Nach dem Perspektivwechsel, der durch die Customer Dominant Logic einsetzte, besteht ein Bedarf für Forschung im Bereich der Kundenaktivitäten, dem Service Value und der Beziehung zwischen beiden. Aus dem Blickwinkel der Kunden erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Kundenaktivitäten hinsichtlich der Unterteilung in autonome und interaktive Aktivitäten und wie diese durch den Kunden wahrgenommen werden. Die Beziehung ergibt sich aus der Wirkung der Aktivitäten auf den Service Value, wobei an dieser Stelle auch die Differenzierung der Kundenaktivitäten in autonome und interaktive Aktivitäten in ihrer Wirkung auf den Service Value weiter erforscht werden soll.
Für die Wissenschaft ergibt sich hier eine Möglichkeit, mit Hilfe der qualitativen Studie und Interpretation sowohl die Customer Dominant Logic weiter zu entwickeln als auch insbesondere die Kundenaktivitäten und den Service Value tiefergehend zu erforschen. Besonders im Bereich der Wirkbeziehungen zwischen Value und Aktivitäten können neue Forschungsfelder entstehen. Diese Arbeit soll hierzu einen explorativen Beitrag leisten. Daraus kann die Praxis verschiedene Implikationen im Hinblick auf die Dienstleistungsgestaltung als auch das Marketing ableiten und insgesamt ein verbessertes Kundenverständnis erlagen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Relevanz von Kundenaktivitäten und Service Value
2. Begriffliche Einordnung und Forschungsstand
2.1 Kundenaktivitäten in der Customer Dominant Logic
2.1.1 Customer Dominant Logic
2.1.2 Kundenaktivitäten
2.2 Service Value – ein Wertbegriff
3. Rahmenbedingungen und Methodik der qualitativen Studie
3.1 Explorative qualitativ empirische Studie
3.2 Probandenauswahl
3.3 Auswertungsmethode
4. Auswertung der Interviews
4.1 Auswertung der Kundenaktivitäten
4.1.1 Dimensionen von Kundenaktivitäten
4.1.2 Art der Kundenaktivitäten
4.2 Auswertung des Service Value
5. Interviewvergleich und Literatureinordnung
5.1 Analyse der Kundenaktivitäten
5.2 Analyse des Service Value
6. Implikationen und Limitation der durchgeführten Studie
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Service Value
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Ethnographie der Probanden
Tab. 2:Kodierung und Kategorien
1. Relevanz von Kundenaktivitäten und Service Value
Das Aufkommen der Customer Dominant Logic in der aktuellen Forschung beeinflusst die Wahrnehmung der Dienstleistungen[1]. Im Gegensatz zu bisherigen Sichtweisen, wie Goods Dominant Logic oder Service Dominant Logic, stellt die Customer Dominant Logic die Kundenwahrnehmung in den Mittelpunkt[2]. Mit diesem Perspektivwechsel besteht ein Bedarf für die Erforschung dieser Wahrnehmung, im Besonderen der Kundenaktivitäten und des Kundennutzens (Service Value), sowie der Beziehung von beiden. Aus diesem neuen Blickwinkel erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Kundenaktivitäten hinsichtlich der Unterteilung in autonome und interaktive Aktivitäten. Hierbei soll auch geklärt werden, wie diese vom Kunden wahrgenommen und durchgeführt werden. Die Beziehung ergibt sich aus der Wirkung der Aktivitäten auf den Service Value, wobei auch an dieser Stelle die Differenzierung der Kundenaktivitäten in autonome und interaktive Aktivitäten in ihrer Wirkung auf den Service Value weiter erforscht werden soll. Daraus ergibt sich für die Wissenschaft die Möglichkeit die Customer Dominant Logic weiter zu entwickeln, als auch insbesondere die Kundenaktivitäten und den Service Value tiefergehend zu erforschen. Im Bereich der Wirkungsbeziehungen zwischen Value und Aktivitäten können neue Forschungsfelder entstehen und zudem kann diese Arbeit einen explorativen Beitrag leisten. Daraus folgend kann die Praxis verschiedene Implikationen im Hinblick auf die Dienstleistungsgestaltung als auch das Marketing ableiten und insgesamt ein verbessertes Kundenverständnis erlangen. Die mit Hilfe der qualitativen Studie zu beantwortenden Forschungsfragen sind folgende:
FF1: Wie nimmt der Kunde seinen Service Value wahr?
FF2: Welche Aktivitäten nehmen Kunden wahr oder führen sie durch?
FF3: Wie beeinflussen autonome Kundenaktivitäten den Service Value?
FF4: Wie beeinflussen interaktive Kundenaktivitäten den Service Value?
FF5: Welche Wirkungsunterschiede zwischen autonomen und interaktiven Kundenaktivitäten gibt es?
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird in Kapitel zwei mit einer begrifflichen Einordnung von Customer Dominant Logic, Kundenaktivitäten und Service Value begonnen, wobei der aktuelle Forschungsstand wiedergegeben wird. Die Methodik sowie die Rahmenbedingungen der qualitativen Studie werden in Kapitel drei behandelt. In diesem werden zunächst der Forschungsrahmen vorgestellt. Dabei sind Auswertungsmethode und Probandenauswahl Bestandteile des Kapitels und sollen dem Leser ein Verständnis für die Auswahl der Interviewsituation (Setting) als auch einen Einblick in die Vorbereitung der narrativen Interviews geben. Anschließend werden im nächsten Kapitel die narrativen Interviews ausgewertet. Außerdem werden die vorgenommene Kodierung und die Kategorienbildung erläutert. Kapitel fünf beinhaltet den Interviewvergleich und die Literatureinordnung, im engeren Sinne die Analyse. Hierbei werden Übereinstimmungen mit der aktuellen Forschung dargestellt und schließlich die oben genannten Forschungsfragen beantwortet. Die vorliegende Arbeit schließt mit den Limitationen und Implikationen, die sich für Forschung und Dienstleistungsmanagement ergeben.
2. Begriffliche Einordnung und Forschungsstand
In diesem Kapitel erfolgen die begriffliche Einordnung und ein Abriss über den aktuellen Forschungsstand.
2.1 Kundenaktivitäten in der Customer Dominant Logic
2.1.1 Customer Dominant Logic
Die Customer Dominant Logic ist eine Perspektive auf das Marketing und das Unternehmen im Allgemeinen[3]. Entwickelt wurde die Customer Dominant Logic in der wissenschaftlichen Literatur von Heinonen et al. (2013), sowie Heinonen und Strandvik (2015). Speziell beschäftigt sie sich mit der Kundenwahrnehmung aller Prozesse von Dienstleistungen und unterscheidet sich von bisherigen Logiken, wie der Goods Dominant Logic, welche ihren Fokus auf den Güteraustausch im Marketing legt[4]. Hierbei wird der Blickwinkel nicht mehr auf die vom Dienstleister ausgeführten Aktivitäten fokussiert, sondern es werden andere Kundenaktivitäten und das ganze Leben des Kunden betrachtet[5]. Dominante Logiken entstehen durch einen schleichenden Prozess, der meist erst, nachdem er vollendet wurde, realisiert wird[6]. Nach der vom Güteraustausch dominierten Logik folgte die Service Dominant Logic, welche ähnlich wie die Goods Dominant Logic auch eine Serviceproviderperspektive einnimmt[7]. Nach Vargo und Lusch (2004) ist die Service Dominant Logic hinsichtlich der Wertentstehung durch den Kunden beeinflusst. Dieser nimmt jedoch nur die Rolle des „co-creators“ ein.
2.1.2 Kundenaktivitäten
Kundenaktivitäten bezeichnen unter anderem eine mit einer Dienstleistung zusammenhängende Aktivität, die durch den Kunden ausgeführt wird. Jedoch gibt es in der wissenschaftlichen Literatur keine einheitliche Definition für Kundenaktivitäten[8]. Mickelsson (2013) beschreibt Kundenaktivität als Zusammenspiel von Ressourcenintegration und Interaktion, wobei diese jedoch nicht den ganzen Begriff Kundenaktivitäten abbilden. Denn unabhängig von Ressourcenintegration und Interaktion gibt es sogenannte autonome Kundenaktivitäten. Diese werden im Zusammenhang mit der Nutzenentstehung (Value) näher beschrieben. Eine Unterscheidung der Kundenaktivitäten erfolgt somit in autonome und interaktive[9]. Diese Unterscheidung wird von Heinonen et al. (2010) und Mickelsson (2013) noch verfeinert. Sie differenzieren die vom Dienstleister nicht einsehbaren Aktivitäten (autonome Kundenaktivitäten) in die sogenannten „other activity“ sowie „related activity“[10]. Other activity beschreiben hierbei beispielsweise planerische Aktivitäten, welche mit dem Service einhergehen. Related Activity sind Interaktionen mit anderen Dienstleistern oder anderen Stakeholdern, welche essentiell für die Gestaltung der Dienstleistung sind. Die interaktiven Aktivitäten bzw. die vom Dienstleister einsehbaren Aktivitäten werden „core activity“ genannt[11]. Beispiele hierfür sind die direkte Kommunikation zwischen Dienstleister und Kunde.
Weiterhin können die Kundenaktivitäten in drei verschiedene Dimensionen nach Fließ et al. (2014) eingeteilt werden[12]. Hierbei wird unterschieden zwischen physische-, mentale Aktivitäten und Emotionen. Physische Aktivitäten zeigen interaktive Merkmale oder werden vom Kunden in Erzählungen anhand von Verben ausgedrückt. Ein Beispiel für eine physische Aktivität ist die Kommunikation. Mentale Aktivitäten werden in vier Kategorien unterteilt, die Informationsverarbeitung, die Prozessverarbeitung, die Evaluation und den Entscheidungsprozess. An dieser Stelle wird ersichtlich, dass besonders Planungs- und Denktätigkeiten unter die mentalen Aktivitäten fallen. Emotionale Aktivitäten – beziehungsweise häufiger Emotionen genannt - sind Gefühle, die mit der Nutzung einer Dienstleistung einhergehen. Wenn der Kunde beispielsweise entgegen seiner Erwartungen eine Aktivität selbst ausführen muss. Und schließlich enttäuscht davon ist, da er dachte sie sei Teil der in Anspruch genommenen Dienstleistung. Die drei beschriebenen Dimensionen physische Aktivitäten, mentale Aktivitäten und Emotionen beeinflussen sich wechselseitig.
Eine weitere Differenzierung erfolgt anhand der Zeit. Kundenaktivitäten können in Pre-Service, Service (auch Interim genannt) und Post-Service eingeteilt werden[13]. Die Pre-Service Phase beschreibt die vorbereitenden Aktivitäten. Die Service Phase beschreibt die Interaktion zwischen Kunde und Dienstleister, insbesondere den Kundenintegrationsprozess. Die Post-Service Phase beinhaltet nachbereitende Aktivitäten. In der Pre- und Post-Phase finden sich die autonomen Kundenaktivitäten wieder. Die interaktiven Kundenaktivitäten werden in der Service- bzw. Interim Phase durchgeführt. Es ergibt sich aus den vorgestellten Eigenschaften folgende Arbeitsdefinition von Kundenaktivitäten: Kundenaktivitäten sind mit einer Dienstleistung zusammenhängende physische und mentale Aktivitäten, sowie Emotionen, welche autonom oder interaktiv durch den Kunden mit dem Dienstleister durchgeführt werden können.
2.2 Service Value – ein Wertbegriff
Der Service Value ist ein Begriff aus dem Dienstleistungsmanagement. Er beschreibt ein komplexes Phänomen, welches multidimensional[14]und nicht eindeutig definiert ist. Es wird im Hinblick auf die Forschung auch häufig der Customer Value im Zusammenhang mit Dienstleistungen genannt. Dieser wiederum wird auch als (customer) perceived value (wahrgenommener Kundennutzen) beschrieben[15]. Dieser beschreibt hierbei die Kundenwahrnehmung bzw. Kundensicht. Wobei auch innerhalb der Kundenperspektive, mit Ausnahme des Blickwinkels, der Begriff nicht eindeutig definiert und festgelegt wird[16]. Diese Perspektive lässt sich zurückführen auf Zeithaml (1988), welche den Service Value rein aus Kundenperspektive beschreibt[17]. Die Anbieterperspektive des Service Value definiert diesen als Trade-Off zwischen Aufwand und Gewinn. Mit Aufwand wird die Erstellung und mit Gewinn der Überschuss aus dem Verkauf der Leistung bezeichnet[18].
Der Service Value lässt sich generell auf den Wert- bzw. Nutzenbegriff zurückführen. Dieser im Englischen als Value bezeichnete Begriff, ist laut Boksberger und Melsen (2011) „a preferential judgement of either a single transaction or an ultimate end-state“[19]. Diese bevorzugte Bewertung stellt sich also entweder als einzelne Transaktion dar oder als ultimativer Endzustand. Analog hierzu ist die Differenzierung in ergebnisbezogen und prozessbezogen[20].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Service Value
Quelle: eigene Darstellung
Ergebnisbezogene Ansätze beziehen sich auf die Bewertung des aus Anbietersicht erläuterten Trade-offs[21]. Mit der vorherigen Definition von Value, wird hier die Bewertung des Endzustands verstanden. Der prozessbezogene Ansatz bezieht sich auf Generierung bzw. Entstehung von Wert oder Nutzen[22], wobei dieser die co-creation of value miteinbezieht. Dabei wird nach den unterschiedlichen dominanten Logiken hinsichtlich der Bezeichnung und Definition des entstehenden Value unterschieden. In der Service Dominant Logic geht die co-creation of value vom Dienstleister aus und bezieht den Kunden mit ein[23], ist dementsprechend aus der Providersicht beschrieben. Wohingegen in der Customer Dominant Logic, die co-creation vom Kunden ausgeht, da dieser die jeweiligen Dienstleistungen in sein Leben bzw. Lebenskontext integriert[24]. Der Dienstleister kann hierbei nur als „Service Facilitator“ auftreten und hat nur innerhalb einer Interaktion die Möglichkeit den Kunden in seiner co-creation of value zu unterstützen[25], indem er ihm die Dienstleistung zur Verfügung stellt[26]. Ein Service Facilitator erleichtert hierbei dem Kunden durch die Bereitstellung von Ressourcen die Inanspruchnahme der Dienstleistung. Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff „Value-in-use“ resultiert aus der aktuellen, vergangenen oder zukünftigen Nutzung der Dienstleistung durch den Kunden und der Integration hinsichtlich seiner Erfahrungen[27]. Dieser ist somit die für den Kunden die relevante Größe für die Bewertung der Dienstleistung, wenn die Customer Dominant Logic als Grundlage verwendet wird. Im Gegensatz dazu ist die Entstehung des value-in-exchange auf Grundlage der Service Dominant Logic nicht auf den Kunden bzw. die autonomen Kundenaktivitäten beschränkt[28]. Dieser ist ein Ergebnis von Ressourcenverwendung zu einem bestimmten Zeitpunkt und unabhängig von der Nutzung durch den Kunden[29].
Die Operationalisierung des Service Value ist abhängig von der gewählten Definition. Jedoch gibt es hinsichtlich der Messkriterien vielfache Überschneidungen. Ein Beispiel ist die von Sweeney und Soutar (2001) entwickelte PERVAL Skala, welche Kriterien für die Messung des Wahrgenommenen definiert. Diese sind im Englischen als emotional, social, quality/performance und price/value for money bezeichnet[30]. Wobei das emotionale Kriterium die Freude beschreibt, die mit der Nutzung der Dienstleistung einhergeht. Das Kriterium sozial beschreibt die Auswirkungen auf das soziale Umfeld des Kunden. Qualität und Performance sind das dritte Kriterium. Die Preiswertigkeit also der Wert pro Preiseinheit für eine Leistung ist das letzte Kriterium. Grundlage für die qualitative Studie und deren Analyse ist die Betrachtung des Service Value aus Kundensicht im Sinne der Customer Dominant Logic.
3. Rahmenbedingungen und Methodik der qualitativen Studie
Kapitel 3 behandelt die Methodik und die Rahmenbedingungen der durchgeführten qualitativen Studie.
3.1 Explorative qualitativ empirische Studie
Das Ziel der qualitativen Studie ist es einen Beitrag hinsichtlich der Erforschung von Service Value und Kundenaktivitäten im Rahmen der Customer Dominant Logic zu leisten. Der explorative Rahmen wurde im Zusammenhang mit der relativen Neuheit des Forschungsfeldes gewählt, um somit einen neuen und zudem tiefergehenden Einblick in die Wahrnehmung des Kunden zu bekommen. Die durch Sinkovics et al. (2005) vorgegebenen Kriterien hinsichtlich der Wahl der qualitativen Forschungsmethode werden hierbei erfüllt[31]. Die Kriterien sind das Verstehen von menschlichem Verhalten, sowie das Verstehen des Aktivitätskontext und der gegenseitige Einfluss von Aktivitäten auf den Kontext[32]. Dies entspricht der Forschungsfrage hinsichtlich des Einflusses von Kundenaktivitäten auf den Service Value. Weitere Kriterien sind die Identifizierung neuer Phänomene[33], welche durch die relative Neuheit des Forschungsfeldes gegeben sind.
Die qualitative Studie besteht aus zwei leitfaden-gestützten Interviews. Vorteile des Interviews als Methode sind die Flexibilität der Datensammlung. Die Flexibilität des Fragestellers besteht darin, jederzeit individuell auf den Probanden eingehen und ihn auch lenken zu können. Auch der wahrgenommene Nutzen, sowie die wahrgenommenen Kundenaktivitäten können mit Hilfe des Interviews umfassender abgefragt werden, als beispielweise mit Hilfe einer Dokumentenanalyse. Das Interview gewährleistet dabei die Spontanität der Kommunikation und außerdem bringt eine offene Befragung tiefergehende Erkenntnisse zustande durch die umfassenden Erläuterungen der Probanden. Nachteile des Interviews sind die geringe Größe des befragten Personenkreises, als auch die subjektiven Einflüsse bei Interview und Analyse. Im Interview würde der gleiche Proband möglicherweise andere Antworten einem anderen Interviewpartner geben. Und auch die Kategorisierung und die Codierung des Interviews sind subjektiven Einflüssen ausgesetzt.
Die Interviews wurden mit Hilfe der Software MaxQDA12[34]kodiert und die Codierung anschließend kategorisiert, das heißt es erfolgte eine Abstraktion der Kodierungen. Die Probanden wurden hinsichtlich ihrer Kundenaktivitäten und ihrem Service Value im Rahmen einer Städtereise (max. 3 Übernachtungen) befragt. Dieser Zeitraum lässt genügend Interaktionsmöglichkeiten mit Dienstleistern zu, jedoch ist er nicht zu lange, sodass sich der Proband an die einzelnen Episoden der Reise noch erinnern kann. Weitere Eigenschaften der Städtereise sind, dass diese keine Geschäftsreise ist, sodass keine Verzerrung der Daten durch die Geschäftsaktivitäten entsteht. Auch sollte der Städtetrip nicht länger als ein Jahr zurückliegen, sodass die Erinnerungen des Probanden ohne Probleme abgerufen werden können. Außerdem sollten keine Verzerrung der Reiseerlebnisse durch Fremdfinanzierung entstehen, deswegen sollte die Reise größtenteils selbstfinanziert sein.
Das Interview wurde mit Hilfe eines Interviewleitfadens durchgeführt, welcher sich in drei Blöcke gliedert. Der erste Block ist der Einstieg, in welchem der Kontext der Städtereise abgefragt wird. Der zweite Block beinhaltet Fragen bezüglich der durchgeführten Aktivitäten, also Episoden der Reise. Der Abschluss enthält Fragen zum Value sowie der Reflexion des Gesamtnutzens der Reise für den Probanden. Mit Hilfe konzeptioneller Literaturarbeit werden die Interviews in den Forschungskontext eingeordnet und analysiert. Der erste Proband wurde in einem Face-to-Face Interview befragt und der zweite über das Telefon. Die Dauer des ersten Interviews betrug 38:28min, Interview zwei dauerte 19:05min.
3.2 Probandenauswahl
Die Auswahl der Probanden erfolgt anhand des Purposeful Sampling, explizit der Maximum variation sampling Methode nach Patton[35]. Diese Samplingmethode soll eine möglichst breite Variation hinsichtlich der ethnographischen Merkmale gewährleisten, um Vergleichsmöglichkeiten und differenzierte Aussagen zu ermöglichen. Mit Hilfe sogenannter information-rich cases[36], also mit Informationen angereicherte Fälle soll zudem ein verbessertes Verständnis der Probanden erreicht werden. Dies ist eine logische Folge zur Ergänzung des explorativen Charakters der Forschung. In der vorliegenden Studie wurden insgesamt zwölf Probanden zwischen 18 und 71 Jahren befragt. Die zwei in dieser Arbeit befragten Probanden sind 25 und 71 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei allen Probanden gerundet bei 38 Jahren und die Standardabweichung liegt gerundet bei 17 Jahren. Die Verteilung hinsichtlich Geschlecht (siehe Tabelle 1) ist unausgeglichen mit vier männlichen Probanden zu acht weiblichen Probanden. Der Familienstand ist mit sieben Ledigen und fünf Verheirateten fast maximal variiert. In der Studie überrepräsentiert sind Akademiker mit neun Personen, im Vergleich zu drei berufsbildenden Abschlüssen. Die Verteilung der Reiseziele ist wieder recht ausgewogen, vier Reiseziele liegen innerdeutsch, sechs im europäischen Ausland und eines in Südafrika.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1 : Ethnographie der Probanden
Quelle:eigene Darstellung
3.3 Auswertungsmethode
Die Auswertung der Interviews erfolgt anhand des Kodierungsansatzes der Grounded Theory von Glaser und Strauss (1967). Zunächst werden die Interviews verschlagwortet bzw. kodiert. Währenddessen erfolgt eine Abstraktion der Kodierungen. Dies bezeichnet eine Bildung von Kategorien mit Hilfe der gesammelten Daten. Die Kategorienbildung wird somit durch die Daten induziert[37]. Diese Kategorien werden auf ihre innere Homogenität und äußere Heterogenität im weiteren Verlauf ständig überprüft und verglichen, sollten also möglichst verschieden sein. Schließlich werden aus den Kategorien Konzepte gebildet, also Oberkategorien, welche hinsichtlich der Beantwortung der Forschungsfragen von Nutzen sind. Die drei genannten Schritte Kodierung, Abstraktion und Vergleich sind ein iterativer Prozess, der immer wieder angepasst werden muss[38]. Anschließend werden Kategorien, Konzepte und Kodierungen verwendet, um diese im Forschungszusammenhang zu analysieren und zu interpretieren.
4. Auswertung der Interviews
Im Folgenden wird die Auswertung der Interviews beschrieben, welche mit Hilfe von Kodierungen und anschließender Kategorisierung durchgeführt wurde[39].
4.1 Auswertung der Kundenaktivitäten
Es wurden insgesamt 529 Kodierungen in den Interviews vorgenommen. Dabei beinhalten sie zwei Konzepte an Kundenaktivitäten, die Dimensionen, wie Emotionen, physische- und mentale Aktivitäten, sowie die Art der Kundenaktivitäten. Diese sind untergliedert in interaktive Kundenaktivitäten und autonome Kundenaktivitäten. Die Kategorisierung erfolgte anhand der Grounded Theorie von Glaser und Strauss[40]. Zunächst wurde induktiv nach Kodierungen gesucht, welche sich in Kategorien gruppieren ließen. Schließlich wurde deduktiv vorgegangen um weitere Kodierungen diesen Kategorien beizufügen.
4.1.1 Dimensionen von Kundenaktivitäten
Die Unterteilung der Kundenaktivitäten in Dimensionen erfolgt zur Beantwortung der Forschungsfrage: Welche Aktivitäten nehmen Kunden wahr oder führen sie durch? (FF2). Hierbei kann durch die Unterteilung in Dimensionen eine größere Differenzierung der Antwort erreicht werden. In den Interviews verwendeten die Probanden verschiedene Ausdrücke, um ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit der Dienstleistung zu beschreiben. Diese lassen sich in drei Dimensionen unterteilen: Emotionen, mentale Aktivitäten und physische Aktivitäten. Wobei Emotionen durch Adjektive ausgedrückt werden, wie „ärgerlich“ (Proband 1 Z.66), „war ich schon enttäuscht“ (Proband 2 Z.67) oder „war ein bisschen frustrierend“ (Proband 1 Z.159). Die Emotionen beschreiben somit Gefühle im Zusammenhang mit verschiedenen Kundenaktivitäten. Diese können dabei negativ ausfallen, wie in den drei bereits genannten Beispielen. Jedoch kommen in den Interviews ebenso positive Emotionen, wie „total faszinierend“ (Proband 1 Z.51) oder „angenehm da rumzulaufen“ (Proband 2 Z.2) vor.
Physische Aktivitäten werden hauptsächlich durch Verben dargestellt. Beispiele für eine physische Kundenaktivität sind das Einchecken im Hotel „erst eingecheckt“ (Proband 2 Z.21), das zum Museum hinkommen „zu Fuß hingelaufen“ (Proband 1 Z.56) oder die Kommunikation mit dem Dienstleister „hat gesagt wo wir essen gehen können“ (Proband 1 Z.97).
Mentale Aktivitäten sind hauptsächlich Planungsaktivitäten inklusive der Entscheidungsprozesse, welche ebenfalls durch Verben beschrieben werden. Die Probanden beschrieben mental Aktivitäten, wie beispielweise das Einplanen eines Museumsbesuchs („Museumsbesuche eingeplant“ Proband 1 Z.14). Oder auch die Planung mittels Informationsmaterial („liegen ja immer so Flyer“ und „ein bisschen informieren“ Proband 2 Z.47). Der bereits angesprochene Entscheidungsvorgang wird durch den Probanden mit den Worten „Walhalla haben wir uns spontan entschieden“ (Proband 2 Z.125) beschrieben.
4.1.2 Art der Kundenaktivitäten
Eine weitere Unterteilung der Codes erfolgte nach Art der Kundenaktivität. Dabei erfolgte eine Unterteilung in autonome und interaktive Kundenaktivitäten. Diese sind schon in den Forschungsfragen drei, vier und fünf enthalten und werden somit für die Beantwortung benötigt. Aktivitäten, wie beispielsweise „hatten dann einen Käsecrêpe an einem Stand“ (Proband 1 Z.18) oder „mit dem Gastgeber am Tisch gesessen und ein Bier getrunken (Proband 1 Z.26) sind eindeutige Beispiele für interaktive Kundenaktivtäten, da die Interaktionen bereits mitbeschrieben sind. Weitere Beispiele für interaktive Kundenaktivitäten sind „gefrühstückt im Hotel“ (Proband 2 Z.51), hierbei ist der Ort Indiz für die implizite Interaktion mit dem Dienstleister oder auch „wurdest du gescannt“ (Proband 1 Z.161), wobei hier die Passivform der Hinweis für eine Interaktion ist.
[...]
[1]Heinonen und Strandvik (2015) S.472
[2]Cheung und To (2015) S.182, Heinonen et al. (2010) S.534
[3]Heinonen und Strandvik (2015) S.472
[4]Vargo und Lusch (2004) S.1f
[5]Cheung und To (2015) S.182
[6]Cheung und To (2015) S.182
[7]Tynan et al. (2014) S.1059f
[8]Mickelsson (2013) S.536
[9]Heinonen et al. (2010) S.539
[10]Heinonen et al. (2010) S.534f, Mickelsson (2013) S.537ff
[11]Heinonen et al. (2010) S.534f, Mickelsson (2013) S.537ff
[12]Fließ et al. (2014) S.443
[13]Fließ et al. (2015) S.191
[14]Sánchez-Fernández und Iniesta-Bonillo (2007) S.428
[15]Boksberger und Melsen (2011), Chen und Dubinsky (2003), Sánchez-Fernández und Iniesta-Bonillo (2007), Tynan et al. (2014), Woodruff (1997)
[16]Arslanagic-Kalajdzic und Zabkar (2015) S.86
[17]Zeithaml (1988) S. 2ff.
[18]Bruhn und Hadwich (2014) S.7
[19]Boksberger und Melsen (2011) S.230
[20]Gummerus (2013) S.20ff und siehe Abbildung 1
[21]Zeithaml (1988) S.13f.
[22]Anker et al. (2015), Bruhn und Hadwich (2014), Gummerus (2013)
[23]Grönroos (2011) S.279ff.
[24]Heinonen et al. (2013) S.109f.
[25]Anker et al. (2015) S.534
[26]Grönroos und Voima (2013) S.140
[27]Grönroos und Voima (2013) S.534 und 545, Heinonen et al. (2013) S.109f.
[28]Ballantyne (2006) S.336
[29]Grönroos und Voima (2013) S.135f
[30]Sweeney und Soutar (2001) S.214ff
[31]Sinkovics et al. (2005) S.11
[32]Sinkovics et al. (2005) S.11
[33]Sinkovics et al. (2005) S.11
[34]Copyright 1995 – 2016 Verbi GmbH Berlin
[35]Patton (2002) S.234f
[36]Patton (2002) S.230
[37]Glaser und Strauss (1967) S.36
[38]Glaser und Strauss (1967) S.43
[39]siehe Tabelle 2
[40]Glaser und Strauss (1967) S.1ff