Die historische Forschung zum Kolonialismus hat immer wieder besonders die Rivalitäten zwischen Frankreich und Deutschland betont. Leicht vergessen wird dabei, dass die europäischen Staaten sich nicht nur zunehmend voneinander abgrenzen, sondern dass sie auch im Zuge von Globalisierungsprozessen sich vernetzen und sich sogar bezüglich kolonialer Praktiken und Ideen ähneln. Direkte Vergleiche oder gar eine Verpflechtungsgeschichte zwischen europäischen Kolonialmächten haben bis zum heutigen Standpunkt nur oberflächliche Beachtung gefunden, werden aber dennoch immer mehr in neuen Studien als eine Beziehungsgeschichte neu betrachtet.
Die Vorstellung einer „mission civilisatrice“ oder einer „zivilisatorischen Mission“ kann hierfür ein Beispiel sein. Als Legitimation von imperialer Herrschaft taucht das Konzept von der „Verbreitung höherer Kultur“ in französischer als auch in deutscher Kolonialpropaganda auf. Ideen von der Abschaffung der Sklaverei, die Etablierung eines Schul- und Gesundheitswesens, die Einführung von Menschenrechten oder der Aufbau von Infrastruktur begreifen vieler europäischer Kolonialmächte als die zivilisatorische „Mission“, die in vielerlei Hinsicht als scheinbare Beweggründe der Kolonisation dienten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Naissance d'une mission
- II. Das Bild der,,unzivilisierten\" Völker
- III. Politische Legitimation – Die Zivilisierungsmission im Spiegel von Parlaments- und Reichstagsdebatten
- IV. Internationale Solidarität der Kolonisten im Namen der Mission
- V. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der „mission civilisatrice“ im deutschen Kaiserreich und der Dritten Republik. Sie untersucht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der französischen und deutschen kolonialen Argumentation für die Zivilisierung indigener Völker und beleuchtet die Rolle des nationalen Sendungsbewusstseins, des ökonomischen Arguments und des Glaubens an die überlegene europäische Zivilisation. Dabei werden Parlaments- und Reichstagsdebatten sowie vereinzelnd koloniale Publizistik als Quellen herangezogen.
- Die „mission civilisatrice“ als Legitimationsinstrument für den Kolonialismus
- Der Vergleich der französischen und deutschen kolonialen Diskurslandschaft
- Die Rolle des Nationalismus in der kolonialen Argumentation
- Die internationale Solidarität der Kolonialisten
- Die Umsetzung der „mission civilisatrice“ in der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den theoretischen Rahmen der Arbeit dar. Sie beleuchtet die Bedeutung des Vergleichs zwischen Frankreich und Deutschland im Kontext der europäischen Kolonialgeschichte und argumentiert für die Notwendigkeit, die „mission civilisatrice“ als ein europäisches Phänomen zu betrachten.
- I. Naissance d'une mission: Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die Entstehung der „mission civilisatrice“ in Frankreich vor 1871. Es untersucht die Verbindung der Idee der Zivilisation mit der Kolonisation und analysiert die Rolle der französischen Revolution und des napoleonischen Imperiums in der Verbreitung von Ideen von Freiheit, Gleichheit und Menschenrechten in anderen Territorien.
- II. Das Bild der,,unzivilisierten\" Völker: Dieses Kapitel befasst sich mit der Konstruktion des Bildes der „unzivilisierten“ Völker in der europäischen Kolonialpropaganda. Es untersucht die Argumentationsmuster, die zur Rechtfertigung der Kolonialherrschaft verwendet wurden und analysiert die Rolle von Rassismus und kultureller Überlegenheit in der kolonialen Denkweise.
- III. Politische Legitimation – Die Zivilisierungsmission im Spiegel von Parlaments- und Reichstagsdebatten: Dieses Kapitel analysiert die politische Legitimation der „mission civilisatrice“ in Frankreich und Deutschland. Es untersucht die Argumentationsstränge in Parlaments- und Reichstagsdebatten und analysiert die Rolle von nationalem Sendungsbewusstsein, ökonomischen Interessen und dem Glauben an die überlegene europäische Zivilisation.
- IV. Internationale Solidarität der Kolonisten im Namen der Mission: Dieses Kapitel befasst sich mit der internationalen Solidarität der Kolonialisten und analysiert die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland im Kontext der „mission civilisatrice“. Es untersucht die Rolle von wissenschaftlichen Austausch und gemeinsamen Interessen in der Förderung der kolonialen Expansion.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen der europäischen Kolonialgeschichte, wie „mission civilisatrice“, Zivilisation, Kolonialismus, Nationalismus, Rassismus, kulturelle Überlegenheit, Parlamentsdebatten, Reichstagsdebatten, Kolonialpropaganda, internationale Solidarität, Frankreich, Deutschland, und indigene Völker.
- Arbeit zitieren
- Mouna Benkaddour (Autor:in), 2016, Die politische Legitimation der kolonialen Zivilisierungsmission Frankreich und Deutschland 1871-1914. Ein Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/339388