Ziel der Arbeit ist die Untersuchung von Vinkulierungsklauseln und deren Umgehungsmöglichkeiten wiederzugeben. Dabei soll die Frage geklärt werden, ab wann eine Umgehung von Vinkulierungsklauseln bei der GmbH eine rechtsverletzende Wikrung entfaltet.
Diese rechtliche Behandlung soll anhand der Gesetzeslage, maßgeblichen Rechtssprechungen, sowie der Stellungnahmen in der Literatur näher beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
A.Einleitung
I. Allgemeines zur Übertragung von Geschäftsanteilen
II. Vinkulierungsklauseln
1. Die Verbreitung von Vinkulierungsklauseln
2. Funktionen von Vinkulierungsklauseln
3. Typische Vinkulierungsbestimmungen
a. Zustimmungserfordemis
b. Vorkaufsrechte, Vorerwerbsrechte
B. Umgehungsmöglichkeiten von Vinkulierungsklauseln bei der GmbH
I. Mittelbare Vinkulierung
II. Stimmbindungsverträge
III. Stimmrechtsvollmachten
IV. Treuhandkonstruktionen
1. Vereinbarungstreuhand
2. Erwerbstreuhand
3. Übertragungstreuhand
V. Unterbeteiligungen
VI. Kettenübertragungen im Familienkreis
VII. Kausalverträge
C. Weitere denkbare Umgehungsmöglichkeiten
I. Liquidation
II. Erbschaft
III. Verpfändung, Nießbrauch
D. Rechtsfolgen der Umgehung von Vinkulierungsklauseln
E. Fazit
A. Einleitung
Ziel der Arbeit, ist die Untersuchung von Vinkulierungsklauseln und deren Umgehungsmöglichkeiten wiederzugeben. Dabei soll die Frage geklärt werden, ab wann eine Umgehung von Vinkulierungsklauseln bei der GmbH eine rechtsverletzende Wirkung entfaltet. Diese rechtliche Behandlung soll anhand der Gesetzeslage, maßgeblichen Rechtsprechungen, sowie der Stellungnahmen in der Uiteratur näher beleuchtet werden.
I. Allgemeines zur Übertragung von Geschäftsanteilen
Gemäß den Gesetzesvorschriften von §15 Abs. 1 1. Alt. GmbHG, sind Geschäftsanteile, vom Formzwang abgesehen, frei übertragbar.[1] §15 Abs. 5 GmbHG sieht vor, dass die Abtretung von Geschäftsanteilen durch den Gesellschaftervertrag an weitere Voraussetzungen geknüpft werden kann. Konkret bedeutet das, dass statutarische Regelungen die Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen einschränken oder sogar ganz ausschließen kann.[2]
II. Vinkulierungsklauseln
Durch Vinkulierungsklauseln ist es möglich, über einen einfachen und generellen Zustimmungsvorbehalt hinaus, ausdifferenzierte Bestimmungen zu treffen. Aufgrund der Vertragsfreiheit, liegen in Beschränkungen des Anwendungsbereiches der Vinkulierung auf nur einige GmbH- Gesellschafter bzw. in deren Befreiung von Zustimmungserfordemissen, keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Es muss auch nicht immer jedes Übertragungsgeschäft von der Vinkulierung betroffen sein.[3] Zum Beispiel können sich Übertragungsbeschränkungen auch nur auf entgeltliche Geschäfte beziehen.[4]
1. Die Verbreitung von Vinkulierungsklauseln
Die Thematik, Vinkulierung von GmbH-Geschäftsanteilen ist in der Praxis in hohem Maße relevant. Nach der gesetzlichen Konzeption, ist zwar die statuarische Beschränkung der Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen der Ausnahmefall, doch in der Praxis verhält es sich genau umgekehrt.[5] Diese Erkenntnisse wurden vom Jenaer Institut für Rechtstatsachenforschung durch Auswertungen belegt.
2. Funktionen von Vinkulierungsklauseln
In Orientierung an die Vorschrift des §76 Abs. 2 GmbHG, beziehen sich die meisten Vinkulierungs- und Aufgriffsklauseln ausschließlich auf die Abtretung, also dem Verfügungsgeschäft.[6] Mit der Vorschrift des §15 Abs. 5 GmbHG, wollte der Gesetzgeber den Gesellschaftern freie Vereinbarungen über die Gesellschaft überlassen, d.h. ob und unter welchen Bedingungen sie über ihre gehaltenen Geschäftsanteile verfügen können. Anders als im Aktienrecht, ist der Sinn und Zweck von Vinkulierungsklauseln in GmbHs, der Schutz vor Überfremdung der Gesellschaft, die Verhinderung des Eindringens unerwünschter Gesellschafter, sowie die Aufrechterhaltung bisheriger Beteiligungsverhältnisse.[7] Vinkulierungsklauseln sollen dazu geeignet sein, auf lange Sicht innerhalb einer Gesellschaft zu harmonisieren und im Falle einer Anteilsübertragung ohne größere Komplikationen und Nachteile aus einer Gesellschaft ausscheiden zu können. Im GmbH-Recht ist der Grundsatz der Verfügungsfreiheit nach der gesetzgeberischen Konzeption Korrelat für das fehlende ordentliche Kündigungs- bzw. Austrittsrecht. Begründet werden kann dies damit, dass die Gesellschafter bei der Auswahl neuer Mitgesellschafter ein starkes Interesse daran haben, diese selbst auszusuchen, da sie in die Gesellschaft langfristig investiert haben und sie ihr Investment durch einen unbekannten neuen Mitgesellschafter nicht gefährden möchten.[8] Deshalb ist es wichtig, den Inhalt und Schutzzweck von Vinkulierungsklauseln zu untersuchen, um feststellen zu können, ob ein bestimmtes Rechtsgeschäft als unzulässige Umgehung einzustufen ist.[9]
3. Typische Vinkulierungsbestimmungen
Der meist verbreitete Vinkulierungstyp in der Praxis ist das Zustimmungserfordemis.
An dieser Stelle kann jedoch aufgrund des Umfangs der Arbeit, nur kurz zum besseren Verständnis auf die verschiedenen typischen Vinkulierungsbestimmungen eingegangen werden.
a) Zustimmungserfordemis
Bei einem Zustimmungserfordemis wird die Wirksamkeit der Abtretung von Geschäftsanteilen von der Zustimmung einer oder mehrerer Personen, eines Organs oder sogar von mehreren Organen abhängig gemacht. Erfolgt eine Abtretung ohne entsprechende Zustimmung, so ist das Geschäft bis zur Erteilung oder Versagung der Zustimmung in der Schwebe.[10]
b) Vorkaufsrechte. Vorerwerbsrechte
Neben oder anstelle eines Zustimmungserfordemisses, können Vorkaufsund sonstige Vorerwerbsrechte im Falle einer Anteilsveräußerung vereinbart werden.[11] Je nach Ausgestaltung, besteht hier die Möglichkeit einer mittelbaren Kontrolle über die Zusammensetzung der Gesellschafter. Mit den Vorkaufs- und Vorerwerbsrechten werden Anteilsveräußerer weniger als bei dem Zustimmungserfordemis eingeschränkt, da die Betroffenen grundsätzlich aus der Gesellschaft ausscheiden können, ohne auf den Willen der übrigen Gesellschafter angewiesen zu sein. Bei diesen Vorkaufs- und Vorerwerbsrechten kann nur dann das Eindringen neuer Gesellschafter verhindert werden, wenn die zu veräußernden Anteile durch vorkaufsberechtigte Personen erworben werden.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich, Vorkaufs- und Vorerwerbsrechte mit Zustimmungserfordemissen zu kombinieren.[12] Dadurch haben die Altgesellschafter die Möglichkeit, die Transaktion entweder komplett zu verhindern oder die Anteile selbst mit einem Vorkaufsrecht zu erwerben.
B. Umgehungsmöglichkeiten von Vinkulierungsklauseln bei der GmbH
Kommt es zu dem Fall, dass der Anteilsinhaber die Zustimmung zur Anteilsübertragung im Genehmigungsverfahren nicht erreichen kann oder steht dem Anteilsinhaber zur Veräußerung seiner GmbH-Anteile die freie Erwerberauswahl aufgrund von Vorerwerbsrechten der Mitgesellschafter im Weg, so kann es dazu kommen, dass der Anteilsinhaber auf einem anderen Weg versucht, ein einer Veräußerung seiner Geschäftsanteile nahe kommendes Ergebnis zu erzielen.[13]
Bei Umgehungsgeschäften handelt es sich dabei um rechtliche Konstruktionen, welche im wirtschaftlichen Ergebnis einer Anteilsübertragung gleich kommen, jedoch nach Vorstellung des Anteilsinhabers ohne die Mitwirkung (Zustimmung) der restlichen Gesellschafter erfolgt bzw. keine Vorerwerbsrechte auslöst. Die Frage, ob es sich bei der Umgehung, um ein Problem der Satzungs- oder der Gesetzesumgehung handelt, wird in der Literatur heftig diskutiert.[14] Der maßgebliche Unterschied besteht darin, dass der Geltungsanspruch eines Gesetzes absolut ist, während dem Geltungsanspruch einer statuarischen Regelung durch das Prinzip der Satzungsautonomie Grenzen gesetzt sind.
Bei der Umgehung von Vinkulierungsklauseln, bleibt der Anteilsinhaber formal Gesellschafts-Mitglied und der Gesellschafterbestand verändert sich nicht.[15] Tatsächlich ist es aber so, dass dem potenziellen Erwerber durch den Anteilsinhaber in einem gewissen Rahmen eine Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft eröffnet wird und sich das Machtgefüge innerhalb der Gesellschaft verschiebt.[16]
Nach diesem Prinzip ist es möglich, Übertragungen auf andere Gesellschaften, Stimmbindungsverträge, Stimmrechtsvollmachten, Treuhandvereinbarungen, Unterbeteiligungen, Kettenübertragungen im Familienkreis, Kausalverträge sowie Fruchtgenussvereinbarungen mit Kaufinteressierten zu vereinbaren und so dem „Erwerber“ die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Willensbildung der Gesellschaft zu übertragen, ohne jedoch tatsächlicher Gesellschafter der GmbH zu werden.[17] Des Weiteren sind Konstellationen denkbar, bei denen Übertragungen eines Gesellschaftsanteils auf eine an der vinkulierten GmbH beteiligten Gesellschaft bzw. an den Übergang des Anteils im Wege einer Universalsukzession (Verschmelzung, Umwandlung, Spaltung) erfolgen.
Hinsichtlich des Umfangs der Arbeit, bezieht sich der Schwerpunkt der Arbeit jedoch nur auf einzelne Konstellationen der Umgehung von Vinkulierungsklauseln. Es soll eine Vorstellung davon vermittelt werden, welche Rechtsgeschäfte Umgehungscharakter aufweisen.
I. Mittelbare Vinkulierung
Man spricht dann von einer mittelbaren Vinkulierung, wenn ein Gesellschafter einer vinkulierten Gesellschaft seine Anteile an dieser über eine Holdinggesellschaft oder über eine Tochtergesellschaft hält und deren Anteile wiederum keiner Vinkulierung unterliegen. Der mittelbare Gesellschafter, sprich der Anteilsinhaber der Holding- oder Tochtergesellschaft, welche die jeweiligen Anteile an der vinkulierten GmbH hält, hat die Möglichkeit, durch Übertragung seiner Anteile an die Holding- oder Tochtergesellschaft einen sogenannten Kontrollwechsel in der vinkulierten Gesellschaft herbeizuführen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob Vinkulierungsklauseln auch Veränderungen in einem mittelbaren Gesellschafterkreis erfassen, um so Umgehungen zu verhindern.
Prinzipiell ist es so, dass sich deren Reichweite nur auf Gesellschaftsanteile an der vinkulierten GmbH erstrecken, d.h. sie entfalten also keine unmittelbare Geltung für andere Anteilsübertragungen als die, die unmittelbar die GmbH betreffen.[18]
Handelt es sichjedoch um eine Holdinggesellschaft, die ausschließlich oder mindestens mehrheitlich die Beteiligung an der vinkulierten GmbH hält, so führt der Wechsel im Gesellschafterbestand der Holding wirtschaftlich zu dem gleichen Ergebnis, wie ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel.[19] Regelmäßig hat eine Holdinggesellschaft den Zweck, deren Mitglieder unmittelbar an einer GmbH zu beteiligen, da sie i.d.R. neben ihren Geschäftsanteilen an der GmbH, über kein weiteres Vermögen verfügt.[20] Eine Holding wird stets nur unter dem Vorbehalt ihrer unveränderten Beteiligungsverhältnisse in eine GmbH aufgenommen. Daher kommt es bereits dann zu einer Umgehung des Vinkulierungsschutzes, wenn ein Wechsel der Mitglieder in der Holdinggesellschaft stattfindet. Konkret bedeutet das, dass in diesem Fall von einem Verstoß nach §15 Abs. 5 GmbHG ausgegangen werden kann, wenn zur Übertragung der Holdinganteile nicht die erforderliche Zustimmung der vinkulierten Gesellschaft, sprich der GmbH eingeholt wurde.[21]
Auch in der Konstellation, in der die vinkulierte Beteiligung mit Zustimmung der Mitgesellschafter oder unter Ausnutzung einer Konzem- klausel auf eine Tochtergesellschaft übertragen wird und danach eine Veräußerung der Tochtergesellschaft erfolgt, kann ein Verstoß gegen den Zweck der Vinkulierung bejaht werden, wenn zwischen der Beteiligungsübertragung auf die Tochtergesellschaft und der anschließenden Veräußerung ein sachlich und zeitlicher Zusammenhang besteht.[22]
Allerdings muss angemerkt werden, dass die Übertragung der Holding- bzw.
[...]
[1] Löbbe in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbH-Großkommentar, §15 Rn. 3.
[2] Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §15 Rn. 57; Brandes in: Bork/Schäfer, GmbHG, §15 Rn. 5.
[3] Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §15 Rn. 61.
[4] Zutt in: Hachenburg, GmbHG, §15 Rn. 99.
[5] Pahnke, Die Grenzen des Gesellschafterschutzes, S. 23.
[6] Haag in: Heybrock, Praxiskommentarzum GmbHR, §15 Rn. 38.
[7] Asmus, Die vinkulierte Mitgliedschaft, S. 25; Pahnke, Die Grenzen des Gesellschafterschutzes, S. 14ff..
[8] Reichert, Das Zustimmungserfordemis zur Abtretung von Geschäftsanteilen in der GmbH, S. 43.
[9] Seibt in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, §15 Rn. 111.
[10] Seibt in: Scholz, GmbHG, §15 Rn. 111.
[11] Völker, Die Vinkulierung von GmbH-Geschäftsanteilen, S. 78 ff..
[12] Völker, Die Vinkulierung von GmbH-Geschäftsanteilen, S. 79 f; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §15 Rn. 57.
[13] Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §15 Rn. 79.
[14] Asmus, Die vinkulierte Mitgliedschaft, S. 119ff.
[15] Lutter/Grunewald, Umgehung von Vinkulierungsklauseln, S. 110.
[16] Lutter/Grunewald, Umgehung von Vinkulierungsklauseln, S. 110.
[17] Winter in: Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, §15 Rn. 62 f..
[18] Reichert/Weller, GmbH-Geschäftsanteil, §15 Rn. 370 ff..
[19] Brandes in: Bork/Schäfer, GmbHG, §15 Rn. 18 ff.
[20] Seibt in: Scholz, GmbHG, §15 Rn. lila.
[21] Reichert/Weller, GmbH-Geschäftsanteil, §15 Rn. 372.
[22] Reichert/Weller, GmbH-Geschäftsanteil, §15 Rn. 375; Löbbe in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbH-Großkommentar, §15 Rn. 270; Altmeppen in: Roth/Altmeppen, GmbHG Kommentar, §15 Rn. 116; Reichert/Weller in: MüKo GmbHG, §15 Rn. 375.