„Es ist kein Rock noch Kleid, das einer Frau oder Jungfrauen übeler anstehet, als wenn sie klug will sein.“ (Martin Luther)
Die Geschichte der Frauenbildung reicht nach neueren Forschungserkenntnissen bis in die Antike zurück. Auch in den mittelalterlichen Klöstern unterrichteten gebildete Nonnen, in der italienischen Renaissance sind vereinzelt Professorinnen der Rechtswissenschaften zu finden. Dass sich „weibliches Wissen“ jedoch erst im 19. Jahrhundert einen festen Platz an den Universitäten in Europa sichern konnte, deutet auf den Verdrängungsprozess hin, in dem den Frauen wiederholt errungene Gebiete streitig gemacht wurden. Deutlich wir dies an einzelnen weiblichen Ausnahmen wie Christiane Marianne Ziegeler, Anna Maria Balthasar und Dorothea Schlözer. Besonders hervorzuheben ist Dorothea Christiane Erxleben, die in ihrem Buch „Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten“ anderen Frauen Mut zum Studium. „Als Wunder des Jahrhunderts angestaunt, jedoch damit auch durchaus als Ausnahme empfunden“ gingen sie einen ersten Schritt in Richtung wissenschaftlicher Bildung. Der geregelte Weg in die Universitäten für Frauen musste erst noch erkämpft werden.
Auf diesen Prozess, den Kampf um das Frauenstudium, wird im ersten Abschnitt näher eingegangen. Dabei stehen vor allem die Kritiker mit ihren Vorurteilen im Mittelpunkt. Aber auch die Frauenbewegung und erste Erfolge werden zur Sprache kommen. Im zweiten Teil wird ein Blick auf die ersten Gasthörerinnen an deutschen Universitäten geworfen. Hier geht es um die Frage der sozialen Herkunft, sowie der Religionszugehörigkeit und der Studienfachwahl. Außerdem werden anhand des Studienalltags die bestehenden Probleme und Einschränkungen der Gasthörerinnen verdeutlicht. Unter ähnlichen Gesichtspunkten wird danach das ordentliche Studium von Frauen erläutert. Dabei werden Besonderheiten in der sozialen Herkunft, aber auch in der Studienfachwahl und damit verbunden die Konfessionszugehörigkeit, näher beleuchtet. Die Beziehungen zwischen männlichen und weiblichen Kommilitonen und die finanzielle Belastung der Studentinnen werden unter dem Gesichtspunkt des Studienalltages behandelt. Mit einem kurzen Exkurs in den Bereich der Studentinnenvereine werden das ordentliche Frauenstudium und seine Entwicklung abgeschlossen. Im letzten Teil wird die jetzige Situation der Studentinnen an Universitäten beschrieben und noch immer bestehende Auffälligkeiten hervorgehoben.
Gliederung:
1) Einleitung
2) Der Kampf um das Studium
3) Erste Gasthörerinnen
3.1. Soziale Herkunft, Religionszugehörigkeit und Studienfachwahl
3.2 Studienalltag
4) Das ordentliche Studium
4.1 Soziale Herkunft
4.2 Studienfachwahl und Religionszugehörigkeit
4.3 Studienalltag
4.4 Studentische Vereinigungen
5) Die Situation heute und Fazit
6) Abbildungen und Graphiken
7) Literaturverzeichnis
1) Einleitung
„Es ist kein Rock noch Kleid, das einer Frau oder Jungfrauen übeler anstehet, als wenn sie klug will sein.“ (Martin Luther)[1]
Die Geschichte der Frauenbildung reicht nach neueren Forschungserkenntnissen bis in die Antike zurück. Auch in den mittelalterlichen Klöstern unterrichteten gebildete Nonnen, in der italienischen Renaissance sind vereinzelt Professorinnen der Rechtswissenschaften zu finden. Dass sich „weibliches Wissen“ jedoch erst im 19. Jahrhundert einen festen Platz an den Universitäten in Europa sichern konnte, deutet auf den Verdrängungsprozess hin, in dem den Frauen wiederholt errungene Gebiete streitig gemacht wurden (Mohr, S.15). So bezeichnet Mohr die Geschichte der Frauenbildung als „Prozess der Vertreibung der Frauen aus der Wissenschaft“ (Mohr, S.15). Deutlich wir dies an einzelnen weiblichen Ausnahmen wie Christiane Marianne Ziegeler, die 1733 von der philosophischen Fakultät in Wittenberg zur Dichterin gekrönt wurde, Anna Maria Balthasar, die 1750 in Greifswald die Ehrendoktorwürde erhielt und Dorothea Schlözer, die den Doktor der Philosophie in Göttingen erlangte. Besonders hervorzuheben ist Dorothea Christiane Erxleben, die 1754 den Doktor der Medizin in Halle erwarb und in ihrem Buch „Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten“ anderen Frauen Mut zum Studium zusprach und Vorurteile der Männer zu entkräften versuchte. „Als Wunder des Jahrhunderts angestaunt, jedoch damit auch durchaus als Ausnahme empfunden“ gingen sie zwar einen ersten Schritt in Richtung wissenschaftlicher Bildung, sollten aber für längere Zeit nur Sonderfälle bleiben (Soden, S.9).
Der geregelte Weg in die Universitäten für Frauen musste erst noch erstritten und erkämpft werden. Auf diesen Prozess, den Kampf um das Frauenstudium, wird im ersten Abschnitt näher eingegangen. Dabei stehen vor allem die Kritiker mit ihren unterschiedlichen Vorurteilen und Gegenargumenten im Mittelpunkt. Aber auch die Frauenbewegung und ihre ersten Erfolge werden zur Sprache kommen.
Im zweiten Teil soll dann ein Blick auf die ersten Gasthörerinnen an deutschen Universitäten geworfen werden. Hier geht es zunächst um die Frage der sozialen Herkunft, sowie der Religionszugehörigkeit und der Studienfachwahl. Außerdem werden anhand des Studienalltags die bestehenden Probleme und Einschränkungen der Gasthörerinnen verdeutlicht.
Unter ähnlichen Gesichtspunkten wird danach das ordentliche Studium von Frauen erläutert. Dabei werden Besonderheiten bei der sozialen Herkunft, aber auch in der Studienfachwahl und damit verbunden die Konfessionszugehörigkeit, näher beleuchtet. Die Beziehungen zwischen männlichen und weiblichen Kommilitonen und die finanzielle Belastung der Studentinnen werden unter dem Gesichtspunkt des Studienalltages behandelt. Mit einem kurzen Exkurs in den Bereich der Studentinnenvereine wird das ordentliche Frauenstudium und seine Entwicklung abgeschlossen.
Im letzten Teil soll die jetzige Situation der Studentinnen an der Bildungsinstitution Universität beschrieben und noch immer bestehende Auffälligkeiten hervorgehoben werden.
2) Der Kampf um das Studium
„Das Frauenzimmer gehört ohne Zweifel nicht in die Hörsäle und Studierzimmer der Gelehrten, wenn es sich bilden will zu seiner Bestimmung, damit es seine Seele verschönere und das Vergnügen des männlichen Geschlechts sei, damit es die Würde der Bürgerinnen und Hausmütter und Ehegatten und Erzieherinnen erreiche, damit es alle die Talente ausbilde, die ihm die Natur gab und die Pflichten fordern, das schöne Geschlecht zu werden.“
(Johann Gottfried von Herder)[2]
Die Frage des Frauenstudiums wurde in Deutschland erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder aufgenommen. Im Zuge der bürgerlichen Revolution 1948/49 und der zunehmenden Industrialisierung wurden Forderungen nach gleichen Bildungschancen lauter. Dabei spielte die veränderte sozial-ökonomische Lage des Bürgertums eine nicht zu verachtende Rolle. Die Industrialisierung „beraubte die Hausfrau der zahlreichen produktiven häuslichen Arbeiten, verwandelte die ehemalige Produzentin in eine Konsumentin und machte die Töchter im Hause überflüssig“ (Soden, S.10). Dadurch wurde die Versorgung des Lebensunterhalts für den Vater als einzigen Produzenten zu einer problematischen Angelegenheit.
Der frühzeitigen Eheschließung stand jedoch die ungleichmäßige Verteilung von Frauen und Männern im Weg. In Bremen waren im Jahr 1867 zum Beispiel mehr als die Hälfte der Frauen zwischen 16 und 50 Jahren nicht verheiratet und somit auf eine eigene Erwerbstätigkeit angewiesen (Soden, S.11).
Das Interesse an qualifizierter Schul- und Hochschulausbildung wurde so zum wichtigsten Ziel der Frauenbewegung, die sich durch die Unterstützung verschiedener Frauenvereine, wie dem „Allgemeinen deutschen Frauenverein“ von 1865, dem „Frauenbildungsverein“ von 1869 und dem „Frauenverein-Reform“ von 1888, rasch entwickelte (Soden, S.12). Deren Bemühungen blieben zunächst aber weitgehend erfolglos, da das ungenügende höhere Mädchenschulwesen und damit die fehlende Möglichkeit für den Erwerb des Reifezeugnisses das größte Hindernis für den Zugang zur akademischen Bildung darstellten. So gründete Helene Lange 1889 in Berlin so genannte „Realkurse für Frauen“ und ging über den bisherigen Rahmen in der Mädchenschulbildung hinaus. Im Jahre 1893 wurden diese in „Gymnasialkurse“ umgewandelt und so erwarben 1896 zum ersten Mal sechs Mädchen ihr Abitur (Kuhn, S.19).
Durch das Engagement der Frauenvereine und Frauenzeitschriften, sowie den Veränderungen im Mädchenschulwesen gelangte die Diskussion um die Öffnung der Universitäten immer mehr in die Öffentlichkeit. Namenhafte Wissenschaftler setzten sich nun mit der Studierfähigkeit der Frauen auseinander. Allen voran der Leipziger Neurologe Dr. Paul Möbius, der in seiner Veröffentlichung „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“ die These vertrat, dass das weibliche Wesen aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten, insbesondere der kleineren Gehirnmasse, nicht für das Studium geeignet sei (Schlüter, S.17).[3] Auch der Göttinger Gynäkologe und Direktor der Frauenklinik Max Runge versuchte die „Körper- und Geistesschwäche von Frauen biologisch zu begründen“ (Koerner, S.107). Er „brandmarkte“ die Forderung nach dem Frauenstudium als „naturwidriges Bestreben“ und bemerkte: „die unterschiedlichen Anlagen von Mann und Frau bedürften verschiedener gesellschaftlicher Funktion“ (Koerner, S.107).
Doch nicht nur die Akademiker setzten ihre Kritik an den gesellschaftlichen Aufgaben beider Geschlechter an. Allgemein befürchtete man den Verfall der Familie und die Verwahrlosung der Kinder. „Unsere Kinder sollen von Müttern geboren werden, die ein ausgeruhtes Gehirn und genug Zeit zur Aufzucht einer zahlreichen Nachkommenschaft haben. So leistet die Frau sich, der Familie und dem Staate die höchsten Dienste.“ (Mertens, S.25) Damit wird die Frau traditionell nur auf Kinder und Küche reduziert, denn „der Frau höchstes Ziel muss der häusliche Herd, das Familienleben bleiben“ und „ein Studium sei mit der Rolle des Weibes, der Gattin, der Mutter niemals vereinbar“ (Schlüter 1986, S.17).
Eine generelle Ablehnung des Frauenstudiums wurde zudem mit dem Verderb der Sitten und der Moral begründet. Es „bestehe eine sittliche Gefahr, wenn männliche und weibliche Studenten in einem Raum säßen“ (Koerner, S.107). Gleichzeitig sah man aber auch einen Verlust der Weiblichkeit und sexuellen Reize durch die Bildung voraus.
Eine gesonderte Rolle in den Auseinandersetzungen um die weibliche akademische Bildung nahmen die Professoren mit eigenen Töchtern ein. „Einerseits lehnten sie als Vertreter akademischer Berufe das Frauenstudium ab, andererseits hatten sie als Väter studierwilliger Töchter ein Interesse daran.“ (Mertens, S.27) Eine gespaltene Position nahm auch der Geheimrat Prof. Waldeyer vom Anatomischen Institut in Berlin ein. Zum einen lehnte er weibliche Studenten auf Grund geringeren Gehirngewichts und kleinerer Körpergröße ab, auf der anderen Seite hielt er sich eine Hilfswissenschaftlerin, deren Arbeit er bei der Herstellung von anatomischen Präparaten sehr schätzte (Mertens, S.28).
Dennoch waren es in erster Linie Wissenschaftler, die den Frauen das Studieren an den Universitäten versagen wollten. Sie sahen die Universitäten „durch den schleichenden, alle Kraft verzerrenden Feminismus bedroht“ (Mertens, S.24). Hedwig Dohm weist in diesem Zusammenhang auf „männlich–patriarchaische“ Grundzüge hin, bei denen die Männer nur eine berufliche Konkurrenz befürchteten (Mertens, S.24). Wissen wird dabei mit Macht gleichgesetzt und Bildung von Frauen würde auch immer einen Verlust von Macht über diese bedeuten. „Das Studium von Frauen wurde als Einbruch in ein dem Manne zustehendes Gebiet betrachtet.“ (Schlüter 1986, S.16)
[...]
[1] Zit. aus Mohr. Frauen in der Wissenschaft. Seite 15.
[2] Zit. aus http://www.uni-heidelberg.de/stud/fsk/referate/aflr/karla/studenti.htm
[3] Als Antwort auf Möbius erschien 1902 eine Studie von Oda Olberg, in der sie zu der Erkenntnis kam, „dass die
Gelehrten gegenüber dem Weibe in ihrem Urteil zu sehr Mann und zu wenig oder gar nicht wissenschaftlich
urteilender Mensch sind“ (Zit. nach Schlüter, S.17).