Das Phänomen der Bilderzählung existiert bereits seit frühester Zeit. Man könnte meinen, dass es ein tief angelegtes Bedürfnis des Menschen ist, Zusammenhänge erschließen zu wollen und kognitives Verständnis zu entwickeln. In zahlreichen frühen gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen sind Bildmotive und Bilderzählungen zu finden. Ob zu Dekorationszwecken von Textilien in der Antike oder als Relief mythologischer Sagen in der römischen Sarkophagplastik. Oder so wie im mitteleuropäischen Raum bereits seit 1400, nach der ersten Papierherstellung in Form von Andachtsbildern, auf denen heilige als Schutzpatrone abgebildet waren und die für den häuslichen Gebrauch als Gebetsbilder hergestellt wurden. Ohne jeden künstlerischen Anspruch als einfache Erinnerung eines religiösen Gemäldes, welches man nun im Kleinformat ins private mitnehmen konnte. Ausschlaggebend war, dass die Möglichkeit der einfachen und günstigen Reproduzierbarkeit dieser Bilder, sie für die breite Masse zugänglich machte und eine Art Ersatz für das gelesene Wort war da nur sehr wenige Menschen des Lesens fähig waren. Man kann also annehmen, dass die literarischen Methoden bereits vor ihrer Benennung unbewusst als solche auch in anderen Gattungen, wie bei diesem Beispiel, in dem die literarische Form dem Bild bereits innerwohnt, Anwendung fanden.
Da die Kunstwissenschaft eine eher junge ist, bedient sie sich heute meist der literarischen Analyseverfahren. In dieser Arbeit werde ich mich mit den Hürden der Analysemethoden beschäftigen, welche Wolfgang Kemp in „Ellipsen, Analepsen, Gleichzeitigkeiten. Schwierige Aufgaben für die Bilderzählung“ thematisiert und werde anhand verschiedener Beispiele die Anwendbarkeit prüfen. Neben dem Gemälde der Genremalerei „Reisepläne“ von Adolph Menzel, werde ich verstärkt auf Berninis Skulpturengruppe „Apoll und Daphne“ eingehen und hier auch den Aspekt der Mythologie unter Berücksichtigung der Zeitlichkeit untersuchen. Die Problematik, die sich ergibt ist natürlich, dass nicht jede einzelne Methode auf jedes Kunstwerk anwendbar ist. Es bedarf der Selektierung, bzw. einer genauen Auswahl um Zutreffendes konstruktiv anwenden zu können. Diese Problematiken bespricht Wolfgang Kemp in seiner Schrift, stets im Hinblick auf die Bilderzählung.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Die Bilderzählung. Problematik und Anwendbarkeit.
- 2.1. Narration in der mythologischen und skulpturalen Darstellung bei Berninis „Apoll und Daphne“
- 3. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit befasst sich mit der Analyse von Bildern unter narrativen Gesichtspunkten. Sie untersucht, wie die Prinzipien der Bilderzählung, die aus der Literaturforschung stammen, auf Kunstwerke angewandt werden können. Dabei werden die Schwierigkeiten und Einschränkungen dieser Methode aufgezeigt und anhand von Beispielen aus der Malerei und Skulptur veranschaulicht.
- Die Anwendung literarischer Analyseverfahren auf Kunstwerke
- Die Herausforderungen der Bilderzählung im Hinblick auf Zeitlichkeit und Raum
- Die Rolle von Ellipsen, Analepsen und anderen erzähltechnischen Elementen in der Bilderzählung
- Die Bedeutung von Bildkomposition, Lichtgebung und Sprache im Bild für das Verständnis der Erzählung
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der Bilderzählung vor und erläutert den historischen Kontext. Sie beleuchtet die Bedeutung von Bilderzählungen in verschiedenen Kulturen und Epochen und verdeutlicht, dass die Analyse von Bildern mithilfe literarischer Methoden eine relativ neue Entwicklung darstellt.
- Die Bilderzählung - Problematik und Anwendbarkeit: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten, die sich bei der Anwendung von erzähltheoretischen Konzepten auf Bilder ergeben. Es wird insbesondere auf die Unterscheidung zwischen „erzählter Zeit“ und „Erzählzeit“ sowie auf die Herausforderungen der Zeitdeckung in der Bilderzählung eingegangen. Als Beispiele werden die Bilderzyklen von William Hogarth und das Gemälde „Reisepläne“ von Adolph Menzel herangezogen.
- Narration in der mythologischen und skulpturalen Darstellung bei Berninis „Apoll und Daphne“: Dieses Kapitel untersucht die Narration in der Skulptur „Apoll und Daphne“ von Gian Lorenzo Bernini. Es werden die mythologische Vorlage und die künstlerische Umsetzung der Geschichte in Bezug auf Zeitlichkeit und Raum analysiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Bilderzählung, Erzählforschung, Literaturwissenschaft, Kunstwissenschaft, Zeitlichkeit, Raum, Ellipse, Analepse, Bildkomposition, Lichtgebung, Mythologie, Skulptur, Malerei, William Hogarth, Adolph Menzel, Gian Lorenzo Bernini, „Apoll und Daphne“, „Reisepläne“
- Arbeit zitieren
- Nigar Ghasimi (Autor:in), 2015, Die narrative Dimension des Kunstwerks anhand der Skulpturengruppe „Apoll und Daphne“ von Gian Lorenzo Bernini und des Gemäldes "Reisepläne" von Adolph Menzel, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/305572