Kulturdimensionen sind Bestandteil vieler Trainingskonzepte und werden von den meisten Anbietern genutzt. In kaum einem Buch mit vorgeschlagenen Trainingskonzepten fehlen Kulturdimensionen oder andere Kulturerfassungsansätze. Auch sind sie häufig der erste Kontakt, den Geschäftsleute mit dem Thema "interkulturelle Kommunikation" machen. Die Arbeiten von Hofstede und Trompenaars sind in aller Munde. Doch weshalb finden Sie so großen Anklang? Welche Chancen liegen in der Verwendung von Kulturdimensionen? Gibt es Risiken, und wenn ja, welche?
In dieser Arbeit werde ich mich mit eben diesen Fragen auseinandersetzen, die mit der Verwendung von Kulturdimensionen in IKTs einhergehen. Dabei werde ich zunächst einige der bekannten Autoren und Ansätze darstellen, um eine Basis für die weitere Bearbeitung des Themas zu liefern. Dann stelle ich die Frage nach den Zielen der IKTs um die Beantwortung der Frage nach Chancen und Risiken von Kulturdimensionen einen Maßstab zugrunde legen zu können. Zum Schluss der Arbeit folgt ein Fazit.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Kulturdimension – Ein Überblick über bekannte Ansätze.
Edward T. Hall
Triandis
Kluckhohn/Strodbeck
Geert Hofstede
III. Ziele des IKT
IV. Die Chancen
V. Die Risiken
VI. Fazit
VII. Literaturliste
I. Einleitung
„Es gibt im Grunde kein Training, in dem ich Kulturdimensionen nicht benutze.“[1]
Die freie Trainerin, unter anderem für TI Communications von der dieses Zitat stammt ist keine Ausnahme. Kulturdimensionen sind Bestandteil vieler Trainingskonzepte und werden von den meisten Anbietern genutzt.[2] In kaum einem Buch mit vorgeschlagenen Trainingskonzepten fehlen Kulturdimensionen[3] oder andere Kulturerfassungsansätze.[4] Auch sind sie häufig der erste Kontakt den Geschäftsleute mit dem Thema „interkulturelle Kommunikation“ machen. Die Arbeiten von Hofstede und Trompenaars sind in aller Munde. Doch weshalb finden Sie so großen Anklang? Welche Chancen liegen in der Verwendung von Kulturdimensionen? Gibt es Risiken, und wenn ja, welche?
In dieser Arbeit werde ich mich mit eben diesen Fragen auseinandersetzen, die mit der Verwendung von Kulturdimensionen in IKTs einhergehen. Dabei werde ich zunächst einige der bekannten Autoren und Ansätze darstellen, um eine Basis für die weitere Bearbeitung des Themas zu liefern. Dann stelle ich die Frage nach den Zielen der IKTs um die Beantwortung der Frage nach Chancen und Risiken von Kulturdimensionen einen Maßstab zugrunde legen zu können. Zum Schluss der Arbeit folgt ein Fazit.
II. Kulturdimension – Ein Überblick über bekannte Ansätze.
Worüber sprechen wir überhaupt, wenn wir über Kulturdimensionen sprechen? Worin unterscheiden sich die Ansätze und wie bedeutsam sind sie für Forschung und praktische Anwendung in Trainings? Ich möchte den Grundgedanken, den alle Ansätze zu Kulturdimensionen letztlich teilen, anhand der sehr eingängigen Darstellung von Kluckhohn und Strodtbeck darlegen. Diese Folgen drei Thesen:
1. Jede Gruppe von Menschen (zu jeder Zeit und an jedem Ort) ist mit einer bestimmten Anzahl von Problemen konfrontiert, auf die sie Antworten finden muss.
2. Für jedes dieser Probleme gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Antworten (oder Werten).
3. Jeder Gruppe von Menschen stehen sämtliche Antwortmöglichkeiten offen. Jedoch müssen einmal gefundene Antworten relativ stabil innerhalb der Gruppe weitergegeben werden, um Kommunikation, Koordination und Kooperation (also letzten Endes Gemeinschaft) zu ermöglichen.[5]
Kultur ist also letztlich die Summe der Lösung jener Probleme vor die sich jede Gruppe von Menschen gestellt sieht. Kultur ist Problemlösen. Diese Annahmen voraus geschickt, ist es Wissenschaftlern möglich, diese Probleme (Dimension) und die möglichen Antworten (Ausprägungen innerhalb der Dimension) durch Forschung zu entdecken und zu beschreiben. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Ansätze hinsichtlich ihrer Forschungsperspektive, Methode und der Darstellung der Ergebnisse erheblich. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze kurz dargestellt, um diese Vielfalt deutlich zu machen.
Edward T. Hall
Der als Begründer der Interkulturellen Kommunikation bekannte Edward T. Hall veröffentliche bereits Mitte der 60er Jahre seine Arbeiten. Er entwickelte neben seinem auf 10 Kategorien reduzierten Primary Message Systems auch drei wichtige Dimensionen: Raum, Zeit und High vs. Low Context. Dabei nutze Hall die Methode der Beobachtung und Analyse von Gesprächsituationen zur induktiven Theoriebildung.[6] Ihm kommt aufgrund seiner Pionierarbeit eine besondere Bedeutung zu.[7]
Triandis
Der Grieche Harry C. Triandis entwickelte in den 70er Jahren seine Arbeiten, die sich insbesondere mit der Dimension „Individualismus-Kollektivismus“ befassen, mit Hilfe ausführlicher Literaturrecherchen und der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus anderen Kulturen. Dabei subsumiert er unter eine einzelne große Dimension „Individualismus-Kollektivismus“ viele Aspekte, die in anderen Ansätzen als eigenständige Dimensionen auftauchen. Innerhalb der interkulturellen Kommunikation erlangte er seine Berühmtheit nicht durch diese Arbeit, sondern durch seine Rolle als Herausgeber des Handbook of Cross-Cultural Psychologie im Jahr 1980.[8]
Kluckhohn/Strodbeck
Kluckhohn und Strodtbeck veröffentlichten in Ihrem Buch „Variations in value Orientations“ 1961 insgesamt 5 Dimensionen von Kultur und jeweils drei Ausprägungen derselben. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung nach Kluckhohn/Strodtbeck, 1961, S. 12.
Ihre vergleichende Studie mit Fragebogen an den unterschiedlich enkulturierten Bewohnern im Gebiet Rimrock in Texas führte zur Entwicklung der Wertorientierungstheorie, die Sie bekannt machte.
Geert Hofstede
Der außerhalb der Interkulturellen Kommunikation wohl bekannteste Autor ist Geert Hofstede. Der Niederländer veröffentlichte 1997[9] die Ergebnisse seiner vergleichenden empirischen Forschung innerhalb des IBM Konzerns und lieferte direkt im Anschluss an das wissenschaftliche Werk eine populärwissenschaftliche Ausgabe mit eindeutigen und leicht nachvollziehbaren Darstellungen. Hofstede glaubte zunächst 4 dichotome Dimensionen (Individualismus-Kollektivismus, Maskulinität-Feminität, Unsicherheitsvermeidung, Machtdistanz) entdeckt zu haben und ergänzte später durch eine Weitere (Langzeit- vs. Kurzeitorientierung). Gerade durch seine leichte Vermittelbarkeit ist Hofstede sowohl in anderen wissenschaftlichen Disziplinen als auch in der Wirtschaft sehr bekannt.[10] Innerhalb der interkulturellen Forschergemeine sind seine Erkenntnisse allerdings umstritten.[11] Im Fokus der Kritik steht dabei seine Methodik.[12]
Fon Trompenaars
Neben Hofstede ist Trompenaars wohl der in der Geschäftswelt bekannteste Autor. Auch seine Veröffentlichungen[13] zeichnen sich durch die klare Struktur und eine durch zahlreiche konkrete Beispiele unterstützte Verständlichkeit aus. Allerdings arbeitete Trompenaars (zusammen mit Charles Hampden-Turner) seine Kulturdimensionen nicht selbständig aus, sondern entlieh sieh direkt aus den Arbeiten Talcott Parsons sowie Hofstede, Hall und Kluckhohn/Strodtbeck. Trompenaars führte eigene empirische Untersuchungen durch, in denen er ca. 30.000 Fragebögen, welche hauptsächlich von Managern ausgefüllt worden waren, auswertete.
Allen Ansätzen liegt zwar die Annahme zugrunde, dass es so etwas wie „Kulturdimensionen“, also universal feststellbare Kategorien, gibt. Jedoch unterscheiden sie sich massiv hinsichtlich der Anzahl der Dimensionen, der Anzahl der Ausprägungen innerhalb jeder Dimension sowie der Frage, ob einzelne Kulturen bereits Ausprägungen zugeordnet werden. Dabei stechen besonders Hofstede und Trompenaars heraus, da sie ihre abstrakten Dimensionen auch „füllen“, also Kulturen (anhand von Nationalitäten) bestimmten Dispositionen zuordnen.
III. Ziele des IKT
Was ist das Ziel eines interkulturellen Trainings und können Kulturdimensionen bei der Erreichung dieser Ziele helfen? Um diese Frage beantworten zu können, muss klar sein, welche Ziele ein Training hat. Dies werde ich versuchen.
Ich möchte Kainzbauer in ihrer Aufsplittung von Trainingszielen und Trainingsauswirkungen folgen und zunächst die Trainingsziele darstellen. Diese sind:
1. Anpassung an eine neue kulturelle Umgebung
2. effektive Interaktion mit Mitgliedern anderer Kulturen
3. persönliche Zufriedenheit[14]
Wie bei Kainzbauer hilft die Betrachtung der Trainingsauswirkungen, die sich auf die unmittelbare Wirkung eines Trainings bezieht, die Ziele etwas klarer zu machen. Neben Triandis Forderung nach der Befähigung zur „isomorphen Attribution“, nennt die Literatur drei Bereiche in denen Veränderungen erzielt werden sollen:
- Kognitives Wissen (Besseres Verständnis der Gastkultur aus deren Sicht, verminderter Gebrauch von Stereotypen in der Einschätzung der Gastkultur, Entwicklung von komplexen statt vereinfachten Ansichten über die Gastkultur, Vergrößerung des Wissens über andere Kulturen, Entwicklung von Weltoffenheit)
- Affektive Einstellung (Größere Freude und weniger Anspannung im Umgang mit anderen Kulturen)
- Verhalten (Verbesserte interpersonale Beziehung am Arbeitsplatz, Bessere Anpassung an alltägliche Stresssituation in anderen Kulturen und bessere berufliche Leistungen)[15]
Zusammengefasst geht es also darum, von einer negativen, ablehnenden Haltung hin zu einer positiven Haltung und der Fähigkeit zu effektivem Handeln bei den Teilnehmern zu kommen.
Es geht also offensichtlich um eine Kombination von Wirkungen, die angestrebt werden sollen, um die Trainingsziele letztlich zu erreichen. Doch was kann die Verwendung von Kulturdimensionen hier leisten? Welche Chancen und Risiken sind mit ihrem Einsatz verbunden?
IV. Die Chancen
Bevor ich auf die Chancen der Verwendung von Kulturdimensionen eingehe, muss ich auf die Problematik der Evaluierung eingehen. Denn im Grunde kann der Erfolg einer Methode (und damit auch die Chancen von IKTs) bisher nur unzureichend bewertet werden. Es ist zur Zeit nicht möglich den Effekt von IKTs korrekt zu messen. Vor diesem Hintergrund erscheint es unmöglich, einzelne Trainingsmodule zu bewerten. Dies soll allerdings in dieser Arbeit auch gar nicht versucht werden. Vielmehr geht es darum, aus einer theoretischen Perspektive und Möglichkeiten und Grenzen zu benennen. Dies passiert hier anhand von Literaturanalyse, Trainerinterviews und der eigenen Erfahrung.
Aber zurück zum Thema: Was können Kulturdimensionen leisten?
Zunächst möchte ich auf die wohl größte Chance eingehen. Vorhandene, negative Stereotype[16] können durch wertfreie ersetzt werden. Anders als die vorhandenen Stereotype über andere Kulturen, beruhen Sie auf Forschung, sie sind „Sophisticated Stereotypes“,[17] da sie auf theoretischen Konzepten beruhen und von (negativen) Wertungen absehen. Sie stehen sozusagen auf stabileren Füßen, da sie durch Studien identifiziert wurden. Einige Dimensionen wurden immer und immer wieder von verschiedenen Forschern und durch verschiedene Methoden belegt. So zum Beispiel die Dimension Individualismus-Kollektivismus.[18] „Sophisticated Stereotypes“ sind nützlich, besonders in den Anfangsstadien der Erklärungssuche von kulturellem Verhalten. Sie sind „the first best guess“ bevor man mehr und fundierte Informationen aus der neuen Kultur hat. Verbreitete, negative Stereotype durch fundierte zu ersetzen, sollte den Umgang im interkulturellen Kontext also erleichtern und zu einer positiveren Haltung führen.[19] Das kann eine große Chance sein.
[...]
[1] Telefoninterview am 24. Januar 2008
[2] Bei einer Recherche, die ich im Sommer 2006 durchführte, enthielten alle 11 Angebote Module, die auf Kulturdimensionen basieren. Darunter waren Angebote etablierter Firmen wie: Compass International, Intercultures, Holzhauser IFIM, Culture Options, Icunet.Ag. Dieses Material kann ich gerne nachreichen.
[3] Zum Beispiel bei Kohls, Knight, 1994
[4] Leider kann in dieser Arbeit nicht auf andere Kulturerfassungsansätze wie beispielsweise die Kulturstandards nach Brislin oder Thomas eingegangen werden.
[5] Kluckhohn, Strodtbeck, 1961. Immer wieder zitiert bspw. Von Maletzke, Gerhard, 2003, S. 80f in: Interkulturelle Kommunikation, Westdeutscher Verlag, Opladen.
[6] Freithofer, EPIMA 2, S. 7
[7] Hall hat zahlreiche Werke veröffentlicht. Die wichtigsten sind: Hall, E.T.: The Silent Language, Garden City, New York, 1959 und Hall, E.T.: the hidden dimension, Garden City, New York, 1969.
[8] Triandis, Harry C., Individualism and collectivism, Boulder, 1995 und Triandis, Harry C., Brislin, R., Hui, C.H., Cross-Cultural Training Across the Individualism – Collectivism Divide. In: International Journal of Intercultural Relations 12 S. 269 – 289, 1988.
[9] Aktuelle Ausgabe: Hofstede, Geert: Culture's Consequence; SAGE Publications, 2003, 2. Auflage
[10] Reimer, Annett: Die Bedeutung der Kulturtheorie von Geert Hofstede für das internationale Management, In: Wismarer Diskussionspapiere, Wismar: Heft 20/2005
[11] Der Einfluss Hofstedes in der IKK ist enorm. Dies zeigt, dass es gar Konferenzen gibt, die sich einzig mit seinem Einfluss und der Überwindung desselben auseinander setzen. So die Konferenz „Crosscultural Life of Social Values“ in Rotterdam im Mai 2007, deren Aufgabe eben dies war. Auch gibt es eine Vielzahl von kritischer Literatur zu seinen Studien. Exemplarisch hier Javidan/ House / Dofman /Hanges / Sully de Luque: Conceptualizing and measuring cultures and their consequences: a comparative review of GLOBE’s and Hofstede’s approaches in: Journal of International Business Studies, Ausgabe 37, 2006.
[12] Beispielsweise von McSweeney: McSweeney, Brendan: Hofstedes Model of National Cultural Differences and Their Consequences. A Triumph of Faith – A Failure of Analysis. In: Human Relations 55 (2002), 89 – 118
[13] Fons Trompenaars: Riding the Waves of Culture: Understanding Cultural Diversity in Business. Random House Business Books, Februar 1993
[14] Kainzbauer, 2002, S. 17ff
[15] Kainzbauer, 2002, S. 19f
[16] eine besonders knappe, aber gute Einführung zum Thema Stereotype lieferte Jingtao Yu 2006
[17] Begriff und Argument nach Joyce S. Osland, A. Bird: Beyond Sophisticated Stereotyping: Cultural Sensemaking in Context, In: Academy of Management Executive 1 (2000), 65-77
[18] Beispielsweise bei Hofstede, Triandis, Trompenaars, Kluckhohn & Strodtbeck...
[19] Eine ähnliche Einschätzung teilt auch Alexander Thomas, der sich allerdings auf Kulturerfassungsansätze im Allgemeinen bezieht in Thomas, 2006, 11ff