Diese Arbeit geht der Frage nach, welches Konfliktpotenzial eine nicht-gendersensible Pflege birgt. Die moderne Gesellschaft stellt als oberste Priorität zwei Ansprüche an einen Menschen: Gesundheit als Charakteristikum von Normalität und strukturelle Zweigeschlechtlichkeit. Dass Frauen und Mädchen mit Behinderung mehrdimensionaler Benachteiligung ausgesetzt sind, ist unstrittig. Obwohl es Standard ist, dass Forschungsergebnisse nach Geschlecht aufgegliedert dargestellt und auf statistische Zusammenhänge mit anderen Kategorien untersucht werden, fehlt jedoch häufig eine tiefergehende Analyse von Geschlechterverhältnissen und geschlechtssensiblen Konsequenzen für die Pflege. Es herrscht ein eklatanter Mangel an Forschung in Bezug auf die Verbindung der Strukturkategorien Geschlecht und Behinderung als ,,Indikatoren gesellschaftlicher Ungleichheitslagen'' (Schildmann 2007, S. 17). Daraus resultiert die Forderung nach Anerkennung des Geschlechts auch bei Menschen mit Behinderung.
Neben der häuslich-privaten Pflegetätigkeit, der zumeist Frauen nachgehen, ist der Pflegesektor ein großer Bereich auf dem Arbeitsmarkt. Von Assistenz abhängig zu sein bedeutet, der pflegenden Person mehr oder weniger ausgeliefert zu sein. Gewalterfahrungen sind im Leben vieler Frauen mit Behinderung sehr präsent. Sie erfahren bis zu dreimal häufiger Gewalt als nicht-behinderte Frauen. Jede dritte Frau mit Behinderung ist zudem in ihrer Kindheit oder Jugend Opfer von sexuellem Missbrauch geworden. Ebenso jede dritte wird oder wurde als Erwachsene zu sexuellen Handlungen gezwungen. Bis zu 90% der Frauen erleben psychische Gewalt und rund dreiviertel physische Gewalt. Warnsignale werden im Gesundheitssystem häufig übersehen. So werden blaue Flecken beispielsweise einem behinderungsbedingten Sturz zugeschrieben, ohne dass genauer nachgefragt wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Schutz vor Gewalt in allen Lebenslagen zu gewährleisten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Frauen mit Behinderung in Deutschland
- Intersektionalität
- Geschlecht und Behinderung
- Zur Assistenzsituation von Frauen mit Behinderung
- Rechtliche Grundlagen
- Gründe für geschlechtersensible Pflege
- Handlungsstrategien
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Konfliktpotenzial einer nicht-gendersensiblen Pflege, insbesondere für Frauen mit Behinderung in Deutschland. Sie beleuchtet die Mehrfachdiskriminierung, die Frauen mit Behinderung aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit und ihrer Behinderung erfahren, und analysiert die Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Pflege.
- Intersektionalität und die Verwobenheit von Geschlecht und Behinderung
- Die besondere Situation von Frauen mit Behinderung in Bezug auf Gewalt und Assistenz
- Rechtliche Grundlagen und Anforderungen an die Pflege von Menschen mit Behinderung
- Die Notwendigkeit geschlechtersensibler Pflege zur Vermeidung von Diskriminierung und Gewalt
- Mögliche Handlungsstrategien für eine geschlechtersensible Pflege
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik von Frauen mit Behinderung als Opfer von Mehrfachdiskriminierung dar und führt in die Thematik der geschlechtersensiblen Pflege ein. Kapitel 2 beleuchtet die Intersektionalität und die Wechselwirkungen von Geschlecht und Behinderung. Es werden die gesellschaftlichen Zuschreibungen und die Konstruktion von Geschlecht und Behinderung als Abweichungen von der Norm erläutert.
Schlüsselwörter
Geschlechtersensible Pflege, Frauen mit Behinderung, Intersektionalität, Mehrfachdiskriminierung, Gewalt, Assistenz, Rechtliche Grundlagen, Handlungsstrategien.
- Arbeit zitieren
- Lisa Schwenty (Autor:in), 2017, Geschlechtssensible Pflege von Frauen mit Behinderungen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/373208