Angesichts einer Arbeitslosenzahl von annähernd 5,3 Millionen im März 2005 suchen Politik und Gesellschaft sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften nach Mitteln und Wegen, die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu senken. Neben Vorschlägen wie der Senkung der Lohnnebenkosten und der verstärkten Integration der Frau ins Erwerbsleben, steht auch häufig die Thematik des Kündigungsschutzes im Zentrum vieler Diskussionen. Doch gerade, wenn es um den Kündigungsschutz geht, wird die öffentliche Diskussion oftmals nicht durch fundierte Zusammenhänge geprägt. Die handelnden und beratenden Akteure spalten sich zumeist in zwei Lager. Stimmen wie der konservative niedersächsische Ministerpräsident führen an: „Es ist doch so, dass das so heilig gesprochene Kündigungsschutzrecht im Kern nur noch der Beschäftigung der Arbeitsgerichte und der Anwälte dient. [...] Der Kündigungsschutz [richtet sich] gegen die, die geschützt werden sollen“ (vgl. Süddeutsche Zeitung offizielle Homepage 2005). Demgegenüber steht das Lager derer, die sich vehement für einen Erhalt der gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen einsetzen. So hat sich – um nur ein Beispiel zu nennen – der Parteivorsitzende der SPD, Franz Müntefering, zu einer möglichen Abschaffung des Kündigungsschutzes mit den Worten „Das sind Dinge aus der Gedankenwelt des kalten Kapitalismus. Das ist der Abschied von der sozialen Marktwirtschaft“ (vgl. Süddeutsche Zeitung offizielle Homepage 2005) geäußert. Wenngleich auch eine solche plakative Äußerung nicht ökonomisch fundiert ist, so macht sie doch deutlich, dass Kündigungsschutzregelungen offenbar eine signifikante Beschäftigungswirkung beigemessen wird. Ob dies zutrifft und inwiefern aus ökonomischer Sicht Empfehlungen ausgesprochen werden können, soll Gegenstand dieser Arbeit sein.
Deutschland und die USA unterscheiden sich bezüglich der gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen deutlich. Im Rahmen der Zielsetzung der Arbeit sollen die Kündigungsschutzregelungen beider Länder näher analysiert werden. Hierbei soll insbesondere deutlich gemacht werden, ob und, wenn ja, welche Beschäftigungswirkung von entsprechenden Regelungen ausgeht und ob sich hieraus sinnvolle Optionen für eine potentielle Reform des Kündigungsschutzes in Deutschland ableiten lassen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Institutionenökonomische Grundannahmen
- 2.1 Begrenzte Rationalität, Faktorspezifität, opportunistisches Verhalten
- 2.2 Institutionenökonomische Grundannahmen im Kontext des Arbeitsvertrags
- 2.3 Differenzierter Kündigungsschutz
- 2.3.1 Arbeitnehmer mit Jedermannsqualifikationen
- 2.3.2 Arbeitnehmer mit allgemeinen Qualifikationen
- 2.3.3 Arbeitnehmer mit betriebsspezifischen Qualifikationen
- 3. Kündigungsschutz in Deutschland und den USA
- 3.1 Kündigungsschutz in Deutschland
- 3.1.1 Personenbedingte Kündigung
- 3.1.2 Verhaltensbedingte Kündigung
- 3.1.3 Betriebsbedingte Kündigung
- 3.2 Kündigungsschutz in den USA
- 3.2.1 Common Law - Doktrinen
- 3.2.2 Tarifverträge
- 3.2.3 Anti-Diskriminierungsgesetze
- 3.3 Überprüfung der realtypischen Erfüllung des differenzierten Kündigungsschutzes
- 4. Empirie zu Arbeitsmarktwirkungen des Kündigungsschutzes
- 4.1 Makroökonomische Arbeitsmarktwirkungen
- 4.2 Mikrooökonomische Arbeitsmarktwirkungen
- 5. Reform des Kündigungsschutzes aus der Perspektive des Varieties of Capitalism-Ansatzes
- 5.1 Varieties of Capitalism-Ansatz
- 5.1.1 Liberal Market Economy vs. Coordinated Market Economy
- 5.1.2 Bedeutung und Wirkung institutioneller Komplementaritäten
- 5.1.3 Branchenspezifische Wettbewerbsvorteile
- 5.2 Relevanz des VoC-Ansatzes für die Reformdiskussion
- 6. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Kündigungsschutz in Deutschland und den USA aus institutionenökonomischer Perspektive. Ziel ist es, die Beschäftigungswirkungen des Kündigungsschutzes in beiden Ländern zu untersuchen und daraus potentielle Reformansätze für den deutschen Kündigungsschutz abzuleiten. Die Arbeit berücksichtigt sowohl makro- als auch mikroökonomische Aspekte und integriert den Varieties of Capitalism-Ansatz.
- Institutionenökonomische Analyse des Kündigungsschutzes
- Vergleich des Kündigungsschutzes in Deutschland und den USA
- Empirische Untersuchung der Arbeitsmarktwirkungen
- Reformoptionen des Kündigungsschutzes in Deutschland
- Anwendung des Varieties of Capitalism-Ansatzes
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die aktuelle Diskussion um den Kündigungsschutz in Deutschland vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit. Sie verdeutlicht die gegensätzlichen Positionen von Politik und Gesellschaft und führt die zentrale Forschungsfrage ein: Welche Beschäftigungswirkungen hat der Kündigungsschutz, und welche Reformoptionen ergeben sich daraus? Der Vergleich zwischen Deutschland und den USA wird als methodischer Ansatz vorgestellt.
2. Institutionenökonomische Grundannahmen: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit dar. Es beschreibt zentrale institutionenökonomische Konzepte wie begrenzte Rationalität, Faktorspezifität und opportunistisches Verhalten. Diese Konzepte werden anschließend auf den Arbeitsvertrag angewendet, um das Konzept eines differenzierten Kündigungsschutzes zu entwickeln, der die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus der Arbeitnehmer berücksichtigt.
3. Kündigungsschutz in Deutschland und den USA: Dieses Kapitel vergleicht die Kündigungsschutzregelungen in Deutschland und den USA. Für Deutschland werden die verschiedenen Kündigungsgründe (personen-, verhaltens-, betriebsbedingt) detailliert analysiert. Der US-amerikanische Kündigungsschutz, primär durch Common Law, Tarifverträge und Anti-Diskriminierungsgesetze geprägt, wird kontrastiert. Die reale Umsetzung des differenzierten Kündigungsschutzes in beiden Ländern wird kritisch geprüft.
4. Empirie zu Arbeitsmarktwirkungen des Kündigungsschutzes: Dieses Kapitel präsentiert empirische Daten zur Arbeitsmarktwirkung des Kündigungsschutzes. Sowohl makroökonomische (Auswirkungen auf gesamtwirtschaftliche Indikatoren) als auch mikroökonomische (Auswirkungen auf Unternehmensebene) Effekte werden beleuchtet und analysiert. Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für die Bewertung des Kündigungsschutzes und mögliche Reformen.
5. Reform des Kündigungsschutzes aus der Perspektive des Varieties of Capitalism-Ansatzes: Dieses Kapitel stellt den Varieties of Capitalism-Ansatz vor, der die Institutionen eines Wirtschaftssystems als komplexe, interagierende Elemente betrachtet. Die Anwendung dieses Ansatzes ermöglicht eine umfassendere Analyse des Kündigungsschutzes und liefert weitere Argumentationsgrundlagen für mögliche Reformen. Die Unterschiede zwischen liberalen und koordinierten Marktwirtschaften werden im Kontext des Kündigungsschutzes diskutiert.
Schlüsselwörter
Kündigungsschutz, Institutionenökonomie, Arbeitsmarkt, Deutschland, USA, Varieties of Capitalism, Beschäftigungswirkung, Reform, Arbeitsvertrag, Qualifikation, Common Law, Tarifvertrag, Makroökonomie, Mikroökonomie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Kündigungsschutz: Ein institutionenökonomischer Vergleich Deutschland - USA
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Kündigungsschutz in Deutschland und den USA aus institutionenökonomischer Perspektive. Das Hauptziel ist es, die Auswirkungen des Kündigungsschutzes auf die Beschäftigung in beiden Ländern zu analysieren und daraus mögliche Reformansätze für den deutschen Kündigungsschutz abzuleiten. Die Analyse berücksichtigt sowohl makro- als auch mikroökonomische Aspekte und integriert den Varieties of Capitalism-Ansatz.
Welche institutionenökonomischen Grundannahmen werden verwendet?
Die Arbeit basiert auf zentralen institutionenökonomischen Konzepten wie begrenzter Rationalität, Faktorspezifität und opportunistischem Verhalten. Diese Konzepte werden auf den Arbeitsvertrag angewendet, um ein Modell des differenzierten Kündigungsschutzes zu entwickeln, das die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus der Arbeitnehmer berücksichtigt.
Wie wird der Kündigungsschutz in Deutschland und den USA verglichen?
Das Papier vergleicht detailliert die Kündigungsschutzregelungen in beiden Ländern. Für Deutschland werden die verschiedenen Kündigungsgründe (personen-, verhaltens-, betriebsbedingt) analysiert. Der US-amerikanische Kündigungsschutz, der hauptsächlich durch Common Law, Tarifverträge und Anti-Diskriminierungsgesetze bestimmt wird, wird gegenübergestellt. Die tatsächliche Umsetzung des differenzierten Kündigungsschutzes in beiden Ländern wird kritisch bewertet.
Welche empirischen Ergebnisse werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert empirische Daten zu den Auswirkungen des Kündigungsschutzes auf den Arbeitsmarkt. Sowohl makroökonomische (Auswirkungen auf gesamtwirtschaftliche Indikatoren) als auch mikroökonomische (Auswirkungen auf Unternehmensebene) Effekte werden untersucht und analysiert. Diese Ergebnisse liefern wichtige Informationen für die Bewertung des Kündigungsschutzes und die Entwicklung möglicher Reformen.
Welche Rolle spielt der Varieties of Capitalism-Ansatz?
Der Varieties of Capitalism-Ansatz, der die Institutionen eines Wirtschaftssystems als komplexe, interagierende Elemente betrachtet, wird verwendet, um den Kündigungsschutz umfassender zu analysieren und weitere Argumente für mögliche Reformen zu liefern. Die Unterschiede zwischen liberalen und koordinierten Marktwirtschaften werden im Kontext des Kündigungsschutzes diskutiert.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Institutionenökonomische Grundannahmen, Kündigungsschutz in Deutschland und den USA, Empirie zu Arbeitsmarktwirkungen des Kündigungsschutzes, Reform des Kündigungsschutzes aus der Perspektive des Varieties of Capitalism-Ansatzes und Zusammenfassung und Ausblick. Jedes Kapitel baut aufeinander auf und trägt zum Gesamtverständnis des Themas bei.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Kündigungsschutz, Institutionenökonomie, Arbeitsmarkt, Deutschland, USA, Varieties of Capitalism, Beschäftigungswirkung, Reform, Arbeitsvertrag, Qualifikation, Common Law, Tarifvertrag, Makroökonomie, Mikroökonomie.
Welche Forschungsfrage steht im Mittelpunkt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Welche Beschäftigungswirkungen hat der Kündigungsschutz, und welche Reformoptionen ergeben sich daraus?
- Quote paper
- Philipp Rebel (Author), 2005, Arbeitsrecht und Beschäftigung - Eine institutionenökonomische Analyse des Kündigungsschutzes in Deutschland und den USA, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/39438