Die Tschechoslowakei und die Sowjetunion in den 60er Jahren – zwei Länder, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein konnten. Das eine war das größte Land der Welt, erstreckte sich von der Ostsee bis zum pazifischen Ozean und beherbergte mehrere hundert Millionen Menschen. Das andere war ein kleines Land im Herzen Europas mit nur etwas mehr als zehn Millionen Einwohnern.
Doch bei aller Verschiedenheit einte der Sozialismus diese beiden Länder. Er band sie in einem gemeinsamen Militärbündnis zusammen, er grenzte sie von der westlichen Welt ab – und er verursachte in beiden Ländern erhebliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Dissonanzen, deren Lösung in den 60er Jahren nicht länger auf sich warten lassen konnte. Beide Länder hatten trotz ihrer Gegensätzlichkeit mit vergleichbaren wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und auch die Konzepte zur Bekämpfung dieser Missstände ähnelten sich. Jedoch waren die wirtschaftlichen Reformen in der CSSR schon bald mit dem Ruf nach politischen Reformen verknüpft, eine Entwicklung die in diesem Ausmaße in der UdSSR nicht stattfand. Nicht nur die Ausprägungen der Reformen unterschieden sich in beiden Ländern, sondern auch die Ursache der wirtschaftlichen Problematik. Hatte die rückständige Sowjetunion eine immer wieder von verheerenden Kriegen durchbrochene, stürmische Industrialisierung bewältigt, die langsam ihrem Ende entgegenlief, so wurde die bereits hoch entwickelte Tschechoslowakei durch die erzwungene Fokussierung auf Schwer- und Rüstungsindustrie in ihrer Entwicklung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Die wirtschaftliche Entwicklung der beiden Staaten stellt ein gut erforschtes Themengebiet dar. Vor allem über die Industrialisierung der Sowjetunion und ihre späteren Reformversuche unter Chrušcev und Brežnev gibt es eine Fülle an Literatur, etwa Davies Werk über die wirtschaftliche Evolution der Sowjetunion. Die wirtschaftliche Entwicklung der Tschechoslowakei wird hingegen eher selten eigenständig betrachtet, sondern meist im Zusammenhang mit der Entwicklung der osteuropäischen Staaten thematisiert, beispielsweise bei Kaser. Auffällig ist, dass seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der kommunistischen Regimes in Osteuropa hauptsächlich Literatur zur Anpassung der Planwirtschaften an die Marktwirtschaft publiziert wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die wirtschaftliche Entwicklung bis in die 60er Jahre
- In der Sowjetunion
- In der Tschechoslowakei
- Strukturelle Probleme der sozialistischen Wirtschaft
- Spezifische Probleme der tschechoslowakischen Wirtschaft
- Spezifische Probleme der sowjetischen Wirtschaft
- Die Stimme der Ökonomen wird laut
- Die Reformperiode 1964-68
- Reformen in der Tschechoslowakei
- Reformen in der Sowjetunion
- Von der Unreformierbarkeit eines Systems
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit einem Vergleich der Wirtschaftsreformen in der Sowjetunion und in der Tschechoslowakei zwischen 1964 und 1969. Sie analysiert die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung und den Ursachen der Reformen sowie die Auswirkungen auf die jeweilige Wirtschaft und Gesellschaft.
- Wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion und der Tschechoslowakei bis in die 60er Jahre
- Spezifische Probleme der sozialistischen Wirtschaften in beiden Ländern
- Die Rolle von Ökonomen und Reformvorschlägen
- Die Umsetzung von Wirtschaftsreformen in der Tschechoslowakei und der Sowjetunion
- Vergleichende Analyse der Reformen und ihrer Folgen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einem kurzen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion und der Tschechoslowakei bis in die 1960er Jahre. Dabei wird die stürmische Industrialisierung der Sowjetunion im Vergleich zur bereits entwickelten, jedoch durch die Fokussierung auf Schwerindustrie zurückgehaltenen Tschechoslowakei hervorgehoben. Anschließend werden die spezifischen Probleme der sozialistischen Wirtschaften in beiden Ländern dargestellt, wobei auch die Rolle des Kalten Krieges und der politischen Rahmenbedingungen beleuchtet wird. Die Arbeit widmet sich dann der wachsenden Bedeutung von Ökonomen und ihren Reformvorschlägen, insbesondere dem Konzept von Liberman. Im letzten Kapitel werden die Reformen in der Tschechoslowakei und in der Sowjetunion gegenübergestellt, wobei auch die Ursachen für die Unterschiede in der Ausgestaltung und Umsetzung der Reformvorhaben diskutiert werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Wirtschaftsreformen, Sozialismus, Sowjetunion, Tschechoslowakei, Planwirtschaft, Industrialisierung, Schwerindustrie, Rüstungsproduktion, Liberman-Reformen, politische Rahmenbedingungen und Kalter Krieg.
- Arbeit zitieren
- Stefan Zahnweh (Autor:in), 2004, Wirtschaftsreformen in der Sowjetunion und der Tschechoslowakei 1946-1969. Ein Vergleich., München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/32444