Einleitung
Ich habe mich in der vorliegenden Arbeit mit dem Doppelgängermotiv beschäftigt, und dabei primär den gesellschaftlichen Kontext der damaligen Zeit berücksichtigt. Die Epoche des Viktorianismus ist nicht nur eine Zeit rigider Moralvorstellungen, sondern auch besonders gegen Ende eine Zeit des Umbruchs gewesen; vorher scheinbar ewig gültige Werte und religiöse Wertvorstellungen verloren ihre Unantastbarkeit.
„The particular difficulties encountered by the English imperialism in its decline were conditioned by the nature of the supremacy which had been asserted: not a simple racial supremacy, but one constantly seen as founded on moral superiority.“ (Punter 241)
Die Theorien Darwins waren dafür zu einem großem Teil verantwortlich, und wurden besonders nach Stevenson von vielen Schriftstellern verarbeitet. Daß es dabei, wie später bei Jack London, zu einer Überbetonung des „survival of the fittest“ (was den jeweiligen Autor natürlich immer einschloß) kam, wird heute wohl zu Recht eher belächelt. Auch Stevenson war vor dieser Versuchung nicht gefeit; seine oft markigen Sprüche wirken vor dem Hintergrund seiner körperlichen Konstitution wenig überzeugend, und sind Teil dieser damals weitverbreiteten Modeerscheinung unter Intellektuellen.
„He went where he did partly because he was an adventurer and partly because he was an invalid.“ [...] „He was couragous; and yet he had to be shielded against two things at once, his weakness and his courage. But his picture of himself as a vagabond with blue fingers on the winter road is avowedly an ideal picture; it was exactly that sort of freedom that he could never have.“ (Chesterton 13)
Stevenson war getrieben von seinen Träumen, den „Brownies“, denen er praktisch ein Eigenleben zugestand. „Born with a weakness of chest inherited from his mother, he would often as a small boy spend long nights awake, wracked by painful bouts of coughing. Bad as these nights were, the alternative of drifting off to sleep offered terrors far more formidable.“ (Hennessy 19) Auch „Jekyll and Hyde“ soll seine Entstehung einem dieser Träume verdanken, und im Falle Stevensons erscheint dieses mystische Argument sogar glaubwürdig. Er wurde von einem starken Freiheitsdrang beseelt, und besaß wohl deshalb eine besondere Sensi-bilität für unsinnige Moralvorstellungen...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die Entstehung von Hyde
- a) Hydes Einfluß auf Jekylls Umfeld
- b) Hyde als ausgelebter Charakterzug
- II. Tabus und Normen: Jekyll als Opfer und Täter
- Schlußbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Doppelgängermotiv in Robert Louis Stevensons „The Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde“ vor dem Hintergrund des viktorianischen Zeitgeistes.
- Die Entstehung des Doppelgängers Hyde als Resultat unterdrückter Triebe und rigider Moralvorstellungen
- Die Auswirkungen von Hydes Taten auf Jekylls soziales Umfeld und die viktorianischen Normen
- Die Analyse von Jekyll als Opfer und Täter, gefangen in einer gespaltenen Persönlichkeit
- Die Kritik an der viktorianischen Doppelmoral und den Zwängen der Gesellschaft
- Die Darstellung der ambivalenten Natur von Freiheit und Moral
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert den gesellschaftlichen Kontext des Viktorianismus als eine Epoche rigider Moralvorstellungen und Umbrüche. Die Arbeit konzentriert sich auf die Kritik an der viktorianischen Gesellschaft, die in „Jekyll and Hyde“ zwischen den Zeilen zu lesen ist.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Entstehung von Hyde, dem Doppelgänger Jekylls. Die Arbeit beleuchtet die Rolle der mysteriösen Droge, die Jekyll verwendet, um Hyde freizusetzen. Die Analyse stellt die Ambivalenz der Droge heraus, die gleichzeitig als Mittel zur Befreiung und zur Unterdrückung betrachtet werden kann.
Das zweite Kapitel untersucht die Auswirkungen von Hydes Taten auf Jekylls soziales Umfeld. Die Arbeit zeigt auf, wie die viktorianischen Tabus und Normen Jekyll zu seinem verhängnisvollen Schritt treiben, da er sich ein Leben ohne Schuldgefühle nicht vorstellen kann.
Schlüsselwörter
Doppelgängermotiv, viktorianischer Zeitgeist, Moralvorstellungen, unterdrückte Triebe, „The Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde“, Robert Louis Stevenson, Tabus, Normen, Doppelmoral, Freiheit, Opfer, Täter
- Arbeit zitieren
- Marcus Knoche (Autor:in), 1996, The Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/37487