Innerhalb der Geschichte Rußlands als Vielvölkerreich stellen die zentralasiatischen Territorien, die unter dem Namen Turkestan zusammengefaßt wurden, einen Sonderfall dar. Auf der einen Seite waren sie spätestens ab den Siegen der russischen Generäle Skobelew (Gök-Tepe, 1881) und Komarow (Eroberung von Merw, 1884) fester Bestandteil des Rußländischen Binnenimperiums, auf der anderen Seite standen sie aber seit 1868 unter militärischer Sonderverwaltung in Form eines Generalgouvernements, und die Züge der imperialen Militärverwaltung glichen eher denen einer Kolonie und weniger denen einer Provinz.
Anders als in Sibirien, wo nicht allein die mentale Aneignung des Raums durch die Russische Intelligenzija als das „bessere Rußland“ bereits vonstatten gegangen war, sondern auch die zivile Administration und die durch die russische Besiedelung einhergehende Akkulturation der Bevölkerung darauf hinweisen, daß es sich hierbei um Provinzen des Reiches handelte. Auch aus russischer Sicht erwiesen sich die neuerworbenen Gebiete als Möglichkeitsraum, es den europäischen Kolonialreichen gleichzutun und in diesem neuen zentralasiatischen Kolonialgebiet deren Methoden anzuwenden, um Rußland zu modernisieren und wirtschaftlich zu entwickeln.
Ein wesentliches Instrument der Erschließung und Nutzbarmachung dieser weiten Räume war die Eisenbahn, deren Bau in Sibirien 1891 und in Turkestan 1880 begann.
Die Frage, der sich diese Arbeit widmen wird, ist demnach, inwieweit die Transkaspische Eisenbahn der Provinzialisierung der „Kolonie“ Turkestan diente. Nach Darstellung der Bedeutung des Themas für die Forschung und deren Stand wird, um diese Frage zu beantworten, zunächst eine Konzeptspezifikation die nötige begriffliche Klarheit herstellen. Anschließend wird eine These erstellt, die anhand mehrerer Aspekte und deren Hypothesen überprüft werden wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung:
- Bedeutung des Themas und Forschungsstand:
- Konzeptspezifikation:
- Motive für den Bau der Transkaspischen Eisenbahn - Hypothesengenerierung:
- Militärische Suprematie:
- Ökonomische Transformation:
- Civilizatorskaja Missija:
- Fazit: Die Transkaspische Eisenbahn - Brücke oder Graben?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht, inwieweit die Transkaspische Eisenbahn zur Provinzialisierung Turkestans beitrug. Der Fokus liegt auf der Analyse, ob und in welchem Ausmaß der Eisenbahnbau die Region Turkestan wirtschaftlich, politisch und sozial an das Russische Reich anglich und somit eine Integration in das imperiale Zentrum ermöglichte.
- Der Status Turkestans innerhalb des Russischen Reiches und die Frage nach seiner Kolonialität.
- Die Motive für den Bau der Transkaspischen Eisenbahn, insbesondere militärische, wirtschaftliche und zivilisatorische Aspekte.
- Die Auswirkungen des Eisenbahnbaues auf die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung Turkestans.
- Die Rolle der Transkaspischen Eisenbahn in der Akkulturation der zentralasiatischen Bevölkerung.
- Der Vergleich von Turkestan mit anderen Kolonialräumen und die vergleichende Analyse des Einflusses von Eisenbahnprojekten auf die Entwicklung von Regionen.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel stellt die Bedeutung des Themas für die Geschichtsforschung vor und setzt sich mit der Frage nach dem Status Turkestans innerhalb des Russischen Reiches auseinander. Dabei werden verschiedene Perspektiven und Forschungsansätze beleuchtet.
- Motive für den Bau der Transkaspischen Eisenbahn - Hypothesengenerierung: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Motive, die zum Bau der Transkaspischen Eisenbahn führten. Es werden militärische, wirtschaftliche und zivilisatorische Aspekte beleuchtet und Hypothesen aufgestellt, die in den folgenden Kapiteln überprüft werden.
Schlüsselwörter
Transkaspische Eisenbahn, Turkestan, Provinzialisierung, Kolonie, Russisches Reich, Imperialismus, Zivilisierungsmission, Ökonomische Transformation, Militärische Suprematie, Baumwollproduktion, Akkulturation.
- Arbeit zitieren
- Maximilian Hohenstedt (Autor:in), 2015, Die Transkaspische Eisenbahn. Brücke oder Graben des Russländischen Imperiums zur zentralasiatischen Peripherie?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/385712