mittelpunkt stehen wird erst im fortlaufenden Unterricht relevant. In Jahrgangsstufe 8 beispielsweise zählen die Salze mir ihren Eigenschaften und ihrer Struktur zu den verbindlichen Unterrichtsinhalten.[21] Dabei steht das Basiskonzept Struktur-Eigenschaft im Mittelpunkt: Der Stoff Natriumchlorid hat Eigenschaften, die nur über seine Struktur erklärbar sind. Im Rahmen des Stationenlernens sollen die Schülerinnen und Schüler Stoffe mit ihren typischen Eigenschaften beobachten und beschreiben sowie eine abschließende Einteilung bzw. Zuordnung begründen. Dabei ist selbstverständlich der Stoffbegriff einzuführen. Die Schülerinnen und Schüler haben im Anfangsunterricht häufig keine klare Vorstellung vom Stoffbegriff. Deshalb wird das Stationenlernen, das die praktische naturwissenschaftliche Arbeit in den Vordergrund rückt, durchgeführt.
In der Unterrichtsreihe sollen folgende Stoffeigenschaften untersucht werden:
- Dichte
- Wärmeleitfähigkeit
- Magnetismus
- Farbe/Glanz
- Geruch/Flüchtigkeit
- Härte
- Elektrische Leitfähigkeit (Feststoff bzw. in Lösung)
- Löslichkeit in Wasser und Benzin
Die fettgedruckten Stoffeigenschaften werden im Rahmen des beschriebenen Stationenlernens bearbeitet, während die Stoffeigenschaften Dichte, Wärmeleitfähigkeit und Magnetismus in den vorherigen Stunden untersucht wurden.
Farbe als Stoffeigenschaft ist mit Vorsicht anzuwenden, da sie sich bei physikalischen Prozessen auch verändern kann. Dennoch habe ich mich für Farbe als charakteristische Stoffeigenschaft entschieden, um den Schülerinnen und Schülern den Unterschied zwischen Metallglanz und Glasglanz zu verdeutlichen. Es ist davon auszugehen, dass die Lernenden fragen werden, weshalb „weiße" Stoffe als farblos einzuordnen sind. Als Demonstrationsexperiment kann ein (farbloses) Reagenzglas zermörsert werden, wodurch ein weißes Pulver entsteht. Vor Einführung der chemischen Reaktion soll ein Rückgriff auf die Stoffeigenschaften erfolgen. Dabei kann mit den Schülerinnen und Schülern noch einmal diskutiert werden, welche Eigenschaften zur Charakterisierung von reinen Stoffen und damit zu Stoffumwandlungen geeignet sind.[22]
Ziel des Stationenlernens ist nicht nur, dass die Schülerinnen und Schüler Stoffen ihre typischen Eigenschaften zuordnen können, sondern diese aufgrund ihrer charakteristischen Merkmale einzuordnen vermögen. Für diese Einordnung werden die Eigenschaften der Dichte, Wärmeleitfähigkeit und des Magnetismus nicht benötigt, sodass diese dem Stationenlernen vorangehen. Anhand der Untersuchung dieser Eigenschaften kann das Verhalten der Schülerinnen und Schüler beim Experimentieren von der Lehrperson beobachtet und diagnostiziert werden. Außerdem bietet es den Lernenden die Möglichkeit, das Experimentieren zu üben, bevor sie im Stationenlernen weitgehend selbstständig arbeiten.
Da im Zentrum der Einheit verschiedene Stoffe und ihre Eigenschaften stehen, wird der Stoffbegriff nicht über das Vorkommen der Stoffe oder synonyme Begriffe beschrieben. Vielmehr erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler den Stoffbegriff, indem sie durch das Stationenlernen erkennen, dass Stoffe durch charakteristische Eigenschaften beschrieben werden können. Zu Stoffen zählen beispielsweise auch Gase und Wasser, die im Rahmen des Stationenlernens nicht thematisiert werden. Deshalb wird im Anschluss an die Charakterisierung von Stoffen über ihre Eigenschaften eine Diskussion eingeleitet, die diesen Aspekt fokussiert.
Die Unterrichtseinheit legt die Grundlage für die Basiskonzepte Stoff-TeilchenBeziehungen und Struktur-Eigenschafts-Beziehungen. Im späteren Unterricht kann auf die beobachteten und beschriebenen Stoffeigenschaften zurückgegriffen werden. Dabei wird im Basiskonzept Stoff-Teilchen-Beziehungen die Metallbindung mit Hilfe des „Atomrumpf-Modells" beschrieben. Es kann ein Zusammenhang zwischen der Eigenschaft und der Struktur der Stoffe erkannt werden: Bei leicht flüchtigen Stoffen handelt es sich um Moleküle. Stoffe mit einem metallischen Glanz besitzen einen atomaren Aufbau, mit dem die elektrische Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit erklärt
[...]
[1] Vgl. Hellrung, 2011, S. 37.
[2] Vgl. Eilks, 2003, S. 367.
[3] Vgl. Gräber, W. (2002), S. 7 f..
[4] Vgl. Deutsches PISA-Konsortium (2001), S. 66.
[5] Vgl. Oelkers 1997, S. 87 ff..
[6] Vgl. Schiepe-Tiska, A., S. 192.
[7] Vgl.: Döbrich, 1999, S. 8 f..
[8] Vgl. Eilks, 2003, S. 364.
[9] Vgl. Kienast, 2012, S. 13, S. 15.
[10] Vgl. HKM, hessischer Lehrplan Chemie, S. 15.
[11] Vgl. HKM, hessischer Lehrplan Chemie, S. 13.
[12] Vgl. Vogelzang, 2012, S. 16 ff..
[13] Vgl. HKM, hessischer Lehrplan Chemie, S. 12.
[14] Vgl.: Mattes, 2014, S. 168 f..
[15] Vg.. Spörhase,, 2014, S. 210.
[16] Vgl. Studienseminar Koblenz.
[17] Vgl. HKM, hessischer Lehrplan Chemie, S. 12.
[18] Vgl. Krug, 2011, S. 13.
[19] Dabei wird die geringe Leitfähigkeit von Wasser oder Ethanol aufgrund der Autoprotolyse aus Gründen der didaktischen Reduktion nicht thematisiert (vgl. HKM, hessischer Lehrplan Chemie, S. 45).
[20] Vgl. Pfeifer (2002), S. 40, 41.
[21] Vgl. HKM, hessischer Lehrplan Chemie, S. 20.
[22] Vgl. Eilks, 2003, S. 367.