Man weiß nicht viel über Malinche - nicht einmal ihren richtigen Namen. Im Vergleich zu den nur wenigen Fakten ist das Interesse an Malinche, wachsend besonders in der jüngsten Gegenwart, überverhältnismäßig groß. Ein zentraler Kern dieser Arbeit ist die Frage, worin dieses Interesse begründet ist.
Malinche wird für historisch relevant gehalten. Sie genießt die Wertschätzung, in der Geschichte Erwähnung zu finden. Wird auch oft über die Art ihrer Darstellung und ihre Bagatellisierung in der Geschichtsschreibung geschimpft, so ist sie dennoch geschichtswürdig.
Geschichte ist eine Aneinanderreihung ausgewählter Phänomene, die künftige Generationen wissen sollen und für wahr halten. Es sind ihre Erinnerungen. Wie geht man in die Geschichte ein? Geschichtswürdigkeit und Interesse an einer Person müssen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Nachzudenken ist über die Art und Weise dieses Zusammenhangs und darüber, was was bedingt.
Weniger interessiert es mich, die „Wahrheit“ über Malinche zu erforschen. Der eine Grund hierfür ist, daß sie mir lediglich als Symbol für die Entstehung von kollektiven Erinnerungen, und damit für gesellschaftliche Identität Mexikos, dienen soll. Es interessieren mich die Erinnerungen, die „Malinchebilder“. Ich will wissen wie sie entstanden und was ihre Intentionen sind.
Der andere Grund ist, daß es kaum Fakten gibt und die erforderlichen Quellen, die hierzu nötig wären, mir nicht zugänglich sind. Überhaupt ist es schwer von historischen Fakten zu sprechen, da die zeitgenössische Überlieferung diese je nach Interessenlage einfärbt. Ein Historiker muß folglich den überlieferten „Fakten“ mißtrauen und diese aus der gegenwärtigen Perspektive interpretieren, was wiederum die historische Wahrheit verklärt. Ein weiteres zentralen Problem, das diese Arbeit begleiten wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITENDER TEIL
- 1.1. VORBEMERKUNG: ZUR INTENTION UND INDUKTION DIESER ARBEIT.
- 1.2. BEGRIFFLICHE SCHWIERIGKEITEN.
- 2. MALINCHEDARSTELLUNGEN
- 2.1. QUELLEN.
- 2.1.1. Augenzeugenberichte
- 2.1.2. Malinche aus indianischer Sicht
- 2.1.3. Darstellungen der Missionare..
- 2.1.4. Malinche in der Betrachtung Spaniens.
- 2.2. MALINCHE IN DER AKTUELLEN DISKUSSION.
- 3. KURZBIOGRAPHIE
- 3.1. BEVOR CORTÉS KAM
- 3.2. DER WEG NACH MEXIKO
- 3.2.1. Malinche wird Marina
- 3.2.2. Übersetzerin
- 3.2.3. Cholua....
- 3.2.4. Cortés und Malinche.
- 3.2.5. Mutter der Mestizen
- 3.3. EXPEDITION NACH HONDURAS
- 3.3.1. Marinas Eheschließung.
- 3.3.2. Malinche trifft ihre Mutter.
- 3.4. MALINCHES TOD ..
- 4.,,LA LENGUA"
- 4.1. MALINCHE IN DER KOLONIALEN DARSTELLUNG.
- 4.2. MALINCHE – VERMITTLERIN ZWISCHEN ZWEI KULTUREN?
- 5. KOLONIALE LIEBESGESCHICHTEN
- 5.1. ROMANTISIERUNG DES MALINCHEBILDES
- 5.2. DAS BILD DER CONQUISTA UND DES INDIANERS IM JAHRHUNDERT DER AUFKLÄRUNG.
- 5.3. ALLGEMEINE VERBREITUNG DER KOLONIALEN LIEBESGESCHICHTE
- 5.3.1. Exkurs: Pornographie.
- 5.4. FRAUEN IN DER CONQUISTA
- 5.5. WEIBLICHE RÄUME ...
- 5.6. MALINCHE – GELIEBTE DES CORTES?
- 6. VERRÄTERIN IHRES VOLKES
- 6.1. NEGATIVE Wende des MALINCHEBILDES
- 6.2. NATIONALER MYTHOS DER VERRÄTERIN.
- 6.3. MALINCHE – EIN SCHIMPFWORT.
- 6.4. ERKLÄRUNGSMOTIVE.
- 6.5. ÜBERZEUGTE ODER SKLAVIN?
- 6.6. MALINCHE – VERRÄTERIN Ihres Volkes?.
- 7. DIE ERFINDUNG DER MALINCHE
- 7.1.MUTTER DER MESTIZEN.
- 7.1.1. Jungfrau von Guadalupe..
- 7.1.2. La Chingada..........\li>
- 7.2. DER FLUCH IST WEIBLICH: DER KOLONIALE BLICK UND SEINE WEIBLICHKEITSVORSTELLUNGEN
- 7.3. INDIGENISMO UND EUROZENTRISMUS: Der Indianer IN DEN VORSTELLUNGEN EUROPAS
- 7.4. WIRKLICHKEIT UND MYTHOS.
- 8. ABSCHLIEBENDE BETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Figur der Malinche und ihre Entwicklung in der Geschichte und Kultur Mexikos. Sie befasst sich mit den unterschiedlichen Darstellungen und Interpretationen der historischen Malinche und analysiert, wie diese Figur im Laufe der Zeit zum Symbol für verschiedene politische und kulturelle Strömungen geworden ist.
- Die Konstruktion des Malinche-Bildes in der frühen Kolonialzeit
- Die Romantisierung der Malinche-Figur und die Entwicklung des Mythos der "kolonialen Liebesgeschichte"
- Die Reinterpretation der Malinche-Figur im Postkolonialismus und der Vorwurf des Verrats
- Die Bedeutung der Malinche-Figur als Symbol für die Interaktion zwischen indigener und europäischer Kultur
- Die Rolle von Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit in der Konstruktion von historischen Figuren
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Arbeit ein und erläutert die Intention und die Motivation der Autorin. Es werden auch die methodischen und begrifflichen Herausforderungen der Arbeit dargestellt.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel untersucht die Quellen, die für die Erforschung der Malinche-Figur relevant sind. Es werden verschiedene Arten von Quellen betrachtet, wie zum Beispiel Augenzeugenberichte, indianische Sichtweisen, Darstellungen der Missionare und die Betrachtung aus der Perspektive Spaniens.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel bietet eine Kurzbiographie der Malinche und stellt die wichtigsten Stationen ihres Lebens dar. Es geht auch auf die unterschiedlichen Rollen ein, die sie im Laufe ihres Lebens einnahm, wie z. B. Dolmetscherin und Mutter der Mestizen.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel untersucht das Malinche-Bild der frühen Kolonialzeit, in dem sie als Dolmetscherin und Vermittlerin zwischen zwei Kulturen dargestellt wurde. Die Autorin analysiert die Interpretationsansätze und die Bedeutung dieser Darstellung.
- Kapitel 5: Dieses Kapitel befasst sich mit der vieldiskutierten und umstrittenen Liebesgeschichte zwischen Malinche und Cortés. Es analysiert die Romantisierung der Malinche-Figur und die Entstehung des Mythos der "kolonialen Liebesgeschichte".
- Kapitel 6: Dieses Kapitel behandelt die Reinterpretation der Malinche-Figur im Postkolonialismus und den Vorwurf des Verrats, der ihr gemacht wird. Es untersucht die Hintergründe und die Bedeutung dieses Vorwurfs und die unterschiedlichen Perspektiven auf diese Thematik.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themengebiete dieser Arbeit sind: Malinche, Conquista, Kolonialismus, Postkolonialismus, Geschichte Mexikos, Kulturtransfer, Sprachmittlung, Gender Studies, Mestizaje, Mythos, Identität, Geschichtskonstruktion, Vermittlung, Verrat, indigene Kultur, europäische Kultur.
- Arbeit zitieren
- Christine Häßler (Autor:in), 2003, Die Erfindung der Malinche - Kognitive Konstrukte einer historischen Figur, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/33437