In der feministischen Soziologie bestand lange Zeit die unangefochtene Vorstellung, daß Prostitution stets in unmittelbarem Zusammenhang mit Zwang und Gewalt stünde. Die Prostituierte, die in der Regel ausschließlich, und teilweise ausdrücklich, in ihrer weiblichen Form (Barry 1984:11) betrachtet wurde, konnte unter keinen Umständen selbst die Prostitution gewählt haben: Prostituierte kamen zu ihrer Beschäftigung durch Gewalt, Naivität, Einsamkeit – in jedem Fall nicht durch persönliche Entscheidung. Vorausgesetzt wurde hierbei häufig ein naives junges Mädchen, das in die Fänge eines skrupellosen Mädchenhändlers gelang und zur Prostitution gezwungen wurde:
„Conning a girl or young woman by feigning friendship or love is undoubtedly the easiest and most frequently employed tactic of slave procurers ... and it is the most effective. Young women readily respond to male attention and affection and easily become dependent on it“ (ebd., 5).
Dadurch wurde die Prostituierte als Opfer - und damit als unschuldig - konstruiert. Dem Hinweis auf ihre Unschuld (im Kontrast zur Schuld derjenigen, die freiwillig als Prostituierte arbeitete, und die im sogenannten abolitionistischen Diskurs als gefallenes Mädchen bezeichnet wurde) unterliegt eine implizite Vorstellung von der (freiwilligen) Prostituierten als Kriminellen, die auch in den Fällen, in denen einer juristischen und politischen Kriminalisierung des Opfers ausdrücklich widersprochen wurde, beibehalten wurde. Auf diese Weise kann eine soziale Ordnung aufrecht erhalten werden, die Prostitution verdammt und in der es unmöglich wird, die Interessen der Betroffenen zu vertreten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung/ Grundpositionen der Debatte
- Vorgehensweise/ Aufbau der Diskussion
- Diskussion
- Diskussion der Grundpositionen
- Der neo-abolitionistische Ansatz: Diskussion der Postulate und deren Konsequenzen
- Der Legalisierungs-Ansatz: Diskussion der Postulate und deren Konsequenzen
- Der Begriff der Freiwilligkeit
- Diskussion der Freiwilligkeitsbegriffe in der Legalisierungsdebatte
- Jenseits von Zwang und Freiheit: Freiwilligkeit bei Foucault
- Ist Sexarbeit eine Arbeit wie jede andere? Sexarbeit als prekarisiertes Dienstleistungsverhältnis.
- Diskussion der Grundpositionen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Problematik des Begriffs der Freiwilligkeit in prekarisierten Dienstleistungsverhältnissen, insbesondere im Kontext der Sexarbeit von illegalisierten MigrantInnen. Sie untersucht die theoretischen und praktischen Konsequenzen verschiedener Positionen im Freiwilligkeits-Diskurs und versucht, eine eigene Position zu entwickeln.
- Analyse des neo-abolitionistischen und des Legalisierungs-Ansatzes in der Debatte um Sexarbeit.
- Kritisches Hinterfragen des Begriffs der Freiwilligkeit im Kontext prekarisierter Arbeitsverhältnisse.
- Einbezug des Subjektbegriffs nach Foucault und seiner Analyse der Techniken des Selbst.
- Untersuchung der Besonderheiten von Sexarbeit als prekarisiertes Dienstleistungsverhältnis.
- Entwicklung einer Position zur Normalisierung von Sexarbeit unter Berücksichtigung der strukturellen Ungleichheiten.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung/ Grundpositionen der Debatte: Diese Einleitung präsentiert die beiden grundlegenden Positionen im Freiwilligkeits-Diskurs zur Sexarbeit: den neo-abolitionistischen Ansatz, der jede Form der Sexarbeit als Ausbeutung verurteilt, und den Legalisierungs-Ansatz, der Sexarbeit als eine freiwillige und legale Beschäftigung betrachtet.
- Vorgehensweise/ Aufbau der Diskussion: Das Kapitel beschreibt den Aufbau und die Vorgehensweise der Arbeit. Es wird erläutert, wie die theoretischen und praktischen Konsequenzen der beiden Positionen im Freiwilligkeits-Diskurs untersucht und kritisch betrachtet werden.
- Diskussion der Grundpositionen: Dieses Kapitel analysiert die jeweiligen Positionen im Detail, ihre Argumente und ihre Konsequenzen für die Situation von Sexarbeitern. Es werden die Kritikpunkte des Legalisierungs-Ansatzes am neo-abolitionistischen Ansatz dargestellt.
- Der Begriff der Freiwilligkeit: Dieses Kapitel untersucht den Begriff der Freiwilligkeit im Kontext prekarisierter Arbeitsverhältnisse und diskutiert die unterschiedlichen Freiwilligkeitsbegriffe in der Legalisierungsdebatte. Darüber hinaus werden die Gedanken Foucaults zu Freiwilligkeit und Selbsttechniken in Bezug auf die Problematik der freien Wahl in prekarisierten Arbeitsverhältnissen beleuchtet.
- Ist Sexarbeit eine Arbeit wie jede andere? Sexarbeit als prekarisiertes Dienstleistungsverhältnis: Dieses Kapitel beleuchtet die Besonderheiten von Sexarbeit als prekarisiertes Dienstleistungsverhältnis und diskutiert, wie Sexarbeit zu normalisieren ist.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind: Sexarbeit, Freiwilligkeit, Prekarisierung, Neo-Abolitionismus, Legalisierungs-Ansatz, Migranten, Trafficking, Foucault, Selbsttechniken, strukturelle Ungleichheit, Normalisierung.
- Quote paper
- Franka Winter (Author), 2004, Zur Problematik des Begriffs der Freiwilligkeit in prekarisierten Dienstleistungsverhältnissen am Beispiel illegalisierter MigrantInnen in der Sex-Industrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/31678